Und im dritten Posting dann noch einmal etwas zur Beleidigung, und zar aus dem unerschöpflichen Reservoir der Politikerbeleidigung. Es handelt sich um das BayObLG, Urt. v. 06.03.2025 – 206 StRR 433/24.
AG und LG haben den Angeklagten vom Vorwurf der Beleidigung frei gesprochen. Das LG hatte folgende Feststellungen getroffen:
„a) Das Landgericht hat seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde gelegt (UA S. 3-5):
…..
Am 24.04.2022 nahm der Angeklagte auf dem Volksfestplatz in Ingolstadt an einer Versammlung unter dem Thema ”Endgültiges Maßnahmenaus“ teil. Hierbei trug der Angeklagte ein Plakat deutlich sichtbar an sich, welches folgende Aufmachung und Inhalt hatte: Auf einer Seite des Plakats steht im Wortlaut: ”Amtseid von Volksverbrechern! So wahr uns der Teufel Amerika helfe, werden wir das deutsche Volk weiterhin belügen und betrügen! Allen voran NATO, UNO, WHO. Die rote Linie ist längst überschritten.“ Auf der anderen Seite des Plakats befindet sich die Überschrift ”Totengräber der Demokratie“ Darunter sind die Bundesministerin des Inneren, Nancy Faeser, der Bundeswirtschaftsminister, Robert Habeck, und der Bundeskanzler, Olaf Scholz, jeweils hinter Gittern befindlich abgebildet. Unter dem Bild der Bundesministerin des Inneren, Nancy Faeser, befindet sich folgender Wortlaut: ”10-Punkte-Plan zur Volkvernichtung“. Unter dem Bild des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck befindet sich folgender Wortlaut: ”Vaterlandsliebe findet er zum Kotzen“. Unter dem Bild des Bundeskanzlers Olaf Scholz befindet sich das Wort: ”Volksschädling“. Darunter steht folgender Text: ”Geistige Brandstifter am deutschen Volke. Rot-Grüne Kriegsbefürworter seit den 90ern (Jugoslawienkrieg)„. Zum Zeitpunkt, als dieses Plakat durch Kräfte der Polizei Ingolstadt beschlagnahmt wurde, nahmen ungefähr 100 Personen an der Versammlung teil. Ungefähr 6 Wochen zuvor hatte die Bundesministerin des Inneren einen ”10 Punkte-Plan gegen Rechtsextremismus“ öffentlich vorgestellt; auf dieses Ereignis bezog der Angeklagte die unter dem Bild der Innenministerin angebrachte Bildunterschrift. Bereits im Jahr 2010 veröffentlichte der heutige Wirtschaftsminister Habeck ein Buch mit dem Titel ”Patriotismus. Ein linkes Plädoyer“, in welchem er schrieb ”Patriotismus, Vaterlandsliebe also, fand ich stets zum Kotzen. Ich wusste mit Deutschland nichts anzufangen und weiß es bis heute nicht“. Auf dieses Zitat bezog der Angeklagte seine unter dem Bild des Wirtschaftsministers angebrachte Bildunterschrift. Durch die Bezeichnung als ”Volksschädling“ wollte der Angeklagte seine Missachtung gegenüber Olaf Scholz ausdrücken. Der Angeklagte nahm bei seiner Handlung zumindest billigend in Kauf, dass die übrigen Versammlungsteilnehmer das Plakat wahrnehmen würden. Mit Schreiben des Bundeskanzleramts vom 17.10.2022 verzichtete der Bundeskanzler auf die Stellung eines Strafantrags; der Strafverfolgung von Amts wegen wurde nicht widersprochen. Zwischen dem 04.08.2022 und spätestens 07.09.2022 erlangte die Bundesministerin des Innern Kenntnis von den oben geschilderten Ereignissen und der Person des Angeklagten. Erst mit Schreiben vom 07.12.2022, welches am 09.12.2022 bei der KPI Ingolstadt einging, stellte die Bundesministerin Strafantrag gegen den Angeklagten.“
Das LG hat seinen Freispruch umfangreich begründet. Dagegen die Revision der StA/GStA, die beim BayObLG keinen Erfolg hatte. Wegen der Einzelheiten der Begründung verweise ich auch hier auf den Volltext und stelle nur den Leitsatz ein, und zwar:
Bei der Beurteilung der Beleidigung eines Politikers durch ein Plakat bei einer Versammlung darf nicht nur allein die Äußerung an sich berücksichtigt werden. Vielmehr sind auch der Inhalt des Plakats, das Thema der Demonstration und die Anzahl der Versammelten zu würdigen.