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Akten III: Kirchenrechtliches (Missbrauch)Verfahren, oder: Einsicht des Bistums in Ermittlungsakten?

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Und dann habe ich noch einen Beschluss vom BayObLG, und zwar den BayObLG, Beschl. v. 15.01.2024 – 204 VAs 177/23.

Der Beschluss hat folgenden Sachverhalt: Die Staatsanwaltschaft führte gegen den Antragsteller als Beschuldigten  ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vergewaltigung und der Verbreitung jugendpornografischer Inhalte gemäß § 177 Abs. 6 und Abs. 1, § 184c Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 53 StGB.

Das Generalvikariat des Bistums R. stellte daraufhin mit Schreiben vom 18.11.2022 Strafanzeige und Strafantrag gegen den Beschuldigten, einen Priester, und bat um Akteneinsicht mit der Begründung, die Ermittlungsergebnisse seien notwendig, um das kirchenrechtliche Verfahren durchführen zu können. Mit Bekanntwerden der Vorwürfe sei das kirchenrechtliche Vorverfahren eingeleitet worden. Der Priester sei bis zum Abschluss des Verfahrens von allen Aufgaben entbunden und ihm jegliche seelsorgerische Tätigkeit untersagt worden.

Laut Schlussvermerk der Kriminalpolizeiinspektion vom 16.01.2023 ergaben die Ermittlungen – nämlich die Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten sowie die Auswertung sichergestellter Datenträger – keine weiteren belastbaren Hinweise oder Erkenntnisse hinsichtlich der Tatvorwürfe. Der Tatnachweis hinsichtlich einer möglichen Vergewaltigung könne aus Sicht der Kriminalpolizei nicht geführt werden. Auf den sichergestellten Datenträgern hätten keine kinder- oder jugendpornografischen Dateien festgestellt werden können.

Mit Schreiben vom 09.02.2023 wiederholte das Generalvikariat des Bistums R. dann sein Akteneinsichtsgesuch. Mit Schreiben seines Verteidigers vom 24.02.2023 hat der Beschuldigte die ihm zur Last gelegten Vorwürfe bestritten.

Mit Verfügung vom 27.02.2023 bewilligte die Staatsanwaltschaft Akteneinsicht für das Bistum R., da ein berechtigtes Interesse hieran bestehe und keine schutzwürdigen Interessen entgegenstünden. Von der Akteneinsicht wurden ausdrücklich die Sonderhefte, welche Ausdrucke von Bildern enthalten, und die Lichtbilder (die sich offenbar auf der in der Akte befindlichen Blue-ray befinden) ausgenommen. Sie gab dem Beschuldigten Gelegenheit, innerhalb von 10 Tagen vor beabsichtigter Ausführung dieser Verfügung Einwände vorzubringen.

Mit Verfügung vom 01.03.2023 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Zur Begründung führte sie aus, dass nach dem Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen, insbesondere einer Durchsuchung am 15.11.2022, sich die Tatvorwürfe nicht bestätigt hätten. Die objektiven Beweismittel könnten einen hinreichenden Tatverdacht, mithin eine hinreichende Verurteilungswahrscheinlichkeit, nicht stützen. Hinweise, die den Tatnachweis einer Sexualstraftat zu begründen geeignet seien, hätten sich in keiner Weise ergeben. Hinsichtlich des Tatvorwurfs des Besitzes und/oder Verbreitens jugendpornografischer oder kinderpornografischer Inhalte hätten keine einschlägigen inkriminierten Dateien sichergestellt werden können. Das gelte auch für das zur Begründung des Durchsuchungsbeschlusses herangezogene Bild eines Jugendlichen, bei dem es sich noch nicht um ein vom Gesetzgeber als inkriminiert einzustufendes geschlechtsbezogenes jugendpornografisches Bild handle.

Am 07.03.2023 beantragte der Beschuldigte, dem Bistum R. Akteneinsicht zu verweigern, und stellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Ein berechtigtes Interesse des Bistums an der Akteneinsicht sei weder dargetan noch aus den Umständen ersichtlich. Wegen der sich in den Akten befindlichen intimen Details zu den sexuellen Vorlieben des Antragstellers – sofern man unterstellt, dass dieser der Nutzer des jeweiligen Accounts gewesen sei – ergebe sich ein überwiegendes Interesse des Antragstellers, Akteneinsicht gegenüber Dritten zu verweigern.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Beschuldigten hatte mit dem Beschluss vom 15.01.2024 Erfolg. Das BayOBLG hat die rechtlichen Voraussetzungen für eine Bewilligung von Akteneinsicht oder auch nur für eine Erteilung von Auskünften aus den Ermittlungsakten an das Generalvikariat des Bistums R. verneint, weshalb die Staatsanwaltschaft dem Generalvikariat zu Unrecht Akteneinsicht bewilligt hat.

Ich stelle hier jetzt nicht die fast 30 Seiten der Begründung ein – also ggf. selbst lesen – sondern beschränke mich auf die Leitsätze, die lauten:

1. Bistümer der römisch-katholischen Kirche können Einsicht in strafrechtliche Ermittlungsakten zur Durchführung eines kirchenrechtlichen Verfahrens gegen einen Priester grundsätzlich nur über § 474 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO i.V.m. § 12 Abs. 2, § 13 Abs. 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 4 erhalten, wonach unter bestimmten Voraussetzungen von Amts wegen die Übermittlung von personenbezogenen Daten aus Strafverfahren an öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zulässig ist.

2. Besteht bei einer Verfahrensbeendigung nach § 170 Abs. 2 StPO nicht einmal ein Restverdacht hinsichtlich der dem Ermittlungsverfahren zugrundeliegenden Tatvorwürfe, so kommt eine Akteneinsicht danach in der Regel nicht in Betracht.

3. Die Stellung öffentlich-rechtlicher Religionsgesellschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts (Art.140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV) bedeutet angesichts ihres verfassungsrechtlich gewährleisteten Selbstverwaltungsrechts (Art.?140 GG i.V.m. Art.?137 Abs. 3 WRV) und des Fehlens einer staatlichen Aufsicht einerseits sowie der religiösen und konfessionellen Neutralität des Staates nach dem Grundgesetz andererseits keine Gleichstellung mit anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die ihre Betätigungsvollmacht vom Staate herleiten und in diesen eingegliederte Verbände sind, sondern nur die Zuerkennung eines öffentlichen Status.

4. Da öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften – von Ausnahmen im Einzelfall abgesehen – nicht in vergleichbarer Weise wie die öffentlich-rechtlichen Körperschaften des Bundes und der Länder hoheitlich tätig sind, handelt es sich bei ihnen weder um eine öffentliche Stelle des Bundes noch der Länder im Sinne der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 und 2 BDSG. Somit nimmt das Bistum der römisch-katholischen Kirche über den Regelungsbereich des § 474 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO hinaus nicht den Rang einer öffentlichen Stelle i.S.d. § 474 Abs. 2 StPO oder gar eines Gerichts oder einer Justizbehörde i.S.d. § 474 Abs. 1 StPO ein.

5. Dies gilt auch dann, wenn das Bistum ein kirchenrechtliches Verfahren gegen einen Priester einleitet, da dieses den Kernbereich der eigenen Angelegenheiten der Kirche betrifft. Somit wird es auch bei Ergreifung dienstrechtlicher Maßnahmen, die dem beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren wesensgleich sind, nicht vergleichbar einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft des Bundes und der Länder hoheitlich tätig.

 

Gefährdungshaftung – beim Betrieb eines Kfz, oder: Fahrzeugkollision auf dem Sylt Shuttle

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Und dals zweite Entscheidung dann der OLG Schleswig, Beschl. v. 31.07.2024 – 7 U 48/24 – zur Frage der Gefährdungshaftung nach § 7 StVG  bei einer Kollision der abgestellten Fahrzeuge auf dem Autozugtransport nach Sylt, also dem Sylt Shuttle.

Die Klägerin, eine GmbH verlangt Schadensersatz wegen der Beschädigung ihres Pkws während der Fahrt auf einem Autozug nach Sylt (Sylt-Shuttle).

Am 24.08.2022 wurde der Pkw der Klägerin (Mercedes-Benz) in Niebüll auf den Autozug nach Westerland (Sylt) verladen. Im Pkw befanden sich der Geschäftsführer der Klägerin sowie die Zeugin H.. Entsprechend einer Lautsprecherdurchsage der DB als Betreiberin der Zugverbindung war im klägerischen Fahrzeug die Handbremse angezogen und ein Gang eingelegt. Hinter diesem Pkw stand ein Mercedes Sprinter mit französischen Kennzeichen, geführt vom Fahrer T.. Dieser Sprinter wurde von DB-Mitarbeitern vor der Fahrt angegurtet. Während des ersten Abschnitts der Fahrt des Zuges nach Sylt kam es zweimal dazu, dass nach einem Anfahren und Abstoppen des Zuges der Sprinter von hinten gegen das klägerische Fahrzeug stieß, die Gurte waren gerissen. Am Klägerfahrzeug entstand ein Schaden in Höhe ca. 20.000,– EUR.

Die Klägerin hat behauptet, der französische Fahrer habe die Handbremse nicht angezogen und keinen Gang eingelegt gehabt. Die Gurte hätten nur der zusätzlichen Sicherung neben Handbremse und Gang gedient, unter diesen Umständen das Gewicht des Beklagtenfahrzeugs aber nicht halten können. Nach den zwei Anstößen habe der französische Fahrer die Bremse angezogen, deshalb sei es danach zu keinen weiteren Aufschlägen mehr gekommen.

Die Beklagte hat behauptet, dass selbst bei nicht angezogener Handbremse (was bestritten sei) die Gurte nicht hätten reißen dürfen, dies sei nur durch Verschleiß/Materialermüdung zu erklären. Außerdem sei für den Schaden allein die DB verantwortlich. Die straßenverkehrsrechtliche Gefährdungshaftung für das Kraftfahrzeug greife nicht, weil dieses lediglich wie eine Ware auf dem Zug transportiert worden sei.

Das LG hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin H. Außerdem hat es den Geschäftsführer der Klägerin persönlich angehört und dann der Klage gem. §§ 7,17 StVG in vollem Umfang stattgegeben. Dagegen richtet sich die Berufung der beklagten Versicherung, die keinen Erfolg hatte. Darauf hatte das LG hingewiesen und die Beklagte dann dann ihre Berufung zurückgenommen.

„Der Senat hat mit Verfügung vom 31.7.2024 auf Folgendes hingewiesen und der Beklagten geraten, die Rücknahme ihrer Berufung – aus Kostengründen- in Erwägung zu ziehen:

1. Bei der Neufassung des § 7 Abs. 1 StVG zum 01.08.2002 hat sich der Gesetzgeber bei der Bestimmung des „Betriebsbegriffs“ – abweichend von der engen maschinentechnischen Auffassung des Reichsgerichts- von der verkehrstechnischen Auffassung leiten lassen. Der Zweck des Gesetzes, die Verkehrsteilnehmer vor den wachsenden Gefahren des Kraftfahrzeugverkehrs zu schützen, macht es erforderlich, den Begriff „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ weit zu fassen. Die Gefahren, die durch das Kraftfahrzeug in den Verkehr getragen werden, gehen nicht nur von dem Motor und seiner Einwirkung auf das Fahrzeug aus, sondern mit der Zunahme des Verkehrs mehr und mehr von der gesamten Abwicklung des Verkehrs und im besonderen Maße von Kraftfahrzeugen, die nach der diese Umstände nicht berücksichtigenden maschinenrechtlichen Auffassung eigentlich nicht „im Betrieb“ sind. Die Haftung aus Betriebsgefahr verwirklicht sich auch dann, wenn einzig die von außen wirkende Kraft des Windes den Schaden im ruhenden Verkehr bewirkt (vgl. BGH v. 11.02.2020 – VI ZR 286/19ZfSch 2020, 614 ff. „Der umgewehte Auflieger“) Denn § 7 Abs. 1 StVG beschränkt die Einstandspflicht nicht auf fahrzeugspezifische Gefahren in dem Sinne, dass der in Rede stehende Schaden allein durch ein Fahrzeug verursacht werden können müsste. Die Beeinflussung von Fahrzeugen (insbesondere mit höheren Aufbauten) durch Wind stellt grundsätzlich auch eine typische Gefahrenquelle des Straßenverkehrs dar, die bei wertender Betrachtung vom Schutzzweck der Gefährdungshaftung miterfasst wird (vgl. Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 7 StVG, Rn. 29). 2) Das Beweisangebot (Zeugnis des Fahrers T.) dürfte gem. §§ 529, 531 ZPO verspätet sein. Der Zeuge wurde – wie das Landgericht richtig erkannt hat – erstinstanzlich nur für die unstreitige Tatsache benannt, dass die Spanngurte im Verlauf der Fahrt rissen und es zu einem Kontakt zwischen dem Sprinter und dem klägerischen Mercedes kam. Erstmals im zweiten Rechtszug ist der Zeuge jedoch für die Behauptung benannt worden, dass er beim Bahntransport tatsächlich die Handbremse angezogen und einen Gang eingelegt hatte. Dies hat die Klägerin stets bestritten, im Übrigen spricht auch das Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme dagegen.

Die Beklagte hat daraufhin Ihre Berufung mit Schriftsatz vom 8.8.2024 zurückgenommen. Die Entscheidung des Landgerichts zur Haftung der Beklagten aus §§ 7 I STVG, 115 VVG ist damit rechtskräftig geworden.“

 

Strafe II: Strafaussetzung beim „Bewährungsversager“, oder: Günstige Sozialprognose nicht ausgeschlossen

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Als zweite Entscheidung des Tages kommt hier der der OLG Rostock, Beschl. v. 23.07.2024 – 1 Ss 35/24 – zur günstigen Sozialprognose beim sog. Bewährungsversager.

Der Angeklagte ist vom AG Rostock wegen vorsätzlicher Körperverletzung  zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. Dagegen die Berufung, die beim LG keinen Erfolg hatte. Das OLG hat dann aber auf die Revision die Entscheidung betreffend die Bewährung aufgehoben und zurückverwiesen:

„Allerdings ist die Entscheidung der Berufungskammer hinsichtlich der Frage der Strafaussetzung zur Bewährung rechtsfehlerhaft ergangen.

Die Begründung der Strafkammer genügt den rechtlichen Anforderungen des § 56 Abs. 1 StGB nicht in vollem Umfang.

Nach § 56 Abs. 1 StGB ist eine Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn zu erwarten ist, dass der Angeklagte sich schon die Verurteilung selbst zur Warnung dienen lassen und auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Grundlage der Prognose des Tatgerichts müssen dabei sämtliche Umstände sein, die Rückschlüsse auf die künftige Straflosigkeit des Angeklagten ohne Einwirkung des Strafvollzugs zulassen, insbesondere die in § 56 Abs. 1 Satz 2 StGB „namentlich“ aufgeführten. Dabei ist für die günstige Prognose keine sichere Erwartung eines straffreien Lebens erforderlich. Es reicht schon die durch Tatsachen begründete Wahrscheinlichkeit aus, dass der Angeklagte künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird (vgl. OLG Braunschweig, Urteil vom 22. März 2023 —1 Ss 40/22 —, Rn. 39 – 40, m.w.N.- juris).

Der Umstand, dass der Angeklagte die abgeurteilte Tat während laufender Bewährung, die eine nicht einschlägige Straftat betraf, begangen hat, steht einer günstigen Sozialprognose nicht ohne Weiteres entgegen. Auch die Tatbegehung während des Laufs einer Bewährungszeit schließt die erneute Strafaussetzung zur Bewährung nicht grundsätzlich aus (BGH, Urteil vom 10. November 2004 -1 StR 339/04, NStZ-RR 2005, 38). Vielmehr ist jedoch bei der zu treffenden Prognoseentscheidung eine Gesamtwürdigung vorzunehmen, bei der namentlich die Persönlichkeit des Täters, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen sind, die von der Strafaussetzung für ihn zu erwarten sind (§ 56 Abs. 1 Satz 2 StGB; vgl. BGH Beschl. v. 10.7.2014 — 3 StR 232/14, BeckRS 2014, 17004 Rn. 5, 6, beck-online). Dem Urteil kann indes nicht entnommen werden, ob das Landgericht nach der gebotenen Gesamtwürdigung aller wesentlichen negativen sowie positiven Prognosekriterien eine günstige Sozialprognose verneint hat. Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, dass auch die aktuellen Lebensverhältnisse – hierbei insbesondere die Umstände, dass sich der Angeklagte nach dem Tod seiner Mutter um den Haushalt seines Vaters kümmert, in einem Arbeitsverhältnis steht und trotz der Vielzahl der begangenen Straßenverkehrsdelikte nunmehr offenbar wieder über einen Führerschein verfügt – in die Gesamtabwägung Eingang gefunden haben und es diese Umstände bei der getroffenen Prognoseentscheidung berücksichtigt hat. Zudem ist bei der Entscheidung in die Abwägung einzustellen, dass die letzte (nicht einschlägige) Tat des Angeklagten bereits mehr als 4,5 Jahre vor der gegenständlichen Tat begangen wurde und der Angeklagte innerhalb dieser Zeit nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.

Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil auch.

Der Senat konnte über die Strafaussetzung zur Bewährung nicht selbst entscheiden. Hierfür müssen die Feststellungen des angefochtenen Urteils zur Rechtsfolgenseite vollständig sein und ergeben, dass die Voraussetzungen für eine Bewährung zweifelsfrei vorliegen, der Ermessenspielraum des Tatrichters mithin auf die Bewilligung der Strafaussetzung reduziert war (BGH NStZ-RR 2012, 357; StV 1996, 265 (266); 1992, 13; BeckRS 1993, 31105781; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl. 2024, § 354, Rn. 26d). Zugleich muss es als ausgeschlossen erscheinen, dass bei einer Neuverhandlung Tatsachen festgestellt werden, die eine Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung rechtfertigen könnten (vgl. BeckOK StPO/Wiedner, 51. Ed. 1.1.2024, StPO § 354 Rn. 64 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend auch aufgrund des Zeitablaufs nicht gegeben.“

StGB III: Ausreichende Feststellungen beim Diebstahl, oder: Wenn im Urteil nichts drin steht

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Und dann habe ich hier noch etwas vom BayObLG.

Das hat im  BayObLG, Beschl. v. 03.06.2024 – 203 StRR 172/24 – zu den erforderlichen Feststellungen beim Diebstahl (§ 242 StGB) Stellung genommen, und zwar wie folgt:

Beschränkt sich die Feststellung des erstinstanzlichen Tatrichters darauf, dass der Angeklagte am Tattag in den Geschäftsräumen eines Verbrauchermarkts Lebensmittel im Wert von 34.00 Euro entwendete, um diese ohne Bezahlung für sich zu behalten, erweist sich in der Revision die Beschränkung der Berufung auf die Rechtsfolgen als unwirksam, sofern nicht das Berufungsgericht eigene weitere Feststellungen zum Tatablauf getroffen hat.

StGB II: Nothilfe als Notwehr zu Gunsten eines Dritten, oder: Maßgeblichkeit der konkreten Kampflage

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Als zweite Entscheidung dann der BayObLG, Beschl. v.  12.03.2024 – 203 StRR 73/24 – zu den Voraussetzungen der Nothilfe. Leider ohne Sachverhalt, so dass ich nicht mehr als die Leitsätze einstellen kann:

    1. Nothilfe ist nichts anderes als Notwehr zu Gunsten eines Dritten. Besteht eine zur Nothilfe berechtigende Sachlage, so ist die Nothilfehandlung eines Dritten gerechtfertigt, wenn sie zu einer sofortigen und endgültigen Abwehr des Angriffs führt und es sich bei ihr um das mildeste Abwehrmittel handelt, das in der konkreten Situation zur Verfügung steht.

    2. Die Pflicht, den Angreifer so weit zu schonen, wie dies im Rahmen einer effektiven Verteidigung möglich ist, ist nicht nur bei der Wahl des Mittels als solchem zu beachten, sondern auch bei der konkreten Ausgestaltung des Einsatzes des Mittels einschließlich dessen Intensität und Dauer.

    3. Maßgeblich ist die konkrete Kampflage. Der Rahmen erforderlicher Verteidigung wird durch die gesamten Umstände bestimmt, unter welchen Angriff und Abwehr sich abspielten, insbesondere durch die Stärke und die Gefährlichkeit des Angreifers und durch die Verteidigungsmöglichkeiten des Angegriffenen.