Archiv der Kategorie: Vereinsrecht

Einige neue Entscheidungen zum Vereinsrecht, oder: „Institut“, „Centrum“ und USt beim Mitgliedsbeitrag

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Und dann das „vereinsrechtliche Posting“ mit folgenden Hinweisen:

Zunächst der Hinweis auf das LG Dresden, Urt. v. 18.12.2023 – 5 O 578/23 zu dem ich allerdings keinen Volltext einstellen kann. Ich bin auf die Entscheidung über die Berichterstattung in anderen Blogs gestoßen, vgl. u.a. hier. Das heißt es:

„Das LG Dresden hat entschieden, dass die Selbstbezeichnung einer private Bildungseinrichtung, die Online-Weiterbildungskurse für Interior Design und Raumgestaltung anbietet, als „Institut für Innenarchitektur“ irreführend ist, da auf diese Weise der Eindruck erweckt werde, es handele sich um eine Hochschuleinrichtung. Die Bildungseinrichtung hatte die Kursteilnehmer als „Studenten“ und den Unterricht als „Kurs für Innenarchitektur“ bezeichnet. Problematisch sei nicht die Bezeichnung „Institut“ per se, sondern, wenn der gesamte Zusammenhang der Begriffsverwendung auf eine wissenschaftliche Betätigung hindeute. Bei der Fachrichtung Innenarchitektur handele es sich um einen wissenschaftlichen Bildungszweig. Überdies existiere am Sitz der Beklagten eine Universität mit einer Fakultät für Architektur.“

Die Ausführungen könnten ggf. bei der Namensgebunng für einen Verein auch von Bedeutung sein.

Die zweite Entscheidung, auf die ich hinweise, ist dann das OLG Celle, Urt. v. 19.12.2023 – 13 U 26/23. Auch die kann bei der Namensgebung von Bedeutung sein. Der Leitsatz des Entscheidung lautet:

Zur Frage der Irreführung im Sinne des § 5 Abs. 1 UWG durch Verwendung des Begriffs „Zentrum“ in einer Geschäftsbezeichnung, hier: durch einen Augenoptiker und Hörgeräteakustiker mit der Leuchtreklame-Aufschrift „Hörgeräte I Brillen * Zentrum * Hörgeräte I Brillen“ und im Internet mit der Bezeichnung „W. [Eigenname] Zentrum fürs Hören und Sehen“.

Es geht/ging also um die Frage der  Irreführung durch Verwendung des Begriffs „Zentrum“ in einer Geschäftsbezeichnung. Das kann – wie gesagt – auch bei der Namensgebung des Vereins von Bedeutung sein.

Und dann noch das FG Niedersachsen, Urt. v. 10.01.2023 – 11 K 147/22, also Steuerrecht. Es geht in der Entscheidung um die steuerliche Behandlung von Mitgliedsbeiträge. Die sind – sagt das FG – nicht immer umsatzsteuerfrei. Hier die Leitsätze des FG:

1. Mitgliedsbeiträge eines Sportvereins sind steuerbar, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des Vereins, den Mitgliedern Vorteile wie Sportanlagen zur Verfügung zu stellen, und den Mitgliedsbeiträgen besteht.

2. Mitgliedsbeiträge können ein Entgelt in Form einer Teilnehmergebühr i.S.d. § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG darstellen.

3. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG verstößt nicht gegen Unionsrecht, weil sie die Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL nach neuester BFH-Rechtsprechung dem Grunde nach umsetzt.zu tragen hätte, waren die Kosten dem Kläger ganz aufzuerlegen.

In der Sache ist Revision zum BFH eingelegt. Das Aktenzeichen dort: V R 4/23

Und dieses Posting gibt mir dann mal wieder Gelegenheit zu ein wenig Werbung. Also: <<Werbemodus ein>>. Ich weise hin auf mein Vereinsrecht, 11. Aufl., 2022, das man (auch) hier bestellen kann. <<Werbemodus aus>>

Verein II: Abberufung/Wahl eines Vorstandsmitgliedes, oder: War die Ladung zur Mitgliederversammlung ok?

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Und als zweite Entscheidung dann das OLG Naumburg, Urt. v. 26.10.2023 – 4 U 11/23. In dem Verfahren wurde um die Wirksamkeit der Abberufung des 2. Vorsitzenden eines Vereins und die Neuwahl eines (neuen) 2. Vorsitzenden auf einer Mitgliederversammlung gestritten. Es geht um den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Der Kläger war 2. Vorsitzender des beklagten Vereins.

Das LG hat den Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, die keinen Erfolg hatte:

„Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, denn dem Kläger steht weder ein Verfügungsanspruch (1.) noch ein Verfügungsgrund (2.) zur Seite.

Die Nichtigkeit von Beschlüssen eines Vereins ist im Wege der Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO geltend zu machen (Ellenberger, in: Grüneberg, 82. Aufl. 2023, § 32 Rn. 11). Demzufolge ist auch der prozessuale Weg eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eröffnet, im einstweiligen Verfügungsverfahren jedoch nur nach Maßgabe der zuletzt im Termin der mündlichen Verhandlung vom 5. Oktober 2023 gestellten Anträge. Denn die Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 22. Oktober 2022 zur Abberufung des Klägers als 2. Vorsitzender des Beklagten nähme die Hauptsache vorweg, was nicht zulässig ist. Im einstweiligen Verfügungsverfahren kann aber entschieden werden, dass bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache ein Beschluss keine Wirkungen entfaltet.

Der Kläger dringt jedoch auch mit den aktualisierten Anträgen nicht durch, weder mit den Haupt- noch mit den Hilfsanträgen. Es fehlt sowohl am Verfügungsanspruch als auch an einem Verfügungsgrund i.S.d. §§ 935, 940 ZPO.

Das Landgericht geht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend davon aus, dass ein Verfügungsanspruch nicht vorliegt, weil der am 22. Oktober 2022 in der Mitgliederversammlung des Verfügungsbeklagten unter Tagungsordnungspunkt 3 gefasste Beschluss (Amtsenthebung von Herrn pp. als 2. Vorsitzenden) wirksam ist.

Die Nichtigkeit eines Beschlusses eines Vereins (§ 32 BGB) kann vorliegen bei Nichtladung eines Teils der Mitglieder (BGH 59, 369, NJW-RR 06, 831, BayObLG NJW-RR 97, 289). Mängel der Beschlussfassung eines Vereins sind jedoch weder direkt noch analog nach §§ 241 ff. AktG oder nach § 51 GenG zu beurteilen (BGH, Urteil vom 2. Juli 2007, II ZR 111/05, NJW 2008, 69 Tz 36).

Der streitige Beschluss ist nicht schon deshalb unwirksam, weil der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte den (rechtzeitige) Zugang der Ladung zur Mitgliederversammlung am 22. Oktober 2022 beim Kläger nicht bewiesen hat. Der Mangel der Ladung ist im vorliegenden Fall durch die unstreitige persönliche Anwesenheit des Klägers in der Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022 und seine dortige Mitwirkung geheilt.

Eine ordnungsgemäße Ladung zu einer Mitgliederversammlung erfordert, dass der Gegenstand der Beschlussfassung in der Einladung zu einer Mitgliederversammlung so genau bestimmt ist, dass den Mitgliedern eine sachgerechte Vorbereitung der Versammlung und eine Entscheidung, ob sie an der Versammlung teilnehmen wollen, möglich ist (BGH vom 2. Juli 2007, II ZR 111/05, Rn 38, juris,). Eine Heilung ist möglich, wenn dem nicht ordnungsgemäß geladenen Mitglied der Gegenstand der Beschlussfassung auch ohne Ladung rechtzeitig bekannt wurde. Ferner führt ein Verfahrensfehler nur dann zur Ungültigkeit eines Beschlusses, wenn er für das Abstimmungsergebnis für die Ausübung der Mitwirkungsrechte relevant wurde. Dabei ist auf ein objektiv urteilendes Verbandsmitglied abzustellen (BGH, a.a.O., Rn. 44 unter Verweis auf BGHZ 385, 391 f.; 153, 32, 37). Im vorliegenden Fall kann der Senat nicht erkennen, dass die mangelhafte Ladung des Klägers für das Abstimmungsergebnis relevant wurde, wobei dem Senat bewusst ist, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Irrelevanz beim Beklagten liegt.

Dem Kläger war die Zeit und die Tagesordnung der Versammlung vom 22. Oktober 2022 aus dem Protokoll der Vorstandssitzung vom 17. September 2022 bekannt. Dieses Protokoll hat er unstreitig erhalten. Er wusste somit, dass seine Abwahl als 2. Vorsitzender und ggf. die Nachwahl des 2. Vorsitzenden auf der Tagesordnung standen und er hatte Gelegenheit, sich gerade hierauf vorzubereiten. Soweit der Kläger mit der Berufungsbegründung in diesem Zusammenhang vorträgt, „Wären dem Berufungskläger die Tagesordnungspunkte der (außerordentlichen) Mitgliederversammlung – wie sie durchgeführt worden ist – sowie die ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe im Einzelnen bekannt gewesen und hätten ihm als Vorbereitung auf diese Versammlung jedenfalls die satzungsmäßigen 14 Tage zur Verfügung gestanden, wäre in der Versammlung möglicherweise anders abgestimmt worden. Zum einen wären dem Antragsteller (bei Kenntnis der genauen Vorwürfe) insbesondere bei entsprechender Vorbereitungszeit in Kenntnis der Einzelheiten Gespräche mit den übrigen Vereinsmitgliedern, auch denjenigen, die zur Versammlung nicht erschienen sind, möglich gewesen, deren Ergebnisse möglicherweise die Willensbildung und somit die Stimmabgabe der übrigen Mitglieder beeinflusst hätten. Zum anderen hätte der Antragsteller die Versammlung bei Kenntnis der Einzelheiten zu den Vorwürfen und bei mehr (Vorbereitungs-) Zeit gewissenhafter vorbereiten und letztlich durch entsprechende Redebeiträge und Anträge in der Versammlung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung und die Stimmabgabe der Mitglieder nehmen können. All dieses war ihm verwehrt. …“, vermag dieser Vortrag der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn schon dem Vorstandsbeschluss vom 17. September 2022 waren mehrfach Unstimmigkeiten zwischen dem Kläger und dem Vorstand sowie den Vereinsmitgliedern vorausgegangen, welche das Verhalten des Klägers, insbesondere die Verwendung von Vereinsvermögen zum Gegenstand hatten. Auch in der Berufungsverhandlung ist nicht ersichtlich geworden, dass in der Versammlung vom 22. Oktober 2022 neue Vorwürfe gegen den Kläger Gegenstand der Diskussion geworden wären. Auch wäre es dem Kläger mit der unstreitigen Übersendung des Protokolls des Vorstandes vom 17. September 2022 möglich gewesen, Kontakt zu jedem Mitglied des Beklagten – der Verein hat insgesamt nur 17 Mitglieder – aufzunehmen und mit diesen Gespräche zu führen. Davon hat der Kläger offensichtlich keinen Gebrauch gemacht, jedenfalls lässt sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen, dass er insoweit – vergebliche – Versuche unternommen hat.

Der Kläger kann eine Nichtigkeit des Beschlusses der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022 auch nicht darauf stützen, dass kein wichtiger Grund für seine Abberufung vorläge. Gemäß § 27 Abs. 2 S. 2 BGB kann durch die Satzung vom Grundsatz der freien Widerruflichkeit der Vorstandsbestellung abgewichen und die Widerruflichkeit auf den Fall beschränkt werden, dass ein wichtiger Grund vorliegt. Eine solche Beschränkung sieht die Satzung des Beklagten nicht vor. Da der Kläger jedoch für eine bestimmte Amtszeit zum 2. Vorsitzenden bestimmt wurde, darf er grundsätzlich darauf vertrauen, während der laufenden Periode nicht ohne wichtigen Grund abberufen zu werden.

Ein wichtiger Grund für die Abberufung ist nach einhelliger Auffassung gegeben, wenn dem Verein eine Fortsetzung des Organverhältnisses mit dem Vorstandsmitglied bis zum Ende seiner Amtszeit nicht zugemutet werden kann (BeckOGK/Segna, 1.12.2022, BGB § 27 Rn. 4446.1; Staudinger/Schwennicke, 2019, Rn. 55; Soergel/Hadding Rn. 18; Wagner in Reichert/Schimke/Dauernheim Vereins- und VerbandsR-HdB Kap. 2 Rn. 2200). Ein solcher Fall liegt hier vor, weil das Verhältnis des Klägers zu den übrigen Vorstandsmitgliedern so gestört ist, dass eine konstruktive Zusammenarbeit ganz offensichtlich nicht mehr möglich ist. Dabei kommt es auf die Gründe für die Zerrüttung, die auch in der Berufungsverhandlung deutlich zu Tage getreten ist, nicht entscheidend an. Die Zerstörung der Vertrauensbeziehung im Vorstand war erkennbar Grund für die Absicht des Vorstandes des Beklagten, über die Abberufung des Klägers abstimmen zu lassen.

Auch der weitere Vortrag des Klägers, wonach die Verweigerung der Teilnahme und des Rederechts des gemäß § 11 Abs. 3 S. 3 der Satzung des Deutschen pp. e. V. von dessen Präsidium bevollmächtigte Herr Giersch in der Versammlung vom 22. Oktober 2022 zur Nichtigkeit der dort gefassten Beschlüsse führe, verhilft der Berufung nicht zum Erfolg. Es ist nicht ersichtlich, dass die Verweigerung der Teilnahme und des Rederechts des Herrn pp.3 durch den Mangel der Ladung des Klägers zu der Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022 verursacht wurde. Auch bildet diese Verweigerung keinen eigenständigen Grund für die Nichtigkeit des Beschlusses über die Abberufung des Klägers. Der Beklagte hat mit der Verweigerung zweifelsohne gegen seine Pflicht als Mitglied des Deutschen pp. e.V., dessen Vertreter in der Mitgliederversammlung ein Rederecht einzuräumen, verstoßen (§ 11 Abs. 3 S. 3 der Satzung des Deutschen pp. e. V). Daraus folgt aber nicht ohne Weiteres die Verletzung eines Mitgliedsrechts des Klägers.

Auch der Hauptantrag zu A 2.a), wonach der Beschluss des Beklagten aus der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022, durch Nachwahl des 2. Vorsitzenden nunmehr Herrn pp.2 als neuen 2. Vorsitzenden des Berufungsbeklagten zu berufen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache keine Wirkungen entfalten soll, ist aus den vorgenannten Ausführungen unbegründet. Dies gilt auch für den Hauptantrag zu A 2.b).

Mit seinen Hilfsanträgen im Übrigen vermag der Kläger aus den vorgenannten Gründen ebenfalls nicht durchzudringen.

Selbst unter Annahme des Vorliegens eines Verfügungsanspruches scheitert die Berufung jedenfalls daran, dass der Kläger einen Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat, § 940 ZPO……“

Verein I: „du hast Vermögen des Vereins veruntreut“, oder: Rechtsschutz für Unterlassungsklage?

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Und heute im „Kessel Buntes“ mal wieder ein wenig Vereinsrecht. Das gibt mir – natürlich auch die Gelegenheit auf mein erstes „Kind“ hinzuweisen, nämlich auf: Burhoff, Vereinsrecht, 11. Aufl., 2022 – zum Bestellformular geht es hier 🙂 :

Als erste vereinsrechtliche Entscheidung verweise ich auf das BGH, Urt. v. 20.06.2023 – VI ZR 207/22.

In dem Verfahren nimmt die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer ansehensbeeinträchtigenden Äußerung in Anspruch. Es geht um folgenden Sachverhalt:

„Die Parteien sind Mitglieder des Vereins Naturfreunde Deutschland Ortsgruppe Köln e.V. Die Klägerin ist zudem Mitglied des Vorstands des ehemaligen Vereins Naturfreundehaus Kalk e.V., der nach entsprechender Satzungsänderung nunmehr Nischenwelt e.V. heißt. Dieser hatte seine Vereinsräume von dem Verein Naturfreunde Deutschland Ortsgruppe Köln e.V. gepachtet. Nachdem das Pachtverhältnis von Seiten des Verpächters zum Ende des Jahres 2020 gekündigt worden war, kam es zwischen den Vertragsparteien zu Streitigkeiten über die Frage, welche Verpflichtungen der Verein Naturfreundehaus Kalk e.V. (heute Nischenwelt e.V.) nach Beendigung des Pachtverhältnisses zu erfüllen hat. Der Pachtvertrag sieht in Ziffer 8 vor, dass bei Beendigung des Pachtverhältnisses sämtliche Vermögenswerte und Rechte des Pächters auf den Verpächter übergehen. Der Verein Naturfreundehaus Kalk e.V. (heute Nischenwelt e.V.) vertritt die Auffassung, dass diese Vertragsbestimmung unwirksam ist. Wegen dieser Streitigkeit wurde ein Rechtsstreit vor dem Landgericht Köln geführt.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2020 wandte sich die Beklagte an das Organ „Ortsgruppenausschuss“ des Vereins Naturfreunde Deutschland Ortsgruppe Köln e.V. Der Ausschuss entscheidet ausweislich § 9 Abs. 3 der Satzung über den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Verein. Er besteht aus neun oder mehr Personen. In dem Schreiben vom 23. Januar 2020 mit der Überschrift „Antrag auf Ausschluss von A[…] F[…] aus den Naturfreunden“ führte die Beklagte unter anderem folgendes aus, wobei A[…] F[…] die Klägerin bezeichnet:

„Den eklatantesten – und sinnfälligsten – [Verstoß] stellt jedoch die Tatsache dar, dass sie das in der Zeit ihrer Pacht erwirtschaftete Vermögen, das den NaturFreunden gehört, mitgenommen hat und der Verein NF dieses Vermögen, auf das er Anspruch hat, nun gerichtlich einklagen muss. Es handelt sich dabei um keine Kleinigkeit: Geht man von den Einnahmen und den Investitionen aus, die sie selbst beziffert hat, kommt man auf eine sechsstellige Summe. Anders ausgedrückt ‚A[…] F[…] hat in erheblichem Umfang Vermögen der NaturFreunde veruntreut.'“

Mit Schreiben vom 3. Februar 2020 forderte die Klägerin die Beklagte auf, diese Äußerungen zu unterlassen und bis zum 6. März 2020 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Dies verweigerte die Beklagte.“

Das AG hat die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß zu äußern oder zu verbreiten, die Klägerin habe in erheblichem Umfang Vermögen der Naturfreunde veruntreut. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG das  Urteil des AG aufgehoben und die Klage als unzulässig abgewiesen. Mit der vom LG zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Die Revision hatte beim BGH keinen Erfolg. Der BGH verneint ein Rechtsschutzbedürfnis. Die Entscheidung hat folgenden Leitsatz:

Für Klagen, die auf ansehensbeeinträchtigende Äußerungen gestützt werden, welche dazu dienen, einen Antrag auf Vereinsausschluss zu begründen und das entsprechende Verfahren der zuständigen Vereinsorgane in Gang zu setzen bzw. zu fördern, besteht in aller Regel kein Rechtsschutzbedürfnis (Fortentwicklung von BGH, Urteile vom 27. Februar 2018 – VI ZR 86/16, VersR 2018, 817; vom 28. Februar 2012 – VI ZR 79/11, VersR 2012, 502; vom 11. Dezember 2007 – VI ZR 14/07, VersR 2008, 357).

 

„Back to the roots“, weiter geht es mit Vereinsrecht, oder: Darf ein Verein „Institut….“ heißen?

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Tja, und nun, was bringt man nach einem Statistik-Beitrag als ersten Beitrag im neuen Tausender?

Ich habe hin und her überlegt und mich dann entschieden: Keine StPO, keine Gebühren usw., sondern: Back to the roots, und das ist bei mir das „Vereinsrecht“. Das war das erste Gebiet, auf dem ich veröffentlicht habe, und das bietet sich dann auch für den ersten Beitrag nach der 14.000-er-Grenze an.

Und zum Glück hatte ich dazu auch eine Entscheidung im Fundus, nämlich den OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.08.2023 – I-3 Wx 104/23. Der ist zwar nicht in einer vereinsrechtlichen Angelegenheit ergangen, aber er behandelt eine Problemati, die auch im Vereinsrecht immer wieder eine Rolle spielt. Nämlich die richtige Namensgebung.

Im entschiedenen Fall ging es um eine neu gegründete GmbH, die unter der Firma „Institut für Einfachheit GmbH“ zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet worden ist. Das Registergericht hat dazu mitgeteilt, dass der Anmeldung nicht entsprochen werden könne. Die gewählte Firmenbezeichnung sei irreführend (§ 18 Abs. 2 HGB), da die Verwendung des Begriffs „Institut“ den Eindruck erwecke, dass es sich um eine öffentlich oder eine unter öffentlicher Aufsicht stehende Institution handele.

Darum hat man dann gestritten. Das OLG hat dann im Beschwerdeverfahren zugunsten der GmbH entschieden und die Namensgebung als zulässig angesehen:

„Die gemäß §§ 382 Abs. 3, 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Gemäß § 18 Abs. 1 HGB muss die Firma zur Kennzeichnung des Kaufmanns geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. Gemäß § 18 Abs. 2 HGB darf die Firma keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Im Verfahren vor dem Registergericht wird die Eignung zur Irreführung nur berücksichtigt, wenn sie ersichtlich ist.

Eine ersichtliche Irreführung durch die Verwendung der Firma „Institut für Einfachheit“ im Sinne der Vorschrift lässt sich nicht feststellen.

Zu den bedeutsamen Angaben über die gesellschaftlichen Verhältnisse gehören Angaben zu Art, Größe und Tätigkeit der Gesellschaft, zu ihrem Alter, ihrer Zusammensetzung oder ihren sonstigen Verhältnissen (Senat, Beschluss vom 16.04.2004 – I-3 Wx 107/04, Rn. 15; OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.04.2001 – 20 W 84/2001, Rn. 2, juris). Die durch die mögliche Täuschung in Betracht kommende Irreführung muss von einer gewissen Bedeutung für die angesprochenen Verkehrskreise sein, wobei ein objektiver Maßstab aus der Sicht der durchschnittlichen Angehörigen des betroffenen Personenkreises und deren verständiger Würdigung anzulegen ist (Senat, a.a.O., Rn. 16, juris).

Da es heutzutage zahlreiche in privater Rechtsform gewerblich tätige Organisationen gibt, die das Wort „Institut“ in ihrer Firma führen (z.B. Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut, Kosmetikinstitut, Bestattungsinstitut, Reinigungsinstitut), führt – wie von der älteren Rechtsprechung angenommen – alleine die Bezeichnung „Institut“ für sich betrachtet den angesprochenen Verkehr nicht mehr zu der Vorstellung, es handele sich um eine öffentliche oder unter öffentlicher Aufsicht oder Förderung stehende, der Allgemeinheit und der Wissenschaft dienende Einrichtung mit wissenschaftlichem Personal, nicht aber um einen privaten Gewerbebetrieb oder um eine private Vereinigung (so noch BGH, Urteil vom 16.10.1986 – I ZR 157/84, Rn. 23, juris zu § 3 UWG a.F., jetzt § 5 UWG; zu § 18 Abs. 2 HGB a.F. BayObLG, Beschluss vom 26.04.1990 – BReg 3 Z 167/89, Rn. 25, juris, zu § 18 Abs. 2 HGB n.F. noch Senat, a.a.O., Rn. 17; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 3; KG Berlin, Beschluss vom 26.10.2011 – 25 W 23/11, Rn. 10, juris). Dies gilt, obwohl der Begriff „Institut“ nach wie vor als Bezeichnung für eine wissenschaftliche Betriebseinheit einer Hochschule verwendet wird (vgl. z.B. BayObLG, a.a.O., Rn. 18; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 4). So findet sich bei google zu den Stichworten „Institut“ und „GmbH“ zahlreiche Verweise auf Institute für Moderation und Management, für Facility Management, für Mitbestimmung, für Innovation und Transfer, ein Institut für Führungskräfte, das IST Studieninstitut, das Zukunftsinstitut und vieles mehr. Letztlich kann die Frage, ob und inwieweit vor dem dargestellten Hintergrund die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze nicht fortentwickelt werden müssen, auf sich beruhen.

Denn auch bei Anwendung der bisherigen Rechtsgrundsätze folgt aus der Verwendung des Worts „Institut“ in der Firma vorliegend keine Irreführung. Danach muss die Bezeichnung „Institut“ für ein Privatunternehmen zur Vermeidung von Irreführungen mit klaren Hinweisen versehen werden, die einen solchen Charakter außer Zweifel stellen. Dabei kommt es stets auf die konkrete Art des Gebrauchs, insbesondere die im Zusammenhang mit dem Begriff „Institut“ verwendeten weiteren Bestandteile der Bezeichnung oder auf sonstige im Zusammenhang damit benutzte Angaben an (BGH, a.a.O. Rn. 23 zu § 3 UWG a.F.; zu § 18 Abs. 2 HGB BayObLG, a.a.O., Rn. 25; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 4; KG Berlin, a.a.O., Rn. 11, juris). Dabei reicht die Angabe des Rechtsformzusatzes, z.B. GmbH in der Regel nicht aus, um die Täuschungseignung auszuschließen (Ries in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 3. Akademie, Institut, Anstalt, Seminar, Kolleg, Rn. 50 f., OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 4; vgl. Senat, a.a.O., Rn. 17 zu e.K.; KG Berlin, a.a.O., Rn. 12 zu e.V.).

Eindeutig als nicht täuschungsgeeignet und somit zulässig sind Bezeichnungen wie z.B. Beerdigungs-, Detektiv-, Eheanbahnungs- und Meinungsforschungsinstitut sowie Institut für Schönheitspflege beurteilt worden (vgl. BayObLG, a.a.O., Rn. 23, juris). Etwas anderes wurde angenommen, wenn die Tätigkeitsangabe im Zusammenhang mit der Bezeichnung „Institut“ den Eindruck wissenschaftlicher Betätigung erweckt, z.B. bei Deutsches Vorsorgeinstitut, Kardiologisches Institut, Institut für Marktanalysen, Institut für Zelltherapie, Institut für physikalische Therapie, Institut für steuerwissenschaftliche Information, Institut für Politik und Wirtschaftswissenschaften, Dolmetscher-Institut (Ries in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 3. Akademie, Institut, Anstalt, Seminar, Kolleg, Rn. 50 mit Nachweisen zu der hierzu ergangenen Rechtsprechung).

Nach diesen Grundsätzen ist – bei der im Hinblick auf die Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG gebotenen grundrechtskonformen Auslegung des § 18 Abs. 2 HGB – eine Irreführung durch die Firma „Institut für Einfachheit“ nicht ersichtlich. Der Namenszusatz „für Einfachheit“ ist weder identisch mit universitären Studiengängen oder Forschungszweigen, noch weist er auf eine bestimmte Fachrichtung hin. Er ist auch nicht geeignet, die Vorstellung einer wissenschaftlichen Einrichtung, die mit dem Wort „Institut“ verbunden werden könnte, zu verstärken (vgl. KG Berlin, a.a.O., Rn. 12).“

Wie gesagt: Auch für das Vereinsrecht von Bedeutung, da die „namensrechtlichen Grundsätze“ des HGB auf die Namensnennung des Vereins entsprechend angewendet werden. Auch da spielt dann der Begriff „Instutut“ eine Rolle. Das kann man alles nachlesen. Ich sage jetzt nicht wo, denn ich will den neuen Tausender nicht gleich wieder mit Werbund beginnen 🙂 .

Vereinsrecht II: Verlust der Gemeinnützigkeit??? oder: Kein „actio pro socio“ des Vereinsmitglieds“

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In der zweiten Entscheidung, dem OLG Brandenburg, Urt. v. 11.05.2023 – 5 U 38/23 – wird um den Erlass einer einstweiligen Verfügung gekämpft. Und zwar verlangen die Kläger (Vereinsmitglieder) verlangen von dem Verfügungsbeklagten (dem Verein) im Wege der einstweiligen Verfügung, den Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit der angestellten Geschäftsführerin zu unterlassen, weil sie hierin die Gemeinnützigkeit des Beklagten sowie in der Folge auch ihre Gemeinnützigkeit gefährdet sehen.

Nach dem Sachverhalt beabsichtigten der Vorstand des Beklagten und Frau B. im Herbst 2022, den Geschäftsführervertrag mit dieser vorzeitig zu beenden. Hierzu war zunächst eine Verkürzung der restlichen Vertragslaufzeit bis zum 31.12.2023 gegen Freistellung von der Dienstleistung bei gleichzeitiger Zahlung von Gehaltsbestandteilen beabsichtigt. Hiermit befasste sich der Vorstand des Beklagten zunächst auf seiner Sitzung vom 3.11.2022 und fasste am 23.11.2022 einen dahingehenden Beschluss, den er am 12.12.2022 nochmals bestätigte.

Am 21.12.2022 erklärten die Kläger zu 1, 3 und 4 den Austritt aus dem Beklagten. Auf Antrag des Beklagten vom 29.12.2022 erteilte das Finanzamt Potsdam dem Beklagten am 14. März 2023 die verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO, dass es der Auffassung zustimme, die Vergütungsfortzahlung im Sinne der im Antrag gestellten Regelung bei Freistellung sei nicht gemeinnützigkeitsschädlich. Grundlage der Anfrage war der Entwurf einer Beendigungsvereinbarung mit einer Restlaufzeit unter Freistellung von 6 Monaten ab Zugang der Auskunft des Finanzamts.

Das LG hat dem Beklagten bei Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, an Frau A. B. für Zeiträume ab dem 01.01.2023 Zahlungen auf Vergütungen, Nebenleistungen, sonstige Leistungen mit steuerwerten Vorteilen und Abfindungen zu leisten und sie gleichzeitig von arbeits- oder dienstrechtlichen Verpflichtungen freizustellen, oder mit ihr einen Vertrag abzuschließen, mit dem sich der Beklagte hierzu verpflichtet. Dagegen hat der Beklagte Berufung eingelegt, die beim OLG ERfolg hatte:

„Die Berufung des Beklagten ist zulässig (§§ 517, 519, 520 ZPO). Sie hat in der Sache Erfolg.

Jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt, dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, haben die Berufungsbeklagten weder einen Verfügungsanspruch noch einen Verfügungsgrund hinreichend schlüssig dargelegt und glaubhaft gemacht.

1. Einen Anspruch der Kläger, von dem Beklagten zu verlangen, den beabsichtigten Aufhebungsvertrag mit der Geschäftsführerin B. nicht abzuschließen, haben die Kläger nicht schlüssig dargelegt.

a) Grundsätzlich obliegt der Abschluss des (Aufhebungs-)Vertrages dem Vorstand im Rahmen seiner Geschäftsführung (§ 27 Abs. 3 BGB) mit Vertretungsmacht für den Verein (§ 26 BGB). Grundsätzlich besteht Gleichlauf zwischen Vertretungsmacht und Geschäftsführungsbefugnis. Die Satzung kann aber die Geschäftsführungsbefugnis so ausgestalten, dass sie hinter der Vertretungsmacht zurückbleibt. Dann ist ein Vorstandsverhalten, das von der Geschäftsführungsbefugnis nicht gedeckt ist, zwar eine wirksame Vertretungshandlung, im Innenverhältnis jedoch eine pflichtwidrige Geschäftsführungsmaßnahme (BeckOK/Schöpflin BGB § 27 Rn. 19).

Die Geschäftsführung des Vorstands für den Verein richtet sich nach den Vorschriften des Auftrags (§§ 27 Abs. 3, 664 bis 670 BGB). Im Verhältnis zum Vorstand ist der Verein durch seine Mitgliederversammlung als Geschäftsherr anzusehen. Wie beim Auftrag kann der Geschäftsherr Weisungen an den Vorstand erteilen. Enthält nicht bereits die Satzung Weisungen an den Vorstand, erfolgen sie also aufgrund Beschlussfassung der Mitgliederversammlung. An solche Weisungen der Mitgliederversammlung ist der Vorstand gebunden (§ BGB § 665); das Weisungsrecht gegenüber einzelnen Vorstandsmitgliedern steht der Mitgliederversammlung als „Auftraggeber“ und nicht dem gesamten Vorstand zu (BGHZ 119 S. 379). Folglich können einzelne Vereinsmitglieder dem Vorstand nicht bestimmte Handlungen auferlegen, sondern allenfalls die Unterlassung und Beseitigung konkreter Satzungsverstöße verlangen sowie in der Mitgliederversammlung Missstände aufzeigen, die Entlastung verweigern oder bei einer Schädigung des Vereins Schadensersatz verlangen (BeckOK/Schöpflin BGB § 27 Rn. 20; MüKoBGB/Leuschner, 9. Aufl. 2021, BGB § 38 Rn. 25).

b) Hat demnach das einzelne Mitglied grundsätzlich gegenüber dem Vorstand keinen Anspruch darauf, dass dieser bestimmte Handlungen vornimmt, kommen Ansprüche allenfalls ausnahmsweise in der Form der action pro socio in Betracht (vgl. hierzu MüKoBGB a.a.O.). Die umstrittene Anwendung dieses Rechtsinstituts im Vereinsrecht kann damit begründet werden, dass ein Rechtsschutz durch die Einhaltung vereinsinterner Zuständigkeiten möglicherweise zu spät eingreift. Verfügt der Verein über kein Aufsichtsorgan, das in der Lage oder willens ist, die Ansprüche geltend zu machen, könnte eine actio pro socio in Betracht kommen (MüKoBGB/Leuschner a.a.O.).

c) Aufgrund dieser Besonderheiten wäre eine actio pro socio ausnahmsweise nur dann gegeben, wenn ein satzungs- oder gesetzwidriger Zustand durch die Mitgliederversammlung, insbesondere die Anfechtung rechtswidriger Beschlüsse der Versammlung, nicht mehr rechtzeitig repariert werden könnte. Sie führt nicht zu konkreten Handlungsansprüchen, sondern allenfalls zu Unterlassungs- oder Schadensersatzpflichten (OLG Köln Urteil vom 31. Januar 2020, Az. 6 U 187/19 = NZG 2020, 555 Rn. 15). Zudem kommt sie wegen des Ausnahmecharakters nicht bei jeder beabsichtigten Handlung des Vorstands in Betracht. Vielmehr ist entscheidend, ob Rechte der Vereinsmitglieder beeinträchtigt sind, weil durch die zu treffende Entscheidung der Vereinszweck aushöhlt wird. Hierzu gehört ein behaupteter drohender Verlust der steuerlich anerkannten Gemeinnützigkeit (§ 63 Abs. 1 AO) jedoch nicht. Insoweit ist zwischen Vereinszweck und der finanziellen Auswirkung eines konkreten Geschäfts zu unterscheiden. Die behauptete Gefahr des Verlustes der Gemeinnützigkeit ändert nichts daran, dass die Satzung selbst und der danach von dem Verein verfolgte Zweck nicht geändert werden. Gleiches gilt für die satzungsgemäßen Rechte der Mitglieder, die unverändert bestehen bleiben. Demgegenüber ist die Frage, ob das konkrete Handeln des Vorstandes dem Ziel der Gemeinnützigkeit entspricht, lediglich eine Frage der Steuerbegünstigung (OLG Celle Beschluss vom 12. Dezember 2017, Az. 20 W 20/17).

d) Ausgehend von diesen Grundsätzen haben die Kläger bereits nicht schlüssig dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine actio pro socio vorliegen, so dass es auf die Frage der Anwendung dieses Rechtsinstituts auf das Vereinsrecht letztlich nicht ankommt.

aa) Die von den Klägern befürchtete finanzielle Auswirkung durch den Abschluss der Beendigungsvereinbarung mit Frau B. stellt von vornherein keinen den Vereinszweck des Beklagten aushöhlenden Satzungsverstoß dar, der in Umgehung der verbandsinternen Zuständigkeiten die Annahme einer actio pro socio rechtfertigen könnte. Es liegt demgemäß allein bei der Mitgliederversammlung, hier also der Landeskonferenz, die Vor- und Nachteile einer solchen Vereinbarung gegeneinander abzuwägen und gegebenenfalls den Vorstand anzuweisen (vgl. auch OLG Celle a.a.O.).

bb) Jedenfalls für den maßgeblichen Zeitpunkt, dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, ist nicht ersichtlich, dass die Kläger ausnahmsweise Rechte im Wege der actio pro socio geltend machen müssen, weil die Einhaltung vereinsinterner Zuständigkeiten zu spät greifen würde. Weder im erstinstanzlichen Verfahren noch auf den entsprechenden Berufungsangriff haben sie bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu dieser Voraussetzung vorgetragen.

Aus den eingereichten Unterlagen, insbesondere der Satzung des Beklagten, ergibt sich, dass die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung, die einzig zu entsprechenden Weisungen gegenüber dem Vorstand berufen wäre, durch ein Drittel der Vereinsmitglieder verlangt werden kann (§ 8 Abs. 2 der Satzung; vgl. § 37 BGB). Vortrag, ob sie dieses Quorum nicht erreichen und bereits deshalb der vereinsinterne Entscheidungsprozess verschlossen ist, fehlt. Auch im Hinblick auf die Einberufungsfrist von 4 Wochen (§ 8 Abs. 2 S. 1 der Satzung) ist nicht ersichtlich, dass sie jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einer Entscheidung der Mitgliederversammlung entgegen gestanden hätte. Hierbei kann offen bleiben, ob die unzutreffende Verweisung in § 8 Abs. 2 S. 2 der Satzung ebenfalls zur Einhaltung der Vier-Wochen-Frist verpflichtet. War den Klägern jedenfalls bei ihrem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung am 19. Dezember 2022 die Absicht des Vorstandes bekannt, den verfahrensgegenständlichen Beendigungsvertrag abzuschließen, wäre ihr Verlangen auf Einberufung einer Landeskonferenz zeitgleich möglich gewesen. Sie haben bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 27. April 2023 nicht vorgetragen, dass ihr Rechtsschutz durch ein solches Verlangen und die damit verbundene Einhaltung vereinsinterner Zuständigkeiten gleichwohl zu spät eingreifen würde. Letztlich gehen sie auch mit ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 3. Mai 2023 davon aus, dass die Einberufung einer Landeskonferenz (Mitgliederversammlung) zu Ende März 2023 hätte erfolgen können.

Ist folglich bereits aus dem Vortrag der Kläger nicht ersichtlich, dass sie ausnahmsweise zur Wahrung ihrer Rechte unter Umgehung der vereinsinternen Regelungen auf eine actio pro socio angewiesen sind, fehlt es an einem Anspruch, den Beklagten resp. dessen Vorstand zu einem Unterlassen zu verpflichten.“