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Nochmals zur Anordnung der Fahrtenbuchauflage, oder: Mitwirkungspflicht kein „doppeltes Recht“

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Und dann die zweite Entscheidung, und zwar der OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 06.02.2025 – 3 M 4/25 – zur Anordnung des Führens eines Fahrtenbuchs. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstelles hatte keinen Erfolg:

„1. Die Beschwerde wendet zunächst ein, dass sich aus der beim Verwaltungsvorgang befindlichen Anhörung im Bußgeldverfahren vom 12. März 2024 und der auf den 16. April 2024 datierenden Erinnerung an diesen Anhörungsbogen zwar ergebe, dass der Antragsteller als Beschuldigter eines Bußgeldverfahrens wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes am 7. März 2024 geführt worden sei. Einem Beschuldigten stehe jedoch ein Aussageverweigerungsrecht zu, so dass diesem und so auch dem Antragsteller eine mangelnde Mithilfe bei der Ermittlung des Fahrzeugführers nicht mit der Konsequenz des Führens eines Fahrtenbuchs vorgehalten werden könne, solange das Ermittlungsverfahren gegen ihn nicht eingestellt worden sei. Einen Zeugenfragebogen, der nach Einstellung des ursprünglich gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahrens hätte versandt werden müssen, existiere nicht. Mache ein Beschuldigter eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens keine oder nicht ausreichende Angaben, um den Fahrzeugführer zu ermitteln, könne dies nicht zu einer Fahrtenbuchauflage führen.

Der Antragsteller kann nicht mit Erfolg geltend machen, für ihn habe als Beschuldigter keine Obliegenheit zur Mitwirkung bestanden. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass ein „doppeltes Recht“, nach einem Verkehrsverstoß im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender – bzw. unzureichender – Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, nicht besteht. Ein solches „Recht“ widerspräche dem Zweck des § 31a StVZO, nämlich der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu dienen. Insbesondere steht die Ausübung des Aussageverweigerungsrechts der Anwendbarkeit des § 31a StVZO unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht entgegen (im Einzelnen: vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. März 2023 – 8 B 157/23 – juris Rn. 7 ff. unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts).

Soweit der Vortrag der Beschwerde darauf abzielen sollte, dass der Antragsteller als Zeuge zu befragen gewesen wäre und deshalb die für die Aufklärung einer Zuwiderhandlung im Straßenverkehr zuständige Behörde nicht alle nach pflichtgemäßem Ermessen angezeigten Maßnahmen ergriffen haben könnte, rechtfertigt auch dies die Abänderung des Beschlusses nicht. Denn eine Zeugenstellung des Antragstellers kam vorliegend aus Rechtsgründen schon nicht in Betracht. Die Bußgeldbehörde hat den Antragsteller förmlich als Betroffenen angehört und durfte aufgrund der durchgeführten Ermittlungen fortgesetzt davon ausgehen, dass zumindest ein entsprechender Anfangsverdacht gegen ihn besteht. Die am Verfahren beteiligten Personen sind keine Zeugen, soweit die Entscheidung im Bußgeldverfahren unmittelbar gegen sie ergehen und in ihre Rechte eingreifen kann. Sie dürfen nicht als Zeugen vernommen werden, soweit das Verfahren ihre Sache betrifft; bereits bei Verdachtsgründen, die eine Verfolgung gegen eine bestimmte Person nahelegen, ist diese als Betroffener mit den gegebenen Verteidigungsmöglichkeiten anzuhören und nicht als Zeuge zu vernehmen. Diese Unterscheidung wird nicht zuletzt durch die verschiedenartigen Pflichten bzw. Rechte von Betroffenen einerseits und als Zeugen zu vernehmenden Personen andererseits bedingt. So ist ein Zeuge auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren grundsätzlich – sofern nicht aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall ein Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht in Betracht kommt – sowohl auf Aufforderung zum Erscheinen bei der Verwaltungsbehörde als auch zur Aussage in der Sache verpflichtet; bei unberechtigter Weigerung kommen Ordnungsmittel wie etwa die Verhängung eines Ordnungsgeldes oder als letzte Maßnahme sogar die Erzwingungshaft in Betracht. Für den Betroffenen besteht dagegen auch im Verfahren wegen der Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit keine Verpflichtung, zur Sache auszusagen, hierüber ist der Betroffene auch ausdrücklich zu belehren. Jedenfalls wenn – wie hier – sich der Tatverdacht der Bußgeldbehörde zumindest auch gegen den Kraftfahrzeughalter selbst richtet, scheidet dessen Vorladung und Vernehmung als Zeuge aus Rechtsgründen aus (zum Ganzen: vgl. VGH BW, Beschluss vom 10. August 2015 – 10 S 278/15 – juris Rn. 11 m.w.N.). Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller mit Sicherheit als Fahrer ausschied, mithin das gegen ihn geführte Ordnungswidrigkeitenverfahren bereits vor Ablauf der Verfolgungsverjährung mit der Folge hätte eingestellt werden müssen, dass er als Zeuge zu befragen gewesen wäre. Die bloße fernmündliche Mitteilung des Antragstellers gegenüber der Zentralen Bußgeldstelle am 23. April 2024, wonach er nicht der Fahrer gewesen sei und drei seiner – namentlich nicht bezeichneten – Mitarbeiter, die sich sehr ähnlich sähen, als Fahrer in Betracht kämen, lässt einen solchen Schluss nicht zu.

2. Entgegen der Darstellung der Beschwerde hat das Verwaltungsgericht bei der angegriffenen Entscheidung nicht unberücksichtigt gelassen, dass sich der Antragsteller unmittelbar nach dem Erhalt des Schreibens vom 16. April 2024 telefonisch gemeldet und mitgeteilt habe, dass er drei ähnlich aussehende Mitarbeiter habe, deren Namen er ohne Weiteres benennen könne, wobei die Benennung der Namen jedoch mit den Worten abgelehnt worden sei, dass man dann weiter ermitteln müsse. …..“

Zustimmung zur Kursteilnahme für Fahreignung, oder: Keine Verpflichtungsklage

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Und im „Kessel Buntes“ am Samstag dann heute zwei Entscheidungen aus dem Verkehrsverwaltungsrecht.

Die erste kommt mit dem BayVGH, Beschl. v. 24.03.2025 – 11 CE 25.212 – aus Bayern. Gestritten wird in Zusammenhang mit der Entziehung der Fahrerlaubnis um die Zustimmung der Fahrerlaubnisbehörde zur Teilnahme an einem Kurs zur Wiederherstellung der Fahreignung von alkohol- oder drogenauffälligen Kraftfahrern.

Der Antragsteller war seit 2016 Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse B. Am 27.11.2022 fuhr er alkoholisiert mit einem E-Scooter auf öffentlichen Straßen (BAK: 1,66 ‰). Mit Urteil v. 01.06.2023 sprach ihn das AG der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 und 2 StGB) schuldig und verhängte eine Geldstrafe sowie ein zweimonatiges Fahrverbot. Einen Ausspruch zur Entziehung der Fahrerlaubnis oder eine Begründung, weshalb diese Maßregel nicht angeordnet worden ist, enthalten das Urteil und der vorausgegangene Strafbefehl vom 30.01.2023 nicht.

Auf Anordnung der Antragsgegnerin vom 06.05.2024 brachte der Antragsteller ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer Begutachtungsstelle für Fahreignung (Begutachtungstermin: 03.07.2024, Absendedatum: 25.7.02024) bei, das zu dem Ergebnis kommt, es sei zu erwarten, dass er zukünftig das Führen eines fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugs und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht zuverlässig trennen könne. Die Verhaltensprognose könne jedoch durch die Teilnahme an einem nach § 70 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) anerkannten Kurs zur Wiederherstellung der Fahreignung günstig beeinflusst werden. Die Fahrerlaubnisbehörde müsse die Voraussetzungen für die Kursteilnahme prüfen und darüber befinden, ob der Kurs statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung genüge.

Nachdem die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Schreiben vom 09.08.2024 mitgeteilt hatte, er sei zum Zeitpunkt der Begutachtung noch Inhaber einer Fahrerlaubnis gewesen, weshalb das Gutachten die Empfehlung zur Kursteilnahme nicht hätte enthalten dürfen, erklärte der Antragsteller am 01.09.2024 sein Einverständnis mit der Entziehung der Fahrerlaubnis und gab den Führerschein bei der Antragsgegnerin ab.

Am 06.09.2024 beantragte er die Neuerteilung der Fahrerlaubnis. Mit Schreiben vom 14.10.2024 forderte die Antragsgegnerin ihn zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf und teilte seinem Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 29.11.2024 mit, an der Anordnung werde festgehalten, weil eine Kursempfehlung nach § 70 FeV nur im Rahmen der Begutachtung an Bewerber ausgesprochen werden könne.

Am 03.01.2025 beantragte der Antragsteller dann beim VG, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Zustimmung zum Besuch eines Kurses nach § 70 FeV zu erteilen. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 16.01.2025 abgelehnt. Es bestünden bereits erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit des Antrags. Bei der begehrten Zustimmung zur Kursteilnahme handele es sich um eine behördliche Verfahrenshandlung, die nicht selbstständig angegriffen bzw. erzwungen werden könne. Die Rechtswidrigkeit der Weigerung zur Zustimmung könne nur bei Ablehnung des Antrags auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis mit einer hiergegen erhobenen Verpflichtungsklage geltend gemacht werden. Im Übrigen sei der Antrag jedenfalls unbegründet, da der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht habe. Mit seinem Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zustimmung begehre der Antragsteller eine Vorwegnahme der Hauptsache. Hierfür lägen die Voraussetzungen nicht vor. Die Gutachtensstelle sei zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht berechtigt gewesen, eine Kursempfehlung auszusprechen. Eine solche Empfehlung dürfe nur gegenüber Personen ergehen, die zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis seien. Im Zeitpunkt der Begutachtung am 03.07.2024 sei der Antragsteller jedoch noch Inhaber einer Fahrerlaubnis gewesen. Er könne einen Anspruch auf Zustimmung zur Kursteilnahme auch nicht aus Vertrauensschutzgesichtspunkten herleiten. Ob vor dem Hintergrund der Klarstellung der Begutachtungsstelle überhaupt noch eine Kursempfehlung bestehe und ob die Fahrerlaubnisbehörde berechtigt gewesen sei, eine entsprechende Klarstellung zu verlangen, könne dahinstehen.

Dagegen die Beschwerde, die beim BayVGH keinen Erfolg hatte. Hier nur der Leitsatz zu der Entscheidung, und zwar:

Die Zustimmung der Fahrerlaubnisbehörde zur Teilnahme an einem Kurs zur Wiederherstellung der Fahreignung von alkohol- oder drogenauffälligen Kraftfahrern an Stelle eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens kann als vorbereitende behördliche Verfahrenshandlung für die Entscheidung über die Fahrerlaubniserteilung nicht im Wege der Verpflichtungsklage oder einer einstweiligen Anordnung begehrt werden. Die Rechtmäßigkeit der Verweigerung ist nur inzident im Falle der Versagung der Fahrerlaubniserteilung zu prüfen, sofern der Antragsteller hiergegen Rechtsschutz begehrt.

 

OWi II: 3 x etwas zur Geschwindigkeitsüberschreitung, oder: Nachfahren, Provida, Toleranzwert, Vorsatz

Und dann hier ein paar Entscheidungen aus OWi-Verfahren, die Geschwindigkeitsüberschreitungen zum Gegenstand hatten, und zwar:

1. Bei einer Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren bei anschließendem Anhalten be-stimmt sich die prozessuale Tat nach § 264 StPO in erster Linie nach dem einem Betroffenen vorgeworfenen Fahrverhalten vor seiner Anhaltung. Exakte Tatzeit und exakter Tatort spielen eine untergeordnete Rolle.

2. Bei einer im standardisierten Messverfahren durchgeführten Geschwindigkeitsmessung ist der die technischen Unsicherheitsfaktoren abbildende Toleranzwert im Falle eines rechnerisch ermittelten Zwischenwerts immer auf den nächsthöheren ganzzahligen Wert aufzurunden.

1. Die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h auf einer BAB um mindestens 45 km/h ist als zumindest „bedingt“ vorsätzlich zu qualifizieren.

2. Dass dem Betroffenen der Umfang einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 45 km/h ggf. nicht exakt bekannt war, steht der Annahme von (bedingtem) Vorsatz nicht entgegen. Denn die Differenz zwischen erlaubter und tatsächlich gefahrener Geschwindigkeit ist in diesem Fall so erheblich, dass jeder Kraftfahrer merken musste, dass er nicht nur zu schnell, sondern erheblich zu schnell fuhr.

Erfolgt die Geschwindigkeitsbestimmung mittels des Messgerätes ProVida 2000 modular durch eine Zeit-/Wegstreckenmessung und eine manuelle Berechnung der Geschwindigkeit durch nachträgliche Auswertung des Videomaterials, sind die spezifischen Toleranzwerte für Zeit- (plus 0,1 % der gemessenen Zeit vermehrt um 0,02 s) und Wegstreckenmessungen (abzüglich 4 % des gemessenen Wegs, mindestens aber 4 m) anzuwenden.

Obliegenheitsverletzung bei der Unfallmeldung, oder: Meldung nur beim Versicherungsmakler

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Als zweite Entscheidung habe ich dann das OLG Saarbrücken, Urt. v. 12.02.2025 – 5 U 42/24 -, in dem es um die Eintrittspflicht der Beklagten aus einer Fahrzeug-Vollkaskoversicherung geht. Darum wird gestritten.

Dem Vertrag über die Fahrzeug-Vollkaskoversicherung, die der Kläger bei der Beklagten für sein Kfz unterhielt, lagen die Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Kfz-Versicherung AL_KFZ comfort (AKB 2021 = Anlage B1) zugrunde. Das Fahrzeug des Klägers wurde bei einem Unfall nachts gegen 3.00 Uhr schwer beschädigt. Der Kläger verließ die Unfallstelle und informierte erst zwei Tage später um 18.23 Uhr die Polizei; außerdem will er den Schaden schon am Unfalltag um 8 Uhr telefonisch seinem Versicherungsmakler gemeldet haben.

Ein gegen den Kläger eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Un-fallort wurde gemäß § 153 StPO eingestellt.

Die Beklagte lehnte die Erstattung des Vollkaskoschadens ab, weil der Kläger sich von der Unfallstelle entfernt und dadurch seine Aufklärungsobliegenheit verletzt habe. Das LG hat dann die Klage im Wesentlichen für begründet erachtet. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG die Klage insgesamt abgewiesen.

Ich stelle auch hier nur die Leitsätze der umfangreich begründeten Entscheidung ein:

1. Zur Obliegenheit des Versicherungsnehmers, nach einem Verkehrsunfall „alles“ zu tun, was zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfanges der Leistungspflicht erforderlich ist, insbesondere nach Verlassen der Unfallstelle. 

2. Das durch § 142 Abs. 2 StGB geschützte Aufklärungsinteresse des Kfz-Versicherers wird zwar durch eine unmittelbar an ihn oder seinen Agenten erfolgende unverzügliche Mitteilung mindestens ebenso gut gewahrt wie durch eine nachträgliche Benachrichtigung des Geschädigten, nicht jedoch durch die (behauptete) Unterrichtung eines als solchen erkennbar nicht der Sphäre des Versicherers zuzurechnenden Versicherungsmaklers, den der Versicherungsnehmer mit der Meldung des Schadens beauftragt und der diese nicht unverzüglich an den Versicherer weitergeleitet hat. 

3. Für eine arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit kann es sprechen, wenn der Versicherungsnehmer nach einem nächtlichen, nur durch einen erheblichen, auf nicht versicherten Ursachen beruhenden Fahrfehler zu erklärenden Verkehrsunfall keine Unbeteiligten hinzuzieht, das schwer beschädigte Fahrzeug mit Hilfe des herbeigerufenen Bruders des Mitfahrers von der Unfallstelle entfernt, den Vorfall erst zwei Tage später der Polizei meldet, ohne die Verzögerung plausibel zu erläutern und bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die erforderlichen Feststellungen hätten nachgeholt werden können, lediglich den Ab-schleppdienst beauftragt und seinen Versicherungsmakler um eine Schadensmeldung bittet, von der ihm bewusst sein musste, dass sie den Versicherer so nur verzögert erreichen würde.

Einfahren bei „Ampel-Grün“ in Kreuzungsbereich, oder: Besondere Vorsicht bei Sichtbehinderung

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Im „Kessel Buntes“ heute dann zwei Entscheidungen des OLG Saarbrücken.

Ich beginne mit dem OLG Saarbrücken, Urt. v. 20.09.2024 – 3 U 28/24. Das bringt mal wieder etwas zur Haftungsverteilung nach einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 31.8.2022 in einem Kreuzungsbereich ereignet hat. Dort war es im Zusammenhang mit dem Abbiegevorgang eines LKW zur Kollision der beiden Fahrzeuge gekommen.

Das LG hatte der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Rotlichtverstoß bzw. eine überhöhte Geschwindigkeit eines der Unfallbeteiligten könne nicht festgestellt werden. Die Erstbeklagte habe aber gegen § 1 Abs. 2 StVO verstoßen, da sie ohne freie Sicht und ohne auf von rechts kommende Fahrzeuge zu achten trotz des noch nicht vollständig abgebogenen LKW unter Nutzung des dem Linksabbiegerverkehr aus der pp.-Straße vorbehaltenen Bereichs angefahren sei. Damit habe sie grob fahrlässig gehandelt, sodass die allein verbleibende Betriebsgefahr des Klägerfahrzeugs vollständig zurücktrete.

Dagegen die Berufung, die teilweise Erfolg hatte.

Ich stelle hier mal nur den Leitsatz ein, da die Ausführungen des OLG schwieriger nach zu vollziehen sind, weil das OLG in der veröffentlichten Entscheidung keine Straßennamen mitgeteilt hatte. Der Leitsatz lautet:

Kann der bei Grün in eine Kreuzung Einfahrende wegen der Sichtbehinderung durch einen abbiegenden Lkw nicht sicher abschätzen, ob sich im Kreuzungsbereich bevorrechtigte Nachzügler befinden, muss er besondere Vorsicht walten lassen.