Und dann habe ich hier noch den BGH, Beschl. v. 16.10.2024 – 6 StR 388/24. Das LG hat Angeklagten u.a. wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen verurteilt. Nach Auffassung des BGH war die Strafzumessung „durchgreifend rechtsfehlerhaft“.
„2. Die Strafzumessung erweist sich, auch eingedenk des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349), als durchgreifend rechtsfehlerhaft.
a) Zwar ist eine erschöpfende Aufzählung aller für die Strafzumessungsentscheidung relevanten Gesichtspunkte weder gesetzlich vorgeschrieben noch in der Praxis möglich (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 14. März 2018 – 2 StR 416/18, NStZ 2019, 138, 139; vom 2. August 2012 – 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336, 337). Ein der Strafzumessung in sachlich-rechtlicher Hinsicht anhaftender Rechtsfehler liegt aber vor, wenn das Tatgericht bei seiner Zumessungsentscheidung einen Gesichtspunkt, der nach den Gegebenheiten des Einzelfalls als bestimmender Strafzumessungsgrund im Sinne von § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO in Betracht kommt, nicht erkennbar erwogen hat (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2021 – 6 StR 6/21, Rn. 8). Ein Geständnis ist regelmäßig als ein solcher Strafzumessungsgrund anzusehen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2022 – 4 StR 72/22, Rn. 7).
Die Strafkammer hat bei der Bestimmung des Strafrahmens in den als schwerer sexueller Missbrauch (§ 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB aF) beziehungsweise sexueller Missbrauch von Kindern (§ 176 Abs. 1 StGB in der bis zum 31. März 2004 geltenden Fassung) abgeurteilten Fällen II.A.1. bis 5. der Urteilsgründe das Geständnis des Angeklagten nicht erkennbar in seine Erwägungen eingestellt und jeweils einen minder schweren Fall verneint. Wenngleich die Strafkammer das Geständnis bei der konkreten Strafzumessung erwähnt hat, kann der Senat nicht ausschließen, dass ihr dieser Umstand bei der vorangestellten Strafrahmenwahl aus dem Blick geraten ist, bei der die einleitende Wendung die nachfolgende Aufzählung der Zumessungsgesichtspunkte als abschließend nahelegt.
b) Ferner hat die Strafkammer bei der Strafrahmenwahl in den Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und des sexuellen Missbrauchs von Kindern (Fälle II.A.1. bis 5. der Urteilsgründe) zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass er seine leiblichen Töchter „zur Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse über einen sehr langen Zeitraum rücksichtslos ausnutzte“. Dies lässt besorgen, dass die Strafkammer dem Angeklagten unter Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB die Begehung der Taten als solche und Tatumstände angelastet hat, die zum Tatbild einer Sexualstraftat gehören, den Gesetzgeber daher dazu veranlasst haben, entsprechende Handlungen zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung unter Strafe zu stellen, was für sich gesehen den Unrechtsgehalt einer Tat nicht erhöhen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Februar 2022 – 2 StR 461/20, Rn. 9). Trotz der inhaltlichen Verknüpfung mit dem langen Zeitraum des Handelns kann der Senat den Urteilsgründen auch in ihrem Gesamtzusammenhang nicht hinreichend sicher entnehmen, dass die Strafkammer nur das besondere Tatbild mit einem über die Tatbestandsverwirklichung hinausgehenden Unrechtsgehalt im Blick hatte. Denn sie stellt noch an anderer Stelle die „rücksichtslose, nur auf seine sexuelle Befriedigung ausgelegte Gesinnung“ des Angeklagten heraus. Abgesehen davon gilt die auf den Zeitraum abstellende Erwägung nicht für Fall II.A.2. der Urteilsgründe, weil es sich bei dem Missbrauch der jüngeren Tochter um einen Einzelfall handelte.
c) Die Strafen in den Fällen II.A.6. und 7. der Urteilsgründe können nicht bestehen bleiben, weil die Strafkammer in allen Fällen strafschärfend die tateinheitliche Verwirklichung mehrere Delikte berücksichtigt und dabei übersehen hat, dass dies in den vorbezeichneten Fällen, in denen sie den Angeklagten allein des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen schuldig gesprochen hat, nicht zutrifft.
d) Der Strafausspruch im Fall B. der Urteilsgründe, in dem der Angeklagte ausschließlich wegen Besitzes kinderpornographischer Inhalte verurteilt worden ist, hat keinen Bestand, weil am 27. Juni 2024 das Gesetz zur Anpassung der Mindeststrafen des § 184b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 des Strafgesetzbuchs vom 24. Juni 2024 (BGBl. I 2024 Nr. 213) in Kraft getreten ist, durch das der Gesetzgeber den Besitz kinderpornographischer Inhalte unter Beibehaltung der Strafrahmenobergrenze von einem Verbrechen mit einer Mindeststrafe von einem Jahr (§ 184b Abs. 1 Satz 1 StGB aF) zu einem Vergehen mit einer Mindeststrafe von drei Monaten herabgestuft hat (§ 184b Abs. 3 StGB). Diese Gesetzesänderung hat der Senat gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO im Revisionsverfahren zu berücksichtigen.
….“
Das war aber wirklich „durchgreifend“ 🙂 .