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StPO II: Erneute Entfernung aus der Hauptverhandlung, oder: Erneuter Beschluss erforderlich

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Als zweite Entscheidung dann der BGH, Beschl. v. 09.07.2025 – 3 StR 194/25 – noch einmal zur erneutem Entfernung aus der Hauptverhandlung.

Das LG hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung verurteilt. Die dagegen gerichtet Revision des Angeklagten hatte mit der Verfahrensrüge Erfolg. Mit der hatte der Angeklagte geltend gemacht, die Hauptverhandlung habe teilweise in Abwesenheit des Angeklagten infolge einer unwirksamen Entfernungsanordnung stattgefunden (§ 338 Nr. 5, § 247 Satz 1 und 2 StPO).

Dazu folgendes Verfahrensgeschehen: Am ersten Tag der Hauptverhandlung ordnete die Strafkammer auf einen Antrag der Nebenklagevertreterin und im Einverständnis mit dem Angeklagten an, dass dieser sich „während der Zeit der Vernehmung der Nebenklägerin gemäß § 247 Satz 2 StPO aus dem Sitzungssaal zu entfernen hat, weil ein erheblicher Nachteil für das Wohl der Nebenklägerin zu erwarten ist“; er könne der Verhandlung im Wege der audiovisuellen Übertragung beiwohnen. Darauf verließ der Angeklagte den Sitzungssaal und kehrte nach der Zeugenvernehmung der Nebenklägerin zurück. Diese wurde sodann entlassen nach Zusicherung des Vorsitzenden, „dass eine erneute Ladung der Nebenklägerin großzügig geprüft werden soll“. Am Ende des folgenden Verhandlungstages ordnete der Vorsitzende für den nächsten Fortsetzungstermin die Ladung der Nebenklägerin zur weiteren Vernehmung an. In diesem Termin wies er darauf hin, dass der Kammerbeschluss weiterhin Geltung habe und der abwesende Angeklagte der Vernehmung audiovisuell folgen könne. Die Nebenklägerin wurde in Abwesenheit des Angeklagten vernommen.

Zur Begründetheit der Beanstandung, für die Entfernung des Angeklagten während der erneuten Vernehmung der Nebenklägerin fehle es an einem nach § 247 Satz 2 StPO erforderlichen Gerichtsbeschluss, führt der BGH aus:

„b) Die Entfernung des Angeklagten während der erneuten Vernehmung der Nebenklägerin entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen. Ist die Vernehmung eines Zeugen, für welche die Entfernung des Angeklagten angeordnet worden ist, abgeschlossen und wird der Zeuge zu einem späteren Zeitpunkt abermals vernommen, bedarf es für die Entfernung grundsätzlich eines erneuten Anordnungsbeschlusses. Daran fehlt es hier.

aa) Gemäß § 247 Satz 1 und 2 StPO kann das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen die Entfernung des Angeklagten „während einer Vernehmung“ anordnen. Die Entscheidung über die Entfernung hat, wie bereits der Gesetzeswortlaut nahelegt und die ständige Rechtsprechung annimmt, der für die Hauptverhandlung maßgebliche Spruchkörper, nicht der Vorsitzende allein zu treffen (vgl. etwa BGH, Urteile vom 2. Oktober 1951 – 1 StR 434/51, BGHSt 1, 346, 350; vom 21. September 2000 – 1 StR 257/00, BGHSt 46, 142, 144; RG, Urteil vom 28. Februar 1890 – 344/90, RGSt 20, 273). Die vom Beschluss erfasste Vernehmung endet regelmäßig mit der Entlassung des Zeugen, so dass eine erneute Vernehmung nicht darunter fällt und für diese erneut durch das Gericht über die Anwesenheit des Angeklagten zu entscheiden ist.

Zwar ist der Begriff der Vernehmung weder gesetzlich noch durch die Gesetzesmaterialien näher konturiert (s. BGH, Beschluss vom 21. April 2010 – GSSt 1/09, BGHSt 55, 87 Rn. 12). Allerdings sprechen sowohl die Regelungssystematik als auch der Gesetzeszweck dafür, unter der Vernehmung nicht jegliche weitere Vernehmung desselben Zeugen zu verstehen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2025 – 5 StR 567/24, NJW 2025, 1758 Rn. 17). Vielmehr stellt die Entlassung eines Zeugen gemäß § 248 StPO eine Zäsur dar, mit der die Vernehmung als abgeschlossen angesehen werden kann und an die weitere Rechtsfolgen geknüpft sind (vgl. dazu MüKoStPO/Niehaus, 2. Aufl., § 248 Rn. 6). Da nach § 52 Abs. 3 Satz 1 StPO „vor jeder Vernehmung“ über Zeugnisverweigerungsrechte zu belehren ist, werden mehrfache Vernehmungen derselben Person verfahrensrechtlich nicht per se als eine fortlaufende Vernehmung betrachtet. Einem solch weiten Begriffsverständnis in § 247 StPO steht zudem entgegen, dass mit Blick auf die hohe Bedeutung des Anwesenheitsrechts des Angeklagten, das ihm aufgrund seines Anspruchs auf rechtliches Gehör und angemessene Verteidigung in Art. 103 Abs. 1 GG sowie durch Art. 6 Abs. 3 Buchst. c EMRK garantiert wird, grundsätzlich eine restriktive Auslegung geboten ist (s. BGH, Beschlüsse vom 21. April 2010 – GSSt 1/09, BGHSt 55, 87 Rn. 8; vom 26. März 2025 – 4 StR 29/25, juris Rn. 6 mwN).

Dies fügt sich zudem in die Rechtsprechung zum Ausschluss der Öffentlichkeit ein, nach der darüber bei erneuter Vernehmung eines bereits entlassenen Zeugen ein gesonderter Beschluss erforderlich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2007 – 3 StR 410/07, BGHR GVG § 174 Abs. 1 Satz 1 Ausschluss 3 Rn. 4; Urteile vom 20. Juli 1976 – 1 StR 335/76, WKRS 1976, 12163 Rn. 11; vom 28. Februar 2024 – 5 StR 413/23, NStZ 2024, 762 Rn. 7). Ein solcher kann nicht durch eine Anordnung des Vorsitzenden ersetzt werden, in der auf einen vorangegangenen Beschluss Bezug genommen wird (s. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2024 – 5 StR 413/23, NStZ 2024, 762 Rn. 7 mwN). Soweit hiervon Ausnahmen gemacht worden sind, haben sich diese allein auf eng umgrenzte Konstellationen bezogen, in denen die Entlassung eines Zeugen „sofort“ zurückgenommen wurde (s. BGH, Urteil vom 15. April 1992 – 2 StR 574/91, BGHR GVG § 171b Abs. 1 Dauer 6; Beschlüsse vom 19. Juli 1994 – 1 StR 360/94, BGHR GVG § 174 Abs. 1 Satz 1 Ausschluss 1; vom 30. Oktober 2007 – 3 StR 410/07, BGHR GVG § 174 Abs. 1 Satz 1 Ausschluss 3; vom 9. April 2013 – 5 StR 612/12, BGHR GVG § 174 Abs. 1 Satz 1 Ausschluss 4 Rn. 15).

Da die Anwesenheit des Angeklagten nicht zur Disposition der Verfahrensbeteiligten steht, bedarf es eines Gerichtsbeschlusses samt gebotener Begründung auch dann, wenn alle Beteiligten mit einer Entfernung einverstanden sind (s. BGH, Urteil vom 6. Dezember 1967 – 2 StR 616/67, BGHSt 22, 18, 20; Beschlüsse vom 15. August 2001 – 3 StR 225/01, BGHR StPO § 247 Satz 1 Begründungserfordernis 5; vom 21. August 2018 – 2 StR 172/18, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Abwesenheit 6 Rn. 8). Die Begründung des Beschlusses muss ergeben, dass das Gericht von zulässigen Erwägungen ausgegangen ist. Sie kann allenfalls dann entbehrlich sein, wenn evident ist, dass die Voraussetzungen des § 247 StPO vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2000 – 1 StR 257/00, BGHSt 46, 142, 145; Beschluss vom 24. Juni 2014 – 3 StR 194/14, NStZ 2015, 103, 104).

bb) Hieran gemessen war die wiederholte Vernehmung der Nebenklägerin in Abwesenheit des Angeklagten verfahrensfehlerhaft, da es sich nicht um eine bloße Fortsetzung der vorangegangenen Vernehmung handelte und der erforderliche Gerichtsbeschluss fehlt.

Die Vernehmung der Nebenklägerin am ersten Verhandlungstag war mit ihrer Entlassung abgeschlossen. Dass der Vorsitzende die großzügige Prüfung einer erneuten Ladung in Aussicht stellte, ändert daran nichts, sondern verdeutlicht gerade, dass die Vernehmung beendet war und eine Ergänzung der Vernehmung von einer erst noch zu treffenden Entscheidung des Vorsitzenden abhängen sollte. Eine Ausnahmekonstellation, die mit einer sofortigen Zurücknahme der Entlassung vergleichbar ist, liegt weder in der angekündigten wohlwollenden Erwägung einer weiteren Ladung noch in deren konkreten Ankündigung am Ende des nächsten Hauptverhandlungstages und der anschließenden Vernehmung am darauf folgenden Verhandlungstag.

Die Bezugnahme des Vorsitzenden auf den früheren Kammerbeschluss macht eine neue Entscheidung der Kammer nicht entbehrlich. Unabhängig davon, dass ein solcher Verweis grundsätzlich nicht genügt (vgl. entsprechend zu § 174 GVG BGH, Beschluss vom 9. April 2013 – 5 StR 612/12, BGHR GVG § 174 Abs. 1 Satz 1 Ausschluss 4 Rn. 13 mwN), stand einem derartigen Vorgehen hier zudem entgegen, dass sich die Begründung des in Bezug genommenen Beschlusses ihrerseits in der Zitierung des Gesetzeswortlautes in der für den Sachverhalt nicht maßgeblichen Alternative erschöpfte. Da die Nebenklägerin bei ihrer ersten Vernehmung durch die Strafkammer bereits 25 Jahre alt war, setzte die Entfernung des Angeklagten nach § 247 Satz 2 StPO voraus, dass bei ihrer Vernehmung in seiner Gegenwart die dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils für ihre Gesundheit bestand; ein zu befürchtender erheblicher Nachteil für das Wohl der Zeugin genügte nicht.“

OWi I: Dauerbrenner Verwerfung des Einspruchs, oder: Vertrauen auf Verteidiger/Inhaftierung und mehr

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Und dann das eigentliche OWi-Programm des Tages.

Ich beginne mit Entscheidungen, die sich u.a. mit dem Dauerbrenner „Verwerfung des Einspruchs wegen Ausbleiben des Betroffenen befassen, und zwar:

1. Die Rüge, ein nach § 74 Abs. 2 OWiG erlassenes Verwerfungsurteil sei prozessrechtswidrig, weil der Betroffene auf den Antrag des Verteidigers von der Verpflichtung des persönlichen Erscheinens hätte entbunden werden müssen, bedarf der Darlegung, dass der Verteidiger durch „nachgewiesene Vollmacht“ zur Vertretung und damit zur Antragstellung befugt war.

2. Jedenfalls ohne Hinzutreten weiterer Umstände darf ein Betroffener nicht der Aussage seines Verteidigers vertrauen, er werde von der Verpflichtung des persönlichen Erscheinens entbunden und müsse daher zur Hauptverhandlung nicht erscheinen.

3. Zu den Voraussetzungen sog. „subjektiven Entschuldigtseins“.

1. Der tatsächliche Zugang eines Schriftstücks ist ggf. dadurch belegt, dass der Verteidiger gegen den Bußgeldbescheid für den Betroffenen Einspruch eingelegt hat und darüber hinaus Akteneinsicht genommen hat, so dass dann jedenfalls im Zeitpunkt der Einsichtnahme in die Bußgeldakte die Heilung des Zustellungsmangels wirksam geworden und die Unterbrechung der Verjährung eingetreten ist.

2. Es ist nicht erforderlich, dass der Zustellungsadressat und der tatsächliche Empfänger eines Schriftstücks identisch sind; vielmehr reicht es aus, wenn das Dokument nicht dem genannten Adressaten, sondern einer Person zugeht, an die die Zustellung ebenfalls hätte gerichtet werden können.

3. Macht die Verteidigung zur Begründung eines Entbindungsantrags geltend, dass der Betroffene weiterhin in einer Justizvollzugsanstalt inhaftiert sei und er deshalb weder zu dem Hauptverhandlungstermin wirksam geladen worden sei, noch habe erscheinen können, gibt dieses offensichtlich nicht ungeeignete Entschuldigungsvorbringen Anlass für eine Erörterung in den Urteilsgründen geben.

1. Gegen einen möglicherweise verhandlungsunfähigen Betroffenen findet eine Hauptverhandlung nicht statt.

2. Durch die Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Hauptverhandlung trotz möglicher Verhandlungsunfähigkeit eines Mitbetroffenen wird die Verteidigung unzulässig beschränkt.

 

News: Ermittlungsverfahren und Hauptverhandlung, oder: Handbücher in 10. bzw. 11. Auflage erschienen

Und dann zwischendurch News – in eigener Sache. Zunächst aber mal:  <<Werbemodus an>>. Denn es ist mal wieder ein Hinweisposting auf soeben erschienene Neuauflagen. Denn sie sind da:

  • Burhoff (Hrsg.),  Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 10. Auflage
  • Burhoff (Hrsg.),  Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 11. Auflage.

Ich bin selbst etwas überrascht, ging dann aber doch schneller als gestern noch angekündigt. Aber das schmälert die Freude natürlich nicht. Ich habe dann auch  gleich den Schutzumschlag gelöst 🙂 , schon wieder ein besonderes Ereignis.

Über das Erscheinen der Neuauflagen freue ich mich sehr. Dies vor allem, weil 1995, als ich mit den Arbeiten für die 1. Auflage der Hauptverhandlung begonnen habe, mir geraten wurde, es zu lassen. Man könne die Hauptverhandlung des Strafverfahrens nicht in ABC-Form behandeln. Man kann, habe ich gedacht. Und Recht behalten, wie die 11. Auflage des Handbuchs-Hauptverhandlung und die 10. Auflage des Handbuchs-Ermittlungsverfahren beweisen.

Ich nehme dann dieses Posting wieder zum Anlass, mich bei allen, die an der 10. und 11. Auflage beteiligt waren, zu bedanken für die reibungslose Zusammenarbeit. Das sind/waren die Autoren und die Mitarbeiter im Verlag, allen voran die Product-Managerin (früher nannte man das: Lektor/Lektorin 🙂  . Es hat Spaß gemacht.

Wie geht es jetzt weiter? Mit dem Erscheinen der Bücher können alle, die die Werke vorbestellt haben, damit rechnen, dass ihnen in den nächsten Tagen die Bücher geliefert werden. Auch die „Widmungsexemplare“ kommen dann. Das kann aber noch ein wenig dauern,  denn: Die mir vorliegenden Exemplare kommen direkt aus der Druckerei – das ist das Privileg des Herausgebers. Alle anderen Exemplare müssen erst mal beim Versenden geliefert werden und werden von da ausgeliefert.

Noch ein wenig länger wird es beim „Burhoff-Paket“ – also Handbuch EV und HV – und bei der Trilogie – also Handbuch EV, Handbuch HV und Rechtsmittel-Handbuch – dauern. Die müssen erst „zusammengestellt“ werden, was erfahrungsgemäß ein wenig Zeit kostet. Also Geduld 🙂 .

Und natürlich der Hinweis an alle, die nicht vorbestellt haben. Die können dann jetzt bestellen, und zwar wie immer hier auf der Bestellseite meiner Homepage, nämlich hier.

Und dann <<Werbemodus aus>> 🙂 .

Werbung, Werbung – drei Handbücher neu, oder: Rechtsmittel, Ermittlungsverfahren, Hauptverhandlung

So und hier dann erst mal den <<Werbemodus an>>, denn dieses Posting ist ein reines Werbeposting. Wer das also nicht mag oder meint, er braucht die Info nicht: Einfach weiter gehen :-). Aber: Später nicht meckern. Denn der Beitrag enthält wichtige Informationen zu den nächsten Neuerscheinungen 2024.

Denn jetzt ist es (endlich) soweit: Die drei Handbücher zum Rechtsmittel, zum Ermittlungsverfahren und zur Hauptverhandlung kommen, wie ich ja schon mitgeteilt hatte, in diesem Jahr neu, und zwar:

Es ist also mal wieder vollbracht – es kommen rund 5.500 Seiten Verfahrensrecht, alles natürlich aktualisiert und auf den neuesten Stand gebracht – wie immer jetzt schon seit fast 30 Jahren. Ja, lang lang ist es her, dass die 1. Auflage der „Hauptverhandlung“ erschienen ist.

Und mit den drei Handbüchern gibt es dann auch das „Burhoff-Paket„, das aus dem „Ermittlungsverfahren“ und der „Hauptverhandlung“ besteht, und eine „Burhoff-Trilogie“ bestehend aus „Ermittlungsverfahren“, „Hauptverhandlung“ und Rechtsmittel neu.

Die Handbücher kosten im Einzelbezug 129,00 EUR, das Paket 209,00 EUR und die Trilogie 269,00 EUR. Da stecken also ganz schöne Preisnachlässe drin.

Und die Bücher kann man dann, wenn man noch nicht vorbestellt hat, dann auf der Bestellseite meiner HP vorbestellen. Sie kommen dann nach dem Erscheinen automatisch. Die Bücher kommen vom Verlag, die Rechnung für die Lieferung von mir.

Und dann jetzt: <<Werbemodus aus>>

StPO II: Sitzenbleiben und Richterunterbrechung, oder: Ungebühr, Ordnungsmittel, Protokoll, Rechtsmittel

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Im Mittagsposting habe ich dann zwei Entscheidungen zur Ungebühr in der Hauptverhandlung und zu den Maßnahmen des Gerichts und den Rechtsmitteln. Da sich diese Fragen immer wieder um dieselbe Problematik drehen, die ich hier schon häufiger vorgestellt habe, gibt es aber nur die Leitsätze der Entscheidungen. Das sind:

    1. Bei der in § 181 Abs. 1 GVG geregelten Beschwerde gegen Ordnungsmittel handelt es sich nach um eine sofortige Beschwerde im Sinne des § 311 StPO.
    2. Bei der Festsetzung eines Ordnungsmittels wegen Ungebühr muss im Protokoll der Vorfall so deutlich festgehalten sein, dass das Beschwerdegericht den Grund und die Höhe der Sanktion ohne eigene Erhebungen überprüfen kann.
    3. Ein ungebührliches Verhalten kann in dem demonstrativen Sitzenbleiben während der Urteilsverkündung trotz entsprechender Aufforderung seitens des Gerichts sowie in einer (wiederholten) Unterbrechung des Gerichts während der Urteilsverkündung liegen.
    1. Bei Festsetzung eines Ordnungsmittels wegen Ungebühr nach § 178 GVG sind gemäß § 182 GVG der Beschluss des Gerichts und dessen Veranlassung in das Protokoll aufzunehmen. Dabei muss der Sachverhalt so deutlich dargestellt werden, dass das Beschwerdegericht nachprüfen kann, ob eine Ungebühr vorlag. Die Niederschrift muss ein so deutliches Bild von dem Vorgang geben, dass der Grund und die Höhe der Sanktion ohne Weiteres nachzuprüfen sind. Wertungen oder abstrakte Darstellungen sind mangels Subsumierbarkeit ungenügend. Wesentliche Lücken können nicht durch dienstliche Erklärungen oder sonstige. Beweiserhebungen ausgefüllt werden.
    2. Eine Ausnahme hiervon besteht jedoch in Fällen, in denen der Beschwerdeführer das dem Ordnungsmittel zugrundegelegte Verhalten als solches nicht bestreitet. Dies erlaubt es dem Beschwerdegericht ausnahmsweise, für die Prüfung des Ordnungsgeldbeschlusses auch auf außerhalb des Hauptverhandlungsprotokolls liegende Quellen, etwa einen Nichtabhilfebeschluss, zurückzugreifen.
    3. Vor der Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach § 178 GVG ist dem Betroffenen im Regelfall rechtliches Gehör zu gewähren. Eine Ausnahme hiervon besteht jedoch unter anderem dann, wenn der Betroffene in zeitlicher Nähe vor der Festsetzung des Ordnungsgeldes wegen eines vergleichbaren Verhaltens ermahnt worden und ihm dieses Ordnungsmittel dabei bereits angedroht worden war.