Und als zweite Entscheidung habe ich dann hier den BGH, Beschl. v. 23.07.2025 – 3 StR 227/25.
Das LG hat den Angeklagten wegen mehrerer Taten verurteilt. Die dagegen vollumfänglich eingelegte Revision hat wegen einer Tat zu einer Änderung des Schuldspruchs geführt.
Nach insoweit vom LG getroffenen Feststellungen hielt sich der Angeklagte, ein Facharzt für Anästhesie, an einem Nachmittag im Herbst 2021 mit der Nebenklägerin – seiner damaligen Lebensgefährtin – in seiner Wohnung auf. Um ihre Bereitschaft zu von ihm gewünschten sexuellen Aktivitäten zu wecken, versetzte er ein Glas Orangensaft heimlich mit Bröseln einer Ecstasy-Tablette und reichte es ihr. In Unkenntnis des Umstandes, dass das Getränk mit einer Droge versetzt war, trank die im Umgang mit Betäubungsmitteln unerfahrene Nebenklägerin einige Schlucke. Sodann bemerkte sie die Krümel in dem Glas und fragte den Angeklagten, was er ihr gegeben habe. Wahrheitswidrig antwortete dieser, er habe zu ihrer Entspannung das Benzodiazepin Dormicum in das Getränk getan. Als die Nebenklägerin, die als ausgebildete Intensivkrankenschwester um die Wirkung von Dormicum wusste, bei sich stark geweitete Pupillen und damit eine mit der Einnahme dieses Medikaments unvereinbare Reaktion bemerkte, räumte der Angeklagte ein, Drogen in das Getränk getan zu haben. Daraufhin geriet die Nebenklägerin in Panik, schloss sich angsterfüllt allein im Schlafzimmer der Wohnung ein und fiel in einen vom Angeklagten billigend in Kauf genommenen starken Drogenrausch mit deutlicher Bewusstseinseintrübung, an dessen Dauer sie sich nachfolgend nicht mehr zu erinnern vermochte.
Das LG hatte den Angeklagten wegen dieser Tat der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit „unerlaubtem“ Verabreichen von Betäubungsmitteln schuldig gesprochen. Das beanstandet der BGH:
„aa) Rechtsfehlerfrei ist der Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1, Nr. 3 StGB. Indem der Angeklagte das unwissende Tatopfer veranlasste, das Rauschgift zu sich zu nehmen, brachte er ihr Gift im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 StGB mittels eines hinterlistigen Überfalls im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB bei. Die Einnahme der Droge führte zu einer erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigung des Tatopfers.
bb) Tateinheitlich hierzu hat sich der Angeklagte wegen Verbrauchsüberlassung von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. b Alternative 2 BtMG, nicht jedoch – wie von der Strafkammer angenommen – wegen Verabreichens von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. b Alternative 1 BtMG strafbar gemacht. Denn wird ein Betäubungsmittel zum sofortigen Gebrauch an Ort und Stelle hingegeben, ist die Tatbestandsvariante des Überlassens zum unmittelbaren Verbrauch erfüllt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2024 – 3 StR 453/23, StV 2025, 8 Rn. 5 mwN; vom 9. Januar 2024 – 2 StR 443/23, NStZ-RR 2024, 176; vom 8. Februar 2022 – 3 StR 458/21, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 1 Verbrauchsüberlassung 1 Rn. 7 mwN).
Das gilt auch dann, wenn der Täter – wie hier – einem anderen ein Lebensmittel zum sofortigen Verzehr übergibt, dabei verschweigt, dass dieses Betäubungsmittel enthält, und der Empfänger das Rauschgift daher unwissentlich konsumiert (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2022 – 3 StR 458/21, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 1 Verbrauchsüberlassung 1 Rn. 8). Die Abgrenzung des Tatbestands des Verabreichens von demjenigen der Verbrauchsüberlassung bestimmt sich allein nach dem äußeren Geschehensablauf. Ein Verabreichen ist gegeben, wenn der Täter dem Empfänger das Betäubungsmittel ohne dessen aktive Mitwirkung zuführt, etwa durch Injizieren, Einreiben oder Einflößen (Fremdapplikation; vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2022 – 3 StR 458/21, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 1 Verbrauchsüberlassung 1 Rn. 9; BeckOK BtMG/Hochstein, 27. Ed., § 29 Rn. 597; Patzak/Fabricius/Patzak, BtMG, 11. Aufl., § 29 Rn. 1198; Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 1538). Übergibt der Täter dagegen einer anderen Person Betäubungsmittel und führt diese sie sich eigenständig zu (Eigenapplikation), ist der Tatbestand der Verbrauchsüberlassung verwirklicht (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2022 – 3 StR 458/21, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 1 Verbrauchsüberlassung 1 Rn. 9; BeckOK BtMG/Hochstein, 27. Ed., § 29 Rn. 601; Patzak/Fabricius/Patzak, BtMG, 11. Aufl., § 29 Rn. 1205 f.; Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 1544). Darauf, ob der Empfänger Kenntnis davon hat, dass er ein Betäubungsmittel konsumiert, kommt es demgegenüber nicht an (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2022 – 3 StR 458/21, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 1 Verbrauchsüberlassung 1 Rn. 9; BeckOK BtMG/Hochstein, 27. Ed., § 29 Rn. 602; Patzak/Fabricius/Patzak, BtMG, 11. Aufl., § 29 Rn. 1206).“




