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Wochenspiegel für die 4. KW., mit Abgabenlast, Erben, Kirchenaustritt und Verteidigererklärung

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Und dann der Auftakt am Sonntag mit dem Wochenspiegel, und zwar mit folgenden Hinweisen:

Für Befriedungsgebühr Kausalität erforderlich?, oder: Bemessung der Terminsgebühr/Kostenentscheidung

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Und im zweiten Posting dann etwas aus Berlin, und zwar den LG Berlin, Beschl. v. 09.12.2024 – 525 Qs 169/24 – zur zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG und zur Bemessung der Terminsgebühr Nr. 4108 VV RVG.

Gegen den Angeklagten war ein Strafbefehl erlassen, gegen den der Verteidiger Einspruch eingelegt hat. Das Verfahren gegen den Angeklagten ist dann vom AG eingestellt worden. Gestritten worden ist dann um die Festsetzung der zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG und die Höhe einer (Hauptverhandlungs)Terminsgebühr Nr. 4108 VV RVG. Das AG hat die Nr. 4141 VV RVG nicht festgesetzt und die Terminsgebühr nur in einer geringeren als vom Verteidiger geltend gemachten Höhe. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verteidigers hatte hinsichtlich der Nr. 4141 VV RVG Erfolg, hinsichtlich der Höhe der Terminsgebühr hingegen nicht:

„I. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die unterlassene Festsetzung der Befriedungsgebühr nach Nr. 4141 VV RVG wendet, ist die sofortige Beschwerde begründet.

Für deren Entstehen genügt bereits jede anwaltliche Tätigkeit, die auf eine Verfahrensförderung gerichtet ist, ohne dass sie auch kausal für die Verfahrensbeendigung geworden oder besonders aufwändig gewesen sein muss. Dabei trifft die Beweislast für das Fehlen der anwaltlichen Mitwirkung die Staatskasse als Gebührenschuldner (vgl. Felix in: Toussaint, Kostenrecht, 54. Aufl. 2024, RVG VV 4141 Rn. 7 m.w.N.). Hier haben das Amtsgericht bzw. die Staatsanwaltschaft auf die Einspruchsschrift des Beschwerdeführers offensichtlich Nachermittlungen für erforderlich gehalten. Kurz nach Aktenrückkehr von der Polizei wurde das Verfahren sodann eingestellt. Es liegt nahe, dass Hintergrund dafür zumindest auch das Ergebnis dieser auf die Einspruchsschrift des Beschwerdeführers zurückzuführenden Nachermittlungen gewesen ist.

II. Im Hinblick auf die Terminsgebühr Nr. 4108 VV RVG ist die sofortige Beschwerde hingegen aus den insoweit weiterhin zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses unbegründet.

In dieser Hinsicht war die Gebührenbestimmung durch den Beschwerdeführer unbillig i.S.d. § 14 Abs. 1 RVG, da die angemessene Gebühr um mehr als 20 % (vgl. KG, Beschluss vom 6. Dezember 2010 – 1 Ws 45/10 –, Rn. 3, juris) überschritten wurde. Denn angemessen war hier nicht die angesetzte Mittelgebühr, sondern die mit dem angefochtenen Beschluss festgesetzte. In erster Linie maßgeblich ist insofern die Dauer des Termins, wenn auch unter Berücksichtigung der Wartezeit. Die Einspruchsbegründung vermag eine höhere Festsetzung nicht zu rechtfertigen. So wird die Einlegung und Begründung eines Rechtsmittels nicht durch die Termins-, sondern durch die Verfahrensgebühr abgegolten. Unabhängig davon rechtfertigt der dortige knappe Vortrag zur Ortsabwesenheit ebenso wenig eine Gebührenerhöhung wegen des Umfangs bzw. der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit wie die – wenn auch etwas ausführlicheren – Ausführungen zur Frage des Wiedererkennens im Rahmen einer Wahllichtbildvorlage. Inwiefern die dortigen Ausführungen bereits auf Tätigkeiten im Rahmen der Vorbereitung des Termins zurückgehen, ist im Übrigen auch nicht ersichtlich.“

Und dann noch eine interessante Kostenentscheidung des LG:

„Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Der Beschwerdeführer hat einen Teilerfolg erzielt, der unter Billigkeitsgesichtspunkten die aus dem Tenor ersichtliche Quotelung rechtfertigt. Da eine bloß hälftige Ermäßigung der nach Vorbemerkung 3.6 KV GKG einschlägigen Gerichtsgebühr Nr. 1812 KV GKG dem Ausmaß des Teilerfolgs nicht ausreichend Rechnung tragen würde und eine Ermäßigung auf einen anderen Prozentsatz nicht vorgesehen ist, hat die Kammer bestimmt, dass eine Gebühr nicht zu erheben ist.“

Anzumerken ist:

1. Die Ausführungen des LG zur Nr. 4141 VV RVG sind zutreffend. Für das Entstehen dieser zusätzlichen Verfahrensgebühr ist es unerheblich, in welchem Verfahrensabschnitt die Mitwirkung erbracht wird. Es genügt, dass ein früherer Beitrag des Verteidigers zur Erledigung in einem späteren Verfahrensabschnitt, in dem es dann zur Erledigung des Verfahrens kommt, noch fortwirkt (Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021, Nr. 4141 VV Rn 18). Zutreffend ist ebenfalls die Ansicht des LG zur Beweislast und zur Frage der Ursächlichkeit (dazu u.a.  BGH AGS 2008, 491 = RVGreport 2008, 431; OLG Stuttgart AGS 2010, 202 = RVGreport 2010, 263; LG Aachen, Beschl. v. 28.02.2024 – 2 Qs 8/23, AGS 2024, 228 mit zutreffendem Hinweis auf die Entstehungsgeschichte).

2. Ob die Höhe der Terminsgebühr Nr. 4108 VV RVG zutreffend festgesetzt worden ist, lässt sich nicht beurteilen, da der Beschluss die Höhe der Terminsgebühr nicht mitteilt und auch zu den übrigen konkreten Umstände der Gebührenbemessung schweigt. Die allgemeinen Ausführungen sind allerdings zutreffend.
3. Und schließlich ist die vom LG getroffene Kostenentscheidung ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Angeklagte kann auf deren Grundlage unter Anwendung der Differenztheorie nun seine im Kostenbeschwerdeverfahren entstandenen Gebühren geltend machen. Grundlage ist Vorbem. 4 Abs. 5 Nr. 1 VV RVG, der auf Teil 3 VV RVG verweist. Dort ist dann die Nr. 3500 VV RVG einschlägig. Diese berechnet sich nach dem Gegenstandswert. Der ist in Höhe der streitigen Gebühren anzusetzen (zu allem Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Vorbem. 4 VV Rn 118 ff.).

„Über den Tellerrand schauen“ bei „Recht Umschau“, oder: Neue Rubrik „Persönlichkeiten des Rechts“

Heute ist Sonntag und da gibt es ja an sich nur zwei Postings, nämlich den „Wochenspiegel“ und den „Sonntagswitz“. Nun, heute gibt es dann vorab aber noch ein drittes Posting, das zumindest mit dem „Wochenspiegel“ zu tun hat. Also:

Der regelmäßige Besucher/Leser meines Blogs weiß: Sonntags ist um 10.45 Uhr „Wochenspiegel-Time“. In dem Beitrag habe ich dann Hinweise auf zehn Beiträge aus anderen Blogs zusammengestellt, die in der ablaufenden Woche veröffentlicht worden sind. Der ein oder andere Leser wird sich nun sicherlich schon mal gefragt haben: Wo kommt eigentlich das Material her, dass Burhoff in dem Beitrag verarbeitet? Das „verrate“ ich gern, denn das ist kein Geheimnis, und zwar:

Früher hatte ich meine Quelle zunächst bei „JuraBlogs“, das es seit 2018 ja leider nicht mehr gibt (siehe hier mein Abschiedsposting: Jurablogs ist gegangen…., oder: Sag zum Abschied leise Servus/danke…., oder: Abschied zum Zweiten….). Der Betreiber Matthias Klappenbach ist seitdem leider auf dem Altenteil, was ich nicht nur wegen der Quelle sehr bedauert habe. Es hat dann einen Nachfolger gegeben, und zwar „Jurablo.gs“ , aber auch dessen Betreiber hat im März 2024 seine Aktivitäten eingestellt und die Seite aus dem Netz genommen.

Beide Quellen hatte ich für den Wochenspiegel genutzt und war daher nun ab Anfang 2024 auf eine eigene Suche angewiesen, die manchmal recht mühsam und zeitaufwändig war. Daher war ich sehr froh, als mich im Oktober 2024 der Kollege Dr. Ingo Janert angesprochen und angefragt hat, ob ich etwas einzuwenden habe, wenn er meinen „BOB“ aufnimmt in das “ kostenlose Informationsangebot „Recht Umschau„. Das Angebot kannte ich bis dahin nicht. Ich habe es mir angeschaut und war mit dem, was ich vorfand, sehr zufrieden. Denn das war dem, was ich früher als Quelle genutzt habe, ähnlich: Ein Blog, der nicht selbst zu bestimmten Themen bloggt, sondern „einen aktuellen Überblick über die juristische Blogosphäre“ gibt; er „richtet sich an alle, die beruflich mit Recht zu tun haben, aber auch an die breite Öffentlichkeit.“ Und damit war mein Sonntagmorgen – zeitlich – wieder gerettet. Ich hatte/habe eine neue Quelle für meine wöchentliche Zusammenstellung, die natürlich an den Überblick des Kollegen Dr. Janert nicht herankommt, denn es ist ja nur ein „Überblick aus dem Überblick“.

Allen, die „Recht Umschau“ bisher nicht kannten, rate ich zu einem (ersten) Informationsbesuch, der wahrscheinlich in einen „Dauerbesuch“ übergeht. Denn das Ganze ist m.E. recht ansprechend aufbereitet. Man findet schnell das, was man sucht oder über das man sich informieren will. Der Kollege hat die maßgeblichen Rechtsgebiete alphabetisch geordnet, so dass man sich nicht mühsam durch eine Vielzahl von Beiträgen scrollen muss, um das zu finden, was einen interessiert. Wer eben kein „Strafrecht“ mag – soll es ja geben 🙂 -, der klickt „Strafrecht“ in der Liste als sein Ziel eben nicht an, sondern „sein“ Interessengebiet, in dem dann die Beiträge der Blogs, die bei „Recht Umschau“ gemeldet sind, gelistet sind. Er erhält dann in der Tat „aktuelle Rechtsinformationen“. Alles in allem glaube ich, dass der Kollege Dr. Janert sein mit seinem „Portal“ verfolgtes „Ziel, sich als feste Anlaufstelle für aktuelle Rechtsinformationen zu etablieren“, erreichen wird. Das setzt natürlich voraus, dass sich dort viele Blogs listen lassen bzw. teilnehmen. Daher die Bitte an alle bloggenden Leser, die dort noch nicht teilnehme: Go. Das Anmelden geht ganz einfach hier.

So viel zum ersten Teil der Überschrift zu diesem Posting, also zu: „Über den Tellerrand schauen bei „Recht Umschau“, oder:“. Aber was, wird man sich als Leser nun fragen, ist mit dem zweiten Teil: Neue Rubrik „Persönlichkeiten des Rechts„? Tja, das ist nun etwas ganz Neues bei Recht Umschau, bei dem ich in Spiel komme. Denn der Kollege Dr. Janert hat sich – animiert durch meinen Beitrag: Hier ist das 15.000 Posting im BOB nach fast 16 Jahren, oder: Auf und weiter geht es – dann noch einmal bei mir gemeldet und angefragt, ob ich ggf. bereit sei, den „Opener“ für eine von ihm in seinem Portal geplante neue Rubrik: „Persönlichkeiten des Rechts“ zu machen. Er wolle unter der Überschrift in Zukunft immer mal wieder über Juristen berichten – ich drücke es mal so aus, um nicht schon wieder von „Persönlichkeiten …..“ zu sprechen 🙂 . Und da seien meine 15.000 Beiträge doch ein schöner Anlass, um die Rubrik zu eröffnen.

Ich räume ein, ich habe mich über die Anfrage gefreut. Denn, ein wenig eitel sind wir ja alle – oder? – und wenn man von anderen als „Persönlichkeit des Rechts“ eingeordnet wird, tut das gut und man freut sich über die darin auch liegende Anerkennung der täglichen Arbeit. Also habe ich zugesagt (ohne Rückendeckung von daheim 🙂 ). Das Ergebnis war dann ein Besuch des Kollegen Dr. Janert in Leer, bei dem wir uns bei einem gemeinsamen Mittagessen am Leeraner Hafen angeregt über das Bloggen, das Für und Wider, die Beweggründe und mehr unterhalten haben. Und daraus ist dann der erste Beitrag des Kollegen in der Rubrik „Persönlichkeiten des Rechts“ unter der Überschrift: „Detlef Burhoff: Ein Leben für die Juristerei“ geworden.  Wer es liest, merkt m.E., dass die Chemie unter den Gesprächspartner gestimmt hat. Und er erfährt eine ganze Menge über den Blogger und sein Drumherum. Es liest sich toll – „eine richtige Home-Story“ (stammt nicht von mir – sondern von meinem Webmaster 🙂 ). Der Kollege Dr. Janert hatte seinen Beitrag mir vorab zur Kenntnis gegeben. Ich fand es zunächst ein wenig „dick aufgetragen“ und war, wie ich dem Kollegen mitgeteilt hatte, „vor mir selbst erstarrt“,  aber er hatte keine Bedenken und so ist es dann online gegangen.

So, nun aber genug. Bis auf den Dank an den Kollegen. Einerseits für sein „Recht Umschau“ und dann natürlich für seinen Besuch in Leer und den o.a. Beitrag in seinem Portal. Danke für die Zeit und die Mühen, die solche Beiträge machen. Ich weiß, wovon ich schreibe/rede 🙂 .

Sonntagswitz, am 2. Adventssonntag wieder zu Advent und Weihnachten

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Und dann am 2. Adventssonntag gibt es heute wieder Witze zu Advent und Weihnachten, und zwar:

Ein hart arbeitender Politiker, ein ehrlicher Jurist und der Weihnachtsmann
finden einen 50-Euro-Schein.

Wer nimmt ihn an sich?

Der Weihnachtsmann, die anderen beiden existieren nicht.


Drei Blondinen treffen sich nach Weihnachten.

„Mein Freund hat mir ein Buch geschenkt.“, sagt die eine. „Dabei kann ich doch gar nicht lesen!“

„Das ist doch gar nichts! Mein Freund hat mir einen Terminplaner gekauft, dabei kann ich gar nicht schreiben!“

„Bei mir ist es noch viel schlimmer! Mein Freund hat mir einen Deoroller gekauft, dabei habe ich doch gar keinen Führerschein!“


Kommt ein Taubstummer in eine Bank und legt einen Tannenzapfen und
ein Kondom auf den Schalter.

Der Bankangestellte guckt, aber kapiert nicht, was der Mann meint.

Er holt seinen Chef, der sofort sagt: „Er meint, dass er bis Weihnachten sein Konto überziehen möchte.“


Zwei alte Männer unter sich:

„Sex ist schöner als Weihnachten!“

„Ich bevorzuge Weihnachten!“.

„Warum?“

„Es ist öfter!“

Vergütung des Beistands in Abschiebehaftfällen, oder: Bezirksrevisor meint(e): „Es gibt nichts“

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Bisher lag keine Rechtsprechung dazu vor, wie die Tätigkeit des beigeordneten Rechtsanwalts in Abschiebehaftfällen honoriert wird. Jetzt hat sich als – soweit ersichtlich – erstes Gericht das AG Stuttgart im AG Stuttgart, Beschl. v. 10.07.2024 – 527 XIV 271/24 – dazu geäußert..

Das Regierungspräsidium Karlsruhe hatte als zuständige Ausländerbehörde mit Antrag vom 04.03.2024 die Anordnung von Sicherungshaft gem. §§ 62 Abs. 3, 106 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 417 FamFG gegen den Betroffenen zur Sicherung der beabsichtigten Abschiebung beantragt. Gemäß des mit Gesetz zur Verbesserung der Rückführung zum 27.02.2024 in Kraft getretenen § 62d AufenthG wurde dem Betroffenen mit Beschluss vom 04.03.2024 Rechtsanwalt S. als anwaltlicher Vertreter bestellt. Der Betroffene wurde am selben Tage in Anwesenheit des bevollmächtigten Rechtsanwalts persönlich angehört, ehe das AG mit Beschluss vom selben Tage antragsgemäß die Sicherungshaft gegen den Betroffenen anordnete. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Bevollmächtigten wurde durch das LG Stuttgart zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 05.03.2024 beantragte der Bevollmächtigte die Festsetzung einer Verfahrensgebühr nach Nr. 6300 VV RVG, einer Terminsgebühr nach Nr. 6301 VV RVG sowie der Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG nebst Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG in Höhe von insgesamt 556,92 EUR.

Mit Beschluss vom 22.05.2024 setzte die Urkundsbeamtin die Vergütung antragsgemäß fest. Der Bezirksrevisor erhob hiergegen mit Schreiben vom selben Tag Erinnerung und führte zur Begründung aus, es bestünde mangels gesetzlicher Regelung kein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse. Eine Beiordnung nach § 62d AufenthG führe nicht zwangsläufig zu einem Vergütungsanspruch. Die bestehende Regelungslücke sei auch nicht planwidrig, nachdem der Rechtsausschuss des Bundesrates in seiner Stellungnahme vom 02.02.2024 (BR-Drs. 21/1/24) auf diese hingewiesen habe. Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung nicht ab und legte diese mit Verfügung vom 22.05.2024 dem Gericht zur Entscheidung vor. Dort hatte sie keinen Erfolg:

„Die Erinnerung ist jedoch unbegründet. Dem anwaltlichen Vertreter steht ein Vergütungsanspruch nach § 45 Abs. 3 S. 1 RVG zu. Demnach erhält ein sonst gerichtlich bestellter oder beigeordneter Rechtsanwalt Vergütung aus der Landeskasse, wenn ein Gericht des Landes den Rechtsanwalt bestellt oder beigeordnet hat. Dies ist vorliegend der Fall, da der bevollmächtigte Rechtsanwalt durch gerichtlichen Beschluss vom 04.03.2024 beigeordnet wurde.

Soweit der Erinnerungsführer auf die Stellungnahme des Rechtsausschusses des Bundesrates verweist, wonach es an einer gesetzlichen Vergütungsregelung fehle, ist dies im Ergebnis unzutreffend. Zwar fehlt es augenscheinlich an einer spezialgesetzlichen Regelung hinsichtlich der Vergütung von nach § 62d AufenthG bestellten Rechtsanwälten, jedoch bildet § 45 Abs. 3 RVG eine Auffangnorm bezüglich der Vergütung gerichtlich bestellter Rechtsanwälte. Demnach sowie auch im Hinblick auf die Vergütung der nach anderen Vorschriften gerichtlich bestellten Rechtsanwälte, die ebenfalls nach § 45 Abs. 3 RVG erfolgt (z.B. Beiordnungen nach § 78 FamFG, §§ 68b Abs. 2, 141, 364b Abs. 1, 397a, 408b StPO, §§ 40 Abs. 2, 53 Abs. 2 IRG), erscheint der deutschen Rechtsordnung eine gerichtliche Beiordnung eines Rechtsanwalts ohne entsprechenden Vergütungsanspruch grundsätzlich fremd.

Eine Beiordnung ohne Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse wird ausnahmsweise im Falle einer Beiordnung nach § 78b ZPO vertreten (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 26. Aufl. 2023, RVG § 45 Rn. 136; a.A.: HK-RVG/Erik Kießling, 8. Aufl. 2021, RVG § 45 Rn. 45, 46). Diesbezüglich ist jedoch zu sehen, dass der Notanwalt nach § 78b ZPO sein Tätigwerden von der Zahlung eines Vorschusses abhängig machen kann (§ 78c Abs. 2 ZPO) und insofern ausreichend abgesichert ist. An einer entsprechenden Sicherung fehlt es bei der vorliegenden Beiordnung nach § 62d AufenthG hingegen.

Sämtlichen genannten Beiordnungvorschriften, die in der Folge einen Vergütungsanspruch nach § 45 Abs. 3 RVG begründen, ist überdies der Sinn und Zweck gemein, dem Betroffenen eine angemessene Wahrnehmung seiner Rechte zu ermöglichen. Selbige Erwägung lag gleichfalls der Einführung des § 62d AufenthG zu Grunde (vgl. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Heimat des Bundestages vom 17.01.2024, BT-Drs. 20/10090). Gründe, die dafür sprächen, die Vergütung eines nach § 62d AufenthG beigeordneten Rechtsanwalts anders handzuhaben, sind indes nicht ersichtlich.

Soweit der Rechtsausschuss des Bundesrates in der genannten Stellungnahme ausführt, weder in den §§ 39, 41 RVG noch in § 45 RVG werde ausdrücklich auf § 62d AufenthG Bezug genommen, verkennt er, dass § 45 Abs. 3 RVG in seiner Funktion als Auffangnorm gerade keine ausdrücklichen Verweise enthält. Ferner ist auch anderen gesetzlichen Regelungen zur verpflichtenden Bestellung von Bevollmächtigten regelmäßig keine spezielle Vergütungsregelung zu entnehmen (vgl. erneut § 78 FamFG, §§ 68b Abs. 2, 141, 364b Abs. 1, 397a, 408b StPO, §§ 40 Abs. 2, 53 Abs. 2 IRG), sodass aus deren Fehlen zu schließen wäre, es bestünde zwangsläufig kein Vergütungsanspruch.

Darüber hinaus erscheint dem Gericht die Annahme, ein gerichtlich verpflichtend beizuordnender Rechtsanwalt würde das Mandat ohne gesetzlichen Vergütungsanspruch gegenüber der Staatskasse übernehmen, lebensfremd. Ohne korrespondierenden Vergütungsanspruch dürfte es in der praktischen Umsetzung wohl kaum möglich sein, – insbesondere in der in Abschiebesachen aufgrund erfolgter Festnahme erforderlichen Kurzfristigkeit – übernahmebereite Rechtsanwälte ausfindig zu machen, um die persönliche Anhörung des Betroffenen durchführen zu können. Dies widerspräche letztlich auch der vom Gesetzgeber mit dem Rückführungsverbesserungsgesetz verfolgten Intention, Rückführungsmaßnahmen effektiver zu gestalten. Insoweit liegt die Vermutung nahe, dass dies auch dem Gesetzgeber bewusst gewesen sein muss und dieser vielmehr davon ausging, es bedürfe in Anbetracht der Anwendbarkeit der Auffangnorm des § 45 Abs. 3 RVG keiner spezialgesetzlichen Regelung. Hierfür spricht auch der Beschluss des Bundesrates vom 02.02.2024 (BR-Drs. 21/24). Obgleich der Bundesrat sich darin nicht mehr ausdrücklich mit der Frage der Vergütung eines nach § 62d AufenthG zu bestellenden Rechtsanwalts befasste, entschied er letztendlich, von der Anrufung eines Vermittlungsausschusses nach Art. 77 Abs. 2 GG abzusehen und schloss sich insoweit den Bedenken seines Rechtsausschusses offenbar nicht an.

Der Anspruch auf Erstattung der Auslagen folgt aus § 46 Abs. 1 RVG.

IV.

Die festgesetzte Vergütung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Vergütung des Rechtsanwalts für die Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren bei Freiheitsentziehungen richtet sich nach den in Teil 6 Abschnitt 3 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zum RVG enthaltenen Sonderregelungen (vgl. BGH, Beschl. v. 21.03.2023 – XIII ZB 76/20).

Bei der vorliegenden Anordnung von Sicherungshaft handelt es sich um eine aufgrund von Bundesrecht nach §§ 62 Abs. 3, 106 Abs. 2 Satz 1 AufenthG angeordnete Freiheitsentziehung im Sinne von § 415 FamFG. Insofern kann der beigeordnete Rechtsanwalt eine Verfahrensgebühr nach Nr. 6300 VV RVG verlangen. Die Teilnahme an der persönlichen Anhörung löst eine Terminsgebühr nach Nr. 6301 VV RVG aus. Im Übrigen sind Nrn. 7002 und 7008 VV RVG hinsichtlich Auslagen und Umsatzsteuer einschlägig.“

Die Entscheidung ist richtig. Ich verweise dazu auf meinen Beitrag Abrechnung der Beiordnung in sog. Abschiebehaftfällen aus AGS 2024, 389.