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beA II: Berufungseinlegung nur mit „Word-Dokument“, oder: Wenn der Hinweis des Gerichts verspätet ist

https://www.burhoff.de/asp_weitere_beschluesse/inhalte/8239.htm

Und dann habe ich als zweite Entscheidung hier noch ein Urteil des OLG Düsseldorf. Ergangen ist das Urteil in einer Patentstreitigkeit. Die Einzelheiten des Verfahrens tun hier für die „beA-Frage“ nichts zur Sache; die muss man auch nicht verstehen, man kann/muss ja nicht alles verstehen.

Nur kurz: Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin eines u.a. Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents. Wegen Verletzung dieses Schutzrechts hat sie die Beklagten auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie auf Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz und zur Leistung einer angemessenen Entschädigung in Anspruch genommen. Diese Klage hat das LG abgewiesen.

Gegen das am 25.08.2022 zugestellte Urteil des LG hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 08.09.2022, beim OLG am selben Tag eingegangen, Berufung eingelegt, wobei sie diese über das beA im Dateiformat .docx (Word-Datei) übermittelt hat. Auf einen Hinweisbeschluss des OLG-Senats vom 20.03.2023 hat sie mit Schriftsatz vom selben Tag die Berufungsschrift vom 08.09.2022 nochmals im Dateiformat PDF eingereicht, wobei ihr Prozessbevollmächtigter versichert hat, dass die Berufungsschrift vom 08.09.2022 im Dateiformat .docx mit derjenigen im Dateiformat PDF inhaltlich übereinstimmt.

Das OLG hatte zunächst wohl in einem Hinweisbeschluss darauf hingewiesen, dass die Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung bestehen. Daran hat es dann aber im OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2023 – 15 U 99/22 – nicht festgehalten:

1. Die Berufung der Klägerin ist zulässig.

Dabei kann dahinstehen, ob die am 08.09.2022 eingegangene Berufung aus den Gründen des Hinweisbeschlusses des Senats vom 20.03.2023 (Bl. 127-130 eA), auf die Bezug genommen wird, zunächst nach § 130a ZPO i. V. m. § 2 ERRV wegen Nichteinhaltung der Form unzulässig gewesen ist, weil die ursprüngliche Übermittlung der Berufung nicht in dem zugelassenen Dateiformat PDF, sondern als Word-Datei erfolgt ist (vgl. hierzu auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.08.2023 – I-6 U 184/22; Siegmund, NJW 2023, 1681 Rn. 35; Bader, NZA 2023, 403). Denn die Klägerin hat einen (etwaigen) Mangel jedenfalls i. S. v. § 130a Abs. 6 ZPO geheilt.

Nach § 130a Abs. 6 ZPO hat das Gericht, wenn sich ein elektronisches Dokument nicht zur Bearbeitung eignet, dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs und der geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mitzuteilen (S. 1). Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt (S. 2). Diese Voraussetzungen hat die Klägerin hier erfüllt, als sie auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 20.03.2023 ihre Berufung noch am selben Tag im Dateiformat PDF hat einreichen lassen und ihr Prozessbevollmächtigter versichert hat, dass die nunmehr eingereichte Berufungsschrift im Dateiformat PDF mit der zuerst eingereichten Berufungsschrift vom 08.09.2022 im Dateiformat .docx inhaltlich übereinstimmt. Unschädlich ist, dass der gerichtliche Hinweis möglicherweise selbst nicht unverzüglich i. S. d. § 130a Abs. 6 Satz 1 ZPO erfolgt ist. Denn dies kann der nachreichenden Partei nicht zum Nachteil gereichen, indem durch den verspäteten Hinweis die Heilungsmöglichkeiten entfielen. Die betreffende Partei ist durch die (möglicherweise) verzögerte Handlung des Gerichts zwar nicht von ihrer Obliegenheit entbunden, nach dem erteilten Hinweis ihrerseits unverzüglich die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen zur Heilung eines Formverstoßes zu ergreifen, was die Klägerin hier getan hat. Die Unverzüglichkeit des gerichtlichen Hinweises ist aber keine Voraussetzung für die Notwendigkeit der Fristwahrung der Partei nach § 130a Abs. 6 Satz 2 ZPO. Der Hinweis dient ausschließlich dazu, ein Handeln der Partei innerhalb der noch nicht abgelaufenen Frist oder aber nach § 130a Abs. 6 Satz 2 ZPO zu ermöglichen. Die Position der Gegenpartei ist insoweit nicht schutzbedürftig. Sie kann daher im Fall eines nicht mehr unverzüglichen Hinweises des Gerichts nicht darauf vertrauen, der Formfehler wirke sich zu ihren Gunsten aus (vgl. BAG NJW 2022, 1832 Rn. 28 zu § 130a Abs. 6 ZPO aF; BAG, NJW 2023, 623 Rn. 50 zu § 46c Abs. 6 ArbGG; BeckOK ZPO/von Selle, 49. Ed. Stand: 01.07.2023 ZPO § 130a Rn. 26.1).“

Die Berufung hatte dann aber in der Sache keinen Erfolg. Das wird die Klägerin und ihren Prozessbevollmächtigten sicherlich nicht freuen. Der Prozessbevollmächtigte wird sich aber sicherlich – bei einem Gegenstandswert von 10.000.0000 EUR – darüber freuen, dass die Berufung nicht unzulässig war. Und seine Haftpflichtversicherung wahrscheinlich auch 🙂

Nochmals: Wenn die Kerzen am Adventskranz brennen, oder: Ablenkung verboten, egal wodurch

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Und dann die zweite Entscheidung. Das ist aber nichts Neues zu/von Weihanchten. Denn das  OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.09.1999 – 4 U 182/98  – habe ich schon ein paar Mal berichtet, zwar nicht alle Jahre wieder, aber schon in 2011, 2015 und auch in 2017. Jetzt ist es, da ich aktuelle Entscheidungen mit weihnachtlichem Bezug nicht gefunden habe, mal wieder dran.

Der ein oder andere wird sich vielleicht erinnern: In der Entscheidung geht es um die Folgen eines Adventskranzbrandes am 1. Weihnachtsfeiertag. Das ist nun sicherlich ein Ereignis, das man nun gar nicht braucht. Aber es kommt, wie es kommt, so auch in dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall. Da heißt es:

…..Am 1. Weihnachtsfeiertag 1997 entzündete der Kläger nach dem Aufstehen zunächst im Wohnzimmer die Kerzen des aus echtem Tannengrün gebundenen Adventskranzes, der auf einer Glasplatte auf dem mit einer Kunststofftischdecke gedeckten Wohnzimmertisch stand. Anschließend bereitete er in der Küche den Frühstückskaffee zu und begab sich nach einem Blick auf den Adventskranz wieder in das Schlafzimmer, um seine Lebensgefährtin zu wecken, von der er danach aufgehalten wurde. Er verließ das Schlafzimmer erst einige Zeit später. Dabei bemerkte er Brandgeruch und Rauchschwaden im ganzen Haus, die durch den Adventskranz im Wohnzimmer verursacht wurden, der sich zwischenzeitlich entzündet hatte. Die alarmierte Feuerwehr mußte nicht mehr eingreifen, da es dem Kläger bis zu ihrem Eintreffen gelang, den Brand selbst zu löschen.

In seiner „Brandschaden-Anzeige“ vom 2. Januar 1998 und in der „Verhandlungs-Schrift“ vom 6. Januar 1998 gab der Kläger an, um 10. 00 Uhr aufgestanden zu sein. In seinem Anspruchsschreiben vom 30. Januar 1998 berichtigte er diese Angabe auf 8. 00 Uhr. Den Zeitpunkt des Schadenseintritts und der Alarmierung der Feuerwehr gab er – damit übereinstimmend – im Prozeß zunächst mit ca. 9. 00 Uhr an. In seinem Schriftsatz vom 21. Juli 1998 trug er hiervon abweichend vor, die Nachfrage bei der Feuerwehr habe ergeben, daß die ursprünglichen Angaben zum Schadenszeitpunkt mit ca. 10. 00 Uhr zutreffend gewesen seien. Es verbleibe dabei, daß der ganze Vorgang vom Anzünden der Kerzen bis zum Anruf bei der Feuerwehr ca. 1 Stunde gedauert habe…..“

Ich habe ja schon früher geschrieben:

„Schön vorsichtig formuliert hat das OLG: „“… und begab sich nach einem Blick auf den Adventskranz wieder in das Schlafzimmer, um seine Lebensgefährtin zu wecken, von der er danach aufgehalten wurde“. Das lässt, manche Deutungen zu 🙂 🙂 🙂 . „

Dabei bleibt es.

Noch einen schönen 2. Weihnachtsfeiertag. Morgen geht es „normal“ weiter. Wer rastet, rostet.

Faustschlag beim Fußballspiel mit schweren Folgen, oder: Keine Notwehr und 22.000 EUR Schmerzensgeld

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Und dann haben wir noch den samstäglichen Kessel Buntes, den ich heute mit dem OLG Düsseldorf, Beschl. v. 02.10.2023 – 19 U 14/23. Das OLG nimmt in dem Beschluss im Rahmen der Entscheidung eines Antrags auf Bewilligung von PKH für das Berufungsverfahren zum Umfang der deliktischen Ansprüche nach einem Faustschlag während eines Fußballspiels und zur Höhe des Schmerzensgeldes Stellung.

Zum Sachverhalt teilt der Beschluss mit: Am 09.12.2018 spielte die Fußballmannschaft, in der der Kläger spielte, gegen die Fußballmannschaft, in der der Beklagte spielte. Während einer kurzzeitigen Unterbrechung des Spiels schlug der Beklagte dem Kläger mit der Faust ins Gesicht. Hier-durch erlitt der Kläger einen zweifachen Kieferbruch in Form einer dislozierten offenen Kieferwinkelfraktur rechts und einer Paramedianfraktur links, der am 10.12.2018 operativ behandelt wurde. Bis zum 31.12.2018 war der Kläger hierdurch arbeitsunfähig.

Das LG hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger aus § 823 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 i.V.m. § 223 StGB ein Schmerzensgeld in Höhe von 22.000,00 EUR. Darüber hinaus stellte das LG fest, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen künftigen Schäden zu ersetzen, die aus dem Schlag des Beklagten in das Gesicht des Klägers am 09.12.2018 resultieren, und es stellte fest, dass die Ansprüche des Klägers auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Beklagten beruhen.

Der Schlag des Beklagten in das Gesicht des Klägers erfolgte zur Überzeugung des LG nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme rechtswidrig und schuldhaft. Die im Termin zur mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen R, H und S hätten die Behauptung des Klägers, dass der Schlag unvermittelt und ohne vorherige Provokation seinerseits erfolgte, glaubhaft bestätigt. Insbesondere habe damit nicht die vom Beklagten als Notwehrlage i.S.d. § 32 StGB verstandene, behauptete Situation vorgelegen, dass sich der Kläger bedrohlich auf den Beklagten zubewegt, hierbei seine Hand gehoben und sich der Beklagte geduckt habe, mit einem Arm abgewehrt und mit dem anderen Arm zugeschlagen habe. Diese Situation, die schon der Beklagte im Rahmen seiner Anhörung nur rudimentär und unter Aussparung wesentlicher Details habe schildern können, habe keiner der Zeugen auch nur in Ansätzen bestätigt. Darauf, ob die Parteien zu einer anderen Zeit vorher aneinandergeraten seien und der Kläger den Kapitän der Mannschaft des Beklagten mit der Schulter berührt habe, komme es nicht an. Die Vernehmung des nicht erschienenen, vom Beklagten allein für die Tatsache eines vorherigen Schubsens des Zeugen durch den Kläger benannte Zeuge pp. sei deshalb nicht mehr erforderlich gewesen. Für die rechtliche Bewertung des Angriffs des Beklagten auf den Kläger sei die vom Beklagten unter dieses Beweisangebot gestellte Behauptung unerheblich.

Hiergegen wendet sich der Beklagte in seinem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit der angekündigten Berufung. Das allerdings ohne Erfolg.

Das OLG setzt sich mit den Einwänden des Beklagten gegen die Verurteilung dem Grund nach auseinander. Darauf will ich hier aber nur eine Passage zitieren, da man die Ausführungen ohne genauere Kenntnis vom angefochtenen Urteil nicht „prüfen“ kann. Das OLG führt insoweit u.a. aus:

„Denn der Beklagte trägt die Beweislast für eine behauptete Notwehrsituation gemäß § 227 BGB bzw. § 32 StGB. Eine Notwehrlage setzt einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff voraus. Ein Angriff ist gegenwärtig, wenn er unmittelbar bevorsteht oder gerade stattfindet und noch nicht beendet ist. Soweit der Beklagte den Zeugen H . für provokantes Verhalten des Klägers im vorangegangenen Spielverlauf benennt, würde ein solches Vorverhalten, selbst wenn es als wahr unterstellt würde, nicht zu einer Notwehrlage zugunsten des Beklagten führen, weil jedenfalls diese Provokationen nicht mehr gegenwärtig waren.

Entgegen der Ansicht des Beklagten im Schriftsatz vom 30.06.2023 musste das Landgericht den von der Beklagtenseite benannten Zeugen nicht anhören, weil es eben auf das vorangegangene Gesamtverhalten des Klägers im Fußballspiel insgesamt nicht ankam und auch nicht darauf, in welcher Art er gegebenenfalls gegenüber dem Beklagten vorher aggressiv, provokant oder beleidigend (Griff in den Genitalbereich) tätig geworden sei. Denn bei einer Notwehrlage, für die der Beklagte wie oben ausgeführt, beweisbelastet ist, kommt es lediglich auf die Gegenwärtigkeit eines menschlichen Angriffs an und nicht um ein Vorverhalten, das bereits abgeschlossen ist. Der Beklagte verkennt bei seiner Rechtsmeinung, dass sein Faustschlag in einer anderen Spielsituation (Unterbrechung des Spiels) zu einem anderen Zeitpunkt erfolgte.

Aber dann zum Schmerzensgeld:

„….

Aus den vom Landgericht angeführten schmerzensgeldrelevanten Aspekten hat es vertretbar ein Schmerzensgeld von 22.000 € für angemessen erachtet. Diese Einschätzung findet Anhaltspunkte in der Rechtsprechung. Die vom Kläger zitierte Entscheidung (OLG München, Urt. v. 23.01.2013, 3 U 4056/12, juris, 10.000 € zugesprochen bei beantragten 20.000 €) weist weniger festgestellte Dauerschäden der dort verletzten Person aus, als beim Kläger festgestellt wurden.

Insbesondere rechtfertigen die über die im vom Kläger zitierten Vergleichsfall hinausgehenden Dauerschäden eine signifikante Erhöhung des dort ausgeurteilten Schmerzensgeldes. Der Sachverständige stellte dauerhafte Anästhesien von zwei Nervenästen des N. mandibularis rechts im Unterkiefer fest, die zu Sabbern in der Öffentlichkeit führen können. Darüber hinaus hat der Sachverständige dauerhafte fehlerhafte Okklusionen als Dauerschaden festgestellt. Nach den Feststellungen des Sachverständigen leidet der Kläger unter dauerhaften Schmerzen, insbesondere beim Kauen und Essen. Durch die Fehlverzahnung komme es zu dauerhaften Dysfunktionen, mit Kiefergelenksknacken rechts, einer beginnenden Sklerosierung links sowie einer schmerzhaften Verspannung der Kau- und Nackenmuskulatur. Allenfalls durch eine Aufbissschiene und gegebenenfalls prothetische Veränderung der Bisslage könne das Fortschreiten der Problematik verlangsamt werden. Darüber hinaus stellte der Sachverständige fest, dass sich der Kläger für die bestmögliche Restitution noch in eine aufwändige zahnärztlich-prothetische und/oder kieferorthopädisch-kieferchirurgische Folgebehandlung begeben müsse. Die Dysfunktionen bedürften regelmäßiger künftiger Behandlungen.

Schließlich könnten bei der nachzuvollziehenden Ermittlung der Schmerzensgeldhöhe durch den Senat die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes, gegebenenfalls eine Verzögerung der Schadensregulierung durch den Schädiger im Falle eines – jedenfalls nach der durchgeführten Beweisaufnahme – erkennbar begründeten und im Kern eingeräumten Anspruchs im Rahmen einer unerlaubten Handlung berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urt. v. 02.12.1966 – VI ZR 88/66, VersR 1967, 256; OLG Saarbrücken, Urt. v. 03.12.2015 – 4 U 157/14, VersR 2017, 698, OLG Hamm, Beschl. v. 22.01.2021 – I-7 U 18/20, RuS 2021, 356; OLG Bremen, Urt. v. 11.07.2011 – 3 U 69/10, NJW-RR 2012, 92; Grunewald, in: Grunewald, BGB, 82. Aufl. 2023, § 253 Rn. 17). Denn bei der Bemessung des Schmerzensgeldanspruches kommt vorliegend der Genugtuungsfunktion – anders als bei einer lediglich fahrlässigen Schadenszufügung – ein besonderer Stellenwert zu (vgl. allg. zu diesem Umstand Grüne-berg, in: Grüneberg, BGB, 82. Aufl. 2023, § 253 Rn. 4). Hiervon ausgehend ist zu-nächst festzustellen, dass der Faustschlag des Beklagten den Kläger jedenfalls so heftig im Gesicht getroffen hat, dass er unstreitig zu Boden gegangen ist. Überdies hat der Kläger durch den Faustschlag einen doppelten Kieferbruch erlitten, der nicht mit konservativen Methoden, sondern nur durch einen operativen Eingriff zu behandeln war. Bei diesem Eingriff sind dem Kläger Platten aus Metall eingesetzt worden, deren Entfernung nicht ohne einen weiteren Eingriff möglich sein wird. Aufgrund der operativen Versorgung des Klägers musste dieser sich in der Vorweihnachtszeit des Jahres 2018 insgesamt eine Woche lang einer stationären Krankenhausbehandlung unterziehen. Hieran schloss sich sodann eine Arbeitsunfähigkeit an, die wiederum zwei Wochen lang dauerte.“

OWi III: Handynutzung durch einen Busfahrer, oder: „Lebenslange Sperre“ ist unzulässig

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Und als drittes Posting dann auch noch einmal etwas zum Handyverstoß. Nun ja, nicht direkt, aber zumindest hat das  OLG Düsseldorf , Urt. v. 21.08.2023 – 6 U 1/23 (Kart) – seinen Ursprung in einem Bußgeldverfahren wegen einer Handynutzung während der Fahrt, und zwar durch einen Busfahrer.

Der klagende Busfahrer war bei einem privaten Busunternehmen angestellt, das als Subunternehmerin für eine GmbH tätig war, die ihrerseits von der Verkehrsgesellschaft beauftragt worden war. Bei einer Fahrt hatte ein Fahrgast den Kläger bei der Handynutzung gefilmt und die Verkehrsgesellschaft darüber informiert. Diese hat daraufhin den Busfahrer für die Zukunft auf allen ihren Linien gesperrt. Das Busunternehmen kündigte aufgrund der Sperre dem Kläger. Dagegen wurde geklagt. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG Düsseldorf hat die lebenslange Sperre dann als unzulässig angesehen.

Wegen der Einzelheiten verweise ich auf den Volltext. Hier nur so viel:

Das OLG hat die lebenslange Sperre als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gewertet. Die Beklagte habe in dem räumlich und sachlich relevanten Markt für Busfahrer im Öffentlichen Personen- und Nahverkehr in dem entsprechenden Kreis eine marktbeherrschende Stellung. Die Sperrung des Klägers auf den Linien der Beklagten behindere ihn auf diesem Markt unbillig. Das Verhalten des Busfahrers sei nicht so schwerwiegend, dass eine lebenslange oder eine Sperre von fünf Jahren, wie sie vom LG in der 1. Instanz als angemessen angesehen worden war, gerechtfertigt seien. Auch wenn die Nutzung des Handys während der Fahrt ein erheblicher Verkehrs- und Pflichtenverstoß gewesen sei, seien beide Maßnahmen nicht angemessen und daher unverhältnismäßig. Der Kläger habe seinen Arbeitsplatz aufgrund der unbefristeten Sperre verloren. Ferner sei es ihm bis heute unmöglich, im Öffentlichen Personen- und Nahverkehr im Rhein-Erft-Kreis einen neuen Arbeitsplatz zu finden, weil er die Linien der Beklagten nicht befahren dürfe. Auch führe eine verbotswidrige Nutzung eines Mobiltelefons während der Fahrt nach den Vorschriften der StVO selbst in besonders schwerwiegenden Fällen nur zu einem mehrmonatigen, nicht aber zu einem lebenslangen oder mehrjährigen Fahrverbot. Nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen wäre voraussichtlich nur eine Abmahnung in Betracht gekommen.

„Back to the roots“, weiter geht es mit Vereinsrecht, oder: Darf ein Verein „Institut….“ heißen?

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Tja, und nun, was bringt man nach einem Statistik-Beitrag als ersten Beitrag im neuen Tausender?

Ich habe hin und her überlegt und mich dann entschieden: Keine StPO, keine Gebühren usw., sondern: Back to the roots, und das ist bei mir das „Vereinsrecht“. Das war das erste Gebiet, auf dem ich veröffentlicht habe, und das bietet sich dann auch für den ersten Beitrag nach der 14.000-er-Grenze an.

Und zum Glück hatte ich dazu auch eine Entscheidung im Fundus, nämlich den OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.08.2023 – I-3 Wx 104/23. Der ist zwar nicht in einer vereinsrechtlichen Angelegenheit ergangen, aber er behandelt eine Problemati, die auch im Vereinsrecht immer wieder eine Rolle spielt. Nämlich die richtige Namensgebung.

Im entschiedenen Fall ging es um eine neu gegründete GmbH, die unter der Firma „Institut für Einfachheit GmbH“ zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet worden ist. Das Registergericht hat dazu mitgeteilt, dass der Anmeldung nicht entsprochen werden könne. Die gewählte Firmenbezeichnung sei irreführend (§ 18 Abs. 2 HGB), da die Verwendung des Begriffs „Institut“ den Eindruck erwecke, dass es sich um eine öffentlich oder eine unter öffentlicher Aufsicht stehende Institution handele.

Darum hat man dann gestritten. Das OLG hat dann im Beschwerdeverfahren zugunsten der GmbH entschieden und die Namensgebung als zulässig angesehen:

„Die gemäß §§ 382 Abs. 3, 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Gemäß § 18 Abs. 1 HGB muss die Firma zur Kennzeichnung des Kaufmanns geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. Gemäß § 18 Abs. 2 HGB darf die Firma keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Im Verfahren vor dem Registergericht wird die Eignung zur Irreführung nur berücksichtigt, wenn sie ersichtlich ist.

Eine ersichtliche Irreführung durch die Verwendung der Firma „Institut für Einfachheit“ im Sinne der Vorschrift lässt sich nicht feststellen.

Zu den bedeutsamen Angaben über die gesellschaftlichen Verhältnisse gehören Angaben zu Art, Größe und Tätigkeit der Gesellschaft, zu ihrem Alter, ihrer Zusammensetzung oder ihren sonstigen Verhältnissen (Senat, Beschluss vom 16.04.2004 – I-3 Wx 107/04, Rn. 15; OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.04.2001 – 20 W 84/2001, Rn. 2, juris). Die durch die mögliche Täuschung in Betracht kommende Irreführung muss von einer gewissen Bedeutung für die angesprochenen Verkehrskreise sein, wobei ein objektiver Maßstab aus der Sicht der durchschnittlichen Angehörigen des betroffenen Personenkreises und deren verständiger Würdigung anzulegen ist (Senat, a.a.O., Rn. 16, juris).

Da es heutzutage zahlreiche in privater Rechtsform gewerblich tätige Organisationen gibt, die das Wort „Institut“ in ihrer Firma führen (z.B. Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut, Kosmetikinstitut, Bestattungsinstitut, Reinigungsinstitut), führt – wie von der älteren Rechtsprechung angenommen – alleine die Bezeichnung „Institut“ für sich betrachtet den angesprochenen Verkehr nicht mehr zu der Vorstellung, es handele sich um eine öffentliche oder unter öffentlicher Aufsicht oder Förderung stehende, der Allgemeinheit und der Wissenschaft dienende Einrichtung mit wissenschaftlichem Personal, nicht aber um einen privaten Gewerbebetrieb oder um eine private Vereinigung (so noch BGH, Urteil vom 16.10.1986 – I ZR 157/84, Rn. 23, juris zu § 3 UWG a.F., jetzt § 5 UWG; zu § 18 Abs. 2 HGB a.F. BayObLG, Beschluss vom 26.04.1990 – BReg 3 Z 167/89, Rn. 25, juris, zu § 18 Abs. 2 HGB n.F. noch Senat, a.a.O., Rn. 17; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 3; KG Berlin, Beschluss vom 26.10.2011 – 25 W 23/11, Rn. 10, juris). Dies gilt, obwohl der Begriff „Institut“ nach wie vor als Bezeichnung für eine wissenschaftliche Betriebseinheit einer Hochschule verwendet wird (vgl. z.B. BayObLG, a.a.O., Rn. 18; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 4). So findet sich bei google zu den Stichworten „Institut“ und „GmbH“ zahlreiche Verweise auf Institute für Moderation und Management, für Facility Management, für Mitbestimmung, für Innovation und Transfer, ein Institut für Führungskräfte, das IST Studieninstitut, das Zukunftsinstitut und vieles mehr. Letztlich kann die Frage, ob und inwieweit vor dem dargestellten Hintergrund die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze nicht fortentwickelt werden müssen, auf sich beruhen.

Denn auch bei Anwendung der bisherigen Rechtsgrundsätze folgt aus der Verwendung des Worts „Institut“ in der Firma vorliegend keine Irreführung. Danach muss die Bezeichnung „Institut“ für ein Privatunternehmen zur Vermeidung von Irreführungen mit klaren Hinweisen versehen werden, die einen solchen Charakter außer Zweifel stellen. Dabei kommt es stets auf die konkrete Art des Gebrauchs, insbesondere die im Zusammenhang mit dem Begriff „Institut“ verwendeten weiteren Bestandteile der Bezeichnung oder auf sonstige im Zusammenhang damit benutzte Angaben an (BGH, a.a.O. Rn. 23 zu § 3 UWG a.F.; zu § 18 Abs. 2 HGB BayObLG, a.a.O., Rn. 25; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 4; KG Berlin, a.a.O., Rn. 11, juris). Dabei reicht die Angabe des Rechtsformzusatzes, z.B. GmbH in der Regel nicht aus, um die Täuschungseignung auszuschließen (Ries in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 3. Akademie, Institut, Anstalt, Seminar, Kolleg, Rn. 50 f., OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 4; vgl. Senat, a.a.O., Rn. 17 zu e.K.; KG Berlin, a.a.O., Rn. 12 zu e.V.).

Eindeutig als nicht täuschungsgeeignet und somit zulässig sind Bezeichnungen wie z.B. Beerdigungs-, Detektiv-, Eheanbahnungs- und Meinungsforschungsinstitut sowie Institut für Schönheitspflege beurteilt worden (vgl. BayObLG, a.a.O., Rn. 23, juris). Etwas anderes wurde angenommen, wenn die Tätigkeitsangabe im Zusammenhang mit der Bezeichnung „Institut“ den Eindruck wissenschaftlicher Betätigung erweckt, z.B. bei Deutsches Vorsorgeinstitut, Kardiologisches Institut, Institut für Marktanalysen, Institut für Zelltherapie, Institut für physikalische Therapie, Institut für steuerwissenschaftliche Information, Institut für Politik und Wirtschaftswissenschaften, Dolmetscher-Institut (Ries in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 3. Akademie, Institut, Anstalt, Seminar, Kolleg, Rn. 50 mit Nachweisen zu der hierzu ergangenen Rechtsprechung).

Nach diesen Grundsätzen ist – bei der im Hinblick auf die Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG gebotenen grundrechtskonformen Auslegung des § 18 Abs. 2 HGB – eine Irreführung durch die Firma „Institut für Einfachheit“ nicht ersichtlich. Der Namenszusatz „für Einfachheit“ ist weder identisch mit universitären Studiengängen oder Forschungszweigen, noch weist er auf eine bestimmte Fachrichtung hin. Er ist auch nicht geeignet, die Vorstellung einer wissenschaftlichen Einrichtung, die mit dem Wort „Institut“ verbunden werden könnte, zu verstärken (vgl. KG Berlin, a.a.O., Rn. 12).“

Wie gesagt: Auch für das Vereinsrecht von Bedeutung, da die „namensrechtlichen Grundsätze“ des HGB auf die Namensnennung des Vereins entsprechend angewendet werden. Auch da spielt dann der Begriff „Instutut“ eine Rolle. Das kann man alles nachlesen. Ich sage jetzt nicht wo, denn ich will den neuen Tausender nicht gleich wieder mit Werbund beginnen 🙂 .