Und dann im dritten Posting noch der OLG Saarbrücken, Beschl. v. 09.12.2024 – 1 Ss (OWi) 102/24 -zu den Anforderungen an die Urteilsgründe. Auch insoweit nichts Neues, so dass man sich auch hier fragt: Warum so viel Zitate? Das OLG führt aus:
„Das angefochtene Urteil hält, ohne dass es einer Entscheidung über die verfahrensrechtlichen Rügen bedürfte, bereits materiell-rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil es an einem Darstellungsmangel leidet. Da in den Urteilsgründen die Einlassung der Betroffenen nur bruchstückhaft wiedergegeben ist, vermag der Senat nicht zu prüfen, ob das Tatgericht seine Überzeugung vom Vorliegen eines Geschwindigkeitsverstoßes zu Recht allein auf die Verwendung eines standardisierten Messverfahrens stützen und ein Fahrverbot verhängen durfte.
1. Zwar sind an die Gründe eines tatrichterlichen Bußgeldurteils keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen. Gleichwohl gilt für sie gemäß § 46 Abs. 1 OWiG die Vorschrift des § 267 StPO sinngemäß und damit für ihren Inhalt grundsätzlich nichts anderes als im Strafverfahren. Auch die Gründe eines Bußgeldurteils müssen so beschaffen sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung ermöglicht wird (vgl. nur BayObLG, Beschluss vom 29. Februar 2024 2020 ObOWi 140/24 , juris; OLG Dresden, Beschluss vom 25. Mai 2023 ORbs 21 SsBs 54/23 , juris; KG Berlin, Beschluss vom 12. Januar 2022 3 Ws (B) 8/22 , juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15. September 2016 2 (7) SsBs 507/16 , juris; OLG Bamberg, Beschluss vom 2. April 2015 2 Ss OWi 251/15 , juris, ständige Senatsrechtsprechung, vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 24. Januar 2019 SsBs 107/2018 (76/18 OWi) , juris, 9. April 2019 Ss Bs 16/2019 (18/19 OWi) , 12. Juni 2019 Ss Bs 2/2019 (29/19 OWi) , 22. September 2020 Ss Bs 2/2020 (14/20 OWi) , 20. Oktober 2020 SsBs 88/2019 (11/20 OWi) , 9. Mai 2022 SsBs 14/22 (1 Ss (OWi) 15/22) und 3. Juli 2023 1 Ss (OWi) 14/23 , Bauer in: Göhler, OWiG, 19. Aufl., § 71 Rn. 42; Senge in: KK-OWiG, 5. Aufl., § 71 Rn. 106). Sie müssen insbesondere eine Überprüfung der Beweiswürdigung auf Lücken, Unklarheiten, Widersprüche sowie auf Verstöße gegen Denkgesetze und gesicherte Erfahrungssätze möglich machen (OLG Dresden a.a.O.; OLG Karlsruhe, a.a.O.; Senatsbeschlüsse a.a.O.; Bauer in: Göhler, a.a.O., § 71 Rn. 43; Senge in: KK-OWiG, a.a.O., § 71 Rn. 107). Dazu ist es im Regelfall erforderlich mitzuteilen, ob und wie sich der Betroffene eingelassen hat, ob und warum das Gericht der Einlassung folgt oder ob und inwieweit es die Einlassung als widerlegt ansieht (vgl. nur OLG Karlsruhe, a.a.O.; OLG Oldenburg, a.a.O.; KG Berlin, Beschluss vom 12. Januar 2022 3 Ws (B) 8/22 , juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 30. März 2022 1 OLG 53 Ss-OWi 35/22 , juris; Senatsbeschlüsse a.a.O.; Bauer in: Göhler, a.a.O., § 71 Rn. 43; Senge in: KK-OWiG, a.a.O., § 71 Rn. 107 m.w.N.). Das Fehlen einer zumindest gestrafften Darstellung der Einlassung des Betroffenen in den Urteilsgründen begründet auch im Bußgeldverfahren in aller Regel einen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils (vgl. OLG Bamberg, a.a.O.; KG Berlin a.a.O.; OLG
Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2023 2 ORbs 31 SsBs 17/23 , juris; Senatsbeschlüsse a.a.O.; Senge in: KK-OWiG/Senge, a.a.O., § 71 Rn. 107 m.w.N.). Nur in sachlich und rechtlich einfach gelagerten Fällen von geringer Bedeutung kann auf die Wiedergabe der Einlassung und auf eine Auseinandersetzung mit ihr in den Urteilsgründen ohne Verstoß gegen die materiell-rechtliche Begründungspflicht verzichtet werden (vgl. BGH MDR 1975, 198; OLG Düsseldorf NStZ 1985, 323; OLG Koblenz, Beschluss vom 17. August 2010 1 SsBs 97/10 , juris; Senatsbeschlüsse vom 12. Juni 2019 Ss Bs 2/2019 (29/19 OWi) , 22. September 2020 Ss Bs 2/2020 (14/20 OWi) und 20. Oktober 2020 SsBs 8872019 (11/20 OWi) ; Senge in: KK-OWiG, a.a.O., § 71 Rn. 107).Nichts anderes gilt im Falle einer Abwesenheitsverurteilung nach § 74 OWiG, da hier ein mit Vertretungsvollmacht versehener Verteidiger (§ 73 Abs. 3 OWiG) berechtigt ist, für den Betroffenen Angaben zur Sache zu machen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Februar 2020 IV-4 RBs 31/20 , juris; Senatsbeschlüsse vom 4. Januar 2024 1 Ss (OWi) 66/23 und vom 14. Mai 2024 1 Ss (OWi) 28/24 ; Bauer in: Göhler, a.a.O., § 74 Rn. 9). Findet die Hauptverhandlung ohne einen solchen Verteidiger statt, hat das Gericht nach § 74 Abs. 1 Satz 2 OWiG frühere Vernehmungen des Betroffenen und seine protokollierten und sonstigen Mitteilungen als Aussagemittler (Senatsbeschluss, a.a.O.; Bauer in: Göhler, a.a.O., § 74 Rn. 11) in die Hauptverhandlung einzuführen und infolgedessen auch diese in den Urteilsgründen darzulegen und zu würdigen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 28. April 2017 1 RBs 35/17, juris; Senatsbeschlüsse, a.a.O.). Dabei steht ein Sachvortrag des mit einer Verteidigungsvollmacht ausgestatteten Verteidigers eigenen Angaben des Betroffenen gleich (vgl. OLG Hamm a.a.O., KG Berlin, Beschluss vom 11. Februar 2022 3 Ws (B) 40/22 , juris; Senatsbeschlüsse, a.a.O.).
2. Hiernach leidet das angefochtene Urteil an einem Darstellungsmangel.
In Anbetracht dessen, dass das Amtsgericht gegen die Betroffene neben einer Geldbuße von 260 Euro auch ein Fahrverbot von einem Monat verhängt hat, liegt kein Fall von geringer Bedeutung vor, in dem auf die Wiedergabe der Einlassung der Betroffenen verzichtet werden könnte (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. Juni 2019 SsBs 2/2019 (29/19 OWi) , 20. Oktober 2020 SsBs 88/2019 (11/20 OWi) und vom 14. Mai 2024 1 Ss (OWi) 28/24 ).
Gleichwohl teilen die Urteilsgründe zu der Einlassung nur mit, dass die Betroffene die Messörtlichkeit mit dem erfassten Fahrzeug befahren habe, und beschränken sich im Übrigen auf folgende Darstellung:
„Ausgehend von einer solchen Messung im standardisierten Messverfahren bedurfte es keiner weiteren Beweisaufnahme zur Überprüfung der Messung. Konkrete Messfehler oder Unregelmäßigkeiten waren nicht ersichtlich, wurden auch seitens d. Betroffenen nicht vorgebracht. Der Vortrag beschränkte sich auf entscheidungsunerhebliche abstrakte Einwände gegen die Messung bzw. (UA S. 7)
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Zwar erkennt der Senat keine Verpflichtung des Amtsgerichts, die Ausführungen zum Akteneinsichtsrecht näher darzulegen, weil es sich insoweit nicht um einen Teil der in der Beweiswürdigung darzulegenden und zu würdigenden Sacheinlassung handelt, sondern um die Geltendmachung von Verfahrensrechten. Teil der Sacheinlassung sind aber etwaige Einwände gegen das Messergebnis, zumal sich solche insbesondere auch aus den tatsächlichen Umständen der verfahrensgegenständlichen Messung ergeben können. Welche Einwände die Betroffene insoweit jedenfalls über ihren Verteidiger vorterminlich oder in der Hauptverhandlung vorgebracht, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Insbesondere kann der Senat, da die offensichtlich erhobenen Einwände ihrem Inhalt nach nicht näher mitgeteilt werden, anhand der Urteilsschrift nicht prüfen, ob die Einwände entsprechend der Bewertung des Amtsgerichts tatsächlich entscheidungsunerheblich waren. Davon kann im Einzelfall indes abhängen, ob das Amtsgericht zutreffend von einer Geschwindigkeitsmessung mittels eines standardisierten Messergebnisses ausgegangen ist und daher eine weitere Beweiserhebung zu dem festgestellten Geschwindigkeitsverstoß entbehrlich war (vgl. hierzu grundlegend BGHSt 39, 291; 43, 277) oder ob die Beweiswürdigung sich insoweit als lückenhaft erweist.Gleiches gilt, soweit die Betroffene nach den Urteilsgründen keinen Grund vorgetragen haben soll, der es hätte rechtfertigen können, von der Verhängung des Regelfahrverbots abzusehen. Auch insoweit bleibt offen, ob und welchen Vortrag die Betroffene insoweit über ihren Verteidiger gehalten hat, weshalb dem Senat eine rechtliche Überprüfung verwehrt ist.“