Schlagwort-Archive: Einspruch

Verwerfung III: Verspätung wegen Verkehrsstau, oder: Gericht muss während HV telefonisch erreichbar sein

Und dann die dritte „Verwerfungsentscheidung“. Die kommt aus dem Bußgeldverfahren.

Das AG hat den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt. Die Hauptverhandlung, in der das Urteil verkündet worden ist, hat am 05.10.2023 von 8:30 Uhr bis 9:00 Uhr in Abwesenheit sowohl des Betroffenen als auch seines Verteidigers stattgefunden. Ein Wiedereinsetzungsantrag des Betroffenen hatte keinen Erfolg. Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde ist vorgetragen worden:

Der Verteidiger sei rechtzeitig in Bad Harzburg losgefahren, um den am 05.10.2023 auf 8.30 Uhr bestimmten Hauptverhandlungstermin beim AG Braunschweig wahrzunehmen. Wegen eines unvorhersehbaren Verkehrsunfalls im Bereich einer Baustelle sei es auf der Autobahn 36 indes zu einer temporären Vollsperrung von mehr als 30 Minuten gekommen. Weitere etwa 15 Minuten Verzögerung seien dadurch eingetreten, dass der Verkehr im Bereich der wegen der Baustelle ohnehin einspurigen Strecke nur sehr langsam an – dem verunfallten Fahrzeug habe vorbeigeführt werden können. Er habe deshalb erst um 9:02 Uhr den Gerichtssaal erreicht. Zu diesem Zeitpunkt sei, wie er sodann erfahren habe, das Urteil bereits verkündet gewesen.

Das OLG Braunschweig hat mit dem OLG Braunschweig, Beschl. v. 20.12.2024 – 1 ORbs 62/24  – die Rechtsbeschwerde zugelassen und das AG-Urteil aufgehoben:

„Ein Betroffener hat einen Anspruch darauf, sich im Bußgeldverfahren der Hilfe eines Verteidigers zu bedienen (§ 137 Abs. 1 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG). Im Falle nicht angekündigter Verspätung des Verteidigers gebietet es deshalb die prozessuale Fürsorgepflicht des Gerichts regelmäßig, zumindest einen Zeitraum von 15 Minuten zuzuwarten, bevor mit der Hauptverhandlung begonnen wird (OLG Hamm, Beschluss vom 16. Juni 2006, 3 Ss OWi 310/06, juris, Rn. 6; OLG Köln, Beschluss vom 2. September 1997, Ss 485/97 (B) = NStZ 1997, 494). Hat der Verteidiger indes seine Verspätung gegenüber dem Gericht angekündigt und sich dabei auf ein unvorhersehbares Ereignis – beispielsweise einen Verkehrsstau – berufen, kann es geboten sein, auch über den Zeitraum von 15 Minuten hinaus auf dessen Eintreffen zu warten (OLG Hamm, a.a.O.; Rn. 7; OLG Köln, a.a.O.). So lag der Fall hier. Das Gericht hätte das Eintreffen der Verteidigung um 9:02 Uhr abwarten müssen. Der Verteidiger hat im Zulassungsantrag nachvollziehbar dargelegt, dass er rechtzeitig in Bad Harzburg losgefahren und allein deshalb verspätet zum Hauptverhandlungstermin erschienen ist, weil sich seine Anreise um zumindest 45 Minuten wegen eines von ihm nicht vorhersehbaren Verkehrsstaus verzögert hat. Eine unverschuldete Verzögerung, gegen die auch die vernünftigerweise zu beachtende Sorgfalt keine Vorsorge gebietet, kann auch durch einen außergewöhnlich ausgedehnten Stau bewirkt werden (BFH, Beschluss vom 17. April 2024, X B 68, 69/23, juris, Rn. 13). Ohne den Stau, der zu einer verkehrsbedingten Verzögerung von 45 Minuten geführt hat, wäre der Verteidiger bereits um 8:17 Uhr und damit rechtzeitig am Sitzungssaal eingetroffen.

Dass die Vorsitzende bei Verkündung des Urteils keine Kenntnis von dem Hinderungsgrund hatte, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn Fehler der Justiz sind dem Gericht zuzurechnen (BFH, a.a.O., Rn. 15; OLG Köln, Beschluss vom 2. September 1997, Ss 485/97 (B) = NStZ 1997, 494). Ein Fehler, der der Justiz zuzurechnen ist, liegt vor, denn der Verteidiger konnte das Gericht in der Zeit von 8:11 Uhr bis 8:35 Uhr bei insgesamt sieben Anrufen unter der 0531 4880 und bei weiteren 11 Anrufen unter der ihm bekannten Durchwahl – 2146 – nicht erreichen, wie er zur Überzeugung des Senats belegt hat. Werden Hauptverhandlungen durchgeführt, hat das Gericht jedoch für eine Kommunikation mit den Verfahrensbeteiligten erreichbar zu sein und entsprechende Telefonanrufe entgegenzunehmen.

Der Verstoß gegen die gerichtliche Fürsorgepflicht ist vorliegend auch nicht nur als Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens (Art. 2 Abs. 1 GG), der für eine Zulassung gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG nicht ausreicht (vgl. OLG Hamburg, Be-schluss vom 2. März 2021, 2 RB 5/21, 3 Ss-OWi 11/21, Rn. 15 f., juris; KG, Beschluss vom 3. Juni 2021, 3 Ws (B) 148/21, Rn. 10, juris; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 4. Januar 2021, Rn.12, juris), sondern als Gehörsverstoß (Art. 103 Abs. 1 GG) anzusehen. Das ist zwar regelmäßig nicht der Fall, weil aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht folgt, dass das rechtliche Gehör durch Vermittlung eines Rechtsanwalts gewährt wird (BayObLG, Beschluss vom 29. März 1995, 2 Ob OWi 61/95, juris, Rn. 4 m.w.N.). Der aktuell zu beurteilende Fall ist jedoch deshalb anders gelagert, weil der Betroffene vom Erscheinen in der Hauptverhandlung entbundenen war und auf die Anwesenheit seines Verteidigers vertraut hat, sodass auch er keine Möglichkeit hatte, sich zum Vorwurf äußern.“

Man merkt dem Beschluss an, dass das OLG ein wenig „angefressen“ ist/war.

OWi I: Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung, oder: Beschränkung noch nach rechtlichem Hinweis?

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Heute gibt es dann mal OWi-Entscheidungen. An der „Front“ ist es im Moment aber sehr ruhig, es gibt wenig Entscheidungen, über die man berichten kann.

Hier kommt dann als Opener der OLG Jena, Beschl. v. 02.09.2024 – 1 ORbs 371 SsBs 96/24 – zur Wirksamkeit der Beschränkung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid. Mit Bußgeldbescheid vom 06.07.2023 wurde dem Betroffenen vorgeworfen, auf der Bundesautobahn die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften um 46 km/h überschritten zu haben. Gegen ihn wurde deshalb eine Geldbuße von 320 Euro festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet. Der Bußgeldbescheid wurde am 12.07.2023 zugestellt. Hiergegen richtete sich der am selben Tage zunächst vollumfänglich erhobene Einspruch des Betroffenen.

Mit Verfügung vom 02.11.2023 wies das AG den Betroffenen nach Eingang der Akten bei Gericht darauf hin, dass wegen der Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung auch eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehungsweise unter Erhöhung der Geldbuße und unter Ausdehnung des Fahrverbots in Betracht komme. Auf die Terminsanberaumung vom 29.11.2023 hin beantragte der Verteidiger mit Schriftsatz vom 24.02.2024 „namens und in Vollmacht des Betroffenen“, diesen vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden. Zudem werde der gegen den Bußgeldbescheid eingelegte Einspruch auf die Rechtsfolge beschränkt.

Mit Beschluss vom 26.02.2024 wies das AG den Betroffenen darauf hin, dass die Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen nach dortiger Auffassung unwirksam sein dürfte. Die Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) sei so untrennbar mit der Rechtsfolge, namentlich dem Fahrverbot, verbunden, dass sie nicht unabhängig voneinander betrachtet werden könnten. Eine Rechtsmittelbeschränkung sei regelmäßig unwirksam, wenn anstelle der im Bußgeldbescheid angenommenen Fahrlässigkeit tatsächlich eine vorsätzliche Begehungsweise in Betracht komme. Wolle der Betroffene dem entgehen, müsse er den Einspruch in Gänze zurücknehmen.

Der Verteidiger ist dem entgegengetreten. Das AG verurteilte den Betroffenen dann dennoch  wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung um 46 km/h außerorts bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h zu einer Geldbuße von 640 Euro. Daneben verhängte es ein Fahrverbot für die Dauer von 2 Monaten.

Dagegen die Rechtsbeschwerde, die Erfolg hatte. Das OLG hat das Urteil des AG im Schuldspruch aufgehoben und im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass gegen den Betroffenen wegen der im Bußgeldbescheid vom 06.07.2023 rechtskräftig festgestellten fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts eine Geldbuße von 320 Euro verhängt und ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat angeordnet wird.

Das hat das OLG umfangreich begründet. Da die angeprochenen Fragen alle nicht neu sind, verweise ich wegen der Einzelheiten der Begründung auf den verlinkten Volltext und stelle hier nur die Leitsätze der OLG-Entscheidung ein, nämlich:

1. Die horizontale Beschränkung eines Einspruchs auf die Rechtsfolgen ist zulässig, soweit der Bußgeldbescheid die in § 66 OWiG niedergelegten Voraussetzungen erfüllt, die Erklärung des Betroffenen zweifelsfrei und unbedingt erfolgt, im Fall der Vertretung eine wirksame Ermächtigung zur Abgabe der Einspruchsbeschränkung vorlag und die Erklärung dem erkennenden Richter vor Erlass einer erstinstanzlichen Entscheidung vorliegt.

2. Ein etwaig erteilter richterlicher Hinweise betreffend die Schuldform (hier: mögliche Verurteilung wegen einer Vorsatz-Tat) steht dem nicht entgegen, selbst wenn der Bußgeldbescheid keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Schuldform enthält, die vorgesehene Rechtsfolge sich aber innerhalb des Regelrahmens der Bußgeldkatalogverordnung bewegte und die vorgeworfene Schuldform (hier: Fahrlässigkeit) hieraus abgeleitet werden kann.

Eins habe ich dann aber doch noch, nämlich << Werbemodus an>> den Hinweis auf Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 7. Aufl. 2024, und auf Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 10. Aufl., 2025, die man hier bestellen bzw. vorbestellen kann. In beiden Werken sind die vom OLG angeprochenen Fragen behandelt. <<Werbemodus aus>>.

 

OWi II: Wirksamkeit der Beschränkung des Einspruchs, oder: Keine (ausdrücklichen) Angaben zur Schuldform

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Und weiter geht es dann mit dem OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.08.2024 – 2 ORbs 83/24 – zur Wirksamkeit der Beschränkung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid.

Dazu meint das OLG:

„1. Die vom Senat aufgrund der zulässig erhobenen Sachrüge von Amts wegen durchzuführende Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Dezember 2020 – 7 Rb 24 Ss 986/20; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Auflage, § 352, Rn. 4) ergibt, dass das Amtsgericht zu Recht von einer wirksamen Beschränkung des Ein-spruchs nach § 67 Abs. 2 OWiG ausgegangen ist, sodass die tatsächlichen Feststellungen des Bußgeldbescheides zum Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen sind.

Gemäß § 67 Abs. 2 OWiG kann der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Damit ist auch eine Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch möglich, da der Bußgeldbescheid den gesetzlichen Anforderungen des § 66 Abs. 1 OWiG entspricht. Die Feststellungen im Bußgeldbescheid zur Tat sind hinrei-chend konkretisiert und stellen eine ausreichende Grundlage für die Rechtsfolgenbemessung dar. Die wirksame Erklärung der Einspruchsbeschränkung des Betroffenen erfolgte durch sei-nen dazu gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 OWiG, § 302 Abs. 2 StPO ermächtigten Verteidiger mit Schriftsatz vom 7. Mai 2024.

Der Wirksamkeit der Beschränkung steht nicht entgegen, dass der Bußgeldbescheid – wie hier lediglich keine ausdrücklichen Angaben zur Schuldform enthält, sofern -wie-hier –die Verfol-gungsbehörde ihrer _Tatahndung_ – gegebenenfalls unter Berücksichtigung der für eine tatein-heitliche oder tatmehrheitliche Verwirklichung nach §§ 19, 20 OWiG zu beachtenden Zumes-sungskriterien – offensichtlich die Regelsätze der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) zu Grun-de gelegt hat. Die Beträge des Bußgeldkatalogs in Abschnitt 1 gehen von fahrlässiger Bege-hung und gewöhnlichen Tatumständen aus (vgl. § 1 Abs. 2 BKatV). Setzt die Verwaltungsbe-hörde für einen dem Bußgeldkatalog (§ 1 BKatV) entsprechenden Tatbestand ohne weiteres die dort vorgesehene Regelgeldbuße fest oder legt sie diese bei der Verwirklichung mehrerer Tat-bestände ihrer Entscheidung zu Grunde, gibt sie damit zu erkennen, dass sie dem Betroffenen lediglich fahrlässiges Handeln zur Last legt (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 19. Oktober 2007 – 3 Ss OWi 1344/07; OLG Köln, Beschluss vom 17. Juli 2018 – 1 RBs 197/18; OLG Hamm, Beschluss vom 16. Januar 2021 – 2 RBs 141/11, jeweils m.w.N.).“

Wegen der Ausführungen des OLG zum Fahrverbot komme ich auf die Entscheidung noch einmal zurück.

StPO III: StB-Tagessatz-Entscheidung durch Beschluss, oder: Der „Ankündigungsverteidiger“

Bild von Michai? Nowa auf Pixabay?

Und dann noch eine Entscheidung aus dem Strafbefehlsverfahren. Das LG Nürnberg-Fürth hat im LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 4. Juli 2024 – 12 Qs 23/24  zu den Grenzen der gerichtlichen Amtsaufklärung bei einem auf die Tagessatzhöhe beschränkten und nicht begründeten Einspruch gegen einen Strafbefehl Stellung genommen.

Das AG hatte gegen die Angeklagte einen Strafbefehl erlassen, in dem es eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 50 EUR verhängte. Die Tagessatzhöhe war geschätzt. Dagegen legte der Verteidiger fristgerecht Einspruch ein, der auf die Tagessatzhöhe beschränkt war. Zugleich schrieb er, es möge im schriftlichen Verfahren entschieden werden, Einkommensnachweise würden vorgelegt werden. Am 19.02.2024 zeigte sich ein neuer Verteidiger an und erhielt umgehend Akteneinsicht. Nachdem nichts einging, monierte das AG am 28.02.2024 die fehlenden Einkommensnachweise beim neuen Verteidiger. Der antwortete nicht.

Am 19.03.2024 übersandte das AG dann die Akte an die Staatsanwaltschaft und bat um eine Stellungnahme zur Tagessatzhöhe. Die Staatsanwältin telefonierte mit dem Verteidiger, der die Übersendung von Einkommensnachweisen avisierte, und das Gericht bat, etwas zuzuwarten. Nachweise übersandte der Verteidiger nicht. Am 11.04.2024 fragte das AG erneut bei der Staatsanwaltschaft an. Diese beantragte die Zurückweisung des Einspruchs.

Mit Beschluss vom 22.04.2024 stellte das AG schließlich fest, dass es bei der Tagessatzhöhe von 50 EUR verbleibe. Hiergegen legte der Verteidiger sofortige Beschwerde ein, deren Begründung innerhalb weiterer 14 Tage er ankündigte. Eine Begründung erfolgte jedoch nicht. Das LG hat die Beschwerde verworfen:

„Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft war die Entscheidung im Beschlusswege nicht zu beanstanden. Gemäß § 411 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 StPO kann das Amtsgericht mit Zustimmung der Verfahrensbeteiligten ohne Hauptverhandlung durch Beschluss entscheiden, wenn der Einspruch auf die Höhe der Tagessätze einer festgesetzten Geldstrafe beschränkt ist. Ob das Gericht von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen, wobei eine Hauptverhandlung sich jedenfalls dann als notwendig erweist, wenn die mündliche Anhörung der Angeklagten zur Aufklärung erforderlich ist.

Die Begründung für die Ausnahmeregelung der Entscheidung im Beschlusswege wird darin gesehen, dass bei Erlass des Strafbefehls die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten oftmals nicht genau bekannt sind und das Gericht, wenn keine Angaben gemacht werden, diese schätzen muss. Vorliegend war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Klärung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Angeklagten jedoch entbehrlich, da das Amtsgericht davon ausgehen konnte, dass diese durch die Vorlage schriftlicher Unterlagen nachgewiesen würden, wenn der ohnehin niedrig geschätzte Tagessatz von 50 € bei einer Geschäftsführerin, die wegen eines Delikts nach dem GmbHG verfolgt wird, unterschritten werden sollte. Der Verteidiger wies in seinem Einspruchsschreiben namens der Angeklagten selbst darauf hin, dass im schriftlichen Verfahren entschieden werden könne. Weiter kündigte die Verteidigung mehrfach an, Unterlagen zur Einkommenssituation der Angeklagten nachzureichen. Dies geschah dann aber trotz wiederholter Aufforderung nicht. Auch wurde von Seiten der Verteidigung nicht von einer Entscheidung im Beschlussverfahren Abstand genommen oder mitgeteilt, dass entgegen der vorigen Ankündigung doch keine Unterlagen vorhanden seien. Das Amtsgericht hatte mithin keinen Anlass anzunehmen, die im Strafbefehl geschätzte Tagessatzhöhe sei zu hoch gegriffen. Die Entscheidung im Beschlusswege erfolgte nach allem ermessensfehlerfrei.“

In meinen Augen hat der Verteidiger ein bisschen viel angekündigt, ohne dass dann etwas passiert ist.

StPO II: Nachweis der Verständigungsmitteilung, oder: Genügende Entschuldigung für Ausbleiben im Termin?

© Corgarashu – Fotolia.com

Und dann die beiden Entscheidungen zur Hauptverhandlung, einmal geht es um den Nachweis der ausreichenden Mitteilung zu einer Verständigung (§ 243 Abs. 4 StPO) und einmal um die Verwerfung des Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid. Hier sind dann:

Die Protokollierung des Tatgerichts, dass der Vorsitzende den Inhalt eines richterlichen Vermerks über außerhalb der Hauptverhandlung geführte verständigungsbezogene Gespräche bekannt gegeben hat, genügt den von § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO gestellten Anforderungen, wenn der Vermerk im Hauptverhandlungsprotokoll durch Nennung seiner Ausstellers, seines Datums und seines Betreffs so unverwechselbar bezeichnet, dass eine eindeutige Identifizierung möglich ist Es bedarf weder die „Verlinkung“ mit einer Aktenfundstelle noch muss der Vermerk „verlesen“ werden.

Erscheint der Angeklagte nicht zum Termin, kommt es im Fall des § 412 Satz 1, § 329 Abs. 1 und 7 StPO nicht darauf an, ob er sich genügend entschuldigt hat, sondern ob er genügend entschuldigt ist.