Heute gibt es aus dem „gebührenrechtlichen Entscheidungstopf“, für den ich immer Entscheidungen gebrauchen kann, mal wieder zwei Entscheidungen zu Vollzugsverfahren.
In dem ersten Beschluss, dem KG, Beschl. v. 14.10.2025 – 2 Ws 124/25 – geht es noch einmal um den Gegenstandswert in (Maßregel)Vollzugssachen. In den Verfahren wird der Gegenstandswert i.d.R. ja eher niedriger als der sog. Ausgangswert festgesetzt. Das zeigt mal wieder dieser Beschluss.
Der Rechtsanwalt hatte als Verfahrensbevollmächtigter einer Untergebrachten Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen Bescheid des Leiters des Krankenhauses des Maßregelvollzuges (KMV) gestellt, mit dem dieser Besuche der Untergebrachten durch den Rechtsanwalt zwecks Führung eines persönlichen Anwaltsgesprächs abgelehnt hatte. Das LG hat dann auf die Beschwerde des Rechtsanwalts den Bescheid aufgehoben und den Leiter des KMV verpflichtet, der Untergebrachten Besuch durch den Rechtsanwalt zwecks Führung von Anwaltsgesprächen zu gestatten. Gleichzeitig hat es der Landeskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Untergebrachten auferlegt und den Streitwert auf 1.000 EUR festgesetzt.
Der Rechtsanwalt hat gegen die Streitwertbestimmung im eigenen Namen Beschwerde eingelegt, mit der er die Heraufsetzung des Streitwerts auf 5.000 EUR erstrebt. Die Strafvollstreckungskammer hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem KG vorgelegt. Dort hatte das Rechtsmittel keinen Erfolg:
„1. Die Streitwertbeschwerde ist zulässig.
a) Das Rechtsmittel ist als „isolierte“ Streitwertbeschwerde – unabhängig von den Überprüfungs-möglichkeiten hinsichtlich der Sachentscheidung selbst – statthaft (vgl. Senat, Beschlüsse vom 14. Februar 2014 – 2 Ws 27/14 – und vom 30. März 2007 – 2 Ws 151/07 – jeweils juris; OLG Hamm NStZ 1989, 495). Der Verfahrensbevollmächtigte ist aus eigenem Recht zur Einlegung des Rechtsmittels befugt, da er durch die Streitwertfestsetzung beschwert ist (vgl. Senat, Be-schlüsse vom 14. Februar 2014 und 30. März 2007 aaO.; OLG Frankfurt BeckRS 2021, 43064). Die Streitwertbeschwerde ist auch rechtzeitig erhoben worden (§ 68 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG).
b) Das Rechtsmittel erreicht den nach § 1 Abs. 1, § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG erforderlichen Beschwerdewert von 200 EUR. Dieser bemisst sich nicht nach dem Unterschied zwischen dem angefochtenen und dem mit der Beschwerde erstrebten Streitwert, sondern nach dem Unterschiedsbetrag der Gesamtvergütung, die sich jeweils nach diesen beiden Streitwerten errechnet (vgl. Senat, Beschlüsse vom 14. Februar 2014 und 30. März 2007 aaO).
Der Beschwerdeführer hat zu der Frage, ob der Beschwerdewert erreicht ist, nichts ausgeführt. Die Begründung der Streitwertbeschwerde lässt darauf schließen, dass der Beschwerdeführer eine streitwertabhängige Gebührenfestsetzung nach Nr. 3100 W begehrt, der seinem Antrag zu-folge ein Wert von 5.000 EUR zugrunde gelegt werden sollte. Danach ist der Beschwerdewert für den Senat errechenbar und der Vortrag des Beschwerdeführers für die Zulässigkeit noch als ausreichend anzusehen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 14. Februar 2014 und 30. März 2007 aaO mwN). Der Beschwerdewert übersteigt die in § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG festgelegte Grenze von 200 EUR.
Anzusetzen sind dabei jeweils die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 W RVG (d.h. das 1,3-fache der in § 13 Abs. 1 RVG a.F. bestimmten Gebühr), die Post- und Telekommunikationspauschale von 20 Prozent bzw. 20 EUR nach Nr. 7002 RVG sowie die auf diese Vergütung anfallende Umsatzsteuer nach Nr. 7008 W RVG. Während sich bei einem Streitwert von 1.000 EUR ein Vergütungsanspruch von 134,40 EUR zuzüglich Umsatzsteuer ergibt, beträgt dieser bei einem Streitwert von 5.000 EUR netto 454,20 EUR, sodass der Beschwerdewert von 200 EUR in jedem Fall überschritten ist.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, da die durch die Strafvollstreckungskammer vorgenommene Streitwertfestsetzung nicht zu beanstanden ist.
a) Der Auffassung des Beschwerdeführers, im vorliegenden Fall sei gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000 EUR anzusetzen, kann nicht gefolgt werden. § 52 Abs. 2 GKG, der gemäß § 60 GKG auf die Streitwertfestsetzung in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz entsprechende Anwendung findet, ist nur dann einschlägig, wenn der Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte bietet, um den Streitwert nach der Grundregel des nach § 60 GKG in Straf- und Maßregelvollzugsverfahren ebenfalls anwendbaren § 52 Abs. 1 GKG zu bestimmen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 14. Februar 2014 und 30. März 2007 aaO mwN; KG NStZ-RR 2002, 62; OLG Rostock NJ 2017, 335; OLG Hamm aaO; OLG Frankfurt aaO). Andernfalls ist der Wert nach der sich aus dem Antrag des Gefangenen bzw. Untergebrachten für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 14. Februar 2014 und 30. März 2007 aaO mwN; KG NStZ-RR 2002, 62; OLG Rostock NJ 2017, 335; OLG Hamm aaO; OLG Frankfurt aaO). Vorliegend bietet der Sach- und Streitstand genügend Anhaltspunkte für die Wertfestsetzung. Eine Bemessung nach der Bedeutung der Sache für die Untergebrachte ist daher möglich.
b) Bei der Streitwertbemessung nach § 52 Abs. 1 GKG sind die Tragweite der Entscheidung und die Auswirkungen eines Erfolges des Antrags für die Untergebrachte zu berücksichtigen. Der in § 52 Abs. 2 GKG genannte Betrag von 5.000 EUR hat hier außer Betracht zu bleiben; denn er ist kein Ausgangswert, an den sich die Festsetzung nach Absatz 1 anzulehnen hätte, sondern als subsidiärer Ausnahmewert nur dann einschlägig, wenn der Sach- und Streitstand – anders als hier – keine genügenden Anhaltspunkte bietet, um den Streitwert nach der Grundregel des § 52 Abs. 1 GKG zu bestimmen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 14. Februar 2014 und 30. März 2007 aaO mwN). Angesichts der geringen finanziellen Leistungsfähigkeit der meisten Untergebrachten ist der Streitwert in Maßregelvollzugssachen eher niedrig festzusetzen, da die Bemessung des Streitwerts aus rechtsstaatlichen Gründen nicht dazu führen darf, dass die Anrufung des Gerichts für den Betroffenen mit einem unzumutbar hohen Kostenrisiko verbunden ist. Andererseits ist darauf zu achten, dass die gesetzlichen Gebühren hoch genug sein müssen, um die Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten wirtschaftlich vertretbar erscheinen zu lassen und dem Untergebrachten so die Inanspruchnahme anwaltlichen Beistands zu ermöglichen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 14. Februar 2014 und 30. März 2007 aaO mwN).
c) Gegen die Untergebrachte, die u.a. an einer paranoiden Schizophrenie leidet, wird seit dem 27. Februar 2023 die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vollzogen. Aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen ist für sie eine umfassende rechtliche Betreuung eingerichtet, bisheriger Betreuer ist ihr Adoptivvater. Die begehrten Besuche durch den Beschwerdeführer sollten der Beantragung eines Betreuerwechsels dienen. Danach erscheint eine Festsetzung des Streitwerts auf 1.000 EUR angemessen. Sie entspricht der Streitwertfestsetzung in vergleichbaren Fällen und trägt damit auch dem Grundsatz Rechnung, dass eine möglichst einheitliche Praxis der Gerichte bei der Streitwertbemessung anzustreben ist, um das Kostenrisiko für den Untergebrachten überschaubar zu machen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 14. Februar 2014 und 30. März 2007 aaO mwN; KG NStZ-RR 2002, 62, OLG Hamm NStZ 1989, 495, 496).“
M.E. zu niedrig. Es ist ja „lobenswert“, wenn die Rechtsprechung bei der Streitwertbemessung das Kostenrisiko der Mandanten betont und mit berücksichtigt. Das darf aber nicht dazu führen, dass die wirtschaftlichen Interessen der Verfahrensbevollmächtigten außer Acht gelassen werden. Und das ist der Fall. Aber leider: Herrschende Meinung.




