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Pauschgebühr I: Mal wieder „den Igel in der Tasche“, oder: 6,11 EUR/Stunde sind zumutbar

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Heute dann am Gebührenfreitag zwei Entscheidungen zur Pauschgebühr, und zwar einmal für den Wahlanwalt, also § 42 RVG, und einmal für den bestellten Beistand des Nebenklägers, also § 51 RVG, und zwar jeweils für Tätigkeiten im Revisionsverfahren.

„Pauschgebühr“? Der ein oder andere wird sich sagen: Ja, da war doch mal was. Richtig. Früher gab es den § 99 BRAGO. Da war es schon nicht ganz einfach, eine Paischgebühr zu bekommen.
Nach Einführung des RVG hat die Gewährung von Pauschgebühren für den Pflichtverteidiger gem. § 51 RVG drastisch abgenommen. Noch schwerer/aussichtloser ist es für den Wahlanwalt, wenn er nach § 42 RVG die Feststellung einer Pauschgebühr beantragt. Das beweist dann auch mal wieder der OLG Braunschweig, Beschl. v. 14.02.2025 – 1 AR 15/24.

Der Rechtsanwalt war Wahlverteidiger des Angeklagten in einem Verfahren wegen Bestechlichkeit. Nach Abschluss des Verfahrens hat er dann die Feststellung einer Pauschgebühr in Höhe von 2.442 EUR für das Revisionsverfahren beantragt. Das OLG hat den Antrag abgelehnt:

„Der Antrag ist abzulehnen, weil die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 S. 1 RVG nicht vorliegen. So kann der Senat zunächst keinen besonderen Umfang des Verfahrens erkennen. Dabei ist dem Antragsteller zwar durchaus zuzugeben, dass er im Interesse des Angeklagten eine immerhin 47 Seiten umfassende Revisionsbegründung gefertigt hat, die sorgsam die einzelnen Angriffspunkte gegen das Urteil aufarbeitet. Schon angesichts der existenzgefährdenden Bedeutung, die das Verfahren für den Angeklagten hatte, wäre es zudem fraglos unangemessen, den Verteidiger darauf zu verweisen, dass das Urteil auch durch eine knappere Revisionsbegründung hätte zu Fall gebracht werden können. Es war richtig und ist vom Senat nicht zu kritisieren, dass der Antragsteller den sichersten Weg gewählt hat. Auch hatten die Akten, die der Verteidiger allerdings nur unter dem Blickwinkel des Revisionsverfahrens (insbesondere zur Prüfung von Verfahrensrügen) in den Blick nehmen musste, bei Abfassung der Revisionsbegründung einen nicht unerheblichen, wenngleich nicht außerordentlichen Umfang erreicht (6 Bände). Auf der anderen Seite hat der Senat aber auch zu berücksichtigen,

– dass nicht selten weitaus umfangreichere Revisionsbegründungen gefertigt werden,
– die für die Sachrüge maßgeblichen Gründe des angefochtenen Urteils mit 41 Seiten nicht außergewöhnlich umfangreich sind,
– es nur um eine Tat ging und
– auch lediglich eine Person angeklagt war.

Allerdings tendiert der Senat dazu, das Verfahren insbesondere wegen der problematischen Würdigung der Beweislage, was bereits zu einer Aufhebung eines freisprechenden Urteils durch den Senat geführt hatte. durchaus als schwierig anzusehen.

Letztlich kann es aber dahinstehen, ob das Verfahren allein aus diesem Grund trotz des überschaubaren Tatvorwurfs schon als besonders schwierig anzusehen ist. Denn eine Pauschgebühr kann jedenfalls deshalb nicht bewilligt werden, weil es dem Antragsteller zugemutet werden kann, die Gebühren innerhalb des gesetzlichen Rahmens zu bestimmen. Die Bewilligung einer Pauschgebühr über die gesetzlichen Wahl-verteidigerhöchstgebühren hinaus nach § 42 RVG ist an noch engere Voraussetzungen geknüpft als das bei § 51 RVG der Fall ist (OLG Celle, Beschluss vom 11. Mai 2017, 1 AR(P) 11/17, juris, Rn. 4). Denn dem Wahlverteidiger wird im Gegensatz zum Pflichtverteidiger kein Beitrag für das Allgemeinwohl abverlangt (OLG München, Be-schluss vom 22. Januar 2021, 1 AR 251/201 AR 266/20, juris, Rn. 34). Diese engen Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Vielmehr hält der Senat vor dem Hintergrund des Prinzips der Mischkalkulation (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2020, 1 StR 277/17, juris, Rn. 9 m.w.N.) angesichts der dargestellten Kriterien im Rahmen seines Ermessens die gesetzliche Vergütung für ausreichend.

Dass der Verteidiger vorträgt, er habe für die 47 Seiten umfassende Revisionsbegründung „deutlich über 200 Stunden“ gearbeitet und in dieser Zeit keine anderen Mandantentermine durchgeführt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die individuell aufgewendete Arbeitszeit ist nicht der unmittelbare Maßstab (vgl. BGH, Beschluss vom 21. September 1995, 1 StR 158/95, juris, Rn. 9; OLG München. Beschluss vom 22. Januar 2021, 1 AR 251/201 AR 266/20, juris, Rn. 38), weil sich der Senat bei der gebotenen Beurteilung primär an den objektiv bewertbaren, ihm anhand der Akten zugänglichen Umständen orientieren muss.“

Es wird den Kollegen Wahlanwalt freuen, dass der Revisionssenat des OLG seine im Revisionsverfahren erbrachten Tätigkeiten offenbar anerkennt und ihm nicht vorhält, dass nicht 47 Seiten Revisionsbegründung notwendig gewesen wäre, um das angegriffene Urteil „zu Fall zu bringen“. Noch mehr hätte es ihn allerdings gefreut, wenn das OLG diese Arbeit auch „monitär“, nämlich durch Feststellung einer Pauschgebühr nach § 42 RVG anerkannt hätte. So weit will man mit der Anerkennung dann aber offenbar doch nicht gehen und verweist den Verteidiger für die Erstellung der Revisionsbegründung auf die Wahlanwaltshöchstgebühr. Das sind bei der Nr. 4130 VV RVG, weil der Mandant nicht inhaftiert war, wofür der Antrag des Wahlanwalts spricht, 1.221 EUR. Beantragt hatte der Verteidiger 2.442 EUR. Und das bei mehr als 200 Stunden Arbeit, 46 Seiten Revisionsbegründung und sechs Bänden Akten. Da hält man 1.221 EUR, also rund 6,11 EUR/Stunde, für zumutbar. Die beantragten 12,22 EUR/Stunde wären schon nicht viel mehr als ein Trostpflaster gewesen, aber immerhin. Es ist in meinen Augen schon erstaunlich, was Gerichte Rechtsanwälten manchmal zumuten.

Und wenn dann wenigstens noch die Begründung für die Ablehnung des Antrags passen würde. Natürlich wabert auch wieder etwas „Außergewöhnliches“ – „nicht außergewöhnlich umfangreich gewesen“ – durch die Gründe, wozu sich jeder Kommentar erübrigt, außer nur: Es kommt auf „außergewöhnlich“ nicht an, wobei ich nicht verkenne, dass bei der Pauschgebühr des Wahlanwalts nach § 42 RVG von den OLG ein anderer Maßstab als bei § 51 RVG zugrunde gelegt wird. Aber: Welche Rolle spielt in dem Zusammenhang, dass „nicht selten weitaus umfangreichere Revisionsbegründungen gefertigt werden“? Das ist sicherlich richtig, spielt aber doch für dieses Verfahren keine Rolle, da hier nur die konkreten Verfahrensumstände zu berücksichtigen sind. Und was soll es bedeuten, dass „es nur um eine Tat gegangen ist und auch lediglich eine Person angeklagt gewesen ist“? Welche konkreten Auswirkungen soll das haben? Das erschließt sich nicht und wird auch nicht von der angeführten Rechtsprechung unterstützt, da es sich dabei weitgehend um Entscheidungen handelt, die zu § 51 RVG ergangen sind. Daher zieht auch das Argument „Mischkalkulation“ nicht. Das ist schon beim Pflichtverteidiger bedenklich, kann aber bei einem Wahlanwalt m.E. keine Rolle spielen. Und auch das Argument „individuell aufgewendete Arbeitszeit ist nicht der unmittelbare Maßstab (vgl. BGH, Beschl. v. 21.9.1995 – 1 StR 158/95; OLG München, Beschl. v. 22.1.2021 – 1 AR 251/20 – 1 AR 266/20“ muss man hinterfragen. Abgesehen davon, dass es sich ebenfalls um Entscheidungen handelt, die zur Pauschgebühr des Pflichtverteidigers ergangen sind, die des BGH noch zu § 99 BRAGO (sic!!), hat man die Arbeitszeit zumindest „als Indiz für Umfang oder Schwierigkeit des Verfahrens“ angesehen. Im Bezirk des OLG Braunschweig scheint das aber alles leider keine Rolle zu spielen.

Nur zur Abrundung: Der Verteidiger wäre mit seinem Antrag wahrscheinlich beim BGH besser aufgehoben gewesen. Denn der scheint mit, wenn ich mir seine Rechtsprechung dann anschaue, manchmal doch „großzügiger“ zu sein. Manchmal 🙂 .

Pflichti I: Erst Wahlverteidiger, dann Pflichtverteidiger, oder: Neue Vertretungsvollmacht erforderlich

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Und dann heute „Pflichti“-Entscheidungen.

Ich eröffne den Reigen mit dem BayObLG, Beschl. v. 09.12.2024 – 203 StRR 591/24, den ich gestern am „Verwerfungstag“ ja bereits vorgestellt habe. Der Beschluss passt aber heute auch noch einmal, weil das BayObLG nämlich in dem Beschluss auch zu der Rüge des Angeklagten Stellung genommen hat, mit der geltend gemacht worden ist, es habe eine prozessordnungsgemäße Vertretung vorgelegen. Das hat das BayObLG anders gesehen:

„Die Verfahrensrüge, die Strafkammer habe mit der Verwerfung der Berufung die prozessordnungsgemäße Vertretung des Angeklagten durch den Pflichtverteidiger verkannt, ist jedenfalls unbegründet. Um an Stelle des Angeklagten im Verfahren Erklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen, bedarf es einer ausdrücklichen Erklärung des Angeklagten, dass der Verteidiger befugt sein soll, über die Verteidigerrechte hinaus rechtswirksam Verfahrensbefugnisse für ihn wahrzunehmen (Becker in: Löwe/Rosenberg, StPO, 27. Auflage, § 234 Rn. 1; Eschelbach in BeckOK StPO, 53. Ed. 1.10.2024, StPO § 329 Rn. 32). Demgemäß bestimmt § 329 Abs. 1 S. 1 StPO das Erfordernis des Nachweises einer besonderen Vertretungsvollmacht, soll ein Verteidiger den Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung vertreten. Die Pflichtverteidigerbestellung als solche genügt nicht (Quentin in MüKoStPO, 2. Aufl. 2024, StPO § 329 Rn. 26; OLG Celle, Beschluss vom 19. März 2013 – 32 Ss 29/13 –, juris Rn. 13 m.w.N.; OLG Hamm, Beschluss vom 14. Juni 2012 – III-1 RVs 41/12 –, juris Rn. 12 und 13). Eine vormals im Rahmen des Wahlmandats erteilte Vertretungsvollmacht endet in entsprechender Anwendung von § 168 BGB (vgl. BayObLG, Beschluss vom 9. Oktober 2020 – 202 StRR 94/20 –, juris Rn. 17; BGH, Beschluss vom 24. Januar 2023 – 3 StR 386/21 –, BGHSt 67, 250 ff., juris Rn. 28; OLG Hamm, Beschluss vom 14. Juni 2012 – III-1 RVs 41/12 –, juris Rn. 12). Will der Angeklagte sich von dem nunmehrigen Pflichtverteidiger in der Berufungshauptverhandlung vertreten lassen, muss er diesem nach der Pflichtverteidigerbestellung eine neue Vollmacht erteilen (BayObLG a.a.O.; OLG Köln, Urteil vom 8. November 2022 – III-1 RVs 116/22 –, juris Rn. 9 m.w.N.; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 24. Juni 2021 – 2 Ws 52/21 –, juris Rn. 13 zu § 145a StPO; OLG Celle, Beschluss vom 19. März 2013 – 32 Ss 29/13 –, juris Rn. 13; OLG Hamm, Beschluss vom 14. Juni 2012 – III-1 RVs 41/12 –, juris Rn. 13). Die Erteilung einer Vollmacht nach der Bestellung des Pflichtverteidigers behauptet auch die Revision nicht.“

Pflichti I: „Pflichti-Versäumnisse, Verteidigerwechsel, oder: Wahlanwalt, Zeitpunkt des Bestellungsantrags

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Und dann heute mal wieder Pflichtverteidigungsentscheidungen, darunter einiges vom BGH.

Ich beginne mit den BGH-Entscheidungen, zu denen ich hier aber nur die Leitsätze vorstelle:

Etwaige Versäumnisse eines Pflichtverteidigers können dem Staat nur ausnahmsweise angelastet werden, da die Führung der Verteidigung Sache des Angeklagten und seines Pflicht- oder Wahlverteidigers ist. Für Behörden und Gerichte besteht eine Verpflichtung zum Eingreifen nur, wenn das Versagen eines Pflichtverteidigers für die Justiz offenkundig ist oder sie davon unterrichtet wird.

Die Bestellung eines Pflichtverteidigers setzt gemäß § 141 Abs. 1 Satz 1 StPO voraus, dass die betreffende Person Beschuldigter in einem Strafverfahren ist und die Strafverfolgungsbehörde ihr durch amtliche Mitteilung oder auf sonstige Art und Weise die Einleitung gegen sie gerichteter Ermittlungen zur Kenntnis gebracht hat. Vor der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sowie im Zeitraum noch nicht offen geführter Ermittlungen ist für eine Pflichtverteidigerbestellung kein Raum. Dementsprechend sind Anträge auf Pflichtverteidigerbestellung, die bereits vor der amtlichen Bekanntgabe des Tatvorwurfs, etwa aufgrund von Vermutungen über die Einleitung eines Strafverfahrens, gestellt werden, unzulässig.

Gemäß § 143a Abs. 1 Satz 1 StPO ist es – grundsätzlich zwingend – geboten, eine Pflichtverteidigerbestellung aufzuheben, wenn der Beschuldigte einen anderen Verteidiger gewählt und dieser zudem die Wahl angenommen hat. Eine Ausnahme besteht u.a., wenn zu besorgen steht, dass der neue Verteidiger das Mandat demnächst niederlegen und seine Beiordnung als Pflichtverteidiger beantragen wird.

1. Hinsichtlich des Prüfungsmaßstabs in der Beschwerdeinstanz gilt, dass dem zur Entscheidung über einen Verteidigerwechsel nach § 143a StPO und über die Bestellung eines zusätzlichen Pflichtverteidigers nach § 144 StPO berufenen Richter ein Beurteilungsspielraum zukommt

2. Einer Bestellung eines Pflichtverteidigers im Wege eines konsensualen Verteidigerwechsels steht entgegen, wenn eine angemessene Verteidigung des Angeklagten bei einer Teilnahme an lediglich einem Drittel der Verhandlungstermine nicht gewährleistet ist.

 

 

StPO III: Immer wieder Zustellungsproblematik, oder: Vollmacht, ZU-Bevollmächtigter, Ersatzzustellung

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Und dann zum Tagesschluss ein paar Entscheidungen, die sich bei mir zu Zustellungsfragen angesammelt haben. Die haben ja in der Praxis eine nicht unerhebliche Bedeutung. Hier sind dann – jeweils nur die Leitsätze – leider sind die Entscheidungen zum Teil schon etwas älter:

Die Heilung eines Zustellungsmangels durch den tatsächlichen Zugang des zuzustellenden Schriftstücks gemäß § 189 ZPO i.V.m. § 37 Abs. 1 StPO setzt voraus, dass eine Zustellung vom Gericht beabsichtigt war, diese muss folglich angeordnet worden sein.

Gemäß der Entscheidung des EuGH vom 22.04.2017, Az.C-124/16, C-188/16 und C-213/16, C-124/16, C-188/16, C-213/16, sind die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund des Art. 6 der Richtlinie 2012/13 richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass in einem Fall, in dem ein Beschuldigter keinen festen Wohnsitz hat und daher einen Zustellungsbevollmächtigten benennt, und an diesen dann ein Strafbefehl zugestellt wird, in dem Moment, in dem der Beschuldigte vom Strafbefehl tatsächlich Kenntnis erlangt, durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand über die volle Einspruchsfrist verfügen können muss.

1. Die nach § 43 StPO zu berechnende, zweiwöchige Einspruchsfrist gegen einen Strafbefehl beginnt ausweislich des § 410 Abs. 1 Satz 1 StPO mit dessen Zustellung. Für die Ausführung der Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde gelten nach § 37 Abs. 1 StPO Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend.

2. Bei der Verpflichtung des Zustellers bei Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten gemäß § 180 Satz 3 ZPO, das Datum der Zustellung auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks zu vermerken, handelt es sich um eine zwingende Zustellungsvorschrift im Sinne des § 189 ZPO mit der Folge, dass das Schriftstück bei einer Verletzung dieser Vorschrift erst mit dem tatsächlichen Zugang als zugestellt gilt.

Die Zustellung an den Wahlverteidiger ist unwirksam, wenn dessen Bevollmächtigung nicht gemäß § 145a Abs. 1 StPO nachgewiesen ist. Die anwaltliche Versicherung ordnungsgemäßer Bevollmächtigung ist hierfür nicht ausreichend.

Und zu der Zustellungsproblematik – und noch zu viel mehr – kann man dann schon und bald wieder << Werbemodus an>> Aktuelles lesen in den Neuauflagen von

  • Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 7. Aufl., und in
  • der 3. Auflage von Burhoff (Hrsg.), Handbuch für die strafrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe.
  • und in den beiden Handbücher für das Ermittlungsverfahren – jetzt dann 10. Aufl. – und für die Hauptverhandlung – jetzt dann 11. Aufl.,

die man hier (vor)bestellen kann. <<Werbemodus aus>>

Pauschgebühr für den Wahlanwalt nach § 42 RVG, oder: Vorsicht bei der Antragstellung!!

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Und dann zum Wochenausklang noch Gebühren. und zwar u.a. auch etwas vom BGH.

Und mit dem BGH, Beschl. v. 02.04.2024 – 1 StR 165/19 – fange ich dann auch an. Es geht um die Pauschgebühr nach § 42 RVG, also Wahlanwaltspauschgebühr. Der Wahlanwalt hatte in dem Verfahren, in dem der BGH mit BGH, Beschl. v. 22.12.2020 – 1 StR 165/19 – entschieden hat, wegen des besonderen Umfangs und der besonderen Schwierigkeit seiner Tätigkeit  gemäß § 42 RVG eine Pauschgebühr in Höhe von 2.200 EUR für das Revisionsverfahren beantragt. Der BGH hat den Antrag abgelehnt:

„Der Antrag, über den der Senat in einer Spruchgruppe mit fünf Bundesrichterinnen und -richtern zu entscheiden hat (§ 42 Abs. 1 Satz 5 RVG; BGH, Beschluss vom 3. November 2021 – 3 StR 86/16 Rn. 3), ist bereits unzulässig. Denn der Antragsteller hat sich dadurch gebunden, dass er am 15. Oktober 2021 in seinem Kostenfestsetzungsantrag jeweils die „doppelte Wahlverteidigerhöchstgebühr“ geltend gemacht hat, ohne sich eine Pauschgebühr vorzubehalten. Damit hat der Verteidiger sein Bestimmungsrecht nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG wirksam ausgeübt und ist mit einer Pauschgebühr ausgeschlossen (vgl. § 315 Abs. 2, § 130 Abs. 1 BGB; OLG Nürnberg, Beschluss vom 7. Oktober 2022 – AR 28/22 bezüglich der für das erstinstanzliche Verfahren in dieser Strafsache geltend gemachten Pauschgebühr; Thüringer OLG, Beschluss vom 21. Mai 2021 – (S) AR 104/20 Rn. 18, 20; KG, Beschlüsse vom 5. November 2015 – 1 ARs 8/14 Rn. 7 und vom 25. Juli 2011 – 1 ARs 48/09 Rn. 2; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Oktober 2012 – III-3 RVGs 48/11 Rn. 13; OLG Bamberg, Beschluss vom 17. Januar 2011 – 2 AR 24/10 Rn. 7, 10; OLG Celle, Beschluss vom 29. Juli 2008 – 1 ARs 46/08 Rn. 6).

Auch in der Sache hätte der Antrag keinen Erfolg gehabt. Der vormals Angeklagte war bereits in erster Instanz freigesprochen worden. Die Tätigkeit des Wahlverteidigers, der nicht an der Hauptverhandlung teilgenommen hat, in der Revisionsinstanz lässt nicht erkennen, dass die hierfür von Nr. 4130 VV-RVG vorgesehene Gebühr angesichts eines besonderen Umfangs oder einer besonderen Schwierigkeit unzumutbar wäre.“

Die Entscheidung ist zutreffend und mahnt zur Vorsicht bei der Antragstellung nach § 42 RVG. Da muss man sich schon die Formulierung des Antrags und die zeitliche Abfolge der Antragstellung(en) genau überlegen.