Im Moment stehen aufgrund der „Ereignisse“ im Münchner NSU-Verfahren (vgl. dazu mein Posting: Ich behaupte: Es wird nicht reichen Frau Zschäpe und das Posting zu weiteren Entwicklung vom „Terrorismus-Blog unter: Konflikt um Zschäpe-Verteidigerin spitzt sich zu) mal wieder Pflichtverteidigungsfragen im Fokus. Daher dann hier jetzt der Hinweis auf den OLG Dresden, Beschl. v. 05.06.2015 – 3 Ws 47/15, der sich (auch) mit der Frage der Entpflichtung eines Pflichtverteidigers befasst. Allerdings unter anderen Voraussetzungen, nämlich hinsichtlich der Frage: Was ist mit der Pflichtverteidigerbestellung, wenn sich der Beschuldigte einen Wahlanwanlt genommen hat?
Nun, die Frage ist in § 143 StPO geregelt, und zwar eindeutig. Dann „ist“ die Bestellung zurückzunehmen. Und das ist – wie das OLG Dresden ausfeührt – „grundsätzlich zwingend“. Dazu dann weiter:
„Eine Ausnahme von dieser Regel wird nur für den Fall zu machen sein, wenn konkrete Gründe für die Annahme vorhanden sind, andernfalls sei die ordnungsgemäße Durchführung der Hauptverhandlung nicht mehr gewährleistet. Hierfür bietet der Akteninhalt keine Anhaltspunkte. Die Berufungskammer hat die in der Sache für erforderlich angesehenen Verhandlungstermine mit dem Wahlverteidiger abgesprochen. Dass er sie nicht wahrnehmen wird oder kann, ist nicht zu befürchten.
Ein im Sinne des § 143 StPO unabwendbares Bedürfnis, die Entpflichtung des bisherigen Pflichtverteidigers abzulehnen, besteht auch nicht deswegen, weil zu befürchten wäre, dass der Wahlverteidiger das Mandat wegen Mittellosigkeit des Angeklagten alsbald wieder niederlegen wird (Meyer-Goßner/Schmitt, § 143 Rn. 2). Zwar ist davon auszugehen, dass der Angeklagte die aus der Wahlverteidigung anfallenden Gebühren aus eigenen Mitteln nicht zu begleichen vermag; indes hat der Wahlverteidiger ausdrücklich und mehrfach schriftlich versichert, „keinen Pflichtverteidigungsantrag“ stellen zu wollen, weil seine Kosten anderweitig gedeckt seien. Der Senat hat keinen Anlass, an dieser Erklärung zu zweifeln. Die Befürchtung des Landgerichts, die „Verzichtserklärung“ des Wahlverteidigers beziehe sich nur auf die bisher angesetzten und mit dem Wahlverteidiger abgesprochene drei Verhandlungstage und werde für den Fall einer sich ausdehnenden Berufungshauptverhandlung u. U. zurückgenommen werden, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Der Wahlverteidiger hat seine Erklärung in Kenntnis der Sach- und Rechtslage des Verfahrens abgegeben und weiß deshalb, mit welchem Verfahrenslauf, zumindest aus seiner Sicht, zu rechnen ist.“
Bezogen auf das NSU-Verfahren: Selbst wenn Frau Zschäpe sich einen Wahlverteidiger suchen und dieser das Mandat annehmen würde, würde das m.E. an der Bestellung der drei bisherigen Pflichtverteidiger nichts ändern. Man wird eine „Ausnahme“ von der Regel des § 143 StPO annehmen und die dann zmit der bisherigen Prozessdauer und dem Prozessverlauf, in den die Pflichtverteidiger eingearbeitet sind, begründen.