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Offenbarung der Pkw-Finanzierung erst im Verfahren, oder: Kläger trägt die Kosten des Verfahrens

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Und als zweite Entscheidung „schwimmt“ im Kessel Buntes der LG Essen, Beschl. v. 25.08.2025 – 1 O 364/24 – zur Kostentragung durch den Kläger, der in einem Prozess wegen einer Unfallschadenregulierung die Finanzierung des verunfallten Pkw erst im Prozess offenbart.

Die beklagte Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung hatte ihre grundsätzliche Eintrittspflicht dem Grunde nicht bestritten, hatte aber geltend gemacht, dass die Aktivlegitimation des Klägers im Zusammenhang mit der Finanzierung seeines Fahrzeugs nicht gegeben wäre. Erst auf die Einwendungen der Beklagtenseite im Prozess hat der Kläger eine Finanzierung bestätigt und eine ausreichende Ermächtigung nebst Vollmacht der finanzierenden Bank vorgelegt, um unter Berücksichtigung eines dort bestehenden Sicherungseigentums an fremdem Recht im Wege der Prozessstandschaft geltend zu machen.

Daraufhin hat die beklagte Haftpflichtversicherung die Klage sofort anerkannt und zugleich beantragt, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Über die verbleibende Differenz zur Schadenshöhe haben die Parteien sich ansonsten im Rahmen eines Vergleiches verständigt, bei dem auch eine Kostenaufhebung bezüglich der Vergleichsgebühr vereinbart worden ist. Über die Kosten des Rechtsstreits hat das LG Essen durch Beschluss entschieden, und zwar hat es die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu 73 % und den Beklagten zu 27 % auferlegt und das wie folgt begründet:

„Gemäß § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigem Sach- und Streitstand nach billigem Ermessen. Ausschlaggebend ist hierbei insbesondere der ohne Erledigung zu erwartende Verfahrensausgang, wobei lediglich eine summarische Prüfung der jeweiligen Erfolgsaussichten erfolgen kann.

Unter Berücksichtigung dessen entspricht die tenorierte Kostenfolge billigem Ermessen.

Da eine Terminsgebühr nicht angefallen ist und über die Kosten des Vergleichs, mithin die Vergleichsgebühr nicht mehr zu entscheiden war (s.o.), erübrigt sich insoweit eine Quotierung nach der Quotenmethode. Die Verfahrensgebühr und die Gerichtsgebühr fallen beide nach dem höheren Streitwert an.

1. In Bezug auf den Teil der Klageforderung, der im Vergleich geregelt wurde, gilt, dass die Kosten des Rechtsstreits hälftig zu teilen sind, weil der Ausgang des Rechtsstreits ohne Durchführung einer Beweisaufnahme offen ist. Die Angemessenheit der von der Klägerin geltend gemachten Schadensposten wäre durch ein Sachverständigengutachten aufzuklären gewesen.

2. Bezüglich des durch das Teil-Anerkenntnisurteil erledigten Teils der Forderung sind die Beklagten zwar unterlegen. Hier steht aber die Anwendung des § 93 ZPO im Raum, weil die Beklagten diesen Teil der Klageforderung nach Vorlage einer Vollmacht und Zustimmung der das klägerische Fahrzeug finanzierenden Bank vom 10.04.2025 durch die Klägerin, am 22.04.2025 anerkannte (Anlage K7, Bl.108 GA) . Insofern waren die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

Denn ein Beklagter darf sich einer zunächst unschlüssigen Klage widersetzen, ohne Kostenfolgen befürchten zu müssen. Erst wenn die Klage zulässig und schlüssig wird, trifft ihn eine Obliegenheit zu einem „sofortigen“ Anerkenntnis (OLG Hamm Beschl. v. 4.5.2017 – 22 U 137/16, BeckRS 2017, 116567 Rn. 3, beck-online). Auch die von der Klägerin – erst im Nachhinein – vorgetragene vorherige telefonische Ermächtigung vermag hieran nichts zu ändern.“

Weiteres privates Sachverständigengutachten?, oder: Vorsicht, wegen der Kostenerstattung

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Im zweiten Gebühren-/Kostenposting habe ich dann noch einmal eine Entscheidung zur Erstattung der Kosten für ein privates Sachverständigengutachten. Die Entscheidung ist aber nicht in einem Straf- oder Bußgeldverfahren ergangen, sondern in einem Verwaltungsprozess.

Der Beschluss kommt vom OVG Nordrhein-Westfalen. Das hat im OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 13.08.2025 – 20 E 126/21 – über die Beschwerde gegen einen Beschluss des VG Düsseldorf v. 21.12.2020 (17 K 1830/14), durch den die Erinnerung der Klägerin gegen die in einem Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erfolgte Absetzung von privaten Sachverständigenkosten, die der Klägerin nach eigenen Angaben im Zusammenhang mit einem verwaltungsgerichtlich Verfahren entstanden sein sollen, zurückgewiesen worden ist, entschieden.

Gegenstand des Hauptsacheverfahrens war eine von der Klägerin am 13.03.2014 erhobene Anfechtungsklage gegen eine von der Beklagten erlassene Ordnungsverfügung vom 12.02.2014. Darin war der Klägerin die Durchführung einer bodenschutzrechtlichen Detailuntersuchung unter näherer Bestimmung der Untersuchungsmodalitäten auferlegt worden. Der Ordnungsverfügung lag ein komplexer, mehrere Jahrzehnte zurückreichender Sachverhalt bezüglich eines Grundstücks der Klägerin zugrunde. Die Grundstücksfläche wurde vornehmlich als ober- und unterirdisches Großtanklager zur Lagerung und zum Umschlag von Mineralölen und Mineralölprodukten sowie deren Abfüllung genutzt und war mit den produkttypischen Rückständen (etwa MKW, PAK, BTEX) erheblich kontaminiert. Bereits mit Ordnungsverfügung vom 27.03.2006 war der Klägerin die Durchführung einer bodenschutzrechtlichen Detailuntersuchung aufgegeben worden. Die hiergegen erhobene Klage hatte in zweiter Instanz beim OVG wegen fehlerhafter Störerauswahl Erfolg. Die Beklagte hatte sich in den vorangegangenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zur Rechtfertigung ihrer Ordnungsverfügung maßgeblich auf die gutachterlichen Ergebnisse eines von ihr in Auftrag gegebenen Gutachtens über Boden- und Sickerwasseruntersuchungen auf dem betroffenen Grundstück eines Sachverständigenbüros C1. /L. vom 31.07.2002, eines im zwischen der Klägerin und dem früheren Grundstückseigentümer vor dem Landgericht X.  geführten selbstständigen Beweisverfahren gerichtsseitig eingeholten Gutachtens des Dipl. Ing. N., des die Grundwasserströmungsverhältnisse des Nachbargrundstücks betreffenden Gutachtens G. sowie auf mehrere fachliche Stellungnahmen des Prof. E. Die Klägerin war den von der Beklagten eingeholten Gutachten ihrerseits im vorangegangenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sachverständig durch mehrere Stellungnahmen der H entgegengetreten. Darüber hinaus berief auch sie sich auf das Gutachten N.

Zur Begründung der im Hauptsacheverfahren streitigen Ordnungsverfügung hat die Beklagte erneut auf die bereits im vorangegangenen Verfahren eingeholten Gutachten verwiesen und darüber hinaus vor Erlass der Ordnungsverfügung eine weitere Stellungnahme E.  und im laufenden Gerichtsverfahren eine erneute Stellungnahme E. eingeholt. Die Klägerin gab wiederum ihrerseits im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren mehrere weitere Stellungnahmen der B. in Auftrag. Zudem ließ sie von der B. ein Alternativkonzept erstellen.

Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag hat die Klägerin zunächst u.a. die Erstattung der zur Erstellung der Stellungnahmen B.  und des Alternativkonzeptes angefallenen Kosten in Höhe von insgesamt 35.484,00 EUR verlangt. Im laufenden Kostenfestsetzungsverfahren reduzierte sie diese Summe hinsichtlich derjenigen Gutachterleistungen, die erst nach dem vom Gericht durchgeführten Erörterungstermin, der zur vergleichsweisen Erledigung des Hauptsacheverfahrens geführt hatte, angefallen waren. Die danach noch zur Festsetzung beanspruchte Kostenerstattung in Höhe von 17.725,75 EUR hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle abgelehnt. Die dagegen gerichtete Erinnerung hatte beim VG keinen Erfolg (vgl. dazu VG Düsseldorf, Beschl. v. 21.12.2020 – 17 K 1830/14).

Die dagegen gerichtet Beschwerde hat das OVG zurückgewiesen:

„Die von der Klägerin aufgewendeten Kosten für private Gutachten in Höhe von insgesamt 35.451,50 Euro sind nicht erstattungsfähig, weil sie nicht im Sinn von § 162 Abs. 1 VwGO zur Rechtsverfolgung notwendig waren.

Wie das Verwaltungsgericht bereits ausgeführt hat, ist die Einholung eines Privatgutachtens durch einen Beteiligten nur ausnahmsweise dann als notwendig anzuerkennen, wenn er mangels genügender eigener Sachkunde die sein Begehren tragenden Behauptungen allein durch Inanspruchnahme sachverständiger Unterstützung darlegen oder unter Beweis stellen könnte. Maßgeblich ist, wie ein verständiger Beteiligter, der bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, in gleicher Lage seine Interessen wahrgenommen hätte. Die Prozesssituation muss das Gutachten herausfordern und dessen Inhalt muss auf die Verfahrensförderung zugeschnitten sein. Wer auf die Hinzuziehung externen Sachverstands angewiesen ist, um fachspezifischen Aussagen der Behörde substantiiert entgegentreten zu können, hat einen Anspruch auf Erstattung der notwendig angefallenen privaten Gutachterkosten, ohne dass es darauf ankommt, ob sich das Gericht bei seiner Entscheidung auf das Privatgutachten stützt oder die Klage aus anderen Gründen Erfolg hat.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. September 2020 – 9 KSt 3.20 -, juris, Rn. 11; VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Dezember 2020 – 17 K 1830/14 -, juris, Rn. 11 ff., m. w. N.

Wie das Verwaltungsgericht ebenfalls bereits im Einzelnen ausgeführt hat, war die Einholung der Gutachten vorliegend nicht erforderlich, weil schon im vorangegangenen Gerichtsverfahren verschiedene Gutachten und Stellungnahmen eingeholt worden waren, auf die die Klägerin zur Substantiierung ihres Klagevorbringens zurückgreifen konnte. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen, die durch das Beschwerdevorbringen nicht in Frage gestellt werden.

Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Dezember 2020 – 17 K 1830/14 -, juris, Rn. 28 ff., 41 ff., 49 ff., 58 ff., 74.

Insbesondere stellt die Klägerin nicht in Frage, dass sich die früheren Gutachten bereits umfangreich zu den Risiken einer Grundwassermessstelle im Schadenszentrum verhielten. Sie bestätigt vielmehr, dass die früheren Gutachter diese Gefahrenlage in ihren fachlichen Stellungnahmen nachdrücklich beschrieben hatten. Inwieweit vor diesem Hintergrund die neuen Gutachten zur Substantiierung ihres Klagevortrags erforderlich gewesen sein sollen, legt die Klägerin nicht dar. Soweit sie darauf verweist, dass die neuen Gutachten ein Alternativkonzept erläutern, das als Austauschmittel im Sinn von § 21 Satz 2 OBG NRW anzusehen ist, hat das Verwaltungsgericht ebenfalls bereits zutreffend ausgeführt, dass das Angebot eines Austauschmittels für den Erfolg der Anfechtungsklage nicht erforderlich ist.

Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Dezember 2020 – 17 K 1830/14 -, juris, Rn. 20.

Vielmehr wird die Verhältnismäßigkeit des Vorgehens einer Behörde, das sich daran ausgerichtet hat, einer Störungslage effektiv entgegenzuwirken, durch das Angebot eines Austauschmittels, dessen Geeignetheit in einem weiteren, gesonderten Verfahren durch die Behörde zu prüfen ist, nicht in Zweifel gezogen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. April 2025 – 7 A 297/24 -, juris, Rn. 7, vom 31. August 2020 – 21 A 3729/19 -, juris, Rn. 52, und vom 7. August 2014 – 8 A 2577/12 -, juris, Rn. 19.

Das Angebot eines Austauschmittels mag daher auf die Verfahrensförderung zugeschnitten sein, weil es zur unstreitigen Erledigung des Rechtsstreits beiträgt. Es ist aber nicht zur Rechtsverfolgung erforderlich, wenn – wie hier – die fachlichen Angriffspunkte gegen die angefochtene Ordnungsverfügung bereits durch frühere Gutachten substantiiert sind.

Entgegen dem Einwand der Klägerin war die Einholung weiterer Gutachten hier auch nicht deshalb erforderlich, weil die Beklagte die hinreichende Qualifikation der früheren Gutachter bezweifelt hatte.

….“

Ich halte die Entscheidung und den ihr zugrunde liegenden Beschluss des VG Düsseldorf v. 21.12.2020 für grundsätzlich zutreffend. Nach dem in beiden Entscheidungen mitgeteilten Sachverhalten lagen hier in der Tat wohl genügend Sachverständigengutachten vor, mit denen man die (erneute) Klage substantiieren konnte. Der streitige Sachverhalt hatte sich ja im Grundsatz nicht geändert. Da hätte es in der Tat gereicht, zunächst mal auf die alten/früheren Sachverständigengutachten zurückzugreifen und zu warten, ob das Gericht ggf. Maßnahmen nach den §§ 86 ff. VwGO ergreift und dann „nach zu legen“.

Alles in allem kann man nur zur Vorsicht mahnen, wenn es um die Einholung privater Sachverständigengutachten und die ggf. spätere Kostenerstattung geht. Damit tun sich die Gerichte ja nicht nur in Verwaltungsverfahren schwer, sondern auch in Straf- und/oder Bußgeldverfahren (vgl. dazu mein Beitrag in AGS 2023, 193 m.w.N.,

Überprüfung/Verhältnismäßigkeit des Kostenansatzes, oder: Übermäßige Belastung druch Verfahrenskosten?

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Und dann geht es heute am Feiertag „ums Geld“, also gebühren- und kostenrechtliche Entscheidungen.

Ich eröffne mit dem LG Düsseldorf, Beschl. v. 08.09.2025 – 007 Ks-50 Js 367/20-1/20. Er  behandelt die Überprüfung und Verhältnismäßigkeit eines Kostenansatzes. Den Beschluss hatte neulich der Kollege, der ihn erstritten hat, in der Verteidigergruppe bei FB gepostet und auf meine Bitten mir dann zur Verfügung gestellt.

Folgender Sachverhalt: Der Verurteilte ist vom LG wegen unterlassener Hilfeleistung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 10,00 EUR (Gesamtsumme: 500,00 EUR) verurteilt worden. In den Urteilsgründen hat die Strafkammer ausgeführt, dass sich die Tagessatzhöhe an den Einkommensverhältnissen des zu dem Zeitpunkt der Hauptverhandlung arbeitslosen Angeklagten orientiere. In den Erwägungen zur Bemessung der tat- und schuldangemessenen Strafe ist die Belastung des Verurteilten mit den Kosten des Verfahrens nicht genannt worden.

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat den Verurteilten dann zunächst zur Zahlung der Geldstrafe in Höhe von insgesamt 500,00 EUR aufgefordert, die diese vollständig gezahlt hat. Später hat die Staatsanwaltschaft dann den Verurteilten noch sodann zur Zahlung von Verfahrenskosten in Höhe von 45.829,10 EUR aufgefordert. Weiter wurde ihm in der Kostenrechnung mitgeteilt, dass er gesamtschuldnerisch für weitere anteilige Kosten in Höhe von 34.264,80 EUR hafte, ihm diese jedoch widerruflich gestundet würden.

Gegen den dieser Rechnung zugrundeliegenden Kostenansatz der Staatsanwaltschaft hat der Verurteilte Erinnerung eingelegt. Mit seiner Erinnerung begehrt er die vollständige Niederschlagung der ihm auferlegten Gerichtskosten. Er wendet im Wesentlichen ein, dass der Kostenansatz gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit verstoße. Insbesondere lasse der Kostenansatz unberücksichtigt, dass er die ihm auferlegte Geldstrafe in Höhe von 500,00 EUR erheblich übersteige. Nach der daraufhin durchgeführten Überprüfung der Kostenrechnung hat die Staatsanwaltschaft ihre Rechnung korrigiert. Nach dieser Rechnung beträgt die Gesamtzahlungsverpflichtung des Verurteilten (einschließlich der Geldstrafe in Höhe von 500,00 EUR) nunmehr 27.787,87 EUR. Abzüglich der bereits gezahlten 500,00 EUR verblieb damit ein Rechnungsbetrag von 27.287,87 EUR. Daneben wurde dem Verurteilten mitgeteilt, dass er gesamtschuldnerisch für weitere anteilige Kosten in Höhe von 8.878,87 EUR hafte, ihm diese jedoch widerruflich gestundet würden. Eine weitergehende Abhilfe erfolgte nicht.

Die Erinnerung des Verurteilten hatte beim LG teilweise Erfolg. Das LG hat den Rechnungsbetrag der Kostenrechnung unter Berücksichtigung der bereits getilgten 500,00 EUR auf noch zu zahlende 2.700,00 EUR festgesetzt. Zur Begründung führt es aus:

„Die gemäß § 66 Abs. 1 GKG statthafte und auch im Übrigen zulässige Erinnerung des Verurteilten gegen den Kostenansatz der Staatsanwaltschaft in der Fassung der Kostenrechnung vom 13. März 2025 ist teilweise begründet.

Grundsätzlich gilt, dass Gegenstand des Erinnerungsverfahrens nur der Kostenansatz und die Überprüfung kostenrechtlicher Fragen ist (VG Saarlouis, BeckRS 2019, 2328 Rn. 14). Da die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Prozessbeteiligten kein Kriterium im Rahmen des Kostenansatzes darstellt, ist sie im Rahmen der Erinnerung grundsätzlich ohne Bedeutung (VG Saarlouis, BeckRS 2019, 2328 Rn. 17 m.w.N.). Insbesondere besteht kein subjektiv-öffentliches Recht des Kostenschuldners darauf, dass der Kostenbeamte nach der nur im Innenverhältnis des Landes und des Kostenbeamten geltenden Regelung des § 10 KostVfG vom Ansatz der Kosten absieht (VG Saarlouis, BeckRS 2019, 2328 Rn. 18).

Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass ein Kostenansatz gegen den aus Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, wenn im Einzelfall die Höhe der Kosten und Auslagen außer Verhältnis zur verhängten Strafe einschließlich Geldauflagen im Rahmen eines Bewährungsbeschlusses steht, sodass sich die Auferlegung der Kosten mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verurteilten als übermäßige Belastung erweist (BVerfG, BeckRS 2020, 38731 Rn. 34-36). Bereits auf Ebene der Strafzumessung bzw. Bemessung der Höhe einer Geldauflage bestehe die allgemeine Verpflichtung der Gerichte, die Verhältnismäßigkeit von Zahlungspflichten in den Blick zu nehmen und auch mögliche außergewöhnliche Kostenbelastungen zu berücksichtigen, die außer Verhältnis zur verhängten Strafe stehen könnten (BVerfG, BeckRS 2020, 38731 Rn. 38, 40). Sind entsprechende gerichtliche Erwägungen nicht erkennbar dokumentiert, sind sie nach dem Bundesverfassungsgericht im Rahmen des Kostenansatzes bzw. im Rahmen der den Kostenansatz überprüfenden gerichtlichen Entscheidungen vorzunehmen (BVerfG, BeckRS 2020, 38731 Rn. 41).

Da die Belastung des Verurteilten mit den Verfahrenskosten im Rahmen der Strafzumessung nicht dokumentiert war, hatte die Kammer im vorliegenden Fall zu prüfen, ob die aus dem Kostenansatz resultierende tatsächliche, d.h. vor allem wirtschaftliche Belastung des Verurteilten außer Verhältnis zu der verhängten Strafe steht. Im Ergebnis ist dies der Fall, soweit ein Betrag von 2.700,00 EUR überschritten wird.

Die verhängte Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 10,00 EUR (Gesamt 500,00 EUR) steht hier den Verfahrenskosten in Höhe von 27.287,87 EUR gegenüber. Keine Berücksichtigung konnte insoweit die gesamtschuldnerische Haftung des Verurteilten für Kosten in Höhe von 8.878,87 EUR finden, da die Zahlung dieser Kosten widerruflich gestundet war und insofern derzeit von vornherein keine tatsächliche Belastung für den Verurteilten darstellt.

Eine unverhältnismäßige Belastung des Verurteilten durch Zahlung der tatsächlich verlangten Kosten in Höhe von 27.287,87 EUR war nicht bereits deshalb gegeben, weil die Verfahrenskosten die Geldstrafe in Höhe von 500,00 EUR um mehr als das 54-fache übersteigen. Denn dies würde auf einen rein formalen Vergleich der Summen hinauslaufen. Entscheidend für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Kostenansatzes ist, wie sich die Kostentragung der 27.287,87 EUR für den Verurteilten auswirkt und wie diese Auswirkung im Verhältnis zu der Auswirkung der Strafe zu bewerten ist.

Bei der Frage nach den tatsächlichen Auswirkungen ist die wirtschaftliche Situation des Verurteilten in den Blick zu nehmen. Er trägt unter Vorlage entsprechender Nachweise vor, dass er Arbeitslosengeld in Höhe von 1.091,10 EUR monatlich bezieht. Dieser monatlichen Einnahme stehen feste monatliche Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 364,52 EUR gegenüber, die sich aus einer Verpflichtung zur Mietzinszahlung in Höhe von 347,00 EUR und einer Beitragszahlung zu einer Rechtsschutzversicherung in Höhe von 17,52 EUR zusammensetzen. Damit stehen dem Verurteilten 726,58 EUR monatlich zur freien Verfügung. Daneben verfügt der Verurteilte über kein nennenswertes Vermögen, sein Kontostand beträgt 150,44 EUR.

Angesichts dieser wirtschaftlichen Lage des Verurteilten erweist sich die Auferlegung der verlangten Kosten in Ansehung der verhängten Strafe und Geldauflage als unverhältnismäßig, soweit sie einen Betrag von 2.700 EUR übersteigt.“

Bei Ansatz einer als zumutbar erachteten monatlichen Tilgungsrate in Höhe von 150,00 EUR würde der Angeklagte mehr als 181 Monate und damit mehr als 15 Jahre benötigen, um die Kostenrechnung vom 13. März 2025 in Höhe von 27.287,87 EUR zu begleichen. Vor diesem Hintergrund würde der Verurteilte mit der Kostentragung in einer Weise belastet, die weit über die Belastung durch die von der Kammer verhängte Geldstrafe in Höhe von insgesamt 500,00 EUR hinausgeht.

Eine noch verhältnismäßige Belastung des Verurteilten sieht die Kammer als noch gegeben, wenn der Kostenansatz auf insgesamt 2.700 EUR reduziert wird. Die bei Ansatz einer monatlich zumutbaren Rate von 150,00 EUR zu leistenden Zahlungen würden sich über 18 Monate und somit einen relativ überschaubaren Zeitraum erstrecken.

Unter den vorgenannten Bedingungen ist auch der aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG folgende Anspruch des Verurteilten auf Resozialisierung nicht verletzt. Denn ein solcher kommt nur bei Auferlegung solcher Verfahrenskosten in Betracht, deren Befriedigung weder durch das vorhandene Vermögen noch durch die derzeitigen oder zukünftigen Einkünfte — ggf. auch ratenweise — in absehbarer Zeit zu erwarten ist und hierdurch die Wiedereingliederung in die Gesellschaft erschwert wird (BVerfG, BeckRS 2020, 38731 Rn. 46). Wie zuvor dargelegt, lassen die monatlichen Einkünfte des Verurteilten die Befriedigung der auf 2.700,00 EUR reduzierten Verfahrenskosten innerhalb von 18 Monaten und somit innerhalb absehbarer Zeit erwarten.“

Anzumerken ist: Das LG Düsseldorf setzt konsequent den BVerfG, Beschl. v. 28.12.2020 – 2 BvR 211/19 – um. In dem Beschluss hatte das BVerfG den Beschluss einer anderen Kammer des LG Düsseldorf wegen unverhältnismäßiger Belastung durch einen Kostenansatz aufgehoben.

Daraus hat das LG nun gelernt, indem es den Kostenansatz der Staatskasse auf rund 2.700 EUR reduziert. Auch das entspricht den Vorgaben des BVerfG, das gefordert hatte, ggf. bei Geldstrafen gem. § 459d Abs. 2 StPO, im Jugendstrafverfahren gem. §§ 74, 109 Abs. 2 S. 1 JGG, allgemein gem. § 10 KostVfG sowie ggfs. gem. entsprechender landesrechtlicher Vorschriften von der Kostenauferlegung oder -beitreibung abzusehen. Dabei muss man hier m.E. nicht darum streiten, dass angesichts der im Beschluss dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse des Verurteilten die mit dem Kostenansatz geforderte Summe von rund 28.000 EUR außer Verhältnis zur verhängten Strafe von 500 EUR steht. Angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse wird man auch den Betrag von 150 EUR, den der Verurteilte nach Auffassung des LG monatlich (ab)tragen kann, nicht beanstanden können. Fraglich ist dann allerdings, wie lange man die „Abtragungsfrist bemisst. Das LG ist hier von einem Zeitraum von 18 Monaten ausgegangen.

Damit liegt es m.E. in dem vom BVerfG vorgegebenen Rahmen, der nur an den jeweiligen Umständen des Einzelfalls gemessen werden kann. Dort hatten die Verfahrenskosten 30.781 EUR betragen bei einer vom Verurteilten bereits erfüllten Geldauflage in Höhe von 23.400 EUR, die in 23.400 Euro in 36 Monatsraten zu je 650 EUR gezahlt werden konnten. Das bedeutete 36 Monatsraten zu je 650 EUR und bei den den wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechenden Ratenhöhe von ebenfalls 650 EUR monatlicher Abtrag auf die Verfahrenskosten weitere 48 Monatsraten und somit Zahlungsverpflichtungen für insgesamt sieben Jahre – und damit weit länger als die Bewährungszeit von drei Jahren. In vergleichbaren Fällen wird man also eine ggf. verhängte Geldstrafe oder eine Bewährungsauflage, die zugrunde liegenden wirtschaftlichen Verhältnisse, eine ggf. gewährte Ratenzahlung und die ggf. festgesetzte Bewährungszeit ins Verhältnis zur Gesamtbelastungsdauer setzen müssen, um festzustellen, ob eine übermäßige Belastung des Verurteilten vorliegt. Ist das der Fall oder erscheint es möglich, kann sich, wie die Entscheidung des LG Düsseldorf zeigt, die – im Übrigen ja kostenfreie – Erinnerung gem. § 66 Abs. 1 GKG gegen einen unverhältnismäßigen Kostenansatz „lohnen“.

Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren, oder: Getrennte Beurteilung von Rechtsmitteln

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Und dann kommt als zweite Entscheidung betreffend Kostenentscheidungen der BayObLG, Beschl. v. 27.03.2025 -203 StRR 80/25 – zur Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren.

Das AG hatte den Angeklagten am 13.03.2023 wegen Nötigung und Beleidigung u.a. zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 60.- EUR verurteilt. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hatte das LG mit Urteil vom 22.02.2024 das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den Angeklagten wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und Beleidigung zu einer Gesamtgeldstrafe von 105 Tagessätzen zu je 60.- EUR verurteilt und die Berufung des Angeklagten als unbegründet verworfen. Auf die Revision des Angeklagten hat das BayObLG mit Beschluss vom 22.07.2024 das Urteil des LG vom 22.02.2024 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Nötigung und der Beleidigung schuldig ist, im Ausspruch über die wegen der Straßenverkehrsgefährdung verhängte Einzelstrafe, über die Maßregel und über die Gesamtgeldstrafe nebst Bewilligung der Ratenzahlung bei Aufrechterhaltung der Feststellungen aufgehoben, im Ausspruch über die wegen Beleidigung verhängte Geldstrafe von 40 Tagessätzen mit der Tagessatzhöhe von 60.- EUR ergänzt und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des LG zurückverwiesen.

Mit Urteil v. 07.10.2024 hat das LG „auf die Berufung der Staatsanwaltschaft“ das Urteil des Amtsgerichts dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wegen Nötigung und Beleidigung zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 75.00 EUR verurteilt werde. Mit dem Fahrverbot von 3 Monaten und der Ratenzahlung habe es sein Bewenden. Die Berufung des Angeklagten hat es als unbegründet zurückgewiesen, der Angeklagte habe die Kosten und die notwendigen Auslagen zu tragen.

Dagegen hat der Angeklagte erneut Revision eingelegt, die teilweise begründet war. Dazu das BayObLG:

„1. Der Schuldspruch und der Ausspruch der wegen Beleidigung verhängten Einzelstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen zu je 60,00 Euro sind mit dem Beschluss des Senats vom 22. Juli 2024 in Rechtskraft erwachsen. Bei der Festsetzung der Tagessatzhöhe durch den Senat handelt es sich entgegen der Annahme des Landgerichts und der Generalstaatsanwaltschaft nicht um einen unverbindlichen Vorschlag, der vom Landgericht nach der teilweisen Zurückverweisung der Sache modifiziert werden konnte. Das angefochtene Urteil bedarf daher dahingehend der Korrektur, dass der Angeklagte wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 60.00 Euro verurteilt worden ist.

2. Das Landgericht hat in seinem Urteil vom 7. Oktober 2024 verkannt, dass die weitergehende Berufung der Staatsanwaltschaft bereits in dem Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 22. Februar 2024 nach dem Ablauf der Anfechtungsfrist rechtskräftig verworfen worden war und über die Berufung des Angeklagten nur noch partiell zu entscheiden war. Insoweit bedarf der Tenor des angefochtenen Urteils der Korrektur.

3. Auch der weitere Rechtsfolgenausspruch weist einen Fehler auf. Bereits bei der nach der Zurückverweisung der Sache neu festzusetzenden Einzelstrafe wegen Nötigung hat das Landgericht – erneut – übergangen, dass der Tatrichter bei einem Ausspruch einer Einzelstrafe nicht nur die Tagessatzanzahl, sondern stets auch die Tagessatzhöhe festzusetzen hat. Der Senat setzt, nachdem auch der Gesamtstrafenausspruch der Korrektur bedarf, die Tagessatzhöhe der wegen Nötigung verhängten Einzelstrafe von 70 Tagessätzen auf 60.00 Euro fest.

4. Schließlich ist auch der Ausspruch über die Gesamtgeldstrafe nicht rechtsfehlerfrei ergangen. Das Landgericht hat, wie oben dargelegt, den Umfang der Rechtskraft verkannt…..“

5. Der Senat sieht trotz der aufgezeigten Rechtsfehler zur Vermeidung einer weiteren der Justiz anzulastenden Verzögerung von einer Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz ab und ändert die Tagessatzhöhe entsprechend § 354 Abs. 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 8. April 2014 – 1 StR 126/14 –, juris Rn. 9; OLG Koblenz, Beschluss vom 13. Juni 2023 – 5 ORs 4 Ss 23/23 –, juris; KG Berlin, Beschluss vom 3. Juli 2016 – (5) 121 Ss 92/16 (26/16) –, juris Rn. 5) dahin ab, dass diese auch bei der Gesamtgeldstrafe auf den Betrag von 60,00 Euro festgesetzt wird. Diese Festsetzung ist dem Senat aufgrund der im Urteil mitgeteilten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten und der durch das Verschlechterungsverbot vorgegebenen Höchstgrenze zweifelsfrei möglich.

6. Im Übrigen ist die Revision – dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft entsprechend – gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsbegründung insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat. Dass das Landgericht es auch versäumt hat, einen möglichen Entzug der Fahrerlaubnis zu prüfen (vgl. etwa KG Berlin, Urteil vom 18. Januar 2022 – (3) 121 Ss 138/21 (59 – 60/21) –, juris Rn. 29, 30 zum Entzug der Fahrerlaubnis nach einer Nötigung im Straßenverkehr; Fischer, StGB, 72. Aufl., § 69 Rn. 38), belastet den Angeklagten nicht.“

Das war vorab mitzuteilen, um die Kostenentscheidung zu verstehen. Die lautete:

„Der Angeklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Kosten der Revision trägt ebenfalls der Angeklagte. Allerdings werden die Gebühren im Revisionsverfahren um ein Fünftel herabgesetzt. In diesem Umfang trägt die Staatskasse auch die in der Revisionsinstanz entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten.“

Und begründet hat das BayObLG die wie folgt:

„7. Der Ausspruch zu den Kosten und Auslagen folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 StPO und berücksichtigt das Versagen der Berufung und den teilweisen Erfolg des Angeklagten in der Revision. Der Erfolg eines Rechtsmittels wird grundsätzlich ermittelt durch einen Vergleich der angefochtenen Entscheidung und des Anfechtungsziels einerseits und den mit Hilfe des Rechtsmittels schließlich erreichten Ergebnissen andererseits (Kurtze in Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 473 Rn. 22). Im Falle der Zurückverweisung bemisst sich der Erfolg eines Rechtsmittels nach der abschließenden Sachentscheidung (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Dezember 1988 – 4 StR 569/88 –, juris Rn. 3). Mit seiner Berufung hatte der Angeklagte ausgehend von dem Urteil des Amtsgerichts vom 13. März 2023 letztlich keinen Erfolg. Etwas anderes gilt jedoch für das Revisionsverfahren. Entgegen der Rechtsansicht des Landgerichts ist für den Kostenausspruch jedes Rechtsmittel getrennt nach dem jeweiligen Bezugspunkt der Anfechtung zu beurteilen. Im Instanzenzug maßgeblich ist nach § 473 Abs. 4 StPO nach einer Zurückverweisung an das Landgericht nicht die abschließende Sachentscheidung verglichen mit dem Ausgangsurteil des Amtsgerichts, sondern die abschließende Sachentscheidung verglichen mit dem in der Revision angefochtenen Urteil des Landgerichts (zur Kostenentscheidung bei einem Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot vgl. etwa OLG Koblenz, Beschluss vom 13. Juni 2023 – 5 ORs 4 Ss 23/23 –, juris; Senat, Beschluss vom 6. September 2023 – 203 StRR 342/23 –, juris). Da die Revision des Angeklagten mit Blick auf das Erkenntnis des Landgerichts vom 22. Februar 2024 (vgl. zum Bezugspunkt bei einer Revision nach Zurückverweisung auch BGH, Beschluss vom 20. Januar 1987 – 1 StR 687/86 –, juris) zum Teil erfolgreich war, hindert der Umstand, dass der Angeklagte sein Rechtsmittel innerhalb der Einlegungsfrist ohne nähere Begründung zunächst nur als Revision bezeichnet hat (vgl. dazu Kurtze a.a.O. § 464 Rn. 44), den Senat nicht an einer entsprechenden Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 1972 – 2 StR 29/72-, BGHSt 25, 77-81, juris Rn. 7). Die – unzulässige – Kostenbeschwerde ist mit der Kostenentscheidung des Senats prozessual überholt.“

Kostenentscheidung zu Lasten eines Beistandes, oder: Rechtsmittel im Auftrag und mit Willen des Mandanten

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Heute ist Freitag und damit Gebühren- oder Kostentag. Und zu der Thematik gibt es heute dann zwei Entscheidungen, die sich mit Kostenentscheidungen befassen.

Ich beginne mit dem BVerfG, Beschl. v. 24.07.2025 – 2 BvR 424/24. Das hat sich mit einer zu Lasten eines Beistands ergangenen Kostenentscheidung befasst.

Die Staatsanwaltschaft hat gegen zwei Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Urkundenfälschung geführt. Mit Schreiben vom 30.04.2022 beantragte der Geschädigte die gerichtliche Genehmigung des Beschwerdeführers als seinen Verletztenbeistand. Dies wurde vom AG gemäß § 406f Abs. 1 i.V.m. mit § 138 StPO genehmigt. Dies begründete es damit, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um einen Studenten der Rechtswissenschaften, der als Familienangehöriger des Geschädigten dessen Vertrauen genieße. Im Hinblick auf den Gegenstand des Verfahrens und die Aufgaben des Verletztenbeistands sei das Tätigwerden eines Familienangehörigen, der über Rechtskenntnisse verfüge, mit den Belangen der Rechtspflege vereinbar.

Mit Verfügung vom 16.5.2023 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen beide Beschuldigte gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Gegen diese Entscheidung legte der Beistand mit Schreiben vom 12.06.2023 „namens und in Vollmacht des Geschädigten“ Beschwerde ein und beantragte die Gewährung von Akteneinsicht durch Übersendung der Papierakten an seine Wohnanschrift. Nachdem die Staatsanwaltschaft die beantragte Akteneinsicht abgelehnt und darauf hingewiesen hatte, dass jedoch dem Geschädigten Akteneinsicht in den Räumlichkeiten der Staatsanwaltschaft gewährt werden könne, beantragte der Beistand mit Schreiben vom 23.06.2023 eine gerichtliche Entscheidung im Hinblick auf sein Akteneinsichtsgesuch.

Das AG bestätigte daraufhin mit Beschluss vom 21.07.2023 die Entscheidung der Staatsanwaltschaft. Die Kosten des Verfahrens legte das AG dem Beistand auf. Zur Begründung führte es u.a. aus, dass eine Genehmigung gemäß § 138 StPO nicht dazu führe, dass der Beistand einem Rechtsanwalt gleichzustellen wäre.

Dagegen erhob der Beistand „namens und in Vollmacht für den Geschädigten“ Beschwerde. Das LG hat dann „auf die Beschwerde des Verletztenbeistands […] vom 31.07.2023“, die Beschwerde auf Kosten des Beistands als unbegründet verworfen. Dagegen hat der Beistand Verfassungsbeschwerde eingelegt. Er meint, die Entscheidung des LG, ihm die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, sei willkürlich und verletzte ihn in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Das BVerfG führt zur Begründetheit aus:

„2. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Die angegriffene Entscheidung verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot, soweit das Landgericht dem Beschwerdeführer die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels auferlegt hat.

a) Die Auslegung des Gesetzes und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür zuständigen Gerichte und daher der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen; ein verfassungsrechtliches Eingreifen gegenüber den Entscheidungen der Fachgerichte kommt unter dem hier gerügten Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Bedeutung als Willkürverbot nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht (vgl. BVerfGE 74, 102 <127>; stRspr). Ein Richterspruch verstößt nicht schon dann gegen das Verbot objektiver Willkür, wenn die angegriffene Rechtsanwendung oder das dazu eingeschlagene Verfahren fehlerhaft sind. Hinzukommen muss, dass Rechtsanwendung oder Verfahren unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 80, 48 <51>), etwa wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>; 112, 185 <216>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. September 2024 – 2 BvR 375/24 -, Rn. 15).

b) Nach diesem Maßstab verletzt der angegriffene Beschluss den Beschwerdeführer hinsichtlich der Kostentragung in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.

aa) Ziel der Erhebung von Gebühren und Auslagen ist die zutreffende Zuordnung der Kosten nach dem Veranlassungsprinzip und die Entlastung des Justizhaushalts von Kosten, die andernfalls von der Allgemeinheit zu tragen wären (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Juni 2006 – 2 BvR 1596/01 -, Rn. 29 m.w.N.). Das Mittel liegt im öffentlichen Interesse und ist verfassungslegitim (vgl. BVerfGE 10, 264 <268>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Juni 2006 – 2 BvR 1596/01 -, Rn. 29). Auch dem geltenden strafprozessualen Kostenrecht liegt das Veranlassungsprinzip zugrunde, das in manchen Regelungen ergänzt wird durch den Verschuldensgrundsatz, in anderen durch den Billigkeitsgrundsatz (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. August 1994 – 2 BvR 902/94 -, juris, Rn. 41; Schmitt, in: Schmitt/Köhler, StPO, 68. Aufl. 2025, vor § 464 Rn. 3). Bei der hier gegenständlichen Kostenzuordnung gemäß § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO gilt ausschließlich das Veranlassungsprinzip (vgl. Gieg, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 9. Aufl. 2023, § 473 Rn. 3; Maier, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2. Aufl. 2024, § 473 Rn. 25).

Kostenp?ichtig ist daher gemäß § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO grundsätzlich auch, wer ein Rechtsmittel für einen anderen ohne Vertretungsmacht eingelegt hat (vgl. Gieg, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 9. Aufl. 2023, § 473 Rn. 2; Maier, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2. Aufl. 2024, § 473 Rn. 43; Steinberger-Fraunhofer, in: SSW-StPO, 6. Aufl. 2025, § 473 Rn. 3). Dies gilt für den vollmachtlosen Verteidiger (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2024 – 6 StR 516/24 -, juris, Rn. 3), aber auch für den Verteidiger, der das Rechtsmittel gegen den Willen des Beschuldigten eingelegt oder weiterverfolgt hat (vgl. Thüringer OLG, Beschluss vom 29. Mai 2017 – 1 Ws 134/17 -, juris, Rn. 15; Maier, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2. Aufl. 2024, § 473 Rn. 43; Niesler, in: BeckOK StPO, § 473 Rn. 2 <Juli 2025>; Schmitt, in: Schmitt/Köhler, StPO, 68. Aufl. 2025, § 473 Rn. 8), wenn der Beschuldigte der Einlegung des Rechtsmittels widersprochen oder seinen entgegenstehenden Willen zu erkennen gegeben hat (vgl. Thüringer OLG, Beschluss vom 29. Mai 2017 – 1 Ws 134/17 -, juris, Rn. 15; S. Hohmann, in: Radtke/Hohmann, StPO, 2. Aufl. 2025, § 473 Rn. 6). Nach teilweise vertretener Ansicht kommt eine Kostentragungspflicht des das Rechtsmittel im fremden Namen einlegenden Vertreters nach § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO dabei schon dann in Betracht, wenn er damit eine ihm erteilte Vollmacht überschritten hat (vgl. Maier, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2. Aufl. 2024, § 473 Rn. 46).

bb) Eine solche Fallgestaltung liegt im Streitfall nicht vor. Der Beschwerdeführer hat die Beschwerde gegen die versagte Akteneinsicht ausdrücklich namens und in Vollmacht des Geschädigten erhoben. Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der Vollmacht oder eine Vollmachtsüberschreitung bestehen nicht. Somit war das von dem Verletztenbeistand eingelegte Rechtsmittel nach allgemeiner Ansicht – ähnlich wie im Falle des Verteidigers nach § 297 StPO – auch im Hinblick auf die Kostenentscheidung zwingend als ein Rechtsmittel des Geschädigten selbst zu behandeln (vgl. etwa Kurtze, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl. 2024, § 473 Rn. 11). Für eine Kostenauferlegung zu Lasten des Beschwerdeführers verblieb kein Raum. Die gegenteilige, nicht näher begründete Auffassung des Landgerichts ist unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar.

cc) Dass das Landgericht ausweislich des Eingangssatzes zur Beschlussformel „auf die Beschwerde des Verletztenbeistands“ entschieden hat, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Diese Formulierung steht bereits im Widerspruch zu der weiteren Aussage im angegriffenen Beschluss, der Beschwerdeführer habe die Beschwerde „namens und in Vollmacht“ des Geschädigten erhoben. Schließlich verbleibt bei der Ermittlung des Kostenschuldners im Sinne des § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO auch für die Berücksichtigung materieller Gesichtspunkte – wie hier etwa des Umfangs des Akteneinsichtsrechts eines nichtanwaltlichen Verletztenbeistands – kein Raum.“

Die Entscheidung ist zutreffend. Die Entscheidung des LG ist/war nicht nachvollziehbar. Denn der Beistand hatte die Beschwerde gegen die versagte Akteneinsicht ausdrücklich namens und in Vollmacht des von ihm vertretenen Geschädigten erhoben. Wie man dann, wenn keine Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der Vollmacht oder eine Vollmachtsüberschreitung gegeben sind, auf die Idee kommen kann, es handele sich nicht um ein Rechtsmittel des Geschädigten sondern um eins des Beistands, erschließt sich nicht. Damit war aber nach § 297 StPO die Kostenentscheidung zwingend zu Lasten des Geschädigten zu treffen.