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OWi III: Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde, oder: Zusammenrechnung mehrerer Geldbußen?

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Und last but not least der OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.01.2025 – 1 ORbs 289/24 – zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde bei mehreren Geldbußen.

Der Betroffene ist vom AG wegen Benutzens eines elektronischen Geräts als Fahrzeugführer, wobei das Mobiltelefon in der Hand gehalten wurde, wegen des Nichtaufzeichnens auf der Fahrerkarte und wegen des Nichtbenutzens des Fahrtenschreibers zu einer Geldbuße in Höhe von 600,00 EUR (Einzelgeldbußen 100,00 EUR, 250,00 EUR, 250,00 EUR) verurteilt worden. Den Feststellungen des Amtsgerichts zufolge hatte der Betroffene am 29.11.2023 mit seinem Lkw die Bundesautobahn A 10 in Fahrtrichtung Polen befahren. Auf Höhe des Kilometers pp. hatte er sein Mobiltelefon in der rechten Hand vor sein Gesicht gehalten und seine Lippen bewegt. Bei der sodann erfolgten polizeilichen Kontrolle waren die Lenk- und Ruhezeiten ausgewertet worden, wobei festgestellt worden war, dass er im gesamten Kontrollzeitraum vom 01.11.2023 bis 29.11.2023 (01., 02., 07., 21., 22., 23., 28. und 29.11.2023) auf der Fahrerkarte nur Lenkzeiten verzeichnet hatte, nicht aber zwischenzeitliche Ruhezeiten. Auch eine Bescheinigung über die Ruhezeiten hatte der Betroffene nicht vorlegen können. Zudem hatte er als zweiter Fahrer (Beifahrer) in der Zeit vom 27.11.2023, 23:24 Uhr, bis zum 28.11.2023, 03:26 Uhr, nicht den Fahrtenschreiber genutzt, eine Fahrerkarte war nicht eingelegt gewesen, sodass eine Kontrolle nicht möglich war. Das AG hat den Betroffenen wegen tatmehrheitlich begangener Ordnungswidrigkeiten nach §§ 23 Abs. 1 a), 49 StVO, §§ 24 Abs. 1 und 3 Ziff. 5 StVG, §§ 23 Abs. 2 Ziff. 1, Ziff. 7 FPersV, § 8 Abs. 1 Ziff. 2 b) FpersG, Art. 3 Abs. 1, Art. 34 Abs. 3 VO (EU) 165/2014 schuldig gesprochen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde. Die Generalstaatsanwaltschaft wertet das Rechtsmittel als Anträge auf Zulassung der Rechtsbeschwerde und hat beantragt, diese als unbegründet zu verwerfen. Das sieht das OLG Brandenburg anders:

„1. Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg ist die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Zossen vom 26. Juli 2024 nach Auffassung des Senats nicht als Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde im Sinne von § 80 OWiG auszulegen. Die Rechtsbeschwerde ist vielmehr gemäß § 79 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 OWiG statthaft.

Der Betroffene hat ein unbeschränktes Rechtsmittel eingelegt. Zwar wendet er sich mit seiner Beschwerdebegründung vorrangig gegen die Beweiswürdigung des Tatgerichts in Bezug auf den Handyverstoß. Gleichwohl ist die Rechtsbeschwerde nicht auf das insoweit erkannte Bußgeld, dessen Einzelhöhe das Amtsgericht ausweislich seiner Urteilsgründe zu Ziffer IV.3) auf 100,00 € festgesetzt hat, beschränkt. Das ergibt sich bereits daraus, dass der Betroffene sich auch gegen die Annahme des Tatgerichts wendet, die Verstöße stünden zueinander im Verhältnis von Tatmehrheit, § 20 OWiG.

Bei einer unbeschränkt eingelegten Rechtsbeschwerde sind für die Frage der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde die mehreren Geldbußen zusammenzurechnen, denn schon die Frage, ob im sachlich-rechtlichen Sinn Tateinheit oder Tatmehrheit vorliegt, kann von dem Rechtsmittelgericht anders beurteilt werden als von dem Tatgericht (BGHSt 24, 185; BayObLG NStZ-RR 1997, 248; KG wistra 1988, 322; OLG Koblenz VRS 75, 71; Bauer in: Göhler, OWiG, 19. Auflage, zu § 79, Rz. 23; Burhoff ZAP 2015, 549, zu Ziff. II.1; vgl. auch OLG Karlsruhe VRS 51, 76). Danach ist die Rechtsbeschwerde hier gegeben, denn die Summe der einzelnen Geldbußen übersteigt den Betrag von 250,00 €.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 3S.1 OWiG in Verbindung mit §§ 341, 344, 345 StPO form- und fristgerecht bei Gericht angebracht und begründet worden, sonach zulässig.

2. In der Sache hat das Rechtsmittel mit der allein erhobenen Sachrüge keinen Erfolg.

……. “

b) Rechtsfehlerfrei hat das Amtsgericht Tatmehrheit zwischen den Verkehrsverstößen angenommen. In Abgrenzung dazu ist eine natürliche Handlungseinheit gegeben, wenn mehrere Verhaltensweisen in einem solchen unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, dass das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise auch für einen Dritten objektiv als ein einheitlich zusammengefasstes Tun anzusehen ist (BGHSt 4, 219; 16, 397; 26, 284; KG BeckRS 2016, 11960; OLG Köln NZV 2004, 536; Thoma in: Göhler a. a. O., vor § 19, Rz. 3). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Weder existiert ein Handlungsteil, der gleichzeitig zur Verwirklichung der mehreren Bußgeldvorschriften beiträgt, noch vermag die mangelnde Nutzung des Fahrtenschreibers oder die mangelnde manuelle Eintragung der Ruhezeiten auf dem Fahrtenschreiber die Taten zu einer Handlungseinheit zu verbinden. Das ergibt sich bereits aus den verschiedenen Tatzeitpunkten (29. November 2023; 01., 02., 07., 21., 22., 23., 28. und 29. November 2023; 27. bis 28. November 2023). Stattdessen beruhten die Verstöße auf jeweils getrennten Willensbildungen des Betroffenen.“

OWi III: Entbindung und rechtlicher Hinweis, oder: Rechtsbeschwerde – Anlagenkonvolut/Unterzeichnung

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Und dann habe ich hier im letzten Posting des Tages noch Rechtsprechung zum Verfahrensrecht im Bußgeldverfahren; auch hier nichts Neues, das hatten wir alles schon:

1. War der Verteidiger nicht im Sinne des § 73 Abs. 3 OWiG „mit nachgewiesener Vollmacht“ zur Vertretung befugt und deshalb auch nicht berechtigt, einen Entbindungsantrag für den Betroffenen zu stellen, so ist der Einspruch des Betroffenen nach § 74 Abs. 2 OWiG zu verwerfen.

2. Hat das Amtsgericht gleichwohl zur Sache verhandelt und entschieden, so ist der Betroffene mit dem Einwand ausgeschlossen, in der fälschlich abgehaltenen Verhandlung sei Verteidigervortrag unberücksichtigt geblieben.

3. Hat die prozessordnungswidrige Verhandlung für den Betroffenen zu einer Verschlechterung geführt (Erhöhung der Geldbuße), so stellt dies einen Verfahrensfehler dar, der auf Rechtsbeschwerde zur Aufhebung des Urteils zumindest im Rechtsfolgenausspruch führen würde. Ein Zulassungsgrund nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG ergibt sich aber nicht, weil sich die Fehlerhaftigkeit des Urteils nicht aus einer Verletzung rechtlichen Gehörs ergibt, sondern aus der irrtümlichen Annahme, der Verteidiger sei zur Vertretung befugt.

Möchte der Tatrichter die im Bußgeldbescheid festgesetzte Geldbuße erhöhen, so bedarf dies grundsätzlich keines Hinweises entsprechend § 265 StPO.

Gibt der Verteidiger durch einen distanzierenden Zusatz zu erkennen, dass er nicht die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernehmen will oder kann, ist die Rechtsbeschwerdebegründung nach § 345 StPO formunwirksam.

1. Ein unübersichtliches Konvolut aus Ablichtungen des Bußgeldbescheides, Ablichtungen aus dem amtsgerichtlichen Sitzungsprotokoll, Gesetzeszitaten, Ablichtungen aus einem privaten Sachverständigengutachten sowie von Schreiben des Verteidigers an das Gericht genügt den Anforderungen an einen ausreichenden Vortrag nicht.

2. Aus dem Rechtsbeschwerdevortrag muss erkennbar sein, aufgrund welcher konkreten Tatsachen sich das Gericht zu weiteren Beweiserhebungen hätte gedrängt sehen sollen.

3. Es ist nicht Aufgabe des Rechtsbeschwerdegerichts, sich aus einem unübersichtlichen Vortrag das für die jeweilige Rüge Passende herauszusuchen.

OWI III: Beschluss ohne Gründe im Beschlussverfahren, oder: Nachholung der Begründung

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Und im dritten Posting dann noch etwas Verfahrensrechtliches, nämlich etwas zum Beschlussverfahren (§ 72 OWiG). Entschieden hat das OLG Oldenburg über einen AG-Beschluss im Verfahren nach § 72 OWiG, der keine Gründe hatte. Das OLG hat im OLG Oldenburg, Beschl. v. 14.11.2023 – 2 ORbs 194/23  – aufgehoben:

„Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Betroffenen wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von 1200,- € verurteilt und ein Fahrverbot für die Dauer von zwei Monat gegen ihn festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

Der Beschluss der dem Betroffenen am 29.8.2023 zugestellt worden ist, hat keine Gründe aufgewiesen. Gemäß § 72 Abs. 6 Satz 2 OWiG kann das Amtsgericht nur dann von eigenen Ausführungen in den Gründen seines Beschlusses absehen und auf den Inhalt des Bußgeldbescheides verweisen, wenn gemäß § 72 Abs. 6 Satz 1 OWiG die am Verfahren Beteiligten auf eine Begründung verzichtet haben. Ein solcher Verzicht ist zwar durch den Verteidiger erklärt worden. Allerdings wären die Gründe nach Einlegung der Rechtsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 6 Satz 3 OWiG auch in diesem Fall nachzuholen gewesen, was nicht geschehen ist.

Die fehlenden Gründe sind vom Senat bei erhobener Sachrüge zu berücksichtigen; einer Verfahrensrüge bedarf es insoweit nicht (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 9.5.2019, 4 RBs 144/19; KG, Beschluss vom 16.1.2019, 3 Ws(B) 312/18; BayObLG, Beschluss vom 25.9.2019, 202 ObOwi 1845/19, jew. juris).

Es fehlt mithin an einer tragfähigen Grundlage, die es dem Rechtsbeschwerdegericht ermöglicht, den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch zu überprüfen, so dass der Beschluss keinen Bestand haben kann. Anders wäre es bei einer hier nicht gegebenen Zulassungsrechtsbeschwerde.“

Revision III: Rechtsbeschwerde gegen Verwerfung, oder: Hatte der Vertreter Vertretungsvollmacht?

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Und als letzte Entscheidung dann noch der OLG Brandenburg, Beschl. v. 06.04.2023 – 2 ORbs 54/23. Es handelt sich zwar nicht um eine Revisionsentscheidung, also passt „Revision III“ nicht ganz, aber Rechtsbeschwerde ist ja fast dasselbe 🙂

Hier ist dann aber mal eine Verfahrensrüge ausreichend begründet. Gerügt worden ist gegen ein Verwerfungsurteil, dass das Amtsgericht entgegen einer diesbezüglichen Zusage und Absprache in einem früheren Hauptverhandlungstermin einen durch die Verteidigung zu Beginn der (neuen) Hauptverhandlung nun gestellten Antrag, ihn von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden, rechtswidrig abgelehnt habe.

Dazu das OLG:

„1. Die Verfahrensrüge, mit der die Verteidigung im Einzelnen darlegt, aufgrund welcher Umstände das Amtsgericht den Betroffenen von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung gemäß § 73 Abs. 2 OWiG antragsgemäß hätte entbinden müssen, genügt den Begründungsanforderungen; die zugrunde liegenden Verfahrenstatsachen sind hinreichend vollständig mitgeteilt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).

Dies gilt auch insoweit, als sich das Beschwerdevorbringen nicht ausdrücklich darauf bezieht, dass die Verteidigerin, deren Unterbevollmächtigte für den Betroffenen zu Beginn der Hauptverhandlung den Entbindungsantrag gestellt hat, über die hierfür erforderliche besondere Vertretungsvollmacht (vgl. Göhler/Seitz/Bauer, OWiG 18. Aufl. § 73 Rn. 4) verfügte. Zwar hat sich die Rüge, das Gericht habe zu Unrecht ein Entbindungsantrag des Betroffenen abgelehnt, grundsätzlich auch dazu zu verhalten, dass der Vertreter, der den Entpflichtungsantrag gestellt hat, auch insoweit Vertretungsvollmacht hatte (vgl. Göhler aaO., § 74 Rn. 48b), wobei die Vertretungsvollmacht des Verteidigers ausreicht, wenn für diesen wie hier ein in Untervollmacht auftretender Verteidiger den Antrag stellt (Göhler aaO. § 73 Rn. 4). Das Rügevorbringen genügt gleichwohl auch im Hinblick darauf den Begründungsanforderungen, weil das Amtsgericht nicht nur die Ablehnung einer Entpflichtung nicht begründet hat (vgl. hierzu OLG Köln NZV 2005, 331, 332), sondern die Verteidigung auch substantiiert vorgetragen hat, dass mit dem Betroffenen die Antragstellung und Vertretung ausdrücklich abgesprochen war. Angesichts dieser Sachlage war ein näheres Eingehen auf das Vorliegen einer nachgewiesenen besonderen Vertretungsvollmacht ausnahmsweise entbehrlich.“

Und erfolgreich war das Rechtsmittel dann auch:

„2. Die Verfahrensrüge der Verletzung des § 73 Abs. 2 OWiG hat in der Sache bereits deshalb Erfolg, weil das Amtsgericht weder in seinem in der Hauptverhandlung ergangenen Beschluss noch in den Urteilsgründen dargelegt hat, warum es den Antrag des Betroffenen auf Entbindung abgelehnt hat.

Urteile, durch die ein Einspruch des Betroffenen gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 OWiG verworfen wird, sind so zu begründen, dass das Rechtsbeschwerdegericht die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung nachprüfen kann (ständige Rechtsprechung der Senate des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, vgl. Beschl. v. 20. Februar 2007 – 1 Ss (OWi) 45/07; Beschl. v. 26. März 2012 – 2 Ss (OWi) 24/12; Beschl. v. 17. April 2014 – [2 B] 53 Ss-OWi 176/14 [92/14]; vgl. auch OLG Düsseldorf VRS 74, 284, 285 m. w. N.). Dies gilt auch insoweit, als das Amtsgericht einen Antrag des Betroffenen auf Entbindung von der Erscheinenspflicht abgelehnt hat; im Falle der Ablehnung eines Antrags ohne nähere Begründung hat sich das Tatgericht jedenfalls im Urteil mit der Frage auseinanderzusetzen, warum dem Antrag nicht zu entsprechen war, weil anderenfalls das Rechtsbeschwerdegericht nicht in der Lage ist, zu prüfen, ob das Amtsgericht in rechtsfehlerfreier Weise den Entbindungsantrag des Betroffenen abgelehnt hat (OLG Dresden, Beschl. v. 8. März 2005 – Ss [OWi] 141/05, zit. nach Juris mwN.).

Auf die Gründe der Ablehnung des Entpflichtungsantrages ist das Amtsgericht jedoch weder bei der Beschlussfassung noch in den Urteilsgründen eingegangen. Auch lag es hier ausweislich der mit der Beschwerdebegründung dargelegten Umstände keinesfalls offensichtlich und eindeutig auf der Hand, dass die Voraussetzungen von § 73 Abs. 2 OWiG nicht vorlagen, so dass es einer näheren, der Überprüfung in der Rechtsbeschwerdeinstanz zugänglichen Begründung insbesondere dazu bedurft hätte, warum das Amtsgericht die Anwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhaltes für erforderlich erachtet hat.“

Verfahrensrüge III: Rechtsbeschwerdebegründungen, oder: Abwesenheitsverhandlung, rechtliches Gehör u.a.

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Und im dritten Posting dann noch zwei Entscheidungen zur Verfahrensrüge im Rechtsbeschwerdeverfahren, allerdings jeweils nur die Leitsätze der Entscheidungen, und zwar:

1. Wird der Betroffene von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden und nimmt weder er noch sein Verteidiger an dieser teil, reicht ein Hinweis auf eine abweichend vom Bußgeldbescheid in Betracht kommende Verurteilung wegen Vorsatzes nach § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 265 Abs. 1 StPO in der Hauptverhandlung nicht aus.
2. Anders als bei einer allein auf die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) gestützten Beanstandung setzt die Zulässigkeit der Rüge einer Verletzung von § 265 Abs. 1 StPO nicht voraus, dass der Beschwerdeführer auch vorträgt, wie er sich im Falle eines ordnungsgemäß erteilten Hinweises verteidigt hätte, insbesondere was er in diesem Fall konkret geltend gemacht bzw. wie er seine Rechte im Einzelnen wahrgenommen hätte.

1. Wird im Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des von der Erscheinenspflicht in der Hauptverhandlung entbundenen und deshalb nicht erschienenen Betroffenen darauf gestützt, dass das Urteil auf einem in der Terminladung nicht benannten, in der Hauptverhandlung erschienenen und in Abwesenheit des Betroffenen vernommenen Zeuge beruht, muss der Betroffene darlegen, wie er sein Fragerecht ausgeübt und welche Fragen er gestellt hätte.
2. Nimmt der Verteidiger an der Hauptverhandlung teil, bedarf es eines Vortrages dazu, ob er die Rechte des Betroffenen als dessen Vertreter mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht – in Ausübung dieser Vollmacht – wahrgenommen hätte.
3. Stellt der Verteidiger im eigenen Namen Beweisanträge, nimmt er seine Befugnisse als Verteidiger, nicht aber die Rechte des Betroffenen in Ausübung seiner Vertretungsvollmacht wahr. Will der Verteidiger in der Hauptverhandlung (auch) als Vertreter des abwesenden Betroffenen auftreten, muss dies deutlich zum Ausdruck gebracht werden.