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OWi III: Mehr als 2 1/2 Jahre Abstand zum Verstoß, oder: Kein Fahrverbot und auch keine erhöhte Geldbuße

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Und dann hier noch der OLG Schleswig, Beschl. v. 22.10.2021 – I OLG 230/21 – zum Absehen vom Fahrverbot nach langer Verfahrensdauer und zur Erhjöhung der Geldbuße. Das AG hatte hier zwar wegen der langen Verfahrensdauer – mehr als 2 1/2 Jahre – vom Fahrverbot abgesehen, aber es hatte die Geldbuße erhöht. Das geht nicht, sagt das OLG:

„3. Auch der Ausspruch über die Rechtsfolgen ist – unabhängig von der Schuldform – rechtsfehlerhaft, indem das Amtsgericht von der Verhängung des Regelfahrverbots abgesehen und statt-dessen die Regelgeldbuße verdoppelt hat.

Zwar ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht von der Verhängung des Regelfahrverbots von einem Monat gemäß § 4 Abs. 3 BKatV abgesehen hat, weil seit der Tat mehr als zwei Jahre verstrichen sind. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats und der übrigen Oberlandesgerichte.

Allerdings kommt eine Erhöhung der Geldbuße wegen des Absehens vom Fahrverbot gemäß § 4 Abs. 4 BKatV dann nicht mehr in Betracht, wenn es der Anordnung eines Fahrverbots wegen des langen Zeitablaufs zwischen der Tat und deren Ahndung zur erzieherischen Wirkung auf den Betroffenen nicht mehr bedarf. Da die Denkzettel- und Warnungsfunktion des Fahrverbots entfallen ist, hat auch eine Erhöhung der Geldbuße zur Erreichung dieses spezialpräventiven Zweckes zu unterbleiben (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 2. Juli 2007 – 3 Ss OWi 360/07 -, juris; OLG Bamberg, Beschluss vom 14. Februar 2006, DAR 2006, 337; OLG Celle, Beschluss vom 23. Dezember 2004, VRS 108, 118, 121). Denn sowohl die Anordnung eines Regelfahrverbots als auch das ausnahmsweise Absehen davon bei gleichzeitiger Erhöhung der Geldbuße können ihren Strafcharakter nur dann erfüllen, wenn sie sich in einem kurzen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Betroffenen auswirken. Das ist bei einer Zeitdauer von mehr als 2 1/2 Jahren – wie im vorliegenden Sachverhalt – jedenfalls nicht mehr der Fall.“

OWi III: Erhöhung der Geldbuße, oder: Rechtlicher Hinweis erforderlich?

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Und die dritte und letzte Entscheidung des Tages befasst sich auch mit der Rechtsfolge in OWi-Verfahren, nämlich mit der Geldbuße, allerdings gepaart mit einer verfahrensrechtlichen Problematik. Es geht im KG, Beschl. v. 31.01.2019 – 3 Ws (B) 40/19 – um die Frage, ob vor einer beabsichtigten Erhöhung der Geldbuße ein rechtlicher Hinweis (§ 265 StPO) erforderlich ist oder nicht.

Der Betroffene hatte mit seiner Rechtsbeschwerde das Fehlen eines solchen Hinweises beanstandet. Das KG sagt: Verfahrensrüge nicht ausreichend begründet, im Übrigen wäre sie aber auch unbegründet:

„Ergänzend merkt der Senat lediglich an:

1. Die Verfahrensrüge des Betroffenen, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden, weil das Gericht ihm wegen einer möglichen Erhöhung der Geldbuße keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe, ist nicht gemäß §§ 80 Abs. 3 Satz 3, 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ordnungsgemäß erhoben. Dazu hätte es der – hier fehlenden – Darlegung bedurft, dass der vermisste rechtliche Hinweis weder im Bußgeldbescheid enthalten ist noch das Amtsgericht außerhalb der Hauptverhandlung einen entsprechenden Hinweis erteilt hat (vgl. Senat NZV 2006, 609; OLG Hamm NZV 2008, 583; OLG Karlsruhe Justiz 2015, 14; OLG Koblenz, Beschluss vom 2. Mai 2012 2 – 2 SsBs 114/11 – juris).

Der Rüge wäre aber auch in der Sache kein Erfolg beschieden. Denn grundsätzlich bedarf es bei der Verhängung einer höheren als im Bußgeldbescheid festgesetzten Geldbuße in der Regel keines Hinweises an den Betroffenen (vgl. Senat, Beschluss vom 3. März 2016 – 3 Ws (B) 108/16 -; NZV 2015, 355; VRS 113, 293; OLG Hamm NStZ 2017, 592). Ob eine andere Beurteilung geboten ist, wenn der Betroffene ohne vorherigen gerichtlichen Hinweis nicht mit einer Erhöhung der Geldbuße rechnen musste (vgl. OLG Hamm a.a.O.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 11.06.2010 – 5 Ss 321/10 -, BeckRS 2010, 25189; Seitz in Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 71 Rn. 50a), bedarf hier keiner Entscheidung, weil der Betroffene ausweislich der getroffenen Feststellungen mehrfach erheblich und einschlägig vorbelastet ist und schon deswegen mit einer deutlichen Erhöhung der Geldbuße rechnen musste….“

Na ja. Kann man m.E. mit guten Gründen auch anders sehen. Denn, was heißt: „…. damit rechnen musste….“?