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beA II: Wenn das beA mal wieder eine Störung hat, oder: Kein Faxgerät im Reisegepäck.

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Bei der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, handelt es sich um das – schon etwas ältere, jetzt aber erst bekannt gewordene – OLG Karlsruhe, Urt. v. 05.10.2023 – 12 U 47/23. Ergangen ist es in einem Verfahren wegen einer Deckungsschutzzusage. Ein Versicherungsnehmer verlangt von seiner RSV Deckungsschutz für eine Schadensersatzklage gegen einen Automobilhersteller in einem „Diesel-Skandal“. Es erging ein Versäumnisurteil zu seinen Gunsten. Der Rechtsanwalt der Versicherung hat Einspruch eingelegt, allerding erst einen Tag nach Fristablauf.

Seinen Wiedereinsetzungsantrag hat er dann mit einer beA-Störung begründet, und zwar wie folgt: Er sei am Abend des Fristablaufs auswärtig untergebracht gewesen, weil er dort am nächsten Tag eine Verhandlung wahrnehmen wollte. Er habe sechs Schriftsätze erfolgreich per beA verschickt. Um 23.15 Uhr habe er den Einspruchsschriftsatz nicht mehr versenden können, weil das beA eine technische Störung hatte, die erst am nächsten Vormittag behoben worden sei. Ein Faxgerät habe er nicht zur Verfügung gehabt. Die Möglichkeit, den Schriftsatz per Computerfax zu versenden, kenne er nicht.

Das LG hat den Einspruch als unzulässig verworfen. Die Berufung dagegen hatte beim OLG Erfolg. Dieses hat Wiedereinsetzung gewährt und in der Sache teilweise zugunsten der Versicherung entschieden.

Hier interessiert nur der Wiedereinsetzungsantrag. Dazu führt das OLG aus:

„1. Der am 04.11.2022 erhobene Einspruch war zulässig und führt dazu, dass der Rechtsstreit in die Lage zurückversetzt wird, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand (§ 342 ZPO). Zwar war die Einspruchsfrist am 30.10.2022 abgelaufen. Der Beklagten war aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO zu gewähren.

a. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde mit Schriftsatz vom 04.11.2022 rechtzeitig gestellt (§ 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und die dafür vorgetragenen Tatsachen glaubhaft gemacht (§ 236 Abs. 2 ZPO). Die Ergänzung des Tatsachenvortrags auf Hinweis des Landgerichts mit Schriftsatz vom 23.11.2022 – außerhalb der Frist nach § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO, aber innerhalb der vom Landgericht gesetzten Frist – war zulässig und ist zu beachten (vgl. BGH, Beschluss vom 17.12.2020 – III ZB 31/20, Rn. 33). Zu Recht – und unangegriffen – hat das Landgericht die zugrunde zu legenden Tatsachen daher so festgestellt wie vom Kläger vorgetragen.

b. Auf dieser Grundlage ist der Beklagten kein Verschulden an der Versäumnis der Einspruchsfrist nach § 339 Abs. 1 ZPO anzulasten (§ 233 ZPO). In Frage steht dabei im vorliegenden Fall nur ein etwaiges Verschulden des Prozessbevollmächtigten, das sich die Beklagte zurechnen lassen müsste (§ 85 Abs. 2 ZPO). Dem Beklagtenvertreter fällt aber kein Verschulden zur Last.

aa. Ein solches Verschulden liegt noch nicht darin, dass er die Frist bis zum letzten Tag ausgeschöpft hat, denn hierzu war er berechtigt (BGH, Beschluss vom 09.05.2017 – VIII ZB 5/16).

bb. Allerdings hat der Rechtsanwalt wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufzuwenden, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen. Insbesondere hat er unvorhergesehene Verzögerungen beim Versandvorgang in Rechnung zu stellen und zusätzlich zur eigentlichen Sendedauer eine ausreichende Zeitreserve einzuplanen, um gegebenenfalls durch Wiederholung der Übermittlungsvorgänge einen Zugang des zu übersendenden Schriftsatzes bis zum Fristablauf zu gewährleisten. Beginnt ein Rechtsanwalt aber am letzten Tag einer Frist so rechtzeitig mit der Übertragung, dass unter gewöhnlichen Umständen mit deren Abschluss vor 24:00 Uhr am Tage des Fristablaufs gerechnet werden konnte, verwendet er dabei ein funktionsfähiges Sendegerät und die korrekte Empfangsadresse, so hat er grundsätzlich das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung getan (BGH, Beschluss vom 23.10.2018 – III ZB 54/18, Rn. 9 f., zur Einreichung per Fax).

Auch insoweit ist dem Beklagtenvertreter kein Versäumnis vorzuwerfen. Der Beginn des beabsichtigten Versandprozesses bei einem ersten Login gegen 23:15 Uhr war rechtzeitig, um bei einem grundsätzlich funktionsfähigen elektronischen Übermittlungsweg auch im Fall einer unvorhergesehenen Verzögerung oder einer Wiederholung eine Übermittlung bis 24:00 Uhr sicherzustellen. Der Beklagtenvertreter hat auch durch Vorlage entsprechender Screenshots glaubhaft gemacht, dass er bis 23:55 Uhr – was gerade noch rechtzeitig hätte sein können – noch mehrmals vergeblich versucht hat, sich in seinem besonderen elektronischen Anwaltspostfach anzumelden.

cc. Entgegen dem angefochtenen Urteil liegt ein Verschulden auch nicht darin begründet, dass der Beklagtenvertreter nicht sichergestellt hat, einen zweiten Versandweg zur Verfügung zu haben (Fax) und auch nicht auf einen neuen Versandweg ausgewichen ist, den er vorher noch nicht genutzt hatte (Computerfax).

Beide Versandwege standen dem Beklagtenvertreter grundsätzlich nach § 130d Satz 2 ZPO offen, weil – wie die Beklagte glaubhaft gemacht hat – das besondere elektronische Anwaltspostfach am Abend des 31.10.2022 bis zum Morgen des 01.11.2022 gestört und ein Versand nicht möglich war. § 130d Satz 2 ZPO stellt dabei keinen Sonderfall des § 233 ZPO dar, sondern erlaubt das Ausweichen auf einen anderen Übermittlungsweg innerhalb der Frist (Jansen, in: juris-PK ERV, Stand: 30.01.2023, § 233 Rn. 38). Umgekehrt ergibt sich aus § 130d Satz 2 ZPO aber auch keine unmittelbare Verpflichtung zur Ersatzeinreichung. Ob diese möglich und zumutbar und deshalb geboten war, ist vielmehr nach dem Verschuldensmaßstab des § 233 Satz 2 ZPO und den Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen.

Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten bei der Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach entsprechen denjenigen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax (BGH, Beschluss vom 30.11.2022 – IV ZB 17/22, Rn. 10). Für die (geplante) Übermittlung per Fax sind die Maßstäbe, die insoweit anzulegen sind, geklärt. Im Ausgangspunkt gilt, dass die aus den technischen Gegebenheiten herrührenden besonderen Risiken eines vom Gericht eröffneten Übermittlungswegs nicht auf den Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden. Deshalb darf ein Rechtsanwalt sich und seine organisatorischen Vorkehrungen darauf einrichten, einen Schriftsatz auf einem bestimmten Weg – insbesondere per Telefax – zu übermitteln. Scheitert die Übermittlung, so ist der Rechtsanwalt zunächst gehalten, im gewählten Übermittlungsweg nach Alternativen zu suchen, die sich aufdrängen. Liegt die Ursache aber in einem Defekt des Empfangsgeräts oder Leitungsstörungen, kann vom Rechtsanwalt grundsätzlich nicht verlangt werden, innerhalb kürzester Zeit eine andere als die gewählte, vom Gericht offiziell eröffnete Zugangsart sicherzustellen (BGH, Beschluss vom 17.12.2020 – III ZB 31/20, Rn. 18; BVerfG, Beschluss vom 21.06.2001 – 1 BvR 436/01, Rn. 10). Im Einzelfall kann das Ausweichen auf eine andere als die gewählte Übermittlungsart gleichwohl geboten sein, insbesondere dann, wenn der Zusatzaufwand geringfügig und zumutbar ist. Hierzu wurde in der Zeit vor Inkrafttreten der aktiven Nutzungspflicht nach § 130d ZPO höchstrichterlich entschieden, dass die Benutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs nach gescheiterter Übermittlung per Telefax jedenfalls dann kein zumutbarer, nur geringfügigen Aufwand verursachender alternativer Übermittlungsweg ist, wenn der Prozessbevollmächtigte das besondere elektronische Anwaltspostfach bisher nicht aktiv zum Versand von Schriftsätzen genutzt hat und mit seiner Nutzung nicht vertraut ist (BGH, Beschluss vom 17.12.2020 – III ZB 31/20, Rn. 26 f.; BGH, Beschluss vom 25.02.2021 – III ZB 34/20, Rn. 17; BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZB 12/21, Rn. 31-33).

Demnach durfte sich der Beklagtenvertreter darauf einrichten, den Schriftsatz am letzten Tag der Frist über das besondere elektronische Anwaltspostfach zu übermitteln. Eine Verpflichtung, daneben stets – für den Fehlerfall – ein versandbereites Faxgerät bereitzuhalten, ergibt sich aus § 130d Satz 2 ZPO ebensowenig, wie sich aus § 130a ZPO vor Inkrafttreten des § 130d ZPO die Verpflichtung ergab, ein versandbereites besonderes elektronisches Anwaltspostfach bereitzuhalten. Zum Ausweichen auf ein Computerfax wäre der Beklagtenvertreter nur dann gehalten gewesen, wenn er diesen Weg bereits zuvor aktiv genutzt hätte und damit vertraut gewesen wäre. Letzteres war aber nicht der Fall.“

beA: Übereinstimmung von Versender und Urheber, oder: Wenn der Urheber nicht über sein beA versendet

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Und dann kommen hier die beA-Entscheidungen, auch Zivil- und/oder Strafverfahren, und zwar:

Den Anforderungen der §§ 32a Abs. 3, 32d Satz 2 StPO ist nicht Genüge getan, wenn die Revisionseinlegungsschrift den bestellten Verteidiger des Angeklagten  maschinenschriftlich als Urheber ausweist, der Schriftsatz aber von einem Kanzleikollegen qualifiziert signiert und über dessen Postfach versandt worden. Etwas anderes kann gelten, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Versender als Vertreter des Pflichtverteidigers gemäß § 53 BRAO oder als sonstiger Bevollmächtigter des Angeklagten tätig geworden ist. Diese ergeben sich im Zweifel auch  nicht aus einer etwaigen vormaligen Verteidigerstellung, da die Vollmacht des Wahlverteidigers mit Niederlegung des Wahlmandats bei Bestellung zum Pflichtverteidiger erloschen ist.

Die sog. Kongruenz von Versender und Urheber des elektronischen Dokuments ist nicht erforderlich, wenn der Schriftsatz nach § 32a Abs. 3 Var. 1 StPO mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des verantwortenden Rechtsanwalts versehen und das elektronische Anwaltspostfach eines anderen Anwalts gleichsam nur zur technischen Übermittlung genutzt wird.

Reicht ein Rechtsanwalt über sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach einen Schriftsatz, den ein anderer Rechtsanwalt verfasst, aber nicht qualifiziert elektronisch signiert hat, bei Gericht ein, ist dies nicht wirksam (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 28.02.2024 – IX ZB 30/23NJW 2024, 1660).

VerfG I: BVerfG ist ab heute – 01.08.2024 – digital, oder: beA/elektronisches Dokument jetzt auch beim BVerfG

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In den neuen Monat – 01.08.2024 – starte ich mit Entscheidungen/Mitteilungen zu verfassungsgerichtlichen Entscheidungen und was damit zu tun hat.

Hier dann zunächst etwas, „was damit zu tun hat“. Denn heute ist eine Gesetzesänderung in Kraft getreten, die man im Verfassungsbeschwerdeverfahren beachten muss. Denn das BVerfG ist digital geworden.

Ab heute, dem 01.08.2024, haben Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts nämlich nicht mehr die Möglichkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren beim BVerfG verfahrensbezogene Dokumente per Post oder Telefax in analoger Form einzureichen. Die §§ 23a ff. BVerfGG sehen vielmehr jetzt für den Kreis der „Nutzer“ die „digitalen Verfassungsbeschwerde“ vor, und zwar in § 23c BVerfGG. Das elektronische Dokument muss – wie auch sonst – mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von ihr signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Sichere Übermittlungswege sind beispielsweise das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA), das elektronische Bürger- und Organisationspostfach (eBo), der Dienst „Mein Justizpostfach“ oder der Postfach- und Versanddienst eines absenderbestätigten De-Mail-Kontos. Per E-Mail können verfahrensbezogenen Dokumente nicht rechtswirksam eingereicht werden.

Informationen rund um die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs hat das BVerfG in einem Frage-Antwort-Katalog (FAQ) auf seiner Homepage bereit gestellt.

Also: Augen auf, sonst kann es Probleme bei der Verfassungsbeschwerde geben.

beA II: Revisionsbegründung fristgerecht eingegangen?, oder: Augen auf bzw., wenn Verteidiger „Murks“ macht

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In diesem zweiten beA-Posting habe ich dann noch den BGH, Beschl. v. 29.04.2024 – 6 StR 86/24 -, den ich wegen der Begründung des BGH hier „allein“ vorstelle.

Es geht um den fristgerechten Eingang von elektronischen Dokumenten. Folgender Sachverhalt: Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt. Mit Beschluss vom 11.12.2023 hat das LG die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen. Die Verwerfung der Revision durch das LG beruht auf folgendem Verfahrensgang: Nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe am 08.11.2023 hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 04.12.2023 die zuvor form- und fristgemäß eingelegte Revision begründet und das Dokument am selben Tag mittels beA an das LG versandt. Das anschließend von seiner Softwareanwendung generierte Prüfprotokoll („beA-Nachricht XXX“) hat als Empfänger das LG Göttingen, als „Übermittlungscode“ die Zahlenfolge „9710“ und als „Meldetext“ die Mitteilung „Interner Fehler des Suppliers bei der Zertifikatsprüfung“ ausgewiesen. Die Spalten „OSCI-Nachrichten-ID“, „Zugegangen“ und „Übermittlungsstatus“ waren nicht ausgefüllt.

Seine Verwerfungsentscheidung hat das LG damit begründet, dass eine Revisionsbegründung bis zum Ablauf der Frist nach § 345 Abs. 1 StPO nicht beim LG eingegangen sei. Gegen diesen Beschluss hat der Verteidiger die Entscheidung des Revisionsgerichts beantragt (§ 346 Abs. 2 StPO) und ausgeführt, dass der fristgerechte Zugang der Rechtsmittelbegründung vor dem Hintergrund des dem Antrag beigeschlossenen beA-Prüfprotokolls nicht zweifelhaft sein könne. Der BGH hat den Antrag des Angeklagten als zulässig, aber als unbegründet angesehen:

„2. Das Landgericht hat die Revision mit Recht als unzulässig verworfen. Die Revisionsbegründungsfrist wurde nicht gewahrt.

a) Nach § 32a Abs. 5 Satz 1 StPO ist ein elektronisches Dokument bei Gericht eingegangen, sobald es auf dem für dieses eingerichteten EmpfängerIntermediär im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) gespeichert ist; unerheblich ist, ob es von dort aus rechtzeitig an andere Rechner innerhalb des Gerichtsnetzes weitergeleitet oder von solchen Rechnern abgeholt werden konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 8. August 2023 – 3 StR 264/23 ; entsprechend zu § 130a Abs. 5 Satz 1 ZPO , Beschlüsse vom 8. März 2022 – VI ZB 25/20 ; vom 29. September 2021 – VII ZR 94/21 , NJW 2021, 3471 Rn. 9; vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20 ; vom 30. März 2023 – III ZB 13/22 , NJW 2023, 1737 [BGH 30.03.2023 – III ZB 13/22] Rn. 10 mwN; siehe auch MüKo-StPO/Beller/Gründler/Kindler/Rochner, 2. Aufl., § 32a Rn. 45; BT-Drucks. 18/9416 S. 47). Die Eingangsbestätigung nach § 32a Abs. 5 Satz 2 StPO , die der Justizserver bei ordnungsgemäßem Zugang der Nachricht automatisch generiert und deren Inhalt von der Justizverwaltung dem Absender mittels strukturiertem Datensatz im XML-Format zur Verfügung gestellt wird (vgl. Fritzsche, NZFam 2022, 1, 6), soll dem Absender unmittelbar und ohne weiteres Zutun von Justizbediensteten Gewissheit darüber verschaffen, ob die Übermittlung an das Gericht erfolgreich war oder weitere Bemühungen zur erfolgreichen Übermittlung des elektronischen Dokuments erforderlich sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. September 2022 – XI ZB 14/22 , NJW 2022, 3715 Rn. 7 und vom 24. Mai 2022 – XI ZB 18/21 , NJW-RR 2022, 1069). Sie wird durch das beA-System in die gesendete Nachricht eingebettet und kann nach deren Öffnen vom Absender in der Nachrichtenansicht der beA-Webanwendung auf dem Computerbildschirm anhand des Meldetextes „Request executed“, dem Eingangsdatum und dem Übermittlungsstatus „Erfolgreich“ optisch wahrgenommen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2022 – XI ZB 18/21 , NJW-RR 2022,1069 mwN).

b) Hier hat die Rechtsmittelbegründungsschrift den Empfänger-Intermediär nicht fristgerecht erreicht. Dies ist bereits aus dem vom Verteidiger vorgelegten beA-Prüfprotokoll erkennbar. Es fehlt die eine erfolgreiche Verbindung ausweisende „OSCI-Nachrichten-ID“ und das vom Empfänger-Intermediär bestätigte Eingangsdatum („Zugegangen“). Der fehlende erfolgreiche Kontakt zum Empfänger-Intermediär wird ferner belegt durch die vom Senat eingeholte – dem Verteidiger und dem Angeklagten zur Stellungnahme übersandte – Auskunft des Projektbüros der Bund-Länder-Kommission, Arbeitsgruppe IT-Standards in der Justiz vom 25. März 2024. Hiernach weist auch der im beA-Prüfprotokoll ausgewiesene „Übermittlungscode 9710“ aus, dass es zu keinem Kontakt zum EmpfängerIntermediär kam. Eine Eingangsbestätigung nach § 32a Abs. 5 StPO wurde deshalb nicht generiert.“

Dazu sind m.E. drei Punkte anzumerken:

1. Ich verstehe nicht, wieso der Verteidiger bei dem technischen Verfahrensablauf von einem rechtzeitigen Eingang seiner Revisionsbegründung ausgehen konnte bzw. ausgegangen ist. Da hätte doch ein einfacher Blick in das beA-Prüfprotokoll gereicht. Also: Augen auf.

2. Ebenso wenig verstehe ich, warum nicht, als der Angeklagte/Verteidiger Kenntnis vom Verwerfungsbeschluss des LG hatte, sofort ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt worden ist. Das hätte zu dem Zeitpunkt ggf. Erfolg gehabt, wenn es zutreffend begründet worden wäre. Dazu hätte gehört, dass entweder vorgetragen (oder offenkundig gewesen) worden wäre, wann der Angeklagte Kenntnis vom Verwerfungsbeschluss der Strafkammer genommen hat, der ihm formlos bekannt gemacht worden ist. Jetzt ist es jedenfalls zu spät, zumal die erforderlichen Angaben nicht dargelegt und auch nicht Glaubhaftmachung gemacht waren.

3. Und: Mehr als „deutlich“ im Hinblick auf die „Verteidigerleistung“ ist dann der abschließende Satz des BGH: „Anhaltspunkte für einen ausnahmsweise zur Wiedereinsetzung von Amts wegen nötigenden „offenkundigen Mangel“ der Verteidigung (vgl. EGMR NJW 2003, 1229; BGH, Beschl. v. 12.1.2021 – 3 StR 422/20, NStZ-RR 2021, 112; v. 7.8.2019 – 3 StR 165/19, NStZ-RR 2019, 349; v. 5.6,2018 – 4 StR 138/18, BGHR MRK Art. 6 III Buchst. c Beschränkung 3) liegen noch nicht vor.“ Deutlicher kann man subtil kaum zum Ausdruck bringen, dass der Verteidiger hier wohl „Murks gemacht“ hat. Aber für eine Wiedereinsetzung von Amts wegen wohl nicht Murks genug.

beA I: Sammlung zum beA/elektronischen Dokument, oder: sicherer Weg, Ersatz, Wiedereinsetzung, Urteil

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In die 29. KW./2024 starte ich heute dann mit einigen Entscheidungen zum beA. Das sind weitgehend BGH-Entscheidungen, eine der vorgestellten Entscheidungen stammt aber vom OLG Düsseldorf.

Hier sind dann also:

„bb) Ihre einfach signierten Schriftsätze hat die Verteidigerin nicht auf dem hier einzig in Betracht kommenden sicheren Übermittlungsweg zwischen ihrem besonderen elektronischen Anwaltspostfach und der elektronischen Poststelle des Landgerichts eingereicht ( § 32a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 StPO ).

Das Adjektiv „sicher“ bezieht sich insoweit nicht auf Fragen der IT-Sicherheit oder des Ausfallschutzes, sondern darauf, dass aufgrund entsprechender technischer Sicherungsmaßnahmen bei Nutzung eines solchen Übermittlungswegs ein sicherer Rückschluss auf die Identität des Absenders möglich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 2022 – 3 StR 251/22 Rn. 6). Der besondere Kommunikationskanal ersetzt die Identifikationsfunktion der Unterschrift (Müller, NZS 2018, 207, 209). Den hiermit verbundenen Anforderungen werden die Eingaben der Verteidigerin nicht gerecht. Die erforderliche eigenhändige Versendung aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach wird durch den vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis (vHN) dokumentiert. Dieser wird nur an einer Nachricht angebracht, wenn das Postfach in einem sicheren Verzeichnisdienst geführt wird und der Postfachinhaber zu dem Zeitpunkt, zu dem die Nachricht erstellt wird, sicher an dem Postfach angemeldet ist (vgl. BAGE 171, 28 Rn. 27; Müller, NZS 2018, 207, 209; Biallaß, NJW 2021, 789 [OLG Oldenburg 09.12.2020 – 6 W 68/20] ). Beim Empfänger führt die Übersendung dann zu dem Prüfergebnis „sicherer Übermittlungsweg aus einem besonderen Anwaltspostfach“. Der vHN ist maßgeblich für die freibeweisliche Prüfung einer formgerechten Einreichung. Fehlt er, kann nicht von einem Eingang auf einem sicheren Übermittlungsweg im Sinne von § 32a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 StPO ausgegangen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2023 – 4 StR 313/23 Rn. 2, 5; Beschluss vom 7. Februar 2023 – 2 StR 162/22 Rn. 6; s. auch BVerwG, NVwZ 2022, 649 [BVerwG 12.10.2021 – BVerwG 8 C 4.21] Rn. 6 ff.; BAGE 171, 28 [BAG 05.06.2020 – 10 AZN 53/20] Rn. 25 ff.). So liegt es hier. Denn die Prüfvermerke des Landgerichts weisen aus, dass die Revision und ihre Begründung lediglich „per EGVP“ übersandt wurden.

Ist die Revision wirksam elektronisch übermittelt worden, wegen technischer Störungen aber nicht zu den Sachakten gelangt, und hat das erkennende Gericht in Vertrauen auf die Rechtskraft der Entscheidung die Urteilsgründe abgekürzt abgefasst, kann es diese entsprechend § 267 Abs. 4 S. 4 ergänzen, wenn es vom Eingang des Rechtsmittels erfährt. Sofern dem Gericht zu diesem Zeitpunkt die Akten nicht mehr vorliegen, beginnt die Frist zur Absetzung des ergänzten Urteils mit erneutem Eingang der Akten.

Dem Angeklagten ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung von Verfahrensrügen zu gewähren, wenn er glaubhaft gemacht hat, dass seinem Verteidiger am letzten Tag der Revisionsbegründungsfrist um 23.49 Uhr die Übersendung einer fertiggestellten ergänzenden Revisionsbegründung zur Anbringung der Verfahrensrügen als elektronisches Dokument über sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach nicht möglich war, weil das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des jeweiligen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen – was dem Verteidiger im Zeitpunkt des Übersendungsversuchs noch nicht bekannt war – in der Weise gestört war, dass die Gerichte und Behörden elektronische Dokumente nicht empfangen konnten. Denn dadurch war der Verteidiger durch ausschließlich im Bereich der Justiz gründende Umstände gehindert, eine die fristgemäß erhobene Sachrüge ergänzende Verfahrensrüge rechtzeitig formgerecht anzubringen (vgl. zum gestörten Empfangsgerät im Bereich der Justiz BGH, Beschluss vom 18. Juni 2008 – 2 StR 485/07, NStZ 2008, 705).

Ein Rechtsanwalt muss Vorkehrungen dafür treffen, dass ein Zustellungsdatum, das in einem von ihm abgegebenen elektronischen Empfangsbekenntnis eingetragen ist, auch in seiner – noch in Papierform geführten – Handakte dokumentiert wird. An die Zustellung anknüpfende Fristen müssen anhand der Angaben im elektronischen Empfangsbekenntnis berechnet werden.

    1. Im Falle einer Ersatzeinreichung hat die Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung des Dokuments nach § 130d S. 3 ZPO möglichst gleichzeitig mit der Ersatzeinreichung zu erfolgen. Eine unverzügliche Nachholung kommt ausschließlich dann in Betracht, wenn der Rechtsanwalt das technische Defizit erst kurz vor Fristablauf bemerkt und ihm daher nicht mehr genügend Zeit für die gebotene Darlegung und Glaubhaftmachung in dem ersatzweise einzureichenden Schriftsatz verbleibt.
    2. Die Mitteilung der Gründe für die Ersatzeinreichung nach mehr als einer Woche ist im Regelfall nicht mehr unverzüglich i.S.d. § 130d Satz 3 ZPO.
    3. Die Bekanntheit einer technischen Störung auf Seiten des Gerichts entbindet den Einreicher jedenfalls nicht gänzlich davon, die Ursächlichkeit der Störung für die Übermittlung in Papierform oder per Telefax glaubhaft zu machen (Anschluss an OLG Hamm, Beschl. v. 03.07.2023 – 31 U 71/23, NJOZ 2023, 1582).