Und dann der Kessel Buntes, heute mit zwei BGH-Entscheidungen zur Wiedereinsetzung. Sie stammen beide aus Zivilverfahren, die Aussagen des BGH haben aber m.E. darüber hinaus Bedeutung.
Zunächst hier der BGH, Beschl. v. 17.12.2024 – II ZB 5/24. Ergangen ist der in einem Verfahren, in dem sich zwei ehemalige Kanzleikollegen nach ihrer Trennung um Erstattungsansprüche streiten. Das AG hat die Klage abgewiesen.
Am letzten Tag der Berufungsfrist geht dann beim LG über das beA des Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine Nachricht mit zwei pdf-Anhängen ein. Der eine Anhang enthielt das Urteil des AG: Der der andere – mit Namen „Schriftsatz.pdf“ bezeichnet enthielt ein leeres Blatt.
Es wird dann Wiedereinsetzung beantragt, die der Prozessbevollmächtigte der Klägerin wie folt begründet: Er habe den Schriftsatz entsprechend der Bedienungsanleitung von Word an „RA-Micro“ und dann ans beA übertragen, wovon er sich überzeugt habe. Es sei aber wohl so gewesen, dass bei der Umwandlung der Word- in eine pdf-Datei infolge einer technischen Fehlfunktion eine leere Seite entstanden sei. Dieses technische Problem sei ihm nicht anzulasten.
Das hat das LG anders gesehen und es wird vom BGH in der Rechtsbeschwerde bestätigt:
„…..
Das Berufungsgericht hat zu Recht die Wiedereinsetzung versagt und die Berufung der Beklagten wegen Versäumung der Berufungsfrist als unzulässig verworfen.
b) Die Klägerin hat nicht gemäß § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht, ohne ein – ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares – Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten gemäß § 233 Satz 1 ZPO an der Einhaltung der Berufungsfrist verhindert gewesen zu sein. Sie hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihr Prozessbevollmächtigter vor der elektronischen Signatur der PDF-Datei und der Übersendung an das Gericht diese Datei hinreichend überprüft und kontrolliert hat.
aa) Eine aus einem anderen Dateiformat in eine PDF-Datei umgewandelte Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsschrift ist durch den signierenden Rechtsanwalt vor der Übermittlung im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs an das Gericht per besonderem elektronischen Anwaltspostfach darauf zu überprüfen, ob ihr Inhalt dem Inhalt der Ausgangsdatei entspricht. Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs über das besondere elektronische Anwaltspostfach entsprechen grundsätzlich denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. Auch bei der Signierung eines ein Rechtsmittel oder eine Rechtsmittelbegründung enthaltenden fristwahrenden elektronischen Dokuments (§ 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO) gehört es daher zu den Pflichten eines Rechtsanwalts, das zu signierende Dokument zuvor selbst sorgfältig auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu prüfen (BGH, Beschluss vom 8. März 2022 VI ZB 78/21, NJW 2022, 1964 Rn. 11 mwN). Entscheidend ist, dass das tatsächlich signierte Dokument überprüft wird, was insbesondere auch in den Fällen gilt, in denen eine Datei durch Scan-, Kopier- und Speichervorgänge erneut erstellt wird. Durch diese Vorgänge wird im elektronischen Bereich eine besondere Gefahrenquelle geschaffen, so dass es erforderlich ist, das letztlich zu signierende Dokument zu überprüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. März 2022 VI ZB 78/21, NJW 2022, 1964 Rn. 14).
bb) Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass ihr Prozessbevollmächtigter eine entsprechende Überprüfung vorgenommen hat. Dieser hat die Berufungsschrift im Word-Programm erstellt. Diese ist als PDF-Dokument abgespeichert und übersendet worden. Dass vor der Signatur das PDF-Dokument von ihrem Prozessbevollmächtigten auf inhaltliche Richtigkeit überprüft worden ist, legt die Klägerin nicht dar. Sie beruft sich vielmehr darauf, dass durch die Umwandlung der DOC-Datei des Programms „MS-Word“ in ein PDF-Format technisch leere Seiten erzeugt werden könnten aufgrund eines technischen Versagens, das ihrem Prozessbevollmächtigten nicht zuzurechnen sei. Hätte dieser jedoch die PDF-Datei nochmals geöffnet, hätte er sehen müssen, dass diese nur eine leere Seite enthielt. Die mangelnde Überprüfung hat dazu geführt, dass die Berufungsfrist wegen der Übersendung der Datei mit der leeren Seite versäumt wurde.“