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beA II: beA/elektronisches Dokument im Strafrecht, oder: Wiedereinsetzung, Ersatzeinreichung, Email

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Und nach der kleinen RÜ zum beA im Zivilverfahren (vgl. hier: beA I: beA/elektronisches Dokument im Zivilrecht, oder: aktuelle Software, Zustellung, Ersatzeinreichung) nun etwas zum Straf-/OWi-Verfahren, und zwar:

  • BGH, Beschl. v. 06.02.2024 – 6 StR 609/23 – zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision, in dem sich ein Dissens bei den Strafsenaten des BGH andeutet/ankündigt:

„(1) Der Senat vermag der Rechtsansicht des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs nicht zu folgen, wonach die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags in Fällen, in denen die vorübergehende technische Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument geltend gemacht wird, einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände bedarf (vgl. BGH, Beschluss vom 5. September 2023 – 3 StR 256/23, NStZ-RR 2023, 347). Gestützt wird dieses Erfordernis auf die für eine zulässige Ersatzeinreichung von Schriftsätzen gemäß § 130d Satz 3 ZPO entwickelten Anforderungen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. September 2022 – XII ZB 264/22, NJW 2022, 3647; vom 1. März 2023 – XII ZB 228/22, NJW-RR 2023, 760, 762). Mit den an die Darlegung des technischen Defekts gestellten Anforderungen soll eine missbräuchliche Übersendung von Schriftsätzen im Zivilprozess nach den allgemeinen Vorschriften verhindert werden (vgl. BT-Drucks. 17/12634 S. 27 zu § 130d ZPO). Während das Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten nach § 85 Abs. 2 ZPO demjenigen der Partei gleichsteht und daher die Wiedereinsetzung gemäß § 233 Satz 1 ZPO versagt werden kann, wenn die elektronische Übermittlung etwa wegen eines technischen Fehlers fehlschlägt und der Anwalt nicht die Möglichkeit ergreift, das Dokument nach den allgemeinen Vorschriften fristwahrend zu übermitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2023 – XII ZB 228/22, NJW-RR 2023, 760, 762), erscheint die Übertragung der insoweit entwickelten Grundsätze auf die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 44, 45 StPO nicht sachgerecht, weil das Verschulden des Verteidigers bei der formwidrigen Übermittlung von Schriftsätzen dem Angeklagten nicht als eigenes zuzurechnen ist (vgl. BVerfG, NJW 1994, 1856; BGH, Beschluss vom 4. Juli 2023 – 5 StR 145/23, NJW 2023, 3304).

(2) Es kann letztlich dahinstehen, ob das vom 3. Strafsenat postulierte Darlegungserfordernis anzunehmen ist. Denn hier würde das Vorbringen des Antragstellers diesen Anforderungen gerecht, weil es mit Blick auf den glaubhaft gemachten Hardware-Defekt am Kanzleirechner, über den das besondere elektronische Anwaltspostfach geführt wurde (§ 31a BRAO), und die Dauer der Störung eine verständliche und geschlossene Schilderung enthielte.“

Im Falle einer im Verantwortungsbereich der Justiz zu verortenden Störung, die den beA-Empfang bei allen Gerichten im Lande (über einen längeren Zeitraum und) über den Ablauf der Einlegungsfrist hinaus unmöglich machen, bedarf es einer sonst erforderlichen anwaltlichen Versicherung – insbesondere von Umständen, die sich der genaueren Kenntnis des Versichernden zu Ursachen und Ausmaß der Störung entziehen – ausnahmsweise nicht, um den Anforderungen des § 32 d Satz 3 und Satz 4 StPO zu genügen.

1. Die Rechtsmitteleinlegung durch genügt nicht der gesetzlichen Schriftform gemäß § 32a Abs. 3 StPO, wenn die Email weder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der das Dokument verantwortenden Person versehen noch vom Verfasser signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden ist.

2. Dem Schriftformerfordernis wird aber ausnahmsweise dadurch genügt, wenn die Email ausgedruckt und zur Akte genommen wurde. Aus dem Schriftstück muss dann jedoch der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, schon im Zeitpunkt des Eingangs der Erklärung bei Gericht hinreichend zuverlässig entnommen werden können.

beA I: Anwendungsbereich der Formvorschriften, oder: § 32d StPO gilt auch für „gewählte andere Personen“

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Und dann auf in die 9 KW., und zwar mit zwei Entscheidungen zum beA im Strafverfahren.

Ich beginne mit dem KG, Beschl. v. 04.01.2024 – 3 ORs 87/23, der noch einmal Stellung nimmt zum persönlichen Anwendungsbereich des § 32d StPO.

Das LG hat die Berufung der Angeklagten gegen ein Urteil des AG verworfen. Gegen das auf einen form- und fristgerecht eingelegten Einspruch erfolgte amtsgerichtliche Urteil hatte die für die Angeklagte gemäß § 138 Abs. 2 StPO als Wahlverteidigerin „Beiständin“ mit am 17.03.2023 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz per Telefax Rechtsmittel eingelegt.

In der Folge hat das LG Berlin Termin zur Berufungshauptverhandlung anberaumt und die Berufung der Angeklagten verworfen. Als weitere Wahlverteidigerinnen hat es gemäß § 138 Abs. 2 StPO L. L. und C. M. zugelassen. Gegen das Urteil hat die Angeklagte am 19.10.2023 persönlich Rechtsmittel eingelegt. Die Revisionsbegründung gegen das am 02.11.2023 zugestellte Urteil ist mit Schriftsatz vom 01.12.2023 durch L. L. per Telefax erfolgt. Das KG hat die Revision der Angeklagten war als unzulässig zu verwerfen.

„1a) Die Revision ist unzulässig, da sie nicht formgerecht im Sinne des § 32d Satz 2 StPO erfolgt ist. Nach § 341 Abs. 1 StPO muss die Revision bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils eingelegt und gemäß § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO binnen eines Monats nach Ablauf dieser Frist begründet werden. Verteidiger und Rechtsanwälte müssen (auch) die Begründung der Revisionsanträge gemäß dem seit dem 1. Januar 2022 geltenden, durch das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 (BGBl. I S. 2208, 2210) eingeführten § 32d S. 2 StPO als elektronisches Dokument übermitteln. Nach dem Gesetzeswortlaut, dem Zusammenhang und insbesondere der Gesetzesbegründung handelt es sich hierbei um eine Wirksamkeitsvoraussetzung der Prozesshandlung; ihre Nichteinhaltung bewirkt die Unwirksamkeit der Erklärung (vgl. BT-Drucks. 18/9416 S. 51; vgl. auch BGH, Beschluss vom 19. Juli 2022 – 4 StR 68/22 –, juris; OLG Oldenburg, Beschluss vom 25. Februar 2022 – 1 Ss 28/22 –, juris; KK-StPO/Graf 9. Aufl., § 32d Rn. 5; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 66. Aufl., § 32d Rn. 2).

b) Dem genügt die allein durch Telefax am 1. Dezember 2023 eingelegte Revisionsbegründung nicht, denn die von der Angeklagten gewählte und vom Gericht zugelassene Verteidigerin L. L., die für die Angeklagte das Rechtsmittel begründen konnte, musste dies – ebenso wie Rechtsanwälte – in Form eines elektronischen Dokuments tun. Denn der eindeutige Wortlaut von § 32d StPO sieht die in Satz 2 normierter Verpflichtung gerade nicht nur für Rechtsanwälte, sondern für „Verteidiger und Rechtsanwälte“ vor (vgl. auch BT-Drucks. 18/9416 S. 51: „§ 32 StPO-E beschränkt die Nutzungspflicht von vornherein auf Verteidiger und Rechtsanwälte“). Die Angeklagte hat hier zu Beginn der Hauptverhandlung am 13. Oktober 2023 vor dem Landgericht Berlin ihre (weiteren) Verteidigerinnen gewählt und diese haben die Wahl angenommen. Mit der Genehmigung durch das Landgericht Berlin durch Beschluss vom selben Tag ist das Verteidigungsverhältnis wirksam entstanden (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 138 Rn. 10), unabhängig davon, ob die Wahlverteidigerin entgeltlich oder unentgeltlich für die Angeklagte tätig geworden ist (vgl. Meyer-Goßner-Schmitt, a.a.O., Vor § 137 Rn. 4).

Raum für eine teleologische Reduktion von § 32d S. 1 StPO dahin, Verteidiger, die nicht Rechtsanwälte sind, vom Anwendungsbereich der Norm auszunehmen, besteht nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser Personenkreis von der Norm nicht erfasst werden sollte. In der Gesetzesbegründung wird deutlich gemacht, dass dieses besondere Formerfordernis nicht für Beschuldigte, nicht vertretene Nebenkläger und sonstige Verfahrensbeteiligte gelten soll (vgl. BT-Drucks. 18/9416, S. 51). Ausgenommen werden sollte also vor allem der „einfache“ Bürger in seinem Kontakt mit der Strafjustiz, dessen Zugang nicht erschwert werden sollte (vgl. auch BT-Drucks. 18/9416, S. 2 f.) Daraus kann im Umkehrschluss gefolgert werden, dass die am Verfahren beteiligten Beistände von Beschuldigten vollständig erfasst werden sollten. Dafür spricht schließlich auch der Sinn und Zweck der Norm, denn eine elektronische Aktenführung kann nur dann die damit verbundenen Vorteile voll umfänglich entfalten, wenn möglichst alle Prozessbeteiligten ihre Beiträge systemgerecht einreichen (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Juni 2022 – 3 Ws (B) 123/22122 Ss 58/22 –, juris; KK-StPO/Graf, a.a.O., § 32d Rn. 1). Folglich sollte der davon ausgenommene Personenkreis möglichst klein bleiben (vgl. Senat, a.a.O.)

a) An dem vorstehenden Ergebnis vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass bereits die Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil vom 10. März 2023 nicht form- und fristgerecht gemäß §§ 314 Abs. 1, 32d S. 2 StPO erfolgt ist. Gegen dieses Urteil ist nämlich ebensowenig wirksam Berufung eingelegt worden, wie gegen das nunmehr angefochtene die Revisionsbegründung wirksam erfolgt ist. Denn die am 17. März 2023 durch die Wahlverteidigerin K. W. per Telefax eingelegte Berufung entsprach ebenfalls nicht den gesetzlich zwingenden Vorschriften und war damit unwirksam. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen……“

beA I: Beschwerdeschrift der Staatskasse elektronisch, oder: Gleiches Recht für alle….

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Und zum Wochenschluss dann der „Kessel Buntes“, und zwar heute mit zwei Entscheidungen des BGH zum beA.

Hier kommt zunächst der BGH, Beschl. v. 08.11.2023 – XII ZB 72/23 . Für den gilt:

Gleiches Recht für alle, also auch für die Staatskasse. Das ist nämlich das Fazit aus dem Beschluss des BGH. Der BGh hat in ihm zu den formellen Anforderungen an die Beschwerdeschrift der Staatskasse nach dem FamFG Stellung genommen und sagt: Die Einlegung der Beschwerde durch die Staatskasse erfordert im Fall der Einreichung einer Beschwerdeschrift nach §§ 64 Abs. 2 S. 1, 14b Abs. 1 FamFG die elektronische Übermittlung:

„2. Die Beschwerde der Staatskasse ist nicht formgerecht eingelegt worden.

a) Als bestimmender Schriftsatz ist die Beschwerde, wenn sie durch einen Rechtsanwalt, einen Notar, eine Behörde oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht wird, seit dem 1. Januar 2022 gemäß § 14 b Abs. 1 Satz 1 FamFG als elektronisches Dokument zu übermitteln. Wird diese Form nicht eingehalten, ist die Erklärung unwirksam und wahrt die Rechtsmittelfrist nicht (Senatsbeschluss vom 31. Mai 2023 – XII ZB 428/22FamRZ 2023, 1577 Rn. 5; BGH Beschluss vom 31. Januar 2023 – XIII ZB 90/22FamRZ 2023, 719 Rn. 13).

Die Pflicht zur elektronischen Übermittlung gilt auch in Betreuungs- und Unterbringungsverfahren. Denn für die einzureichenden Anträge und Erklärungen ist § 14 b FamFG ohne Bereichsausnahme einschlägig (vgl. Senatsbeschluss vom21. September 2022 – XII ZB 264/22FamRZ 2022, 1957 Rn. 8).

Die Beschwerdeeinlegung nach § 64 Abs. 2 Satz 1 FamFG wird vom sachlichen Anwendungsbereich des § 14 b Abs. 1 FamFG erfasst (vgl. Senatsbeschlüsse vom 31. Mai 2023 – XII ZB 428/22FamRZ 2023, 1577 Rn. 7 f. und vom 7. Dezember 2022 – XII ZB 200/22FamRZ 2023, 461 Rn. 7 mwN). Im Vergütungsfestsetzungsverfahren gilt nichts Abweichendes (vgl. Senatsbeschlüsse vom 31. Mai 2023 – XII ZB 428/22FamRZ 2023, 1577 Rn. 8 und vom 7. Dezember 2022 – XII ZB 200/22FamRZ 2023, 461 Rn. 8).

b) Der in § 14 b Abs. 1 FamFG verwendete Begriff „juristische Person des öffentlichen Rechts“ schließt die Bundesländer und ihre Behörden ein (vgl. BGH Beschlüsse vom 6. April 2023 – I ZB 84/22WM 2023, 1271 Rn. 14 f. und vom 1. Juni 2023 – I ZB 80/22WM 2023, 1467 Rn. 17 f. zum Vollstreckungsverfahren; OLG Bamberg FamRZ 2023, 459 und JurBüro 2022, 667 f. je zu § 130 d ZPO; Sternal/Sternal FamFG 21. Aufl. § 14 b Rn. 9; BeckOK FamFG/Burschel/Perleberg-Kölbel [Stand: 1. August 2023] § 14 b Rn. 9; Fritzsche NZFam 2022, 1, 3). Erfasst werden sollen alle Behörden (vgl. BT-Drucks. 17/12634 S. 27 zu § 130 d ZPO).

c) Nach den vorstehenden Grundsätzen fehlt es an einer formwirksamen Einlegung der Beschwerde. Die Staatskasse hat die Beschwerde nicht als elektronisches Dokument übermittelt. Auch die Voraussetzungen einer zulässigen Ersatzeinreichung sind nicht gegeben. Die Staatskasse hat ebenfalls nicht von der Möglichkeit des § 64 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 FamFG Gebrauch gemacht, die Beschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle zu erklären.

aa) Die Staatskasse fällt in den persönlichen Anwendungsbereich des § 14 b Abs. 1 FamFG. Sie ist zwar keine Behörde im Sinne des § 8 Nr. 3 FamFG, weil sie nicht in Verfahrensstandschaft für und gegen den jeweiligen Rechtsträger handelt (vgl. hierzu: Prütting/Helms/Prütting FamFG 6. Aufl. § 8 Rn. 21 mwN), aber sie vertritt den Rechtsträger als solchen (A.I.1.c. der Anordnung über die Vertretung des Landes Brandenburg im Geschäftsbereich des Ministers der Justiz – Vertretungsordnung JM Brdbg – vom 9. Juni 1992 [JMBl. S. 78], zuletzt geändert durch Allgemeine Verfügung vom 15. Juli 2019 [JMBl. S. 134]; vgl. auch OLG Bamberg FamRZ 2023, 459, 460 und JurBüro 2022, 667 f. je zu § 5 Abs. 1 Nr. 7 lit. c der Verordnung über die gerichtliche Vertretung des Freistaates Bayern vom 26. Oktober 2021 – VertV, GVBl. S. 610).

bb) Auch war nicht ausnahmsweise die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften in Schriftform oder per Telefax gemäß § 14 b Abs. 1 Satz 2 und 3 FamFG zulässig. Die Staatskasse hat nicht im Wege einer Ersatzeinreichung nach dieser Vorschrift dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Übermittlung als elektronisches Dokument aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich war.“

Dürfte dann wohl auch für andere Verfahrensordnungen gelten. Zur Nutzungspflicht für die Staatsanwaltschaft im Vollstreckungsverfahren LG Gera, Beschl. v. 06.10.2022 – 7 T 234/22.

beA: Zeitreserven für Synchronisation von Computern, oder: Verschulden, wenn ein Zeitpolster fehlt

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Und heute dann im „Kessel Buntes“ zwei Entscheidungen aus dem Verfahrensrecht.

Ich beginne mit einer weiteren Entscheidung zum beA. Die kommt aus einem Verwaltungsverfahren, das in Baden-Württemberg anhängig war.

Nach dem Sachverhalt hatte der Kläger an einer ihm gehörenden Villa Umbauarbeiten vorgenommen, obwohl die Villa im Denkmalbuch stand. Der Kläger hat versucht, die Villa aus dem Denkmalbuch löschen zu lassen. Außerdem hatte er in einem anderen Verfahren beantragt festzustellen, dass die Villa kein Kulturdenkmal darstelle, oder hilfsweise, dass die Umbauarbeiten im Nachhinein genehmigt werden.

Das VG hat beide Klagen am selben Tag abgewiesen. Der Kläger hat dann in beiden Verfahren beantragt, die Berufung zuzulassen. In dem Verfahren betreffend Löschung aus dem Denkmalbuch übersandte sein Prozessbevollmächtigter die Begründung seines Antrags eine halbe Stunde vor Fristablauf. Die Begründung für den zweiten Antrag ging drei Minuten nach Fristablauf beim VGH ein.

Der Kläger hat Wiedereinsetzung beantragt und dazu vorgetragen:  Der Kartenleser für den beA-Zugang habe schon am Mittag nicht funktioniert. Deshalb sei ein Gerät eines Kollegen installiert worden, um sich ins beA einloggen zu können. Der Funktionstest auf der zweiten Ebene – Citrix Workspace (eine digitale Arbeitsumgebung) – sei aber negativ ausgefallen. Die Ursache dafür habe wohl in dem Server gelegen, der außerhalb der Kanzlei arbeitete. Er habe deshalb den Schriftsatz erstellen, dann in der Cloud abspeichern und dann über beA versenden wollen. Diese „Synchronisation“ dauere an sich nur wenige Sekunden. Im Verfahren „Denkmalbuch“ habe das auch geklappt. Dann habe er sich den Wecker auf fünf vor Mitternacht gestellt, um bis dahin noch an dem Schriftsatz zu arbeiten. Als es dann zur Versendung gekommen sei, habe die Synchronisation wesentlich länger als erwartet gedauert.

Der VGH Baden-Württemberg hat den Antrag mit dem VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 14.12.2023 – 1 S 1173/23 – zurückgewiesen:

„2. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO ist abzulehnen, weil sein Prozessbevollmächtigter nicht ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, einzuhalten.

a) Verschuldet i.S.v. § 60 Abs. 1 VwGO ist eine Fristversäumnis, wenn der Beteiligte die Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden geboten ist und die ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.02 2021 – 2 C 11/19 – juris Rn. 6, m.w.N.). Dabei ist ihm ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zuzurechnen (§ 173 VwGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO). Die „Beweislast“ für die Umstände, die dafür sprechen, dass die Fristversäumnis unverschuldet war, liegt bei dem Betroffenen, der die Wiedereinsetzung begehrt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.05.2010 – 7 B 18/10 – juris Rn. 4, m.w.N.). Gelingt die Glaubhaftmachung nicht oder bleibt nach den glaubhaft gemachten Tatsachen zumindest die Möglichkeit offen, dass die Fristversäumung von dem Beteiligten bzw. seinem Prozessbevollmächtigten verschuldet war, so kann Wiedereinsetzung nicht gewährt werden (BVerwG, Beschl. v. 25.09.2023 – 1 C 10/23 – juris Rn. 12; BGH, Beschl. v. 01.03.2023 – XII ZB 228/22 – juris Rn. 13).

Prozessuale Fristen – wie des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO – dürfen bis zu ihrer Grenze ausgenutzt werden (st. Rspr., vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 14.02.2023 – 2 BvR 653/20 – juris Rn. 22, m.w.N.; Beschl. v. 15.01.2014 – 1 BvR 1656/09 – juris Rn. 37; BVerwG, Beschl. v. 25.09.2023, a.a.O. Rn. 15, m.w.N.). Einem Verfahrensbeteiligten kann daher nicht vorgeworfen werden, dass er bis zum letzten Tag der Frist abwartet, ehe er eine fristgebundene prozessrechtliche Erklärung abgibt. Wird eine Rechtsmittelfrist oder die Begründungsfrist bis zum letzten Tag ausgeschöpft, so treffen den Verfahrensbeteiligten allerdings erhöhte Sorgfaltspflichten. Er muss alle gebotenen und zumutbaren Maßnahmen treffen, um die Gefahr einer Fristversäumnis zu vermeiden. Ein pflichtbewusster Rechtsanwalt ist daher kurz vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist verpflichtet, jedes Risiko zu meiden, das zu einer Fristversäumung führen oder beitragen kann (BVerfG, Kammerbeschl. v. 02.07.2014 – 1 BvR 862/13 – juris Rn. 4, m.w.N.; BVerwG, Beschl. v. 25.05.2010, a.a.O.Rn. 6, m.w.N.; BGH, Beschl. v. 09.05.2006 – XI ZB 45/04 – juris Rn. 8 ff.).

Eine Fehlfunktion technischer Einrichtungen in der Anwaltskanzlei entlastet den Rechtsanwalt (nur) dann, wenn die Störung plötzlich und unerwartet aufgetreten ist und durch regelmäßige Wartung der Geräte nicht hätte verhindert werden können (BGH, Beschl. v. 18.02.2020 – XI ZB 8/19 – juris Rn. 12; Beschl. v. 15.12.2022 – I ZB 35/22 – juris Rn. 13). Dabei ist ein Rechtsanwalt bei Ausschöpfung einer Frist bis zum letzten Tag zwar nicht verpflichtet, die technischen Systeme stets vorsorglich auf dessen Funktionsfähigkeit zu überprüfen. Er missachtet aber dann die gebotene Sorgfalt, wenn er wegen eines Versagens des technischen Systems konkreten Anlass dafür hat, an dessen verlässlicher Funktionstauglichkeit zu zweifeln (BGH, Beschl. v. 16.11.2016 – VII ZB 35/14 – juris Rn. 13; Beschl. v. 18.02.2020, a.a.O. Rn. 12; je zum Telefax).

Bei der Übersendung von Schriftsätzen mittels Telefax muss der Versender Verzögerungen berücksichtigen, mit denen üblicherweise zu rechnen ist, wozu schwankende Übertragungsgeschwindigkeiten oder die Belegung des Telefax-empfangsgeräts bei Gericht durch andere eingehende Sendungen gehören, und daher einen über die zu erwartende Übermittlungsdauer der zu faxenden Schriftsätze samt Anlagen hinausgehenden Sicherheitszuschlag in der Größenordnung von 20 Minuten einkalkulieren (st. Rspr., BVerwG, Beschl. v. 25.09.2023, a.a.O. Rn. 17, m.w.N.).

Auch im elektronischen Rechtsverkehr muss mit einer nicht jederzeit reibungslosen Übermittlung gerechnet werden, und können z.B. Schwankungen bei der Internetverbindung oder eine hohe Belastung des Servers kurz vor Mitternacht etwa wegen einer großen Anzahl eingehender Nachrichten oder wegen der Durchführung von Software-Updates zu Verzögerungen führen, die einzukalkulieren sind (BVerwG, Beschl. v. 25.09.2023, a.a.O. Rn. 18; HessVGH, Beschl. v. 24.08.2022 – 4 A 149/22.Z – juris Rn. 10; OLG Frankfurt, Beschl. v. 03.11.2021 – 6 U 131/21 – juris Rn. 14). Dem ist durch eine zeitliche Sicherheitsreserve bei der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze Rechnung zu tragen (BVerwG, Beschl. v. 25.09.2023, a.a.O. Rn. 18f.).

b) Nach diesem Maßstab ist die Versäumung der Begründungsfrist nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hier verschuldet. Ein Verschulden liegt in mehrfacher Hinsicht vor. Jeder dieser Sorgfaltsverstöße führt bereits je für sich zur Ablehnung der Wiedereinsetzung nach § 60 Abs. 1 VwGO.

aa) Auch im elektronischen Rechtsverkehr muss, wie ausgeführt, durch einen pflichtgemäß handelnden Rechtsanwalt eine zeitliche Sicherheitsreserve bei der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze einkalkuliert werden. Dabei ist eine Zeitspanne von unter sieben Minuten für die Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach bei einer nur ca. 280 KB umfassenden Datei zu knapp bemessen (BVerwG, Beschl. v. 25.09.2023, a.a.O. Rn. 18f.). Zu knapp kalkuliert ist daher auch – wie hier – eine Zeitspanne von weniger als fünf Minuten für eine Datei von ca. 300 KB. Das Vorsehen eines so kurzen Zeitraums für die Übermittlung ist auch angesichts des vom Prozessbevollmächtigten geltend gemachten Vertrauens auf eine vergleichbar schnelle Versendung wie im Verfahren 1 S 1126/23 ein Verschulden i.S.v. § 60 Abs. 1 VwGO. Maßgeblich ist auch bei Erfahrungswerten eines Prozessbevollmächtigten die unter normalen Umständen zu erwartende Übermittlungsdauer zuzüglich eines Sicherheitszuschlags (BGH, Beschl. v. 27.09.2018 – IX ZB 67/17 – juris Rn. 20, 21). Zudem beruft sich der Prozessbevollmächtigte hier nur auf den „Erfahrungswert“ aus einem einzigen anderen Verfahren.

Liegt mithin bereits mangels Einkalkulierens einer ausreichenden zeitlichen Sicherheitsreserve eine Sorgfaltspflichtverletzung vor, so kommt es nicht auf die Frage an, ob eine – wie hier geltend gemacht – unvorhersehbare und unvermeidbare Störung der Hard- oder Software des Computersystems in der Anwaltskanzlei vorlag (BVerwG, Beschl. v. 25.09.2023, a.a.O. Rn. 22).

bb) Ein Verschulden i.S.v. § 60 Abs. 1 VwGO ist es auch, die für das Erstellen des fristgebundenen Schriftsatzes notwendige Synchronisation zwischen dem lokalen PC des Anwalts und einem Arbeitssystem auf einem Server in einem weit entfernten Rechenzentrum erst fünf Minuten vor dem Fristende durchzuführen. Diese Synchronisation ist auf Leitungen außerhalb der Kanzlei und die Übermittlung über Internetverbindungen angewiesen. Daher müssen bei sorgfältigem Handeln – wie bei der Übermittlung von Schriftsätzen an das Gericht per Telefax oder im elektronischen Rechtsverkehr – ausreichende Zeitreserven eingeplant werden. Dies hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers hier pflichtwidrig unterlassen.

Der Umstand, dass diese Synchronisation im Verfahren 1 S 1126/23 um 23:28 Uhr innerhalb weniger Sekunden funktionierte und der IT-Mitarbeiter xxx dem Prozessbevollmächtigten mitgeteilt hatte, dass eine in der zweiten Ebene in OneDrive gespeicherte Datei mit der hier zu erwartenden Größe von ca. 300 KB in aller Regel sofort synchronisiert werde, d.h. innerhalb weniger Sekunden (maximal binnen einer Minute) auf der ersten Ebene zur Verfügung stehe, entlastet den Prozessbevollmächtigten nicht. Denn zwischen dem Kanzleistandort mit lokalen PCs und einem Server in einem weit entfernten, externen Rechenzentrum ist mit Übertragungsproblemen und schwankenden Internetverbindungen zu rechnen. Dieses Risiko hat der pflichtbewusste Rechtsanwalt kurz vor Fristende zu meiden.

cc) Ein weiteres Verschulden i.S.v. § 60 Abs. 1 VwGO liegt darin, dass der Prozessbevollmächtigte am 14.08.2023 für die Erstellung des Schriftsatzes mit der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung keinen anderen sichereren Weg wählte, als am Nachmittag nicht aufzuklärende technische Probleme auf der zweiten Ebene des Computersystems auftraten. Beim Funktionstest mit dem externen IT-Mitarbeiter xxx am Tag des Fristablaufs zwischen 15 und 16 Uhr fiel der Funktionstest auf der zweiten Ebene negativ aus und wurde die Karte auf der zweiten Ebene im beA-Portal nicht erkannt, während der Kartenleser auf der ersten Ebene, auf dem lokalen PC funktionierte. Der IT-Mitarbeiter xxx konnte selbst nicht nachvollziehen, warum das Kartenlesegerät nur auf der ersten, nicht aber auf der zweiten Ebene funktionierte. Das Computersystem der Kanzlei funktionierte auf der zweiten Ebene mithin nicht störungsfrei. Wenn solche Störungen auftreten, erhöhen sich die Sorgfaltspflichten des Rechtsanwalts und ist er verpflichtet, parallele Sicherungsmaßnahmen durchzuführen (BGH, Beschl. v. 27.01.2015 – II ZB 21/13 – juris Rn. 10 ff., zu Sicherungsmaßnahmen bei eingeschränktem Zugriff auf den Fristenkalender auf einem externen Server). Zu einer solchen Sicherungsmaßnahme hätte hier gehören können, den fristgebundenen Schriftsatz ausschließlich auf dem lokalen PC zu erstellen. Dies hat der Prozessbevollmächtigte pflichtwidrig unterlassen.“

beA II: Berufungseinlegung nur mit „Word-Dokument“, oder: Wenn der Hinweis des Gerichts verspätet ist

https://www.burhoff.de/asp_weitere_beschluesse/inhalte/8239.htm

Und dann habe ich als zweite Entscheidung hier noch ein Urteil des OLG Düsseldorf. Ergangen ist das Urteil in einer Patentstreitigkeit. Die Einzelheiten des Verfahrens tun hier für die „beA-Frage“ nichts zur Sache; die muss man auch nicht verstehen, man kann/muss ja nicht alles verstehen.

Nur kurz: Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin eines u.a. Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents. Wegen Verletzung dieses Schutzrechts hat sie die Beklagten auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie auf Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz und zur Leistung einer angemessenen Entschädigung in Anspruch genommen. Diese Klage hat das LG abgewiesen.

Gegen das am 25.08.2022 zugestellte Urteil des LG hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 08.09.2022, beim OLG am selben Tag eingegangen, Berufung eingelegt, wobei sie diese über das beA im Dateiformat .docx (Word-Datei) übermittelt hat. Auf einen Hinweisbeschluss des OLG-Senats vom 20.03.2023 hat sie mit Schriftsatz vom selben Tag die Berufungsschrift vom 08.09.2022 nochmals im Dateiformat PDF eingereicht, wobei ihr Prozessbevollmächtigter versichert hat, dass die Berufungsschrift vom 08.09.2022 im Dateiformat .docx mit derjenigen im Dateiformat PDF inhaltlich übereinstimmt.

Das OLG hatte zunächst wohl in einem Hinweisbeschluss darauf hingewiesen, dass die Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung bestehen. Daran hat es dann aber im OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2023 – 15 U 99/22 – nicht festgehalten:

1. Die Berufung der Klägerin ist zulässig.

Dabei kann dahinstehen, ob die am 08.09.2022 eingegangene Berufung aus den Gründen des Hinweisbeschlusses des Senats vom 20.03.2023 (Bl. 127-130 eA), auf die Bezug genommen wird, zunächst nach § 130a ZPO i. V. m. § 2 ERRV wegen Nichteinhaltung der Form unzulässig gewesen ist, weil die ursprüngliche Übermittlung der Berufung nicht in dem zugelassenen Dateiformat PDF, sondern als Word-Datei erfolgt ist (vgl. hierzu auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.08.2023 – I-6 U 184/22; Siegmund, NJW 2023, 1681 Rn. 35; Bader, NZA 2023, 403). Denn die Klägerin hat einen (etwaigen) Mangel jedenfalls i. S. v. § 130a Abs. 6 ZPO geheilt.

Nach § 130a Abs. 6 ZPO hat das Gericht, wenn sich ein elektronisches Dokument nicht zur Bearbeitung eignet, dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs und der geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mitzuteilen (S. 1). Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt (S. 2). Diese Voraussetzungen hat die Klägerin hier erfüllt, als sie auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 20.03.2023 ihre Berufung noch am selben Tag im Dateiformat PDF hat einreichen lassen und ihr Prozessbevollmächtigter versichert hat, dass die nunmehr eingereichte Berufungsschrift im Dateiformat PDF mit der zuerst eingereichten Berufungsschrift vom 08.09.2022 im Dateiformat .docx inhaltlich übereinstimmt. Unschädlich ist, dass der gerichtliche Hinweis möglicherweise selbst nicht unverzüglich i. S. d. § 130a Abs. 6 Satz 1 ZPO erfolgt ist. Denn dies kann der nachreichenden Partei nicht zum Nachteil gereichen, indem durch den verspäteten Hinweis die Heilungsmöglichkeiten entfielen. Die betreffende Partei ist durch die (möglicherweise) verzögerte Handlung des Gerichts zwar nicht von ihrer Obliegenheit entbunden, nach dem erteilten Hinweis ihrerseits unverzüglich die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen zur Heilung eines Formverstoßes zu ergreifen, was die Klägerin hier getan hat. Die Unverzüglichkeit des gerichtlichen Hinweises ist aber keine Voraussetzung für die Notwendigkeit der Fristwahrung der Partei nach § 130a Abs. 6 Satz 2 ZPO. Der Hinweis dient ausschließlich dazu, ein Handeln der Partei innerhalb der noch nicht abgelaufenen Frist oder aber nach § 130a Abs. 6 Satz 2 ZPO zu ermöglichen. Die Position der Gegenpartei ist insoweit nicht schutzbedürftig. Sie kann daher im Fall eines nicht mehr unverzüglichen Hinweises des Gerichts nicht darauf vertrauen, der Formfehler wirke sich zu ihren Gunsten aus (vgl. BAG NJW 2022, 1832 Rn. 28 zu § 130a Abs. 6 ZPO aF; BAG, NJW 2023, 623 Rn. 50 zu § 46c Abs. 6 ArbGG; BeckOK ZPO/von Selle, 49. Ed. Stand: 01.07.2023 ZPO § 130a Rn. 26.1).“

Die Berufung hatte dann aber in der Sache keinen Erfolg. Das wird die Klägerin und ihren Prozessbevollmächtigten sicherlich nicht freuen. Der Prozessbevollmächtigte wird sich aber sicherlich – bei einem Gegenstandswert von 10.000.0000 EUR – darüber freuen, dass die Berufung nicht unzulässig war. Und seine Haftpflichtversicherung wahrscheinlich auch 🙂