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beA: Vorübergehende technische Unmöglicheit, oder: Glaubhaftmachung, Ausgangskontrolle, StA-Revision

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In die neue Woche starte ich hier mit insgesamit vier Entscheidungen zum beA, zwei kommen vom BGH, eine vom BayObLG und eine vom OLG Stuttgart. Die beiden Entscheidungen vom BGH sind in Zivilverfahren ergangen, ich stelle sie aber mit ein, weil die vom BGH entschiedenen Fragen ggf. auch in Straf- und Bußgeldverfahren, wenn ein Verschulden des Verteidigers dem Mandanten zugerechnet wird, von Bedeutung sein können.

Ich stelle aber jeweils nur die Leitsätze der Entscheidungen vor, den Rest übergebe ich dem Selbstleseverfahren. Hier sind dann:

Für die Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) der vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument nach § 130d Satz 2, 3 ZPO bedarf es zunächst einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände. Hieran fehlt es, wenn die dargelegten Tatsachen jedenfalls auch den Schluss zulassen, dass die Unmöglichkeit nicht auf technischen, sondern auf in der Person des Einreichers liegenden Gründen beruht. Darzulegen ist die technische Unmöglichkeit einschließlich ihrer vorübergehenden Natur, wobei eine laienverständliche Darstellung des Defektes und der zu seiner Behebung getroffenen Maßnahmen genügt, aufgrund derer es möglich ist festzustellen, dass Bedienungsfehler unwahrscheinlich sind.

1. Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen.

2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Prozessbevollmächtigte in ihrem Büro eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen. Dabei entsprechen die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen mittels beA nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH denjenigen bei der Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. Auch bei der Nutzung des beA ist es unerlässlich, den Versandvorgang zu überprüfen.

Eine Verpflichtung, die Revisionseinlegung als elektronisches Dokument zu übermitteln, besteht nach § 32d StPO nur für Verteidiger und Rechtsanwälte. Für die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte gilt hingegen eine hiervon abweichende Regelung, die in § 32b Abs. 3 StPO normiert ist. Danach ist  eine Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung der Rechtsmitteleinlegungs nur bei elektronischer Aktenführung vorgesehen.

Die von § 32d S. 4 Hs. 1 StPO vorgeschriebene Glaubhaftmachung ist nicht erforderlich, wenn der Grund der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit im Sinne von § 32d Satz 3 StPO gerichtsbekannt oder allgemeinkundig ist.

beA I: Sammlung zum beA/elektronischen Dokument, oder: sicherer Weg, Ersatz, Wiedereinsetzung, Urteil

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In die 29. KW./2024 starte ich heute dann mit einigen Entscheidungen zum beA. Das sind weitgehend BGH-Entscheidungen, eine der vorgestellten Entscheidungen stammt aber vom OLG Düsseldorf.

Hier sind dann also:

„bb) Ihre einfach signierten Schriftsätze hat die Verteidigerin nicht auf dem hier einzig in Betracht kommenden sicheren Übermittlungsweg zwischen ihrem besonderen elektronischen Anwaltspostfach und der elektronischen Poststelle des Landgerichts eingereicht ( § 32a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 StPO ).

Das Adjektiv „sicher“ bezieht sich insoweit nicht auf Fragen der IT-Sicherheit oder des Ausfallschutzes, sondern darauf, dass aufgrund entsprechender technischer Sicherungsmaßnahmen bei Nutzung eines solchen Übermittlungswegs ein sicherer Rückschluss auf die Identität des Absenders möglich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 2022 – 3 StR 251/22 Rn. 6). Der besondere Kommunikationskanal ersetzt die Identifikationsfunktion der Unterschrift (Müller, NZS 2018, 207, 209). Den hiermit verbundenen Anforderungen werden die Eingaben der Verteidigerin nicht gerecht. Die erforderliche eigenhändige Versendung aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach wird durch den vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis (vHN) dokumentiert. Dieser wird nur an einer Nachricht angebracht, wenn das Postfach in einem sicheren Verzeichnisdienst geführt wird und der Postfachinhaber zu dem Zeitpunkt, zu dem die Nachricht erstellt wird, sicher an dem Postfach angemeldet ist (vgl. BAGE 171, 28 Rn. 27; Müller, NZS 2018, 207, 209; Biallaß, NJW 2021, 789 [OLG Oldenburg 09.12.2020 – 6 W 68/20] ). Beim Empfänger führt die Übersendung dann zu dem Prüfergebnis „sicherer Übermittlungsweg aus einem besonderen Anwaltspostfach“. Der vHN ist maßgeblich für die freibeweisliche Prüfung einer formgerechten Einreichung. Fehlt er, kann nicht von einem Eingang auf einem sicheren Übermittlungsweg im Sinne von § 32a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 StPO ausgegangen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2023 – 4 StR 313/23 Rn. 2, 5; Beschluss vom 7. Februar 2023 – 2 StR 162/22 Rn. 6; s. auch BVerwG, NVwZ 2022, 649 [BVerwG 12.10.2021 – BVerwG 8 C 4.21] Rn. 6 ff.; BAGE 171, 28 [BAG 05.06.2020 – 10 AZN 53/20] Rn. 25 ff.). So liegt es hier. Denn die Prüfvermerke des Landgerichts weisen aus, dass die Revision und ihre Begründung lediglich „per EGVP“ übersandt wurden.

Ist die Revision wirksam elektronisch übermittelt worden, wegen technischer Störungen aber nicht zu den Sachakten gelangt, und hat das erkennende Gericht in Vertrauen auf die Rechtskraft der Entscheidung die Urteilsgründe abgekürzt abgefasst, kann es diese entsprechend § 267 Abs. 4 S. 4 ergänzen, wenn es vom Eingang des Rechtsmittels erfährt. Sofern dem Gericht zu diesem Zeitpunkt die Akten nicht mehr vorliegen, beginnt die Frist zur Absetzung des ergänzten Urteils mit erneutem Eingang der Akten.

Dem Angeklagten ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung von Verfahrensrügen zu gewähren, wenn er glaubhaft gemacht hat, dass seinem Verteidiger am letzten Tag der Revisionsbegründungsfrist um 23.49 Uhr die Übersendung einer fertiggestellten ergänzenden Revisionsbegründung zur Anbringung der Verfahrensrügen als elektronisches Dokument über sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach nicht möglich war, weil das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des jeweiligen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen – was dem Verteidiger im Zeitpunkt des Übersendungsversuchs noch nicht bekannt war – in der Weise gestört war, dass die Gerichte und Behörden elektronische Dokumente nicht empfangen konnten. Denn dadurch war der Verteidiger durch ausschließlich im Bereich der Justiz gründende Umstände gehindert, eine die fristgemäß erhobene Sachrüge ergänzende Verfahrensrüge rechtzeitig formgerecht anzubringen (vgl. zum gestörten Empfangsgerät im Bereich der Justiz BGH, Beschluss vom 18. Juni 2008 – 2 StR 485/07, NStZ 2008, 705).

Ein Rechtsanwalt muss Vorkehrungen dafür treffen, dass ein Zustellungsdatum, das in einem von ihm abgegebenen elektronischen Empfangsbekenntnis eingetragen ist, auch in seiner – noch in Papierform geführten – Handakte dokumentiert wird. An die Zustellung anknüpfende Fristen müssen anhand der Angaben im elektronischen Empfangsbekenntnis berechnet werden.

    1. Im Falle einer Ersatzeinreichung hat die Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung des Dokuments nach § 130d S. 3 ZPO möglichst gleichzeitig mit der Ersatzeinreichung zu erfolgen. Eine unverzügliche Nachholung kommt ausschließlich dann in Betracht, wenn der Rechtsanwalt das technische Defizit erst kurz vor Fristablauf bemerkt und ihm daher nicht mehr genügend Zeit für die gebotene Darlegung und Glaubhaftmachung in dem ersatzweise einzureichenden Schriftsatz verbleibt.
    2. Die Mitteilung der Gründe für die Ersatzeinreichung nach mehr als einer Woche ist im Regelfall nicht mehr unverzüglich i.S.d. § 130d Satz 3 ZPO.
    3. Die Bekanntheit einer technischen Störung auf Seiten des Gerichts entbindet den Einreicher jedenfalls nicht gänzlich davon, die Ursächlichkeit der Störung für die Übermittlung in Papierform oder per Telefax glaubhaft zu machen (Anschluss an OLG Hamm, Beschl. v. 03.07.2023 – 31 U 71/23, NJOZ 2023, 1582).

Anwalt III: Terminverlegung wegen Anwaltsurlaub?, oder: Nicht beim Kurzurlaub „ins Blaue“

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Und dann als drittes Posting heute etwas aus einem finanzgerichtlichen Verfahren. Ok, ok, aber das, was der BFH im BFH, Beschl. v. 22.04.2024 – III B 82/23 – ausführt, kann auch in anderen Verfahren von Bedeutung sein/werden. Es geht nämlich um eine Terminverlegung wegen eines (Kurz)Urlaubs des Rechtsanwalt „ins Blaue“

Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang. Im ersten Rechtsgang hatte der Bundesfinanzhof (BFH)  die Vorentscheidung aufgehoben und das Verfahren gemäß § 116 Abs. 6 FGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, da das FG trotz eines dargelegten und glaubhaft gemachten wichtigen Grundes für eine Terminsverlegung in der Sache verhandelt und entschieden hatte.

Im zweiten Rechtsgang stellte der Kläger/Beschwerdeführer zunächst erfolgreich zwei weitere Anträge auf Terminsverlegung. Bei der streitgegenständlichen dritten Ladung im zweiten Rechtsgang (der vierten Ladung unter Berücksichtigung des ersten Rechtsgangs) wurde der Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 22.02.2023 – Aschermittwoch – bestimmt. Der ordnungsgemäß geladene Prozessbevollmächtigte, ein selbständiger Einzelanwalt mit Kanzleisitz in Sachsen, nicht in Köln 🙂 , beantragte mit Schreiben vom 31.01.2023 Terminsverlegung mit der Begründung, dass er sich vom 16.02.2023 bis zum 22.02.2023 im Urlaub befinde.

Das FG lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 03.02.2023 unter Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 16.10.2020 – VI B 13/20 (BFH/NV 2021, 434) ab, da der Prozessbevollmächtigte nicht dargetan ? ?und erst recht nicht glaubhaft gemacht ?? habe, dass der Klägervertreter infolge eines bereits vor Anberaumung des Termins geplanten Urlaubs ortsabwesend sei.

Weder der Kläger noch der Prozessbevollmächtigte erschienen zur mündlichen Verhandlung. Das FG verhandelte in Abwesenheit der Klägerseite und wies die Klage ab. In den Urteilsgründen legte es die hierfür maßgeblichen Gründe dar. Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision (§ 116 Abs. 1 FGO), die er mit einer Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) und damit mit einem Verfahrensfehler im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO begründet. Die Beschwerde Antrag hatte keinen Erfolg:

„Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann das Vorgehen des FG, die mündliche Verhandlung in Abwesenheit der Klägerseite durchzuführen und eine verfahrensabschließende Entscheidung zu treffen, nicht beanstandet werden. Der rechtskundig vertretene Kläger hat gegenüber dem FG schon keinen erheblichen Grund im Sinne des § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO dargelegt, der eine Terminsverlegung gerechtfertigt hätte, obwohl er hierzu Anlass hatte.

a) Der Kläger hat vor der mündlichen Verhandlung weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass die Urlaubsplanung des Prozessbevollmächtigten bereits vor Zugang der Ladung so ausgestaltet war, dass diesem unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls die Wahrnehmung des gerichtlichen Termins während dieser Zeit nicht zumutbar ist.

Der Vortrag im Schreiben vom 08.02.2023, der Prozessbevollmächtigte habe sich vor Zugang der Ladung mit seiner Frau darauf verständigt, am Sitzungstag Urlaub zu machen, sie wüssten aber nicht, wohin die Reise gehen solle, genügt nicht, um eine Terminsverlegung zu erreichen. Bei einem derartigen Urlaub „ins Blaue“ liegt die Erheblichkeit des Grundes im Sinne des § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht auf der Hand, sondern kann sich nur unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls ergeben.

b) Weitere zu seinen Gunsten zu berücksichtigende Umstände hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen und erst recht nicht glaubhaft gemacht, obwohl das FG mit Schreiben vom 03.02.2023 deutlich gemacht hatte, dass es den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht (ein weiteres Mal) wegen eines nicht näher präzisierten Urlaubs verlegen werde und obwohl sich aus diesem Schreiben in Zusammenschau mit dem vorangegangenen Schriftwechsel ergab, dass das FG auch eine Glaubhaftmachung der erheblichen Gründe verlangt. Dies war dem Prozessbevollmächtigten auch klar, denn er kritisiert, dass der Richter durchwegs Nachweise haben wollte, ob seine (des Prozessbevollmächtigten) Aussagen wahr seien.

Als Rechtsanwalt musste dem Prozessbevollmächtigten bekannt sein, dass er in einem derartigen Fall zusätzlich zu dem angegebenen Verlegungsgrund –dem beabsichtigten Urlaub– Umstände vortragen und glaubhaft machen muss, wonach die Wahrnehmung des gerichtlichen Termins nach den Gesamtumständen des Einzelfalls als nicht zumutbar erscheint. Auch dem BFH-Beschluss vom 16.10.2020 – VI B 13/20 (BFH/NV 2021, 434, dort insbesondere Rz 28), auf den sich das FG bezogen hatte, ließ sich dies entnehmen.

c) Auch aus den Akten ergeben sich keine Umstände, wonach sich dem FG die Unzumutbarkeit der Terminswahrnehmung geradezu aufdrängen musste.“

beA I: beA-Versand geht mit einfacher Signatur, oder: BGH gibt Verteidiger „beA-Nachhilfe“.

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Der Startschuss in die 44. KW fällt dann heute mit zwei Entscheidungen des BGH zum beA bzw. formgerechten Einlegung der Revision und ihrer Begründung.

Ich stelle zunächst den BGH, Beschl. v. 19.07.2023 – 2 StR 369/22 – vor, der sehr schön zeigt, was man als Verteidiger alles falsch machen kann. „Ausbaden“ muss es dann ggf. der Angeklagte.

Hier hatt das LG den Angeklagten durch Urt. v. 23.02.2022 u.a. wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten (!!) verurteilt. Dagegen richtete sich seine am 02.03.2022 durch einen mit Telefax eingereichten Schriftsatz eingelegte Revision.

Der BGH hat das Rechtsmittel als unzulässig verworfen:

„Zugleich mit der Revisionseinlegung hat der Verteidiger hinsichtlich der Form erklärt, er habe die Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach versucht, „was jedoch mangels einer qualifizierten elektronischen Signatur“ misslungen sei. Bis dahin habe er sich „technisch gerüstet gewähnt“, da er im Besitz eines Kartenlesegeräts und einer Chipkarte gewesen sei und „bisher ohne Probleme am elektronischen Rechtsverkehr teilzunehmen vermochte“. Versuche zur „`Aufrüstung´ seines Anschlusses um ein qualifiziertes Signaturzertifikat“ seien erfolglos geblieben.

II.

Die Mitteilung genügt nicht den Form- und Fristanforderungen an eine wirksame Revisionseinlegung.

1. Nach der seit dem 1. Januar 2022 geltenden Vorschrift des § 32d Satz 2 StPO müssen Verteidiger und Rechtsanwälte die Revision und ihre Begründung als elektronisches Dokument übermitteln. Insoweit handelt es sich um eine Form- und Wirksamkeitsvoraussetzung der jeweiligen Prozesshandlung, die bei Nichteinhaltung deren Unwirksamkeit zur Folge hat (vgl. Senat, Beschlüsse vom 1. Februar 2023 – 2 StR 162/22 und vom 24. Mai 2022 – 2 StR 110/22; BGH, Beschlüsse vom 6. Juni 2023 – 5 StR 164/23; vom 7. März 2023 – 6 StR 74/23; vom 9. August 2022 – 6 StR 268/22, NJW 2022, 3588; vom 19. Juli 2022 – 4 StR 68/22 und vom 20. April 2022 – 3 StR 86/22, wistra 2022, 388).

a) § 32d Satz 2 StPO erfordert zwingend die Übermittlung der Revision als elektronisches Dokument. Die Prozesshandlung muss gemäß § 32a Abs. 3 StPO entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder aber von der verantwortenden Person einfach signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (vgl. BT-Drucks. 18/9416, S. 45; Senat, Beschluss vom 1. Februar 2023 – 2 StR 162/22; BGH, Beschluss vom 9. August 2022 – 6 StR 268/22, NJW 2022, 3588, 3589). Der Grad der Signatur, durch welche die eigenhändige Unterschrift ersetzt wird, richtet sich daher nach der Versandart. Ist der Versand über ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (§ 31a BRAO) als sicherer Übermittlungsweg erfolgt, so genügt eine einfache Signatur (§ 32a Abs. 3 Var. 2 StPO); in diesem Fall bedarf es keiner qualifizierten elektronischen Signatur (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Dezember 2022 – 2 StR 140/22, NStZ-RR 2023, 115).

Der Verteidiger des Angeklagten K. hat nicht behauptet, dass ihm eine Übermittlung in dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach mit einfacher Signatur nicht möglich gewesen sei. Seine Annahme, es bedürfe auch bei Übermittlung in dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach zusätzlich einer qualifizierten elektronischen Signatur geht fehl.

b) Die Übermittlung der Revisionsschrift durch Telefax am 2. März 2022 genügte nicht der Form des § 32d Satz 2 StPO. Der Verteidiger hat keinen Ausnahmefall im Sinne des § 32d Satz 3 und 4 StPO dargelegt.

aa) Nur wenn die Übermittlung als elektronisches Dokument aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist, bleibt die Übermittlung der Revisionsbegründung in Papierform zulässig. In einem solchen Fall ist die vorübergehende Unmöglichkeit auch bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. September 2022 – 5 StR 328/22). Als Beispiel für eine vorübergehende Unmöglichkeit gilt ein Serverausfall (vgl. BT-Drucks. 18/9416, S. 51). Wie die Formulierungen „aus technischen Gründen“ und „vorübergehend“ verdeutlichen, ist die Einreichung der Revisionsbegründung in Papierform die Ausnahme. Deshalb muss beim Absender grundsätzlich die notwendige technische Einrichtung vorhanden sein, um elektronische Dokumente einreichen zu können (vgl. BeckOK StPO/Valerius, 43. Ed., § 32d Rn. 5). Dagegen muss die Anwendung des Ausnahmetatbestands ausscheiden, wenn der Verteidiger kein geeignetes System vorhält oder bei technischen Problemen nicht umgehend für deren Behebung sorgt (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Dezember 2022 – 2 StR 140/22, NStZ-RR 2023, 115).

bb) Eine nur vorübergehende technische Unmöglichkeit wurde mit der Behauptung, eine qualifizierte elektronische Signatur für einen Versand aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach heraus zu benötigen und dies sei dem Verteidiger technisch nicht möglich gewesen, nicht dargelegt.

Für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist kein Raum. Nachdem trotz des erläuterten Revisionsverwerfungsantrags des Generalbundesanwalts – anders als im Fall des Senatsbeschlusses vom 2. März 2023 aaO – kein Wiedereinsetzungsantrag gestellt wurde, kommt auch eine Wiedereinsetzung von Amts wegen gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 StPO nicht in Betracht. Mangelndes Verschulden des Angeklagten ist nicht offenkundig. Auch die für sich genommen formgerecht eingereichte Revisionsbegründung vom 3. Juli 2022 mit der allgemeinen Sachrüge hat den Mangel der Form- und Fristwahrung bei der Einlegung des Rechtsmittels nicht geheilt. Sie verhält sich auch nicht zur Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.“

Was mich wundert: Einerseits frage ich mich, warum der Verteidiger nicht zumindest einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt hat, andererseits frage ich mich, warum der BGH nicht von Amts wegen Wiedereinsetzung gewährt worden ist. „Mangelndes Verschulden des Angeklagten ist nicht offenkundig“, na ja? Wirklich?

beA I: Fristverlängerungsbitte rechtzeitig bei der Akte?, oder: Ausreichende Glaubhaftmachung?

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Im Kessel Buntes heute dann mal wieder zwei „beA-Entscheidungen“ des BGH.

Hier zunächst der BGH, Beschl. v. 30.03.2023 – III ZB 13/22 – zur Glaubhaftmachung des rechtzeitigen Eingangs eines nicht zu den Gerichtsakten gelangten Fristverlängerungsantrags betreffend die Berufungsbegründungsfrist bei Nutzung des beA.

Folgender Sachverhalt: Das AG hat eine Zahlungsklage der Klägerin, die einen Online-Zahlungsdienst betreibt, abgewiesen. Das klageabweisende Urteil des AG wurde dem vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigen der Klägerin am 15.12.2020 zugestellt. Dieser legte am 14.01.2021 Berufung ein, die er mit am 15.03.2021 beim LG eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage begründete.

Das LG wies dann darauf hin, dass die Berufung nach Aktenlage nicht fristgerecht begründet worden sei. Mit Stellungnahme vom 13.12.2021 legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin einen – allerdings einen anderen Rechtsstreit gegen den Beklagten betreffenden – Fristverlängerungsantrag vom 15.022021 vor und beantragte, der Klägerin wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dazu versicherte er anwaltlich, er habe die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat bereits mit Schriftsatz vom 15.02.2021 beantragt. Diesen habe er eigenhändig am Computer geschrieben, noch am selben Tage über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) versandt und „wie stets … den Zugang bei Gericht laut dem beA-System als ‚erfolgreich‘ zur Kenntnis genommen“. „Anderenfalls wäre das Schreiben … wiederholt an das Gericht per beA … gesandt worden, bis der erfolgreiche Zugang bestätigt wird, was im vorliegenden Fall nicht notwendig war“. Alle das vorliegende Berufungsverfahren betreffenden Fristen seien „wie stets“ ordnungsgemäß in der Kanzleisoftware beziehungsweise im elektronisch geführten Fristenkalender erfasst und von ihm persönlich geprüft worden. Allerdings sei infolge des Zeitablaufs von etwa elf Monaten nunmehr durch die automatische Löschung der Zugangsbestätigung nach § 27 der Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer (RAVPV) eine Beweisnot für den erfolgreichen Zugang des am 15.02.2021 per beA versandten Fristverlängerungsantrags entstanden. Er, der Prozessbevollmächtigte, sei von einer stillschweigenden Verlängerung der Begründungsfrist ausgegangen.

Das LG hat die Berufung der Klägerin unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs als unzulässig verworfen. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde hatte beim BGH keinen Erfolg:

„2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nach § 577 Abs. 3 ZPO unbegründet, da sich die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen als richtig darstellt. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Berufung der Klägerin unter gleichzeitiger Zurückweisung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen.

a) Die Berufung der Klägerin ist mit dem am 15. März 2021 eingegangenen Schriftsatz – der keine Bezugnahme auf eine gewährte Fristverlängerung enthält – verspätet begründet worden. Denn die mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils beginnende zweimonatige Begründungsfrist ist bereits zuvor am 15. Februar 2021 abgelaufen (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und ausweislich des Akteninhalts nicht verlängert worden. Allein aus dem Umstand, dass der Kammervorsitzende mit Verfügung vom 16. April 2021 Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt hat, kann nicht geschlossen werden, dass er damit auch die Berufungsbegründungsfrist stillschweigend verlängert hat, zumal ein (rechtzeitiger) Fristverlängerungsantrag der Klägerin überhaupt nicht zur Akte gelangt ist.

b) Der Klägerin ist wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 Satz 1 ZPO zu gewähren. Denn sie hat nicht glaubhaft gemacht, dass der behauptete Fristverlängerungsantrag am 15. Februar 2021 tatsächlich bei Gericht eingegangen ist oder ihr Prozessbevollmächtigter davon zumindest mit Recht überzeugt sein durfte. Es fehlt somit an der Voraussetzung, dass die Klägerin ohne Verschulden (ihres Prozessbevollmächtigten, § 85 Abs. 2 ZPO) verhindert war, die Frist einzuhalten.

aa) Nach § 130a Abs. 5 Satz 1 und 2 ZPO ist ein elektronisches Dokument eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist, wobei dem Absender eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen ist. Danach ist ein über das beA eingereichtes elektronisches Dokument bei Gericht eingegangen, sobald es auf dem für dieses eingerichteten Empfänger-Intermediär im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) gespeichert ist, wobei unerheblich ist, ob es von dort aus rechtzeitig an andere Rechner innerhalb des Gerichtsnetzes weitergeleitet oder von solchen Rechnern abgeholt werden konnte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. März 2022 – VI ZB 25/20, juris Rn. 8; vom 29. September 2021 – VII ZR 94/21, NJW 2021, 3471 Rn. 9 und vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20, juris Rn. 18). Die Eingangsbestätigung, die der Justizserver bei ordnungsgemäßem Zugang der Nachricht automatisch generiert, soll dem Absender unmittelbar und ohne weiteres Zutun von Justizbediensteten Gewissheit darüber verschaffen, ob die Übermittlung an das Gericht erfolgreich war oder weitere Bemühungen zur erfolgreichen Übermittlung des elektronischen Dokuments erforderlich sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. September 2022 – XI ZB 14/22, NJW 2022, 3715 Rn. 7 und vom 24. Mai 2022 – XI ZB 18/21, juris Rn. 11). Sie wird durch das beA-System in die gesendete Nachricht eingebettet und kann nach deren Öffnen vom Absender in der Nachrichtenansicht der beA-Webanwendung auf dem Computerbildschirm anhand des Meldetextes „Request executed“, dem Eingangsdatum und dem Übermittlungsstatus „Erfolgreich“ optisch wahrgenommen werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Mai 2022, aaO Rn. 12; vom 8. März 2022, aaO Rn. 13 und vom 11. Mai 2021, aaO Rn. 33; BRAK, beA-Newsletter 31/2019, „Wo findet man Eingangsbestätigung, Prüf- und Übermittlungsprotokoll?“, abrufbar über das beA-Newsletter Archiv unter https://www.brak.de/bea-newsletter/).

Abgesehen von der Möglichkeit, diese Bildschirmansicht durch einen sogenannten Screenshot festzuhalten, ist die Eingangsbestätigung ebenfalls in der Druckansicht der Nachricht dargestellt, so dass sie zusammen mit dieser ausgedruckt und zu einer papiergeführten Handakte des Rechtsanwalts genommen werden kann. Schließlich kann die Nachricht mit der Eingangsbestätigung auch elektronisch aus dem beA-System exportiert werden, wodurch die Informationen über Absender, Empfänger, übermitteltes Dokument sowie Versand- und Zugangszeitpunkt dauerhaft gespeichert werden können. Mit der Export-Datei lässt sich der vollständige und rechtzeitige Zugang von Nachrichten auf der Empfangseinrichtung des Gerichts auch dann noch sicher nachweisen, wenn – wie mittlerweile hier – die Nachricht im beA des Rechtsanwalts bereits gelöscht sein sollte. Sie repräsentiert die Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO und kann im Bedarfsfall dem Gericht vorgelegt werden (vgl. dazu https://portal.beasupport.de/neuigkeiten/nachweis-ueber-den-zugang-von-nachrichten-bei-gerichten-stellungnahme-der-brak und BRAK, beA-Newsletter 31/2019, aaO).

bb) Die anwaltliche Sorgfalt erfordert es, beim Versand von fristgebundenen Schriftsätzen per beA im Rahmen der Überprüfung ihrer ordnungsgemäßen Übermittlung zu kontrollieren, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt worden ist, was der Pflicht des Rechtsanwalts zur Kontrolle des Telefax-Sendeprotokolls beim Versand von Schriftsätzen per Telefax entspricht. Hat der Rechtsanwalt eine automatisierte Eingangsbestätigung erhalten, besteht Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang erfolgreich gewesen ist. Bleibt sie aus, muss ihn dies zur Überprüfung und gegebenenfalls erneuten Übermittlung veranlassen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. September 2022, aaO Rn. 7; vom 29. September 2021, aaO Rn. 12; vom 11. Mai 2021, aaO Rn. 21 ff, BAGE 167, 221 Rn. 19 f).

cc) Aus der anwaltlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ergibt sich nicht, dass in der Eingangsbestätigung in der Nachrichtenansicht der beA-Webanwendung als Meldetext „Request executed“ und als Übermittlungsstatus „Erfolgreich“ angezeigt wurden (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2022, aaO Rn. 8).

Seine Erklärung, er habe „wie stets … den Zugang bei Gericht laut dem beA-System als ‚erfolgreich‘ zur Kenntnis genommen“, ist in Bezug auf das, was er auf dem Computerbildschirm wahrgenommen haben will, inhaltlich vage und unsubstantiiert. Denn er hat weder konkret behauptet, dass sich das angeblich angezeigte „Erfolgreich“ auf den Übermittlungsstatus bezogen habe, noch geltend gemacht, darüber hinaus den Meldetext „Request executed“ und ein bestimmtes Eingangsdatum in der Nachrichtenansicht der beA-Webanwendung gesehen zu haben. Nach dem Inhalt seiner anwaltlichen Versicherung ist daher bereits unklar, ob er die gesendete Nachricht überhaupt geöffnet und sodann die in diese eingebettete Eingangsbestätigung optisch auf dem Computerbildschirm wahrgenommen hat. Auch das übrige Wiedereinsetzungsvorbringen enthält keinen hinreichend detaillierten Tatsachenvortrag, der aber im Hinblick auf die dargestellte komplexe Funktionsweise des beA-Systems geboten gewesen wäre. Die vage Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, er habe „den Zugang bei Gericht laut dem beA-System als ‚erfolgreich‘ zur Kenntnis genommen“, ist daher zur Glaubhaftmachung des Eingangs des Fristverlängerungsantrags ungenügend.

dd) Da das Wiedereinsetzungsgesuch schon aus diesem Grund zurückzuweisen ist, kann dahinstehen, ob ein der Partei gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten im Sinne des § 233 Satz 1 ZPO darin zu sehen wäre, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach seinem eigenen Vorbringen nicht durch Nutzung der ihm insoweit zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten (elektronischer Export, Ausdrucken oder Screenshot) dafür gesorgt hat, dass die angeblich von ihm optisch wahrgenommene Eingangsbestätigung dauerhaft auch für Dritte lesbar erhalten bleibt.“