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beA I: Versenden über das beA eines anderen Anwalts?, oder: Nochmals – das geht nicht

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So, und dann auf in die 49. Woche des Jahres, die erste (volle) Adventswoche.

Die beginne ich mit zwei BGH-Entscheidungen zum beA. Zunächst hier eine aus einem Strafverfahren, und zwar der BGH, Beschl. v. 04.10.2023 – 3 StR 292/23. Das KG hatte den Angeklagten u.a. wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland. Dagegen dann die Revision des Angeklagten, die der BGH als unzulässig verworfen hat (§ 349 Abs. 1 StPO):

„…… Es fehlt an einer formgerechten Revisionseinlegung.

1. Nach § 32d Satz 2 i.V.m. § 32a Abs. 3 StPO muss die Revisionseinlegung, die gemäß § 341 Abs. 1 StPO der Schriftform zu genügen hat, bei der gebotenen Übermittlung als elektronisches Dokument entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder aber von dieser signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Die qualifizierte elektronische Signatur der verantwortenden Person tritt an die Stelle ihrer eigenhändigen Unterschrift und muss daher von derjenigen Person stammen, welche die formbedürftige Erklärung abgibt. Im Fall einer einfachen Signatur und Übertragung des Dokuments über das besondere elektronische Anwaltspostfach als sicherem Übermittlungsweg muss der Verteidiger oder Rechtsanwalt, dessen Name als Signatur in dem Schriftsatz als verantwortende Person aufgeführt ist, selbst die Einreichung vornehmen; bei einer Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach muss die Übertragung mithin über das Postfach dieses Verteidigers oder Rechtsanwalts erfolgen und zudem dieser selbst der tatsächliche Versender sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Juni 2023 – 3 StR 144/23, juris Rn. 3; vom 6. Juni 2023 – 5 StR 164/23, juris Rn. 4; vom 7. Februar 2023 – 2 StR 162/22, juris Rn. 3 ff.; vom 24. Januar 2023 – 6 StR 466/22, JR 2023, 398 Rn. 4; vom 18. Oktober 2022 – 3 StR 262/22, NStZ-RR 2023, 22; vom 3. Mai 2022 – 3 StR 89/22, juris Rn. 8 ff.).

2. Diesen Anforderungen ist vorliegend nicht Genüge getan. Die Revisionseinlegungsschrift ist nicht durch die Pflichtverteidigerin Rechtsanwältin R., mit deren Namen der Schriftsatz signiert ist, sondern von deren Kanzleikollegin Rechtsanwältin N. qualifiziert signiert und von dieser über ihr besonderes elektronisches Anwaltspostfach versandt worden.

Anhaltspunkte dafür, dass Rechtsanwältin N. hier als Vertreterin der Pflichtverteidigerin gemäß § 53 BRAO oder als sonstige Bevollmächtigte des Angeklagten tätig geworden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Juni 2023 – 3 StR 144/23, juris Rn. 3 mwN; vom 24. Januar 2023 – 6 StR 466/22, JR 2023, 398 Rn. 5), liegen nicht vor.

Das elektronische Dokument in der Vollstreckung, oder: Qualifizierte elektronische Signatur erforderlich

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In die 6. KW. starte ich heute mal wieder mit einigen Entscheidungen zum elektronischen Dokument.

Hier zunächst zwei Entscheidungen des AG Düsseldorf, und zwar.

Vollstreckungsaufträge nach § 7 JBeitrG sind gem. § 130d ZPO elektronisch zu übermitteln und bedürfen einer qualifizierten elektronischen Signatur, um als Titelersatz fungieren zu können (Weiterführung von BGH, Beschl. v. 14.12.2014 – I ZB 27/14).

Eines grafischen oder elektronischen Siegels bedarf es zumindest dann nicht, wenn das der Signatur zugrunde liegende Zertifikat die Behörde erkennen lässt.

Vollstreckungsaufträge nach § 7 JBeitrG sind seit dem 1.1.2022 gem. §§ 130d, 130a ZPO elektronisch zu übermitteln. Sie stellen nur dann eine titelersetzende Vollstreckungsgrundlage dar, wenn sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortlichen Person oder in elektronisch beglaubigter Abschrift übermittelt werden (Fortschreibung BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – I ZB 27/14). Eine Übermittlung auf einem sicheren Übermittlungsweg mit nur einfacher Signatur, als Scan, oder die parallele Einreichung in konventioneller Form genügen nicht.

StPO II: Rechtsmitteleinlegung per E-Mail wirksam?, oder: Ja, wenn/weil Anhang ausgedruckt worden ist

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Die zweite Entscheidung kommt vom OLG Koblenz. Das hat im OLG Koblenz, Beschl. v. 18.111.2021 – 3 OWi 32 SsBs 119/21 – zur Wirksamkeit einer Rechtsmitteleinlegung per E-Mail Stellung genommen.

Das AG hatte den Betroffefen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt. Gegen das in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Betroffenen selbst Rechtsbeschwerde eingelegt, indem er an die allgemeine E-Mail-Adresse des Amtsgerichts Wittlich eine Nachricht gesendet hat. Die E-Mail-Nachricht ist am 02.03.2021 beim Amtsgericht eingegangen, im Betreff hat er das zutreffende gerichtliche Verfahrensaktenzeichen angegeben und im Nachrichtentext auf die als Anlage beigefügte Rechtsbeschwerdeschrift verwiesen, verbunden mit dem weiteren Hinweis, dass sich die „Printversion“ auf dem Postweg befindet. Die im Original eingescannte Beschwerdeschrift beinhaltet folgenden Text: „per Email vorab am 02.03.2021 an – www.Agwil.justiz.rlp.de – Sehr geehrte Damen und Herren, in der o-a Sache und dem hier ergangen Beschluss lege ich frist- und form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde ein.“ Sie trägt darüber hinaus den Briefkopf des Betroffenen, das zutreffende Gerichtsaktenzeichen und schließt mit seiner Unterschrift.

Die E-Mail-Nachricht und die Anlage wurden ausgedruckt, der Papierakte beigeheftet und sodann dem zuständigen Abteilungsrichter vorgelegt, der am 03.03.2021 auf der Rückseite eine Verfügung angebracht hat. Am 05.03.2021 ist das vom Betroffenen zuvor gescannte Schreiben im Original beim Amtsgericht eingegangen. Nach Zustellung der Urteilsgründe am 17.03.2021 gegenüber dem Verteidiger und am 18.03.2021 gegenüber dem Betroffenen, hat der Verteidiger die Rechtsbeschwerde mit nicht näher ausgeführter Sachrüge begründet.

Das OLG hat die Einlegung der Rechtsbeschwerde als wirksam angesehen. Die vom Betroffenen im Anhang einer unsignierten E-Mail eingelegte Rechtsbeschwerde erfülle zwar nicht die Formerfordernisse des § 32a StPO und wäre damit grundsätzlich unwirksam, sie sei in der vorliegenden besonderen Fallgestaltung – dem Ausdrucken des eingescannten Originals der Beschwerdeschrift bei Gericht – aber gleichwohl als wirksame Rechtsmitteleinlegung anzusehen.

Hier nur mein Leitsatz zu der Entscheidung:

Die einfache E-Mail eines Betroffenen, mit dem ein Rechtsmittel (hier: Rechtsbeschwerde) eingelegt wird, genügt nicht den Anforderungen des § 32a Abs. 3 StPO, auch wenn der Betroffene seine E-Mail zwar mit einer einfachen Signatur versieht, sie aber nicht auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht hat. Zudem verstößt die Einreichung per E-Mail gegen § 32a Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 ERVV. Durch das Ausdrucken eines E-Mail-Anhangs, der das Rechtsmittel enthält, vor Ablauf der Rechtsmittelfrist ist jedoch die Schriftform gewahrt.

Wegen des Restes ergeht Anordnung nach § 249 Abs. 2 StPO.

Im Übrigen: Die Entscheidung ist zwar zur Rechtsbeschwerde ergangen, gilt aber natürlich auch für andere Rechtsmitteleinlegungen.

Und: Ebenso hat der LG Aachen, Beschl. v. 06.09.2021 – 66 Qs 32/21 – für den Einspruch gegen den Strafbefehl entschieden.