Schlagwort-Archive: Beschwerde

Man muss wissen, wer das Rechtsmittel eingelegt hat, oder: Kann man den Rechtsmittelführer ermitteln?

© bluedesign – Fotolia.com

Und heute im „Kessel Buntes“ zwei verfahrensrechtliche Entscheidungen des BGH. Bei aus Zivilverfahren, aber die vom BGh aufgestellten Grundsätze gelten auch für andere Verfahren, also ggf. im Straf- oder Bußgeldverfahren.

Ich starte mit dem BGH, Beschl. v. 24.01.2024, XII ZB 39/23. In ihm geht es um die Frage, dass bei einem Rechtsmittelerkennbar sein muss, wer es eingelegt hat. Das, was der BGH in der Entscheidung sagt, ist nicht ganz neu. Ähnliches hat er schon mal 2020 im BGH, Beschl. v. 12.02.2020 – XII ZB 475/19 ausgeführt.

Ergangen ist die Entscheidung in einem familiengerichtlichen Verfahren. Es geht um die Abänderung eines Unterhaltsvergleichs, in dem sich der Kindesvater verpflichtet hatte, für seine Kinder Unterhalt zu Händen der Kindesmutter zu zahlen. Zunächst richtete sich der Antrag nur gegen Kindesmutter. Nach einem rechtlichen Hinweis wird auf die Kinder umgestellt. Da zwischen den Beteiligten u.a. auch streitig war, ob das angerufene AG international zuständig ist, hat sich dieses mit Zwischenbeschluss für international und örtlich zuständig erklärt. Im Rubrum dieses Beschlusses sind nur die vier Kinder als Antragsgegner aufgeführt.

Gegen diesen Beschluss hat die Kindesmutter, vertreten durch ihre Verfahrensbevollmächtigte, Beschwerde eingelegt. In dem Beschwerdeschriftsatz wird als Beschwerdeführerin allein die Kindesmutter benannt und die Beschwerde ausdrücklich „namens und im Auftrag der Beschwerdeführerin“ eingelegt. Mit der nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Beschwerde eingegangenen Beschwerdebegründung, in der nunmehr die Kinder, vertreten durch die Kindesmutter, als „Antragsgegner und Beschwerdeführer“ bezeichnet werden, wenden sich diese gegen die vom Amtsgericht angenommene internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte.

Das OLG hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Hiergegen richten sich die Rechtsbeschwerden der Antragsgegner und der Kindesmutter. Der BGH hat die Rechtsbeschwerde als unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO) verworfen:

„2. Dies hält sich im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

a) Nach § 64 Abs. 2 Satz 3 FamFG muss die Beschwerdeschrift die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Diesem Erfordernis ist nur dann genügt, wenn bei der Einlegung des Rechtsmittels aus der Rechtsmittelschrift selbst oder in Verbindung mit sonstigen Unterlagen oder Umständen der Rechtsmittelführer erkennbar ist oder doch jedenfalls bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist erkennbar wird. Die Einhaltung dieser an den Inhalt der Beschwerdeschrift zu stellenden Anforderung dient – sowohl für das Beschwerdegericht als auch im Interesse der Beteiligten – dem geregelten Ablauf des Verfahrens und der Rechtssicherheit (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Februar 2020 – XII ZB 475/19FamRZ 2020, 778 Rn. 11 mwN). Denn bei der Beschwerde, die einen neuen Verfahrensabschnitt vor einem anderen als dem bis dahin mit der Sache befassten Gericht eröffnet, müssen aus Gründen der Rechtssicherheit zur Erzielung eines geordneten Verfahrensablaufs die Beteiligten des Rechtsmittelverfahrens und insbesondere die Person des Rechtsmittelführers bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erkennbar sein (vgl. BGH Beschluss vom 18. April 2000 – VI ZB 1/00NJW-RR 2000, 1371, 1372 mwN zu § 518 Abs. 2 ZPO aF).

Das bedeutet indes nicht, dass die Person des Rechtsmittelführers wirksam nur ausdrücklich und nur in der Beschwerdeschrift selbst angegeben werden kann. Vielmehr ist die Rechtsmitteleinlegung einer Auslegung zugänglich. Den Belangen der Rechtssicherheit ist deshalb auch dann genügt, wenn eine verständige Würdigung des gesamten Vorgangs der Beschwerdeeinlegung jeden Zweifel an der Person des Rechtsmittelführers ausschließt. Daher ist es ausreichend, wenn jedenfalls mit Hilfe weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig zu erkennen ist, wer Beschwerdeführer sein soll (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Februar 2020 – XII ZB 475/19FamRZ 2020, 778 Rn. 11 mwN).

b) Gemessen hieran bestehen bei verständiger Würdigung keine Zweifel, dass mit der Beschwerdeschrift allein die Kindesmutter Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Zwischenbeschluss eingelegt hat.

Die von der anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten verfasste Beschwerdeschrift enthält nach ihrem Wortlaut keinen Hinweis darauf, dass die Beschwerde für die Antragsgegner eingelegt werden sollte. In ihr wird ausdrücklich die Kindesmutter als Beschwerdeführerin bezeichnet. Zudem wird dort ausgeführt, dass „namens und im Auftrag der Beschwerdeführerin“ die Beschwerde eingelegt werde. Weitere Umstände, die zu einer Auslegung der Beschwerdeschrift führen können, dass das Rechtsmittel durch die Antragsgegner eingelegt werden sollte, ergaben sich für das Beschwerdegericht bis zum Ablauf der Beschwerdefrist nicht. Entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde war der Beschwerdeschrift keine Abschrift des angegriffenen Zwischenbeschlusses beigefügt. Die Verfahrensakte wurde dem Beschwerdegericht erst nach Ablauf der Beschwerdefrist übersandt. Daher konnten bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Beschwerdeeinlegung keine Zweifel daran bestehen, dass die Beschwerde allein von der Kindesmutter eingelegt wurde.

Soweit die Rechtsbeschwerde unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Kammergerichts (NJW-RR 2004, 331) die Auffassung vertritt, es greife im Streitfall die Zweifelsregelung, wonach die von einem gesetzlichen Vertreter eingelegte Beschwerde, wenn er selbst nicht beschwerdebefugt sei, im Zweifel als Rechtsmittel des Vertretenen anzusehen sei, kann dem nicht gefolgt werden. Wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt, war in dem vom Kammergericht entschiedenen Fall die Person des Rechtsmittelführers in der Rechtsmittelschrift nicht bezeichnet und musste daher durch Auslegung ermittelt werden. Im vorliegenden Fall ist die Kindesmutter in der Beschwerdeschrift ausdrücklich als Beschwerdeführerin genannt, so dass gerade kein Zweifelsfall und daher auch kein Anlass zur Anwendung dieser Zweifelsregelung besteht.

c) Soweit sich die Antragsgegner erstmals in der Beschwerdebegründung selbst gegen den Zwischenbeschluss wenden, erfolgte dies weder fristgerecht noch gegenüber dem zutreffenden Adressaten iSd § 64 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Zu diesem Zeitpunkt war die Beschwerdefrist auch für die Antragsgegner bereits abgelaufen, zudem war der Schriftsatz nicht an das Amtsgericht, dessen Zwischenbeschluss angefochten werden soll, sondern an das Beschwerdegericht gerichtet und auch nur dort eingegangen.

d) Nach alldem ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht die Beschwerde der Kindesmutter wegen fehlender Beschwerdebefugnis und die Beschwerden der Antragsgegner wegen Nichteinhaltung der Beschwerdefrist verworfen hat.“

Wie gesagt: Die Ausführungen gelten nicht nur für das Zivilverfahren, sondern eben auch für alle anderen Verfahrensarten. Ohne Kenntnis, wer Rechtsmittelführer ist, klappt es nicht. das bedeutet: Als Rechtsanwalt achte ist darauf, dass bei einem Rechtsmittel – egal in welchem Verfahren – immer erkennbar ist, wer Rechtsmittelführer ist. Man sollte sich nicht auf das „dünne Eis“ der Auslegung begeben.

StPO III: Umdeutung von „Revision“ in „Beschwerde“, oder: Anfechtbarkeit einer Einstellung nach § 153a StPO

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Und dann zum Tagesschluss noch der BayObLG, Beschl. v. 09.01.2024 – 202 StRR 98/23 – zur Frage der Anfechtbarkeit eines Einstellungsbeschlusses nach § 153 Abs. 2 StPO und zur Umdeutung einer „Revision“ in eine „Beschwerde“.

Folgender Sachverhalt: Dem Angeklagten, einem tschechischen Staatsangehörigen, ist in der Anklageschrift u.a. ein Verbrechen des schweren Bandendiebstahls zur Last gelegt worden. Das AG hat ihn wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. In der Hauptverhandlung hat das LG das Verfahren mit Zustimmung des Vertreters der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt. Der Angeklagte gegen das „Urteil“ des Landgerichts „Revision“ ein, die er unter Hinweis auf ein „fehlerhaftes Verfahren“ mit der „Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte“ und der „Verletzung grundlegender Menschenrechte und Freiheiten“ begründete.

Das BayObLG hat das Schreiben des Angeklagten nicht als Revision angesehen,  sondern nach dem Rechtsgedanken des § 300 StPO in eine Beschwerde gegen den Beschluss der Berufungskammer umgedeutet:

„1. Eine Revision gegen den Einstellungsbeschluss ist unstatthaft. Sie ist gemäß § 333 StPO ausschließlich gegen Urteile der Landgerichte sowie gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Urteile der Oberlandesgerichte zulässig.

2. Trotz der eindeutigen Bezeichnung des Rechtsmittels als „Revision“ ist dieses gemäß § 300 StPO aber in eine Beschwerde umzudeuten.

a) Die ausdrückliche Bezeichnung des Rechtsmittels als „Revision“ durch den Beschwerdeführer als juristischen Laien, der überdies tschechischer Staatsangehöriger und, was schon durch die Hinzuziehung einer Dolmetscherin in der Berufungshauptverhandlung indiziert wird, der deutschen Sprache zumindest nicht hinreichend mächtig ist, steht der Umdeutung nicht im Wege. Denn nach § 300 StPO soll gerade gewährleistet werden, dass der Wille des Beschwerdeführers auf gerichtliche Kontrolle in effektiver Weise umgesetzt wird (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt StPO 66. Aufl. § 300 Rn. 1).

b) Zwar verbietet § 300 StPO die Umdeutung in ein unzulässiges Rechtsmittel (BGH, Beschl. v. 06.06.2016 – 2 ARs 399/15 bei juris = BeckRS 2016, 14599). Jedoch steht dies einer solchen nicht entgegen, weil eine zulässige Beschwerde gegen den Einstellungsbeschluss des Landgerichts in Betracht kommt.

aa) Gegen die im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse ist gemäß § 304 Abs 1 Alt. 2 StPO grundsätzlich die Beschwerde statthaft.

bb) Dies gilt auch für die Anfechtung eines Einstellungsbeschlusses nach § 153 Abs. 2 Satz 1 StPO. Die Bestimmung des § 153 Abs. 2 Satz 4 StPO, die den Einstellungsbeschluss für unanfechtbar erklärt, steht dem nicht entgegen. Trotz des Wortlauts dieser Norm ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass auch der gerichtliche Beschluss, mit dem ein Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt wird, nicht jeglicher Anfechtung entzogen ist. Die Vorschrift ist vielmehr einschränkend dahin auszulegen, dass sich die Unanfechtbarkeit allein auf die Ermessensentscheidung bezieht, die Beschwerde für den Angeklagten (und die Staatsanwaltschaft) jedoch dann gegeben ist, wenn eine prozessuale Voraussetzung für die Einstellung fehlte, namentlich dann, wenn das Verfahren ein die Verfahrenseinstellung nach § 153 Abs. 2 StPO hinderndes Verbrechen zum Gegenstand hat (BGH, Urt. v. 22.03.2002 – 4 StR 485/01 = BGHSt 47, 270 = StV 2002, 294 = NJW 2002, 2401 = NStZ 2002, 491 = BGHR StPO vor § 1/Verfahrenshindernis Strafklageverbrauch 4 = JR 2003, 125 = BeckRS 2002, 3727 m.w.N.), was nach Aktenlage nahe liegt.

(a) In der Anklageschrift vom 03.06.2022 lag dem Angeklagten unter anderem ein Verbrechen des schweren Bandendiebstahls gemäß § 244a Abs. 1 i.V.m. 244 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB zur Last.

(b) Allerdings kommt eine Einstellung nach § 153 Abs. 2 StPO trotz des ursprünglichen Verbrechensvorwurfs auch dann in Betracht, wenn dieser entfallen ist, die Tat mithin nur noch unter dem Gesichtspunkt eines Vergehens verfolgbar ist (BGH a.a.O.). Hierfür gibt es indes keine hinreichenden Anhaltspunkte.

(1) Zwar hat das Amtsgericht den Angeklagten lediglich wegen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB verurteilt. Aus den Urteilsgründen ergibt sich indes kein hinreichender Anhaltspunkt dafür, aus welchen Gründen das Erstgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Angeklagte, der immerhin als „Mittäter“ von zwei Mitangeklagten und einer weiteren gesondert verfolgten Person, die nach den Feststellungen im amtsgerichtlichen Urteil übereingekommen waren, sich in der Bundesrepublik Deutschland durch Diebstähle aus Elektromärkten eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Gewicht zu verschaffen, bezeichnet wurde, nicht wegen schweren Bandendiebstahls schuldig gesprochen wurde. Die durch die Beweiswürdigung nicht belegte Erwägung im Rahmen der rechtlichen Würdigung, dass „die notwendige Bandenabrede nicht nachgewiesen werden konnte“, stellt unter Zugrundelegung der Feststellungen des Ersturteils keine nachvollziehbare Begründung dar, die den ursprünglichen Verbrechensvorwurf entfallen ließe. Dies gilt umso mehr, als das vom Amtsgericht zugrunde gelegte Ergebnis auch im Widerspruch zur Beweiswürdigung im Übrigen steht, wonach sich die drei Angeklagten durch die Begehung grenzüberschreitender Diebstähle eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Gewicht erschließen wollten. Ganz offensichtlich hat das Amtsgericht bei seiner Wertung verkannt, dass eine Bandenabrede auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen kann (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 26.10.2023 – 5 StR 257/23 bei juris = BeckRS 2023, 32472; 29.09.2021 – 2 StR 313/20 bei juris = BeckRS 2021, 40957; 16.06.2005 – 3 StR 492/04 = BGHSt 50, 160 = NJW 2005, 2629 = StV 2005, 555 = wistra 2005, 430 = BGHR BtMG § 30 Abs 1 Nr 1 Bande 6 = BGHR BtMG § 30 Abs 1 Nr 1 Bande 7 = NStZ 2006, 174; Beschl. v. 08.11.2022 – 2 StR 102/22 = StV 2023, 474 = NStZ 2023, 683).

(2) Dass die Berufungskammer nach eigener Prüfung aufgrund durchgeführter Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass der Verbrechensvorwurf entfallen sei, ergibt sich weder aus dem Protokoll noch aus dem Einstellungsbeschluss, der bei einer derartigen Verfahrenssituation zumindest einer Begründung dahingehend bedurft hätte, weshalb der ursprüngliche Verbrechensvorwurf nicht mehr aufrechtzuerhalten war.

(3) Der Verbrechensvorwurf war auch nicht etwa wegen des Verschlechterungsverbots nach § 331 Abs. 1 StPO obsolet. Zwar hat allein der Angeklagte gegen die Verurteilung wegen des Vergehens des Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB Berufung eingelegt. Das Landgericht hätte aber aufgrund seiner Kognitionspflicht den Sachverhalt auch unter dem Gesichtspunkt eines Verbrechens, das weiterhin im Raum stand, aufklären müssen, zumal das Verbot der reformatio in peius sich ausschließlich auf den Rechtsfolgenausspruch bezieht, einer Verschärfung des Schuldspruchs aber von vornherein nicht entgegensteht (st.Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 15.09.2023 – 5 StR 134/23 bei juris = BeckRS 2023, 25926; 01.08.2023 – 5 StR 174/23 = NStZ 2023, 735; 06.06.2023 – 4 StR 85/23 = NStZ-RR 2023, 250).“

StPO II: Beschwerde gegen die Terminsverfügung?, oder: Jedenfalls mit Abschluss der Instanz unzulässig

Bild von OpenClipart-Vectors auf Pixabay

Und als zweite Entscheidung dann mal wieder etwas zu „Terminierungsfragen“. Im LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 03.01.2024 – 12 Qs 81/23 – die erste Entscheidung aus 2024, die ich hier vorstelle – geht es noch einmal um die Zulässigkeit einer/der Beschwerde gegen eine gerichtliche Terminsverfügung.

Das AG hat die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten am 22.11., 04.12. und 11.12.2023 jeweils in Anwesenheit seiner Pflichtverteidigerin durchgeführt.

Am 01.12.2023 hatte sich der Wahlverteidiger des Angeklagten beim AG gemeldet und beantragte die Verlegung des Sitzungstags am 04.12.2023. Das lehnte die Amtsrichterin mit Beschluss vom 04.12.2023 ab; an diesem Verhandlungstag erschien der Wahlverteidiger nicht. Am Ende des Sitzungstages bestimmte die Amtsrichterin Fortsetzungstermin auf den 11.12.2023, weil noch eine Zeugin zu hören war. Am 05.12.2023 beantragte der Wahlverteidiger die Verlegung des Fortsetzungstermins, weil bei ihm eine Terminkollision vorliege. Das lehnte die Amtsrichterin mit ausführlich begründetem Beschluss vom selben Tag ab. Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Wahlverteidigers vom 07.12.2023. Die Amtsrichterin gab dem Wahlverteidiger daraufhin unter Fristsetzung Gelegenheit, Vorschläge für eine alternative Terminierung anzugeben. Darauf antwortete der Wahlverteidiger nicht. Am 11.12.2023 wurde ohne ihn verhandelt und das AG verurteilte den Angeklagten zu einer ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe. Diese ist nicht rechtskräftig. Am 28.12.2023 wurde die Beschwerde des Wahlverteidigers dann dem LG vorgelegt.

Das LG hat das Rechtsmittel als unzulässig angesehen:

„Die Beschwerde ist aus zwei Gründen bereits unzulässig und war demgemäß zu verwerfen.

1. Das Beschwerdeziel ist prozessual überholt. Die Rechtsmittel der Strafprozessordnung dienen der Beseitigung einer gegenwärtigen, fortdauernden Beschwer. Ihr Ziel ist die Aufhebung einer den Beschwerdeführer beeinträchtigenden Maßnahme. Eine Beschwerde ist nur dann zulässig, wenn der Betroffene geltend macht, durch die von ihm angefochtene richterliche Entscheidung aktuell beschwert zu sein (OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.6.2023 – 7 Ws 118/23, juris Rn. 8). Daran fehlt es, nachdem das Amtsgericht sein die Instanz abschließendes Urteil gesprochen und der Wahlverteidiger hiergegen Berufung eingelegt hat.

2. Die Beschwerde ist zudem nicht statthaft. Die Kammer folgt der Auffassung, wonach die Beschwerde gegen Terminverfügungen des Vorsitzenden grundsätzlich unstatthaft ist (KG, Beschluss vom 15.3.2022 – 2 Ws 27/22, juris Rn. 9). Eine Ausnahme könnte nur insoweit anerkannt werden, als ein evidenter Ermessensfehler des Vorsitzenden inmitten steht (OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.6.2005 – 5 Ws 81/05, juris Rn. 7 ff.; umfassende Nachweise zur Rspr. bei Burhoff, Hdb.HV, 10. Aufl., Rn. 3070), regelmäßig also ein kompletter Ermessensausfall. Diese Ausnahme entspricht auch der (soweit erkennbar unveröffentlichten) Rechtsprechung des OLG Nürnberg. Sie ist vorliegend indes nicht gegeben, weil die Amtsrichterin ihren Beschluss vom 5.12.2023 eingehend und ermessensfehlerfrei begründet hatte.“

Unter dem Vorbehalt, dass sich aus den Akten nichts anderes ergeben würde: Die Entscheidung dürfte wohl zutreffend sein. Um die grundsätzliche Frage der Anfechtbarkeit von Terminsverfügungen kann man streiten.

EV II: Keine Beschwerde zum BGH bei Blutproben, oder: Konkreter Anfangsverdacht für Durchsuchung

© eyetronic Fotolia.com

Die zweite Entscheidung kommt vom BGH. Der hat im BGH, Beschl. v. 10.08.2023 – StB 45 + 46/23 – zu Rechtsmitteln im Ermttlungsverfahren Stellung genommen.

Der GBA führt gegen den Beschuldigten und weitere Personen ein Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit einer Vereinigung, die auf die Begehung linksextremer Gewaltstraftaten ausgerichtet gewesen sein soll; soweit es den Beschuldigten betrifft, wegen des Verdachts der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Abs. 1 Satz 2 StGB. Auf seine Anträge hat der Ermittlungsrichter des BGH mit Beschlüssen vom 28. März 2023 zum einen die Durchsuchung der Person, der Wohnung und etwaiger weiterer Nebengelasse des Beschuldigten zum Zwecke der Sicherstellung im Einzelnen näher bezeichneter Tat- und sonstiger Beweismittel (1 BGs 547/23) und zum anderen die Entnahme einer Blutprobe beim Beschuldigten nebst deren molekulargenetischer Untersuchung und Abgleichung (1 BGs 548/23) angeordnet. Beide Beschlüsse sind am 6. Juli 2023 vollzogen worden. Bei der Durchsuchung ist eine Vielzahl von Gegenständen beschlagnahmt oder zur Durchsicht vorläufig sichergestellt worden.

Der Betroffene hat gegen beide Maßnahmen Beschwerde eingelegt, die er nicht begründet hat. Beide Rechtsmittel hatten keinen Erfolg:

„1. Die Beschwerde gegen den Beschluss zur Entnahme einer Blutprobe gemäß § 81a StPO und weiterer Maßnahmen gemäß §§ 81e, 81g StPO (1 BGs 548/23) ist bereits unzulässig. Sie ist gegen eine Verfügung des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs gerichtet, gegen die das Rechtsmittel nur in den in § 304 Abs. 5 StPO vorgesehenen Ausnahmefällen statthaft ist. Die angefochtene Anordnung der Entnahme einer Blutprobe des Beschuldigten zur Feststellung seines DNA-Identifizierungsmusters und Geschlechts sowie des Abgleichs des so gewonnenen Musters mit Vergleichsmaterial in künftigen Strafverfahren gemäß § 81a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 StPO, §§ 81e, 81f, 81g Abs. 1 bis 3 und 5 Satz 1 StPO ist hiervon nicht erfasst (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juni 2020 – StB 16/20, juris Rn. 3 ff. mwN).

2. Die Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss bleibt in der Sache ohne Erfolg.

a) Sie ist zwar gemäß 304 Abs. 5 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, weil ihr Ziel noch nicht prozessual überholt ist. Angesichts der nicht abgeschlossenen Durchsicht der vorläufig sichergestellten elektronischen Speichermedien dauert die Durchsuchungsmaßnahme weiterhin an. Für eine Umdeutung in einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme besteht daher kein Raum (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. November 2021 – StB 6/21 u.a., NJW 2022, 795 Rn. 5 mwN, vom 13. Juni 2023 – StB 29/23, juris Rn. 4).

b) Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, denn die Voraussetzungen für den Erlass der Durchsuchungsanordnung gegen den Beschuldigten (§ 102, 105 StPO) waren gegeben.

aa) Gegen den Beschuldigten lag ein die Durchsuchung nach 102 StPO rechtfertigender Anfangsverdacht vor, eine kriminelle Vereinigung, die auf die Begehung von Gewaltstraftaten gerichtet ist, unterstützt zu haben.

(1) Für die Zulässigkeit einer regelmäßig in einem frühen Stadium der Ermittlungen durchzuführenden Durchsuchung genügt der über bloße Vermutungen hinausreichende, auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkt gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer an dieser Tat in Betracht kommt. Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedarf es – unbeschadet der Frage der Verhältnismäßigkeit – nicht (st. Rspr.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. September 2006 – 2 BvR 1219/05, NJW 2007, 1443; BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2008 – StB 26/08, BGHR StPO § 102 Tatverdacht 2; vom 12. August 2015 – StB 8/15, NStZ 2016, 370).

(2) Gemessen hieran lagen sachlich zureichende Gründe für die Anordnung einer Durchsuchung der Person, der Wohnung und etwaiger weiterer Nebengelasse des Beschuldigten vor. Es bestand der Anfangsverdacht, dass der Beschuldigte zumindest zwischen Januar und Juni 2022 eine spätestens seit August 2018 in und um L.    bestehende kriminelle Vereinigung unterstützte, die sich zum Ziel gesetzt hatte, körperliche Übergriffe auf (vermeintliche) Angehörige der rechten Szene zu begehen. Hierzu im Einzelnen:

(a) Vier mutmaßliche Mitglieder der genannten Vereinigung sind zu Gesamtfreiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Gegenstand der Verurteilungen war neben der Mitgliedschaft in oder der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung jeweils auch die unterschiedlich geartete Beteiligung an mehreren mit erheblichen Körperverletzungen verbundenen gewalttätigen Überfällen auf verschiedene Geschädigte. Im Vorfeld der einzelnen Überfälle fanden Ausspähungsbemühungen statt, bei denen die handelnden Personen Verkleidungsutensilien zu ihrer Tarnung verwendeten.

(b) Der Beschuldigte stand im Verdacht, die kriminelle Vereinigung dadurch unterstützt zu haben, dass er für die Ausspäheinsätze geeignete und bestimmte Verkleidungsutensilien wie verschiedenartige Firmenbekleidung beschaffte, zur Verfügung stellte und in seiner Wohnung verwahrte. Solche bekleidungsstücke waren bereits am 15. Juni 2022 anlässlich einer gemäß § 103 StPO angeordneten Durchsuchung des Zimmers des jetzigen Beschuldigten in der Wohnung einer Mitbeschuldigten aufgefunden worden (vgl. Beschlüsse des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 7. Juni 2022 – 1 BGs 129/22, vom 15. Juni 2022 – 1 BGs 168/22; Senat, Beschluss vom 20. Juli 2022 – StB 29/22). An den dort sichergestellten Bekleidungsgegenständen waren tatrelevante DNA-Spuren nachweisbar.

(c) Hinzu kommt, dass der Beschuldigte mit weiteren mutmaßlichen Vereinigungsmitgliedern in freundschaftlicher Verbindung stand und deren ideologische Überzeugung teilte.

(d) Zu den Einzelheiten der den Anfangsverdacht gegen den Beschuldigten begründenden Umstände wird auf die detaillierten Ausführungen in dem Durchsuchungsbeschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 28. März 2023 (1 BGs 547/23) verwiesen.

bb) Weiterhin war es trotz der bereits am 15. Juni 2022 erfolgten Durchsuchung des Zimmers des jetzigen Beschuldigten und Sicherstellung der Verkleidungsutensilien zu erwarten, dass die neuerliche Durchsuchung zum Auffinden (weiterer) beweiserheblicher Gegenstände und Daten führen werde. Während die vormalige Durchsuchung gegen die Mitbeschuldigte gerichtet war (Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 7. Juni 2022 – 1 BGs 129/22), zielte die aktuelle Durchsuchung auf den Beschuldigten selbst, so dass nunmehr auch eindeutig ihm zuzuordnende Beweisgegenstände der Sicherstellung unterlagen.

cc) Die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts und damit auch diejenige des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs war gegeben. Gegen die Annahme der besonderen Bedeutung im Sinne des 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 GVG in Verbindung mit § 74a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 GVG ist mit Blick auf die konkreten Umstände des Tatgeschehens nichts zu erinnern.

dd) Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war gewahrt. Die Durchsuchungsanordnung gegenüber dem Beschuldigten war geeignet und erforderlich, zur weiteren Aufklärung seiner Beteiligung an dem Tatgeschehen beizutragen. Die Anordnung der Durchsuchung stand zudem in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung und Schwere der aufzuklärenden Straftat.“

StPO I: Keine Rechtsmittelbeschwer eines Dritten, oder: Da hilft auch das Petitionsrecht nicht

Bild von Mohamed Hassan auf Pixabay

Heute dann mal wieder StPO-Entscheidungen.

Zunächst kommt hier der BGH, Beschl. v. 10.08.2023 – StB 32/23 – zur Frage der Rechtsmittelbeschwer eines Dritten. Folgender Sachverhalt:

Der GBA führt gegen den Beschuldigten und zahlreiche weitere Personen um einen Mitbeschuldigten R. ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung und weiterer Straftaten (2 BJs 274/22-5). Auf seinen Antrag hat der Ermittlungsrichter des BGH gegen den Beschuldigten am 5. Dezember 2022 Haftbefehl erlassen, auf dessen Grundlage sich dieser in U-Haft befindet.

Der Beschwerdeführer (wer immer das ist) hat mit Schreiben vom 22.04.2023 beim Ermittlungsrichter des BGH beantragt, den Beschuldigten mit sofortiger Wirkung aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, er halte es nach seinem persönlichen Eindruck für ausgeschlossen, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Straftat begangen habe. Es sei vielmehr zu vermuten, dass Personen wie der Beschuldigte, die im Rahmen der Flutkatastrophe im Ahrtal im Sommer 2021 freiwillig Hilfe geleistet hätten, gezielt diskreditiert werden sollten, weil sie „das Versagen der bestehenden amtlichen Nothilfe drastisch sichtbar“ gemacht hätten. Aus demselben Grund würden die Ermittlungen einseitig geführt und seien daher ungeeignet, entlastende Gesichtspunkte zu finden.

Dieses Begehren hat der BGH des Bundesgerichtshofs als Haftprüfungsantrag ausgelegt und den mit Beschluss vom 15. Mai 2023 abgelehnt (1 BGs 731/23). Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seinem als Einspruch überschriebenen, 20 Seiten umfassenden Schriftsatz nebst Anlagenkonvolut vom 25.05.2023. Er wolle von seinem in Art. 17 GG gewährleisteten Petitionsrecht Gebrauch machen, soweit der Beschuldigte E. betroffen sei. Zugleich handele es sich aber um eine Haftbeschwerde, da dieser Rechtsbehelf auch ihm als Zeugen zustehe. Er sei selbst vom genannten Ermittlungsverfahren betroffen, weil sein Fahrzeug bei einem Grenzübertritt zur Schweiz am 05.12.2022 von deutschen Zollbeamten kontrolliert worden sei. Am 07.12.2022 sei er von 5:50 Uhr bis 11:00 Uhr von italienischen Polizeibeamten festgehalten sowie erkennungsdienstlich behandelt worden, und man habe ihm für diesen Zeitraum sein Mobiltelefon weggenommen. Diese Maßnahmen dienten ebenfalls dazu, eine durch Vernehmung des Beschwerdeführers zu erwartende entlastende Beweisaufnahme zu verhindern.

Darüber hinaus rügt er mit demselben Schriftsatz, ihm werde trotz beantragter und bewilligter Besuchserlaubnis verwehrt, den Beschuldigten zu besuchen. Schließlich begehrt er Einsicht in die Ermittlungsakten und Auskunft über ihn betreffende gespeicherte Daten. Soweit die Anträge nicht die Inhaftierung des Beschuldigten betreffen, hat der Ermittlungsrichter des BGH gesondert über diese entschieden bzw. den Schriftsatz zuständigkeitshalber weitergeleitet. Im Übrigen hat er der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Der hat die Beschwerde als unzulässig angesehen:

„1. Die Beschwerde ist unzulässig.

a) Nach § 304 Abs. 2 StPO ist auch ein Nichtverfahrensbeteiligter zur Beschwerde berechtigt, wenn er durch die beanstandete Maßnahme betroffen ist, mithin durch diese in der Wahrnehmung geschützter Rechte und Interessen unmittelbar beschränkt wird. Dabei ist die Möglichkeit einer Rechtsgutsbeeinträchtigung ausreichend, während ihr tatsächliches Vorliegen eine Frage der Begründetheit des Rechtsmittels ist (vgl. BGH, Beschluss vom 7. April 2020 – StB 8/20, NStZ-RR 2020, 171 mwN; KK-Zabeck, StPO, 9. Aufl., § 304 Rn. 30).

Eine unmittelbare Betroffenheit in diesem Sinne ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Durch den Vollzug des Haftbefehls gegen den Beschuldigten werden die Rechte und rechtlich geschützten Interessen des Beschwerdeführers nicht berührt. Auch seine Ausführungen zur Zollkontrolle, zu der Verbringung auf ein Polizeirevier in Italien, der dortigen erkennungsdienstlichen Behandlung und zur kurz andauernden Entziehung seines Mobiltelefons vermögen eine Beschwer nicht zu begründen. Selbst wenn er durch diese Maßnahmen in seinen eigenen Rechten betroffen wäre, änderte dies nichts daran, dass durch die hier inmitten stehende Inhaftierung allein der Beschuldigte beeinträchtigt wird. § 304 Abs. 2 StPO setzt eine Beschwer durch die konkrete angegriffene Entscheidung voraus; eine bloße Betroffenheit durch andere Maßnahmen, die im Rahmen desselben Ermittlungskomplexes getroffen worden sind, genügt hingegen nicht.

b) Die Berufung auf die Petitionsfreiheit aus Art. 17 GG rechtfertigt keine andere Entscheidung. Das Grundrecht eröffnet nicht die Möglichkeit, Fremd- oder Allgemeininteressen gerichtlich geltend zu machen. Zur sachlichen Erledigung einer Petition sind Gerichte – wenn wie hier keine Maßnahmen der Justizverwaltung betroffen sind – nur nach Maßgabe des für sie geltenden Verfahrensrechts befugt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juni 2002 – 2 BvQ 17/02, NVwZ 2002, 1499; Dürig/Herzog/Scholz/Klein/Schwarz, 99. EL, Art. 17 Rn. 102).

2. Über das weitere Vorbringen im Schriftsatz vom 22. April 2023 ist hier nicht zu entscheiden.“