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Strafzumessung III: Verhängung einer Geldstrafe, oder: Einkommen, Tagessatzhöhe, Zahlungserleichterung

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Und im Nachmittagsposting dann noch zwei Entscheidungen des BayObLG zur (Bemessung) der Geldstrafe. Von beiden Entscheidungen stelle ich aber nur die Leitsätze vor, und zwar:

1. Bei der Verhängung einer Geldstrafe ist deren möglicherweise entsozialisierende Wirkung zu berücksichtigen.
2. Verfügt der Angeklagte lediglich über Einkommen in der Nähe des Existenzminimums, hat das Gericht bei einer hohen Tagessatzanzahl schon bei der Bemessung der Höhe des einzelnen Tagessatzes in einem einheitlich ermessensähnlich ausgestalteten Strafzumessungsakt über Zahlungserleichterungen (§ 42 StGB) zu entscheiden.
3. Die Tagessatzhöhe ist in der Weise zu berechnen, dass dem Angeklagten der zur Sicherung seines Lebensbedarfs unerlässliche Betrag in Höhe von 75 % des Regelsatzes der Sozialhilfe (heute des Bürgergeldes) nach Abzug des auf die Geldstrafe zu zahlenden monatlichen Teilbetrages noch verbleibt.
4. Insoweit hängt die Tagessatzhöhe in derartigen Fällen auch von der Höhe und Dauer einer zu gewährenden Ratenzahlung ab, weil sich die verhängte Geldstrafe in der vom Gericht vorgesehenen Ratenzahlungsdauer in Raten bezahlen lassen muss, die dem Angeklagten den zur Sicherung seines Lebensbedarfs unerlässlichen Betrag belassen.

Bei der Bemessung der Tagessatzhöhe einer Geldstrafe muss das Tatgericht auch in ausreichender Weise erkennen lassen, dass es sich möglicher entsozialisierender Wirkungen der Geldstrafe bewusst gewesen ist.

 

Strafzumessung III: Falsche Einkommensschätzung, oder: Zulässigkeit von Finanzermittlungen

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Und dann zum Schluss des Tages noch einmal der OLG Celle, Beschl. v. 31.03.2023 – 3 Ss 3/23. „Noch einmal“, weil ich über den hier schon einmal berichtet habe (vgl. hier: StPO II: Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses, oder: Name des Angeklagten und Aktenzeichen fehlen).

Ich komme jetzt auf den Beschluss noch einmal wegen der Ausführungen des OLG zur Tagessatzhöe zurück:

„2. Die Festsetzung der Höhe der Tagessätze auf 200 EUR hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung indes nicht stand.

Gemäß § 40 Abs. 2 StGB bestimmt das Gericht die Höhe eines Tagessatzes unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters, wobei in der Regel von dem Nettoeinkommen auszugehen ist, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Wenn der Angeklagte – der zu Auskünften nicht verpflichtet ist – keine, unzureichende oder gar unzutreffende Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen macht, sind diese grundsätzlich durch Finanzermittlungen aufzuklären (vgl. Nr. 14 RiStBV). Eine Schätzung des Einkommens ist immer dann angezeigt, wenn eine Ausschöpfung der Beweismittel das Verfahren unangemessen verzögern würde oder der Ermittlungsaufwand zu der zu erwartenden Geldstrafe in einem unangemessenen Verhältnis stünde (BeckOK StGB/Heintschel-Heinegg, 45. Ed. 1.2.2020, StGB § 40 Rn. 18). Eine volle Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Beweismittel ist dabei nicht geboten. Jedoch darf nicht „ins Blaue hinein“ geschätzt werden; vielmehr setzt eine Schätzung die konkrete Feststellung der Schätzungsgrundlagen voraus; bloße Mutmaßungen genügen nicht. Die Grundlagen, auf welche sich die Schätzung stützt, müssen festgestellt und erwiesen sein sowie im Urteil überprüfbar mitgeteilt werden (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 1. Juni 2015 – 2 BvR 67/15 –, juris).

Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht in jeder Hinsicht gerecht.

Das Landgericht hat das Einkommen des Angeklagten auf 6.000 € netto nach Abzug seiner Unterhaltsverpflichtungen geschätzt, wobei es berücksichtigt hat, dass der Angeklagte nicht nur Geschäftsführer, sondern auch Gesellschafter eines „größeren“ Handwerksbetriebes mit einer „gewissen“ Anzahl von Angestellten sei. Zudem sei der Betrieb des Angeklagten auch Ausbildungsbetrieb und die Betriebsräumlichkeiten seien großzügig und gut ausgestattet.

Die getroffenen Feststellungen zu dem von dem Angeklagten betriebenen Handwerksbetrieb tragen nicht die Schlussfolgerung, dass der Angeklagte in dem relevanten Betrachtungszeitraum ein monatliches Nettoeinkommen von 6.000 Euro netto nach Abzug seiner Unterhaltsverpflichtungen erzielt hat.

Insoweit bleibt bereits im Ausgangspunkt die vom Landgericht in Ansatz gebrachte Höhe der abgezogenen Unterhaltsverpflichtungen unklar, denn das angefochtene Urteil erschöpft sich in der Mitteilung, ein Sohn des Angeklagten sei noch in der Ausbildung und werde von dem Angeklagten unterhalten. Das Urteil lässt jedoch Informationen dazu vermissen, ob die Ehefrau des Angeklagten ein eigenes Einkommen erzielt oder ob auch Unterhaltszahlungen des Angeklagten an seine Ehefrau in Abzug zu bringen waren.

Im Übrigen stellen sich die dargestellten Erwägungen des Landgerichts zur Höhe des Einkommens als bloße Mutmaßungen dar, denn das Urteil lässt konkrete Feststellungen zur Größe des Betriebes, zur Anzahl der Angestellten und Auszubildenden vermissen.

3. Da die Festsetzung der Tagessatzhöhe in aller Regel losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig überprüft werden kann (vgl. BGHSt 27, 70, 72; 34, 90, 92) und hier keine Anhaltspunkte für eine andere Beurteilung bestehen, führt der festgestellte Mangel lediglich zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang und zu einer entsprechenden Zurückverweisung an das Berufungsgericht zur erneuten Festsetzung der Tagessatzhöhe.

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

Zur Aufklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Angeklagten, der hierzu keine Angaben macht, können in zwei Schritten Finanzermittlungen durchgeführt werden. Zunächst kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) um Auskunft über die Kontostammdaten des Angeklagten ersucht werden (§ 24c Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KWG). Ein solches Auskunftsersuchen ist nicht an eine bestimmte Schwere der zu verfolgenden Straftat gebunden und auch in Fällen nur leichter Kriminalität zulässig (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 13.2.2015 ? 4 Ws 19/15, NStZ 2016, 48). Nach Erhalt der Auskunft zu den Kontostammdaten können die betreffenden Kreditinstitute um Auskunft zu den dort geführten Konten des Angeklagten ersucht werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. April 2021 – III-2 RVs 11/21 –, juris). Alternativ kommt hinsichtlich der aufzuklärenden Einkommensverhältnisse auch die Anordnung einer Durchsuchung in Betracht, wobei allerdings die Möglichkeit der Finanzermittlungen sowie die Schätzungsbefugnis gem. § 40 Abs. 3 StGB in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzubeziehen sind (BeckOK StGB/Heintschel-Heinegg, 45. Ed. 1.2.2020, StGB § 40 Rn. 16).“

StPO II: Einspruchsbeschränkung auf den Tagessatz, oder: „Konkreter Vortrag bitte, wir suchen nicht..“

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Die zweite Entscheidung stammt auch aus einem Strafbefehlsverfahren.

Die Angeklagte hat Einspruch gegen einen Srafbefehl des Amtsgerichts Erlangen eingelegt. Die Verteidigerin beschränkte den Einspruch auf die Tagessatzhöhe und führte hierzu an, monatliche Mietbelastungen, eine Schuldentilgung für einen Küchenkauf sowie monatliche Unterhaltszahlungen in Höhe von 800 EUR an die Tochter der Angeklagten seien bei der Bemessung der Tagessatzhöhe zu berücksichtigen. Als Anlage zu dem Schreiben waren diverse Unterlagen beigefügt. Hierunter befand sich ein Kontoauszug, aus dem unter anderem eine Überweisung an … von 800 EUR mit dem Verwendungszweck „Unterhalt“ hervorgeht. Das Amtsgericht Erlangen reduzierte auf den Einspruch hin mit Beschluss vom 20.10.2022 die Tagessatzhöhe auf 60 EUR. Gegen diesen Beschluss legte die Verteidigerin mit Schreiben vom 25.10.2022 Beschwerde ein und führte aus, im vorliegenden Fall seien zwar die Unterhaltsverpflichtungen der Beschuldigten berücksichtigt, nicht aber die Mietzins- und Schuldenbelastungen.

Das LG hat die Beschwerde mit Beschluss vom 15.11.2022 als unbegründet verowrfen. Dagegen legte die Verteidigerin für die Beschuldigte Gehörsrüge nach § 33a StPO ein. Sie führte aus, das Gericht habe ein entscheidungserhebliches Beweismittel nicht zur Kenntnis genommen. Zwar habe die Verteidigerin in ihrem Schreiben vom 22.09.2022 nur eine Unterhaltszahlung von monatlich 800 EUR genannt, gleichwohl habe sich aus dem als Anlage beigefügten Kontoauszug ergeben, dass auch eine weitere Unterhaltszahlung von 500 EUR an das weitere Kind der Beschuldigten, …, geleistet worden sei (Überweisung mit Verwendungszweck: „… Sepa-Überweisung IBAN … BIC … SVWZ+ Unterhalt KREF+ …“).

Die Anhörungsrüge hatte keinen Erfolg. Das LG Nürnberg-Fürth hat sie mit dem LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 12.12.2022 – 12 Qs 68/22 – zurückgewiesen:

„Die Anhörungsrüge ist unbegründet, da die Kammer das Recht der Beschuldigten auf rechtliches Gehör nicht verletzt hat. Eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör kommt in Betracht, wenn das Gericht zum Nachteil des Antragstellers Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, zu denen er nicht gehört worden ist, oder wenn es zu berücksichtigendes Vorbringen des Antragstellers übergangen hat (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 33a Rn. 3).

Die Kammer hat sämtliche durch die Verteidigerin in ihrer Beschwerde vom 25.10.2022 vorgetragenen Einwände gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Erlangen sowie die Ausführungen in ihrem Schriftsatz vom 22.09.2022 berücksichtigt. In der Beschwerde führt die Verteidigerin aus, das Amtsgericht Erlangen habe die Unterhaltsverpflichtungen der Angeklagten bereits berücksichtigt. Auch im Schreiben vom 22.09.2022 spricht sie lediglich von einer Unterhaltszahlung für die Tochter in Höhe von 800 €. Weder ergibt sich aus den Schreiben ein Hinweis auf eine zweite Tochter noch auf eine weitere bestehende Unterhaltsverpflichtung. Ohne entsprechenden Sachvortrag war das Gericht nicht gehalten, in dem vorgelegten Kontoauszug nach Belegen für etwaige weitere berücksichtigungsfähige Zahlungen zu suchen. Der Kontoauszug wurde allein als Beleg für die schriftsätzlich angeführte Unterhaltsverpflichtung in Höhe von 800 € vorgelegt und war nur insoweit vom Gericht zu prüfen, zumal die als übergangen gerügte Überweisung von 500 € erst nach der Überweisung von 800 € im Auszug notiert ist.“

Strafzumessung III: Geschätze Vermögensverhältnisse, oder: Bitte doch die BaFin um Hilfe/Auskunft

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Und als dritte Entscheidung stelle ich dann zum Tagesschluss noch den OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.04.2021 – 2 RVs 11/21 – vor.Verurteilt worden isz der Angeklagte wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 25 EUR. Auf die Sprungrevision des Angeklagten hat das OLG im Strafausspruch aufgehoben:

„Das Amtsgericht hat eine Tagessatzhöhe von 25 Euro zugrunde gelegt, ohne Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten, der hierzu keine Angaben gemacht hat, zu treffen. Es kann nicht nachvollzogen werden, wie das Amtsgericht diesen Betrag ermittelt hat.

Zwar können die Einkünfte des Angeklagten, sein Vermögen und andere Grundlagen für die Bemessung eines Tagessatzes geschätzt werden (§ 40 Abs. 3 StGB). Jedoch setzt eine Schätzung die konkrete Feststellung der Schätzungsgrundlagen und deren überprüfbare Darstellung in den Urteilsgründen voraus (vgl. BVerfG NStZ-RR 2015, 335; OLG Hamm StraFo 2001, 19; KG Berlin BeckRS 2016, 2914; OLG Zweibrücken ZfSch 2017, 649). Daran fehlt es hier. Soweit der Angeklagte im Urteilsrubrum als „Selbständiger“ bezeichnet worden ist, kommt dem schon mangels Angabe des Berufszweiges keine Aussagekraft zu. Auch ist nicht ersichtlich, worauf diese berufliche Einordnung beruht. Abgesehen davon sind Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten in den Urteilsgründen zu treffen.

Da es sich bei der Bestimmung der Tagessatzhöhe um einen abtrennbaren Teil des Strafausspruchs handelt, führt der Rechtsfehler nur insoweit zur Urteilsaufhebung und Zurückverweisung (vgl. BGH NStZ 1986, 547; BeckOK StPO/Wiedner, 39. Edition 2021, § 353 Rdn. 23).“

Insoweit nichts Weltbewegend Neues aus dem Rheinland. Aber: Interessant dann die „Handreichungen“ des OLG zur „Vorbereitung der neuen Hauptverhandlung“. Da zeigt das OLG dem AG einen Weg, weist der Senat auf Folgendes hin:

„Zur Aufklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Angeklagten, der hierzu keine Angaben macht, können in zwei Schritten Finanzermittlungen durchgeführt werden.

Zunächst kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) um Auskunft über die Kontostammdaten des Angeklagten ersucht werden (§ 24c Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KWG). Ein solches Auskunftsersuchen ist nicht an eine bestimmte Schwere der zu verfolgenden Straftat gebunden und auch in Fällen nur leichter Kriminalität zulässig (vgl. OLG Stuttgart NStZ 2016, 48; BeckOK StPO/Sackreuther, 39. Edition 2021, § 161 Rdn. 5; Erb in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl. 2018, § 161 Rdn. 39). Denn der Gesetzgeber hat davon abgesehen, die durch § 24c Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KWG eröffnete Auskunftsmöglichkeit auf bestimmte Katalogtaten zu beschränken. Vielmehr gelten die allgemeinen Regeln der §§ 152 Abs. 2, 160 StPO. Danach genügen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat (vgl. BT-Drucksache 14/8017, S. 123).

Das Auskunftsersuchen kann nach Anklageerhebung durch das mit der Sache befasste Gericht gestellt werden (vgl. BGH NJW 1981, 1052; OLG Stuttgart NStZ 2016, 48).

Nach Erhalt der Auskunft zu den Kontostammdaten können die betreffenden Kreditinstitute um Auskunft zu den dort geführten Konten des Angeklagten ersucht werden. Dies geschieht in der Praxis in der Weise, dass die Kreditinstitute in dem Auskunftsersuchen darauf hingewiesen werden, dass durch die Erteilung einer schriftlichen Auskunft (nebst Übersendung von Ablichtungen der zugehörigen Unterlagen) die Durchsuchung der Geschäftsräume oder die Zeugenvernehmung von Mitarbeitern abgewendet werden kann.

Um einen aussagekräftigen Überblick über die Einkünfte des Angeklagten zu erhalten, sollte sich die Auskunft zu Girokonten auf die Buchungen ca. des letzten Jahres erstrecken.

Die Auskunftsersuchen an die BaFin und die kontoführenden Kreditinstitute wären verhältnismäßig. Andere hinreichenden Erfolg versprechende Ermittlungsmaßnahmen stehen hier nicht zur Verfügung. So scheidet bei einem beruflich Selbständigen eine Befragung des Arbeitgebers zu Lohn- und Gehaltszahlungen aus.

Die Finanzermittlungen wären entbehrlich, wenn der Angeklagte rechtzeitig vor der neuen Hauptverhandlung schriftsätzlich konkrete Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen machen würde.“

Der letzte Satz musste m.E. nicht sein. Der Angeklagte wird die „Drohkulisse“ auch so verstanden haben.

Strafzumessung I: Wenn dem BGH die Tagessatzhöhe nicht gefällt, oder: Nettoeinkommensprinzip

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Ich habe seit längerem keine Strafzumessung mehr „gebracht“ – und der BGh ist in den letzten Tagen auch ein wenig kurz gekommen. Also heute dann:

Zunächst hier der BGH, Beschl. v. 14.01.2021 – 1 StR 242/20 – mit Ausführungen zur Tagessatzhöhe. Das LG hat den Angeklagten wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr in vier Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 280 EUR verurteil. Der BGH beanstandet den Strafausspruch:

„2. Der Strafausspruch hält hinsichtlich der Entscheidung über die Tagessatzhöhe sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Die Höhe des Tagessatzes ist gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 StGB unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters zu bestimmen. Bei der Bemessung ist grundsätzlich von dem Nettoeinkommen auszugehen, das der Täter an einem Tag hat oder haben könnte (§ 40 Abs. 2 Satz 2 StGB). Die Festlegung der Tagessatzhöhe erschöpft sich jedoch nicht in einem bloßen Rechenvorgang, es handelt sich vielmehr um einen wertenden Akt richterlicher Strafzumessung, der dem Tatrichter Ermessensspielräume hinsichtlich der berücksichtigungsfähigen Faktoren belässt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 25. April 2017 – 1 StR 147/17 Rn. 7 mwN; Fischer, StGB, 68. Aufl., § 40 Rn. 6a mwN; MünchKommStGB/Radtke, 4. Aufl., § 40 Rn. 56 mwN). „Einkommen“ ist dabei ein rein strafrechtlicher Begriff und nicht etwa im steuerrechtlichen Sinne zu verstehen. Er umfasst alle Einkünfte aus selbständiger und nicht selbständiger Arbeit sowie aus sonstigen Einkunftsarten (st. Rspr.; vgl. BGH, aaO, Rn. 7, 9 mwN; Fischer, aaO, Rn. 7 mwN; MünchKommStGB/Radtke, aaO, Rn. 59 f. mwN). Von den anzurechnenden Einkünften sind damit zusammenhängende Ausgaben, wie beispielsweise Werbungskosten, Betriebsausgaben und Steuern in Abzug zu bringen; ebenfalls sind in der Regel außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, Unterhaltsverpflichtungen des Täters demgegenüber nur in angemessenem Umfang (st. Rspr.; vgl. BGH, aaO Rn. 7, 9 mwN; Fischer, aaO, Rn. 13 f. mwN; MünchKommStGB/Radtke, aaO, Rn. 65 ff., 68 f. mwN).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die vom Landgericht festgesetzte Tagessatzhöhe keinen Bestand. Ausweislich der Urteilsgründe hat das Landgericht „die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten, insbesondere seine Gehälter, seine Erfolgstantiemen und seine Mieteinnahmen“ (UA S. 31 f.) berücksichtigt und auf dieser Grundlage die Höhe des Tagessatzes auf 280 Euro festgesetzt. Aus den Feststellungen zur Person ergibt sich dabei, dass der Angeklagte L. aus seiner unternehmerischen Tätigkeit monatlich 2.000 Euro netto erhält und daneben einen monatlichen „Gewinn“ aus Miete in Höhe von ebenfalls 2.000 Euro erwirtschaftet. Das Landgericht hat jedoch hinsichtlich der Erfolgstantiemen in Höhe von jährlich 50.000 Euro und der Vergütung der Tätigkeit des Angeklagten im Aufsichtsrat in Höhe von jährlich 6.000 Euro hiermit etwa zusammenhängende Ausgaben und Abzüge bei der Berechnung der Tagessatzhöhe nicht in den Blick genommen und damit gegen das in § 40 Abs. 2 Satz 2 StGB normierte Nettoeinkommensprinzip verstoßen. Auch ist nicht zu erkennen, dass sich das Landgericht mit der Frage etwa berücksichtigungsfähiger Unterhaltspflichten des Angeklagten, insbesondere gegenüber seiner Ehefrau, auseinandergesetzt hätte.“