Heute geht es dann mal wieder in die Strafvollstreckung bzw. den Vollzug.
Ich eröffne die Berichterstattung mit dem OLG Zweibrücken, Beschl. v. 10.06.2025 – 1 Ws 98/25. Der nimmt noch einmal zum zulässigen Inhalt einer Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 StGB Stellung. Die Strafvollstreckungskammer hatte eine Abstinenzweisung beschlossen, die dem Verurteilten den Konsum jeglicher unter das Betäubungsmittelgesetz fallenden Substanzen untersagt und entsprechende Drogentests vorsieht. Die Weisung hat folgenden Wortlaut:
„5. Der Verurteilte wird gemäß § 68b Absatz 1 StGB strafbewehrt angewiesen, …..
d) den Konsum jeglicher Substanzen, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, zu unterlassen und sich zum Nachweis seiner Betäubungsmittelabstinenz für die Dauer der gesamten Führungsaufsicht im Abstand von höchstens 3 Monaten, insgesamt 4 Drogenscreenings jährlich zu unterziehen (§ 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 10 StGB). Das Drogenscreening ist in Form von Urinkontrollen vorzunehmen, die auf alle gängigen Betäubungsmittel (mit Ausnahme von Cannabis) zu untersuchen sind. Die Urinkontrollen hat der Verurteilte bei einem ihn behandelnden Allgemeinmediziner, dem örtlichen Gesundheitsamt oder der Suchtberatungsstelle des Wohnortes abzugeben. Das Ergebnis hat der Verurteilte dem Bewährungshelfer binnen 3 Tage nachzuweisen. Die Kosten für das Drogenscreening hat bis auf Weiteres die Staatskasse zu tragen.“
Dagegen die Beschwerde, die das OLG als unbegründet angesehen hat:
„…..
a) Eine wie hier in Rede stehende Weisung gemäß § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 10 StGB muss zum einen geeignet sein, den mit ihr angestrebten Zweck zu erreichen, wobei bereits die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.03.2016 – 2 BvR 496/12, juris, Rn. 18). Daneben muss sie erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne, mithin für den Betroffenen zumutbar sein. Die Feststellung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne setzt eine Abwägung zwischen den Gemeinwohlbelangen, zu deren Wahrnehmung es erforderlich ist, in die Grundrechte einzugreifen, und den Auswirkungen auf die Rechtsgüter des Betroffenen voraus. Hierbei sind an eine Abstinenzweisung nach § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 10 StGB aufgrund des Umstandes, dass sie gemäß § 145a StGB strafbewehrt ist, unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten erhöhte Anforderungen zu stellen. Die diesbezügliche Hinnahme kann von dem Betroffenen daher im Allgemeinen nur erwartet werden, wenn er überhaupt in der Lage ist, sich weisungsgerecht zu verhalten und der Schutz überwiegender Interessen anderer oder der Allgemeinheit eine strafrechtliche Sanktionierung gebietet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.03.2016 – 2 BvR 496/12, juris, Rn. 19 ff.).
Von der Verhältnismäßigkeit einer Abstinenzweisung gemäß § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 10 StGB wird somit regelmäßig auszugehen sein, wenn diese gegenüber einer ohne weiteres zum Verzicht auf den Konsum von Suchtmitteln fähigen Person angeordnet wird und im Falle des erneuten Alkohol- oder Suchtmittekonsums mit der Begehung erheblicher, die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit betreffender Straftaten zu rechnen ist. Wenn der Verzicht auf den Konsum von Suchtmitteln lediglich vom Willen und der charakterlichen Festigkeit des Weisungsunterworfenen abhängt, ist es ohne weiteres zumutbar, für die Dauer der Führungsaufsicht zur Vermeidung weiterer Straftaten einen solchen Verzicht einzufordern (BVerfG, Beschluss vom 30.03.2016 – 2 BvR 496/12, juris, Rn. 24).
Anders verhält es sich im Fall eines – wie hier – nicht oder erfolglos therapierten langjährigen Suchtkranken. In einem solchen Fall bedarf die Frage der Zumutbarkeit des Verzichts auf den Konsum von Suchtmitteln strengerer Prüfung, da die Abstinenzweisung für den Suchtkranken eine deutlich schwerere Belastung darstellt. Dennoch wird auch in diesen Fällen nicht ausnahmslos davon ausgegangen werden können, dass die Weisung, auf den Konsum von Suchtmitteln zu verzichten, unzumutbar ist. Vielmehr ist insoweit eine Abwägung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls erforderlich. Hierbei sind insbesondere die Fragen, in welchem Umfang überhaupt die Aussicht besteht, den mit einer Abstinenzweisung verfolgten Zweck zu erreichen, ob und inwieweit der Suchtkranke sich – wenn auch erfolgslos – Therapieangeboten geöffnet hat und welche Straftaten im Falle weiteren Suchtmittelkonsums zu erwarten sind, in die Abwägung einzustellen (BVerfG, Beschluss vom 30.03.2016 – 2 BvR 496/12, juris, Rn. 25 f.).
b) Gemessen an diesem Maßstab ist die hier gegenständliche Abstinenzweisung noch verhältnismäßig.
Angesichts der hier in Rede stehenden Anlassverurteilung sowie des Umstands, dass der Verurteilte diese Straftat begangen hat, um zumindest auch seinen Betäubungsmittelkonsum zu finanzieren, ist davon auszugehen, dass mit dem Wegfall des weiteren Konsums von unter die Weisung fallenden Betäubungsmitteln auch eine weitere Straffälligkeit des Verurteilten unterbleibt.
…… „
Die Einzelheiten der umfassenden Würdigung des OLG bitte dem Volltext entnehmen.





