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OWi I: Wegen Wiedereinsetzung keine Verjährung, oder: Erfolg bei der Einspruchverwerfung

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Und heute dann mal wieder ein OWi-Tag. Aber: Nichts bahnbrechend Neues, sondern weitgehend „alter Wein in neuen Schläuchen“.

Ich beginne mit dem BayObLG, Beschl. v. 28.03.2023 – 202 ObOWi 314/23 -, der zur Verfolgungsverjährung nach Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist Stellung nimmt und sich auch noch einmal zu den Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 OWiG äußert.

Zur Wiedereinsetzung bzw. zur Frage des Eintritts der Verfolgungsverjährung führt das bayObLg aus:

„1. Eine Einstellung des Verfahrens kommt nicht in Betracht, weil das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung nicht eingetreten ist.

a) Die Verjährungsfrist betrug zunächst 3 Monate (§ 26 Abs. 3 Satz 1 StVG) und begann mit Beendigung der Handlung (§ 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG), hier also am 18.06.2020. Die Verjährung wurde jedenfalls durch den Erlass des Bußgeldbescheids am 15.09.2020, der dem Betroffenen am 17.09.2020 zugestellt wurde, unterbrochen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG), sodass ab diesem Zeitpunkt die Verjährungsfrist gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 StVG 6 Monate betrug.

b) Entgegen der Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft wurde die 6-monatige Verjährungsfrist durch den Akteneingang beim Amtsgericht am 15.04.2021 rechtzeitig unterbrochen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1 OWiG).

aa) Zwar lagen zwischen der vorhergehenden Unterbrechungshandlung durch den Erlass des Bußgeldbescheids am 15.09.2020 und dem Akteneingang beim Amtsgericht am 15.04.2021 mehr als 6 Monate.

bb) Gleichwohl war die Verjährungsfrist zum letztgenannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen. Denn die durch die Zentrale Bußgeldstelle am 24.11.2020 bewilligte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor Versäumung der Einspruchsfrist hatte zur Folge, dass die Verjährungsfrist neu zu laufen begann (vgl. BayObLG, Beschl. v. 16.03.2004 – 2 ObOWi 7/2004 = BayObLGSt 2004, 33 = DAR 2004, 281 = VRS 106, 452 [2004]; Urt. v. 07.10.1953 – 1 St 333/53 = BayObLGSt 1953, 179; OLG Frankfurt, Beschl. v. 25.01.1978 – 1 Ws [B] 36/78 OWiG = BeckRS 2014, 21126; KG, Beschl. v. 04.04.2017 – 3 Ws [B] 43/17 = StraFo 2017, 460; OLG Naumburg, Beschl. v. 04.01.1995 – 1 Ss [B] 254/94 = VRS 88, 456 [1995]; BeckOK OWiG/Gertler OWiG § 31 Rn. 18; KK-OWiG/Ellbogen 5. Aufl. § 31 OWiG Rn. 37; Graalmann-Scheerer in: Löwe-Rosenberg StPO 27. Aufl. 2016 § 46 Rn. 13; Göhler/Gürtler/Thoma OWiG 18. Aufl. Vor § 31 Rn. 2b; LK-StGB/Schmidt 12. Aufl. 2007 § 78 Rn. 10). Mit der Rechtskraft des Bußgeldbescheids, die (zunächst) aufgrund des Ablaufs der Einspruchsfrist eingetreten war, bestand für eine Verfolgungsverjährung nach § 31 OWiG kein Raum mehr; vielmehr lief stattdessen die Frist für die Vollstreckungsverjährung nach § 34 OWiG (OLG Hamm, Beschl. v. 23.05.1972 – 5 Ss OWi 363/72 = NJW 1972, 2097 = MDR 72, 885). Eine neue Verfolgungsverjährung kann in Fällen, in denen das Verfahrensrecht einen Eingriff in die Rechtskraft zulässt, erst zu dem Zeitpunkt beginnen, in dem das rechtskräftig verurteilende Erkenntnis beseitigt wird (BayObLG, Urt. v. 07.10.1953 – 1 St 333/53 a.a.O.). Dies hat zur Folge, dass mit der Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die zur Beseitigung der bis dahin eingetretenen Rechtskraft des Bußgeldbescheids führte, die bei Eintritt der Rechtskraft des Bußgeldbescheids noch nicht abgelaufene Frist für die Verfolgungsverjährung neu zu laufen begann. Mit der Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor Versäumung der Einspruchsfrist durch die Entscheidung der Verwaltungsbehörde vom 24.11.2020 wurde die Rechtskraft des Bußgeldbescheids nachträglich beseitigt. Dies hatte aber nicht etwa zur Folge, dass die ursprüngliche Frist für die Verfolgungsverjährung gleichsam rückwirkend wieder lief. Andernfalls würden für den säumigen Betroffenen Vorteile geschaffen, die er ohne seine Säumnis nicht gehabt hätte, was mit dem Zweck der Wiedereinsetzung nicht vereinbar wäre (OLG Hamm a.a.O.). Durch das Recht der Wiedereinsetzung sollen zwar dem Betroffenen, der unverschuldet eine Frist versäumt hat, keine Nachteile entstehen, eine Besserstellung seiner Rechtsposition ist durch die Vorschriften über die Wiedereinsetzung aber nicht intendiert.

2. In der Folgezeit wurden jeweils weitere Unterbrechungshandlungen vor Ablauf der 6-monatigen Verjährungsfrist nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 und 11 OWiG rechtzeitig vorgenommen bis zu dem ersten in dem Verfahren nach § 74 Abs. 2 OWiG ergangenen Verwerfungsurteil des Amtsgerichts vom 27.01.2022. Seit diesem Zeitpunkt ist der Verjährungsablauf gemäß § 32 Abs. 2 OWiG gehemmt. Der Umstand, dass auf Antrag des Betroffenen in der Folgezeit wegen Versäumung dieser Hauptverhandlung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 74 Abs. 4 OWiG durch die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30.09.2022 bewilligt wurde, beseitigte die Ablaufhemmung nicht (OLG Hamm, Beschl. v. 15.07.2008 – 3 Ss OWi 180/08 = BeckRS 2008, 18098; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19.01.2018 – 1 OWi 2 Ss Bs 84/17 OLGSt OWiG § 74 Nr 24; 09.07.2002 – 1 Ss 74/02 = BeckRS 2002, 31129484; KG, Beschl. v. 15.12.2021 – 3 Ws [B] 304/21 = BeckRS 2021, 45818).“

Aber dann zur Einspruchsveewerfung:

„3. Die Einspruchsverwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil das Amtsgericht hinreichendes Entschuldigungsvorbringen vor der Hauptverhandlung rechtsfehlerhaft übergangen hat. Dabei kommt es nicht darauf an, dass das Amtsgericht in unzulässiger Weise die Gründe des Urteils, die bereits vollständig im Hauptverhandlungsprotokoll aufgenommen waren, in einer weiteren Urteilsurkunde ergänzt hat. Die Urteilsgründe rechtfertigen die Verwerfung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid nicht, weil der Betroffene hinreichend entschuldigt im Sinne des § 74 Abs. 2 OWiG war. Denn hierfür ist es ausreichend, dass er schlüssig Umstände vorträgt, die ihm die Teilnahme an der Hauptverhandlung unzumutbar machen; eine Nachweispflicht trifft den Betroffenen nicht (vgl. nur BayObLG, Beschl. v. 06.09.2019 – 202 ObOWi 1581/19 = OLGSt OWiG § 74 Nr 26 m.w.N.). Die mit Schriftsatz der Verteidigerin vom 13.12.2022 vor der Hauptverhandlung dem Amtsgericht mitgeteilten Gründe stellten bei vernünftiger Betrachtung ohne weiteres einen Entschuldigungsgrund in diesem Sinne dar, weil dort – neben dem Hinweis auf einen positiven Covid-19-Test – explizit vom „hohem Fieber, Erbrechen, Durchfall und schweren Erkältungssymptomen“ gesprochen wurde, was eine Unzumutbarkeit der Anreise und der Teilnahme des Betroffenen an der Hauptverhandlung bei verständiger Würdigung zweifelsfrei begründete. Über diesen Vortrag hat sich das Amtsgericht mit neben der Sache liegenden Erwägungen, nämlich unter Rekurs auf den fehlenden Nachweis der geltend gemachten Erkrankungssymptome und auf die nicht mehr bestehende Isolationspflicht in Bayern bei einer Infektion mit dem Corona-Virus, hinweggesetzt. Es hat dabei dem Vortrag des Betroffenen, dem es nicht darum ging, sich zu isolieren, sondern der geltend machen wollte, aufgrund krankheitsbedingter Beschwerden nicht zur Hauptverhandlung anreisen und an ihr teilnehmen zu können, kein Gehör geschenkt und zudem verkannt, dass den Betroffenen keine Nachweispflicht trifft.“

OWi III: Einspruchsverwerfung trotz ärztlichem Attest, oder: Das geht selbst in Bayern zu weit

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Die dritte und letzte Entscheidung, der BayObLG, Beschl. v. 06.09.2019 – 202 ObOWi 1581/19 -, befasst sich dann noch einmal/mal wieder mit der Problematik der Einspruchsverwerfung trotz einer attestierten „voraussichtlichen“ Verhinderung. Der Einspruch des Betroffenen ist verworfen worden, obwohl der Betroffene zum Nachweis seiner Verhinderung ein ärztliches Attest vorgelegt hatte. Das hebt selbst das BayObLG auf:

„2. Die Verfahrensrüge ist auch begründet.

a) Der Begriff der ‚genügenden Entschuldigung‘ darf nicht eng ausgelegt werden. Ähnlich wie im Falle des 329 Abs. 1 Satz 1 StPO enthält § 74 Abs. 2 OWiG eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass ohne den Angeklagten bzw. – wie hier – den Betroffenen nicht verhandelt werden darf. Die Regelung birgt damit nicht nur die Gefahr eines sachlich unrichtigen Urteils in sich, sondern auch, dass dem Betroffenen das ihm nach Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte rechtliche Gehör entzogen wird. Deshalb ist bei der Prüfung der vorgebrachten oder vorliegenden Entschuldigungsgründe eine weite Auslegung zugunsten des Betroffenen geboten.

aa) Eine Entschuldigung ist dann genügend, wenn die im Einzelfall abzuwägenden Belange des Betroffenen einerseits und seine öffentlich-rechtliche Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung andererseits den Entschuldigungsgrund als triftig erscheinen lassen, d.h. wenn dem Betroffenen unter den gegebenen Umständen ein Erscheinen billigerweise nicht zumutbar war und ihm infolgedessen wegen seines Fernbleibens auch nicht der Vorwurf schuldhafter Pflichtverletzung gemacht werden kann. Entscheidend ist dabei nicht, ob sich der Betroffene genügend entschuldigt hat, sondern ob er (objektiv) genügend entschuldigt ist. Den Betroffenen trifft daher hinsichtlich des Entschuldigungsgrundes grundsätzlich keine Pflicht zur Glaubhaftmachung oder gar zu einem lückenlosen Nachweis; vielmehr muss das Gericht, wenn ein konkreter Hinweis auf einen Entschuldigungsgrund vorliegt, dem im Rahmen seiner Aufklärungspflicht nachgehen (st.Rspr., z.B. BGHSt 17, 391/396 f.; BGHR StPO § 329 Abs. 1 Satz 1 Ladung 1; BayObLGSt 2001, 14/16; 1998, 79/81; BayObLG, Beschl. v. 19.10.2004 – 1 Ob OWi 442/04; OLG Stuttgart DAR 2004, 165/166; OLG Bamberg, Urt. v. 26.2.2008 – 3 Ss 118/07 = OLGSt StPO § 329 Nr 29 und Beschl. v. 06.03.2013 – 3 Ss 20/13 = OLGSt StPO § 329 Nr 32 sowie – jeweils zu § 74 Abs. 2 OWiG – OLG Bamberg, Beschl. v. 12.09.2007 – 3 Ss OWi 1140/06 = wistra 2007, 79; 01.2009 – 2 Ss OWi 1623/08 = NStZ-RR 2009, 150 = VerkMitt 2009 Nr 32 = NZV 2009, 303 = OLGSt OWiG § 74 Nr. 20; 28.11.2011 – 3 Ss OWi 1514/11 = ZfSch 2012, 230 = OLGSt StPO § 329 Nr 31 und 29.12.2010 – 2 Ss OWi 1939/10 = NZV 2011, 409; vgl. auch OLG Braunschweig, Beschl. v. 25.03.2010 – 3 Ss [OWiZ] 37/10 bei juris; KG, Beschl. v. 16.06.2010 – 3 Ws [B] 203/10 = VRS 119, 125 = DAR 2011, 146 und zuletzt neben OLG Bamberg, Beschl. v. 29.10.2018 – 3 Ss OWi 1464/18 = DAR 2019, 100 = NStZ 2019, 527; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19.01.2018 – 1 OWi 2 Ss Bs 84/17 = OLGSt OWiG § 74 Nr 24; KG, Beschl. v. 27.08. 2018 – 3 Ws [B] 194/18 = VRS 134 [2018], 143 und 09.07.2019 – 122 Ss 68/19 bei juris sowie OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.08.2019 – 53 Ss-OWi 173/19 bei juris, jeweils m.w.N.).

bb) Bescheinigungen, insbesondere ärztliche Atteste haben daher so lange als genügende Entschuldigung zu gelten, als nicht deren Unglaubwürdigkeit oder Unbrauchbarkeit feststeht, es sei denn, das Vorbringen ist aus der Luft gegriffen oder sonst ganz offensichtlich ungeeignet, das Ausbleiben zu entschuldigen (BayObLGSt 2001, 14/16). Bloße Zweifel an einer genügenden Entschuldigung dürfen nicht zu Lasten des Betroffenen gehen. Das Gericht ist in diesem Fall vielmehr gehalten, seinen Zweifeln – gegebenenfalls im Wege des Freibeweises (BayObLGSt 1998, 79/82) – nachzugehen.

cc) Die Nachforschungsverpflichtung des Gerichts ist andererseits nicht grenzenlos. Ihre Auslösung setzt (wenigstens) voraus, dass der Betroffene vor der Hauptverhandlung schlüssig einen Sachverhalt vorträgt oder vortragen lässt, der geeignet ist, sein Ausbleiben genügend zu entschuldigen, dem Gericht somit hinreichende Anhaltspunkte für eine genügende Entschuldigung zur Kenntnis gebracht sind (KG VRS 108, 110); nur dann ist er auch nicht verpflichtet, die Richtigkeit seines Vorbringens glaubhaft zu machen und durch Vorlage von geeigneten Unterlagen zu belegen (OLG Bamberg, Urt. v. 26.2.2008 – 3 Ss 118/07 = OLGSt StPO § 329 Nr 29; BayObLGSt 1997, 145/147 f.; 1998, 79/81 f.). Eine andere Sicht wäre mit dem Gesetzeszweck, das Verfahren zu beschleunigen und den Betroffenen daran zu hindern, eine gerichtliche Entscheidung nach Gutdünken zu verzögern, indem er der Verhandlung fernbleibt, unvereinbar. In diesen Fällen muss das mit dem Beschleunigungsgebot konkurrierende Streben nach einer möglichst gerechten Sachentscheidung mit der Folge zurück treten, dass im Einzelfall auch ein möglicherweise sachlich unrichtiges Urteil in Kauf zu nehmen ist (BGHSt 23, 331/334 f.).

b) Nachdem der Betroffene über seinen Verteidiger am Vortage der für den 24.05.2019 anberaumten Hauptverhandlung dem Gericht per Telefax-Schreiben vom 23.05.2019 das unter dem 22.05.2019 ausgestellte und ärztlich unterzeichnete fachärztliche „Attest“ mit dem oben (unter II. 1.) mitgeteilten Inhalt übermittelte, war das Amtsgericht aufgrund der konkreten Hinweise auf einen berechtigten Entschuldigungsgrund auch noch im Zeitpunkt der Hauptverhandlung gehalten, diesem im Rahmen seiner Aufklärungspflicht nachzugehen, insbesondere gegebenenfalls fortbestehende Zweifel selbst durch eine Anfrage bei den behandelnden und aus der Bescheinigung hervorgehenden Ärzten auch dann abzuklären, wenn – wie hier – aus der Bescheinigung vom 22.05.2019 aus naheliegenden Gründen ärztlicherseits und der Wahrhaftigkeit im Ausstellungszeitpunkt genügend „nur“ attestiert werden konnte, dass der Betroffene „voraussichtlich bis zum 24.05.2019 wege- und verhandlungsunfähig“ sein werde. Weiterer Erläuterungen oder eines weiteren Vortrags des Betroffenen bzw. seines Verteidigers bedurfte es entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht. Insbesondere besteht bei einer – wie hier – überschaubaren Zeitspanne von nur wenigen Tagen bis zum Termin der Hauptverhandlung keine Verpflichtung, den Gesundheitszustand des Betroffenen womöglich im Stile täglicher ärztlicher Bulletins dem Gericht gegenüber mitzuteilen. Hinzu kommt, dass in der Vorlage der Bescheinigung durch den Betroffenen regelmäßig zugleich die Entbindung des ausstellenden Arztes von seiner Schweigepflicht enthalten ist. Gründe dafür, dass die Bescheinigung als erwiesen falsch oder sonst als offensichtlich unrichtig oder unzureichend anzusehen wäre, sind nicht ersichtlich. Vielmehr blieb für das Gericht gerade offen, ob dem Betroffenen ein Erscheinen am 24.05.2019 tatsächlich nicht zumutbar oder nicht möglich war, weshalb sein Ausbleiben nicht als unentschuldigt hätte angesehen werden dürfen.“

Der aufgezeigte Rechtsfehler zwingt den Senat zu Aufhebung des angefochtenen Urteils ….“ Schöne Formulierung, die deutlich macht, dass man so ganz glücklich mit der Entscheidung, zu der man „gezwungen“ ist, nicht ist.

OWi I: Die unvollständig übermittelte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, oder: Einspruchsverwerfung?

Der heutige Tag ist dem OWi-Verfahrensrecht gewidmet. Und ich eröffne ihn mit dem OLG Bamberg, Beschl. v. 29.10.2018 – 3 Ss OWi 1464/18. Thematik: Dauerbrenner Einspruchsverwerfung, und zwar hier nach einer unvollständig übermittelter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Das AG hatte verworfen, die Rechtsbeschwerde des Betroffenen (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG) hatte Erfolg:

„1. Die Einspruchsverwerfung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil das AG den Begriff der ‚genügenden Entschuldigung‘ i.S.v. § 74 II OWiG verkannt und demgemäß das Fernbleiben des Betr. in der Hauptverhandlung zu Unrecht als nicht genügend entschuldigt angesehen hat, wodurch der Anspruch des Betr. auf rechtliches Gehör verletzt worden ist.

a) Der Begriff der „genügenden Entschuldigung darf nicht eng ausgelegt werden. Denn § 74 II OWiG enthält eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass ohne den Betr. nicht verhandelt werden darf. Die Regelung birgt nicht nur die Gefahr eines sachlich unrichti-gen Urteils in sich, sondern auch, dass dem Betr. das ihm nach Art. 103 I GG verbürg-te rechtliche Gehör entzogen wird. Deshalb ist bei der Prüfung der vorgebrachten oder vorliegenden Entschuldigungsgründe eine weite Auslegung zugunsten des Betr. gebo-ten (OLG Bamberg, Beschl. v. 06.03.2013 – 3 Ss 20/13 [für § 329 I Satz 1 StPO] = OLGSt StPO § 329 Nr 32).

b) Eine Entschuldigung ist dann genügend, wenn die im Einzelfall abzuwägenden Belange des Betr. einerseits und seine öffentlich-rechtliche Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung andererseits den Entschuldigungsgrund als triftig erscheinen lassen, d.h. wenn dem Betr. unter den gegebenen Umständen ein Erscheinen billigerweise nicht zumutbar war und ihm infolgedessen wegen seines Fernbleibens auch nicht der Vorwurf schuldhafter Pflichtverletzung gemacht werden kann. Entscheidend ist dabei nicht, ob sich der Betr. genügend entschuldigt hat, sondern ob er (objektiv) genügend entschuldigt ist. Den Betr. trifft daher hinsichtlich des Entschuldigungsgrundes grund-sätzlich keine Pflicht zur Glaubhaftmachung oder gar zu einem lückenlosen Nachweis; vielmehr muss das Gericht, wenn ein konkreter Hinweis auf einen Entschuldigungs-grund vorliegt, dem im Rahmen seiner Aufklärungspflicht nachgehen (st.Rspr.; vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 28.11.2011 – 3 Ss OWi 1514/11 = ZfS 2012, 230 = OLGSt StPO § 329 Nr 31 = GesR 2012, 231 sowie zuletzt u.a. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19.01.2018 – 1 OWi 2 Ss Bs 84/17 und KG, Beschl. v. 27.08.2018 – 3 Ws [B] 194/18 [jeweils bei juris]). Ein Sachvortrag zum Entschuldigungsgrund der Erkrankung erfordert für seine Schlüssigkeit zumindest die Darlegung eines krankheitswertigen Zustandes. Dies kann durch die Vorlage ärztlicher Bescheinigungen erfolgen, ohne dass diesen die Art der Erkrankung zu entnehmen sein muss. Anderenfalls bedarf es zumindest ent-sprechenden Sachvortrags zu Art und Auswirkung der geltend gemachten Erkrankung, um dem Gericht die Grundlage für eine rechtliche Bewertung zu bieten, ob dem Betr. die Teilnahme an der Hauptverhandlung unzumutbar ist. Die pauschale Mitteilung, der Betr. sei „erkrankt“, „bettlägerig erkrankt“ oder „plötzlich erkrankt“, genügt diesen Anforderungen deshalb nicht und begründet keine Verpflichtung des Gerichts, bei etwaigen Zweifeln weitere Feststellungen im Freibeweisverfahren zu treffen (vgl. schon OLG Bamberg, Beschl. v. 14.01.2009 – 2 Ss OWi 1623/08 = NStZ-RR 2009, 150 = VM 2009, Nr 32 = NZV 2009, 303 = OLGSt OWiG § 74 Nr 20; KG, Beschl. v. 18.01.2018 – 3 Ws [B] 5/18 – VRS 133, Nr 1; OLG Zweibrücken a.a.O.).

c) Bescheinigungen, insbesondere ärztliche Atteste haben andererseits so lange als genügende Entschuldigung zu gelten, als nicht deren Unglaubwürdigkeit oder Unbrauchbarkeit feststeht, es sei denn, das Vorbringen ist aus der Luft gegriffen oder sonst ganz offensichtlich ungeeignet, das Ausbleiben zu entschuldigen (OLG Bamberg a.a.O.; OLG Brandenburg, Beschl. v. 30.08.2016 – 53 Ss-OWi 491/16 [bei juris]; ferner schon BayObLGSt 2001, 14/16 und zuletzt KG a.a.O.). Bloße Zweifel an einer genügenden Entschuldigung dürfen nicht zu Lasten des Betr. gehen. Das Gericht ist in die-sem Fall vielmehr gehalten, seinen Zweifeln – ggf. im Wege des Freibeweises (BayObLGSt 1998, 79/82) – nachzugehen.

d) Die Nachforschungsverpflichtung des Gerichts ist gleichwohl nicht grenzenlos. Ihre Auslösung setzt (wenigstens) voraus, dass der Betr. vor der Hauptverhandlung schlüs-sig einen Sachverhalt vorträgt oder vortragen lässt, der geeignet ist, sein Ausbleiben genügend zu entschuldigen, dem Gericht somit hinreichende Anhaltspunkte für eine genügende Entschuldigung zur Kenntnis gebracht sind; nur dann ist er auch nicht ver-pflichtet, die Richtigkeit seines Vorbringens glaubhaft zu machen und durch Vorlage von geeigneten Unterlagen zu belegen. Eine andere Sicht wäre mit dem Gesetzeszweck, das Verfahren zu beschleunigen und den Betr. daran zu hindern, eine gerichtliche Ent-scheidung nach Gutdünken zu verzögern, indem er der Verhandlung fernbleibt, unver-einbar. In diesen Fällen muss das mit dem Beschleunigungsgebot konkurrierende Stre-ben nach einer möglichst gerechten Sachentscheidung mit der Folge zurück treten, dass im Einzelfall auch ein möglicherweise sachlich unrichtiges Urteil in Kauf zu nehmen ist (BGHSt 23, 331/334 f.).

2. Nachdem der Betr. über seine Verteidigerin schon am Vortag der für den 01.08.2018 anberaumten Hauptverhandlung und im unmittelbaren zeitlichen Anschluss an ein an diesem Tag von seiner Verteidigerin mit der Vorsitzenden geführtes Telefonat dem Gericht per Telefax-Schreiben vom 31.07.2018 eine unter dem 27.07.2018 ausgestellte ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Erstbescheinigung) für den Zeitraum vom 27.07.2018 bis „voraussichtlich […] einschließlich 10.08.2018“ mitsamt einem, wenn auch nicht vollständig lesbaren eingedruckten Diagnoseschlüssels übermittelte, war das AG aufgrund der konkreten Hinweise auf einen berechtigten Entschuldigungsgrund gehalten, diesem im Rahmen seiner Aufklärungspflicht nachzugehen, insbesondere fortbestehende Zweifel durch eine Anfrage bei dem behandelnden Arzt abzuklären. Von dieser Verpflichtung wurde das Gericht schon aufgrund der Inhalte des vorangegangenen Telefonats mit der Verteidigerin und des Begleitschreibens der Verteidigung vom 31.07.2018 nicht dadurch entbunden, dass aus der übermittelten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der ausstellende Arzt – möglicherweise infolge einer falschen Zoomein-stellung des Übermittlungsgeräts – nicht entnommen werden konnte. Denn in der Vorlage des Attests durch den Betr. liegt regelmäßig zugleich die Entbindung des ausstellenden Arztes von seiner Schweigepflicht. Gründe dafür, dass das Attest als erwiesen falsch oder sonst als offensichtlich unrichtig oder unzureichend anzusehen wäre, sind nicht ersichtlich. Dies gilt erst recht, als die Verteidigerin noch vor dem Termin mit weiterem Telefax-Schreiben vom 01.08.2018 darauf hinwies, dass die übermittelte Arbeits-unfähigkeitsbescheinigung von der Hausärztin des Betr. ausgestellt wurde und von dieser „zunächst ein beidseitiges Lumbago“ diagnostiziert worden sei und mit dem Schreiben nochmals die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 27.07.2018 mitüber-sandte, wobei aufgrund des gegenüber der Erstübersendung günstigeren Bildausschnitts nunmehr neben der Praxisanschrift und Telefonnummer der behandelnden Ärztin einschließlich ihres Titels und Vornamens auf der Bescheinigung der aufgedruckte Diagnoseschlüssel bzw. ICD-Code „M54.5 G B“ ebenso ohne weiteres lesbar war wie die im Klartext aufgedruckte Beschreibung „Lumbago beidseitig“.“

Verteidigeranruf: „Kommen später“ – AG verwirft Einspruch trotzdem, oder: Kurzer Prozess

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Manchmal frage ich mich, was Verteidiger eigentlich noch alles tun sollen/müssen. So auch beim KG, Beschl. v. 21.07.2016 – 3 Ws (B) 382/16. Allerdings bezieht sich die Frage nicht auf den KG, Beschl., sondern auf das Verhalten/Vorgehen des AG. Da hatten der Betroffene und sein Verteidiger am Terminstag um 8.30 Uhr ein Taxi genommen, um die auf 9.15 Uhr bestimmte Hauptverhandlung beim AG wahrzunehmen. wahrzunehmen. Etwa 1,5 Kilometer vom Gerichtsort entfernt staute sich der Verkehr. Der Verteidiger unterrichtete um 9.01 Uhr die Geschäftsstelle des AG, dass und wo er im Stau stehe und dass es zu einer Verspätung um 15 bis 30 Minuten kommen könne. Um 9.25 Uhr erreichte das Taxi das AG, um 9.32 Uhr betraten der Betroffene und sein Verteidiger den Gerichtssaal. Zwei Minuten zuvor hatte das AG aber schon die Sache aufgerufen, einen Zeugen und den Sachverständigen entlassen und den Einspruch des Betroffenen nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen.

Das gefällt dem KG zu Recht nicht, denn

a) Die Vorschrift des § 74 Abs. 2 OWiG beruht auf der Vermutung, dass derjenige sein Rechtsmittel nicht weiter verfolgt wissen will, der sich ohne ausreichende Entschuldigung zur Verhandlung nicht einfindet. Sie dient dem Zweck, den Rechtsmittelführer daran zu hindern, die Sachentscheidung über seine Rechtsbeschwerde dadurch zu verzögern, dass er sich der Verhandlung entzieht. Diese Vermutung entfällt jedoch, wenn der Betroffene noch vor dem Termin oder in der normalen Wartezeit von fünfzehn Minuten (vgl. VerfGH Berlin NJW-RR 2000, 1451) die Gründe seiner (voraussichtlichen) Verspätung mitteilt und sein Erscheinen in angemessener Zeit ankündigt (vgl. OLG Köln VRS 42, 184 f.; BayObLG VRS 47, 303; 60, 304; 67, 438 f.; StV 1985, 6 f.; 1989, 94 f.; NJW 1995, 3134; OLG Stuttgart MDR 1985, 871 f.; OLG Düsseldorf StV 1995, 454 f.; OLG Hamm NZV 1997, 408 f.; ebenso zu den Anforderungen an den Erlass eines Versäumnisurteils wegen Nichterscheinens vor Gericht: OLG Dresden NJW-RR 96, 246 und BGH NJW 1999, 724 f.). Das Gericht ist in diesem Fall gehalten, einen längeren Zeitraum zuzuwarten (vgl. Senat VRS 123, 291 mwN). Diese über die normale Wartezeit hinausgehende Wartepflicht besteht unabhängig davon, ob den Betroffenen an der Verspätung ein Verschulden trifft, es sei denn, ihm fällt grobe Fahrlässigkeit oder Mutwillen zur Last (vgl. Senat, aaO)…..

….. c) Dieses Geschehen erweist, dass das Amtsgericht wusste, dass der Betroffene seinen Einspruch weiterverfolgen wollte und sich verspäten würde. Es war dem Amtsgericht auch zuzumuten zu warten. Denn der Verteidiger hatte 14 Minuten vor der Terminsstunde mitgeteilt, dass er sich etwa 1,5 Kilometer vom Gerichtsgebäude entfernt im Stau befinde. Damit ergab sich eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Betroffene und sein Verteidiger allenfalls kurz nach dem Ablauf der üblichen Wartezeit von 15 Minuten erscheinen würden.

d) Die Ausführungen des Amtsgerichts, ein weiteres Zuwarten sei nicht zumutbar gewesen, überzeugen nicht.

aa) Unzutreffend ist zunächst, dass zum geplanten Aufruf der nächsten Bußgeldsache um 9.35 Uhr „nach der eigenen Einschätzung des Verteidigers und seines Mandanten noch lange nicht mit ihrem Eintreffen zu rechnen war“. Der Bußgeldrichter wusste, dass der Betroffene und sein Rechtsanwalt um 9.01 Uhr ca. 1,5 Kilometer vom Gerichtsgebäude entfernt im Stau standen. Dass sie deutlich nach 9.30 Uhr erscheinen würden, war damit unwahrscheinlich, und tatsächlich betraten sie um 9.32 Uhr den Saal.

bb) Dass der zum hier gegenständlichen und zu dem nachfolgenden, auf 9.35 Uhr anberaumten Termin geladene Sachverständige, wie das Urteil ausführt, erklärt habe, „länger als bis 10.05 Uhr könne er keineswegs im Saal K 2105 anwesend sein“, führt nicht dazu, dass das Amtsgericht kurzen Prozess machen durfte. Wie dargelegt, war abzusehen, dass die ausdrücklich angekündigte Verspätung 15 Minuten nur geringfügig und jedenfalls nicht erheblich überschreiten würde. Sollte der Sachverständige seine Termine tatsächlich so eng getaktet haben, dass ein Verzug nicht abgefedert werden konnte, so wäre dies unangemessen.

cc) Nichts anderes ergibt sich schließlich daraus, dass der als Zeuge geladene Polizeibeamte nach Auffassung des Gerichts „nicht länger warten konnte“. Verzögerungen des hier in Rede stehenden Umfangs muss der polizeiliche Zeuge ebenso in Rechnung stellen wie die Vorsitzenden anderer Gerichte, die den Zeugen gleichfalls geladen haben.“

Ich bitte zu beachten: Die Formulierung „kurzer Prozess“ stammt nicht von mir, sondern vom KG, das offensichtlich „not amused“ war.

Mit Schleimbeutelentzündung zur Hauptverhandlung

Nach Einspruchseinlegung hat das AG Hauptverhandlungstermin anberaumt. Der Betroffene erscheint nicht, nachdem sein Verteidiger einen Aufhebungantrag gestellt hat, den er wie folgt begründet hatte:

….wird mitgeteilt, dass der Betroffene bettlägerig erkrankt und damit nicht rei­sefähig ist.

Er leidet unter einer starken Schleimbeutelentzündung im Arm. Der Arm ist stark geschwollen. Seitens des Arztes wurde strikt Ruhe verordnet.“

Das AG verwirft den Einspruch. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg. Dazu der OLG Hamm, Beschl. v. 20.09.2011 – III-1 RBs 145/11:

Danach ist die auf das Nichterscheinen des Betroffenen gestützte Einspruchs­verwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG nicht zu beanstanden. Das Amtsgericht hat das Entschuldigungsvorbringen des Betroffenen vorliegend ausweislich der Urteilsgründe hinreichend berücksichtigt und gewürdigt. Nach § 74 Abs. 2 OWiG ist, wenn der Betroffene trotz ordnungsgemäßer Ladung und Belehrung über die Folgen seines Ausbleibens in der Hauptverhandlung ausbleibt, die Verwerfung seines Einspruchs nur zulässig, wenn das Ausbleiben nicht genü­gend entschuldigt ist. Dabei ist nicht entscheidend, ob der Betroffene sich ge­nügend entschuldigt hat, sondern ob er genügend entschuldigt ist (zu vgl. OLG Bamberg NZV 2011, 409 ff.). Das Amtsgericht muss, wenn ein konkreter Hinweis auf einen Entschuldigungsgrund vorliegt, dem im Rahmen seiner Amtsaufklärungspflicht nachgehen (zu vgl. Senatsbeschluss vom 27.02.2006 – 1 Ss 621/05 -). Hier hat der Betroffene vor dem Termin lediglich mitgeteilt, an einer starken Schleimbeutelentzündung im  Arm zu leiden, bettlägerig zu sein und seitens des Arztes Ruhe verordnet bekommen zu haben.

Aus der mitgeteilten Erkrankung seines Armes ergibt sich indes – wie das Amtsgericht zutreffend in seiner Urteilsbegründung ausgeführt hat – nicht zwangsläufig, dass der Betroffene dadurch – wie von ihm behauptet – in sei­ner Verhandlungs- und Reisefähigkeit beeinträchtigt war. Es ist schon nicht ersichtlich, warum die beschriebene – regional begrenzte – Erkrankung eine strikte Bettruhe des Betroffenen erfordert haben soll, zumal ein  erkrankter Arm auch auf andere Weise ruhig zu stellen sein dürfte. Auch ergibt sich aus den Angaben des Betroffenen nicht, dass der behandelnde Arzt Bettruhe ver­ordnet hätte. Ein ärztliches Attest, dem Näheres zu der Art und Schwere der Erkrankung zu entnehmen wäre und das dem Gericht die Möglichkeit, z. B. durch Befragung des behandelnden Arztes, die Zweifel an der Entschuldigung des Betroffenen aufzuklären, eröffnet hätte, hat der Betroffene nicht vorge­legt.“

Vorab: Die Verteidigung wäre sicherlich mehr als gut beraten gewesen, wenn sie ein Attest zur Untermauerung ihres Vortrags vorgelegt hätte. So hat sie es dem AG und dem OLG einfach gemacht, „sachverständig zu sein“ und sich selbst mit der medizinischen Frage zu beschäftigen. Strikte Bettruhe muss vielleicht wirklich nicht sein – aber reisefähig. Mit einem ruhig gestellten Arm? 🙂