Archiv der Kategorie: Straßenverkehrsrecht

OWi II: Vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung, oder: Fahrverbot beim „viel beschossenen“ Hasen?

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Die zweite Entscheidung kommt dann auch vom AG Landstuhl. Im AG Landstuhl, Urt. v. 09.02.2024 – 3 OWi 4211 Js 11910/23 – geht es um die Rechtsfolgen bei einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung.

Das AG hat den Betroffenen wird wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße von 1.160 EUR verurteilt und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.

Dre Betroffene war auf einer BAB anstelle der zulässigen 80 km/h mit 133 km/h gefahren. Der Betroffene ist verkehrsrechtlich bislang auch schon einige Male in Erscheinung getreten, und zwar gibt es eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis am 21.12.2013, die Verurteilung nach § 316 StGB am 09.01.2014 zu einer Geldstrafe mit einer Maßregel nach §§ 69, 69a StGB, einen Abstandsverstoß am 22.2.2022 und einen Geräteverstoß.

Das AG begründet seine Rechtsfolgenentscheidung wie folgt:

„Durch den genannten Verstoß hat der Betroffene zunächst eine Geldbuße zu tragen. Diese ergibt sich zunächst als Regelsatz in Höhe von 480 EUR gemäß Ziffer 11.3.8 des Anhangs zur BKatV, die für das Gericht in Regelfällen einen Orientierungsrahmen bildet (BeckOK StVR/Krenberger, § 1 BKatV, Rn. 1). Von diesem kann das Gericht bei Vorliegen von Besonderheiten nach oben oder unten abweichen. Vorliegend bestehen keine Umstände, die ein Abweichen vom Regelsatz nach unten bedingen würden. Angesichts der vorsätzlichen Begehensweise ist die Regelgeldbuße auf 960 EUR zu verdoppeln, § 3 Abs. 4a BKatV.

Zudem sind hier Umstände gegeben, die eine Erhöhung der Geldbuße nach sich ziehen, § 17 Abs. 3 OWiG. Der Betroffene ist, wie unter I. festgestellt, bereits verkehrsrechtlich in Erscheinung getreten. Der zeitliche und auch inhaltliche Zusammenhang der geahndeten Verstöße mit der jetzigen Handlung gebietet eine moderate Erhöhung der Regelgeldbuße um 100 EUR (Abstand) sowie 100 EUR (Geräteverstoß) auf 1160 EUR.

Die Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen haben ergeben, dass der Betroffene die ausgeurteilte Geldbuße wirtschaftlich verkraftet.

Des Weiteren ist vorliegend auch ein Regelfahrverbot anzuordnen, § 4 Abs. 1 BKatV. Durch die oben festgestellte Handlung hat der Betroffene eine objektiv so gefährliche und subjektiv so vorwerfbare Verhaltensweise im Straßenverkehr an den Tag gelegt, dass im Sinne des § 25 StVG ein Fahrverbot anzuordnen ist. Es bestand vorliegend kein Grund, wegen abweichender Umstände vom Regelfall das Fahrverbot zu erhöhen. Vorliegend bestand kein Grund, vom Wegfall des Fahrverbots ausgehen zu müssen. Soweit der Betroffene vorgetragen hat, seinen Arbeitsplatz zu verlieren und für die Berufstätigkeit auf die Fahrerlaubnis angewiesen zu sein, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Insbesondere trifft die Anordnung des Fahrverbots den Betroffenen nicht mit einer unzumutbaren Härte. Gewöhnliche Belastungen, die ein Verzicht auf den PKW für die Dauer des Fahrverbots mit sich bringt, sind hinzunehmen. Die Konsequenz der Anordnung des Fahrverbots ist selbstverschuldet (OLG Celle Beschl. v. 26.1.2015 – 321 SsBs 176, 177/14, BeckRS 2015, 16403). Die Gleichbehandlung mit anderen Verkehrsteilnehmern, die ein Regelfahrverbot verwirkt haben, muss gewährleistet sein (BVerfG NZV 1996, 284), sodass nur unzumutbare Härten aus rechtlicher Sicht relevant sein können, nicht das persönliche Befinden des Betroffenen (BeckOK StVR/Krenberger, § 25 StVG, Rn. 90). Solche sind hier nicht gegeben. Zwar kann der Verlust des Arbeitsplatzes eine unzumutbare Härte darstellen. Ausweichmöglichkeiten im Betrieb sind, so der Zeuge pp., nicht gegeben und auch eine unbezahlte Urlaubnahme kann angesichts der Spezialisierung des Betroffenen vom Unternehmen nicht aufgefangen werden. Der Betroffene befindet sich noch in der Probezeit und kann deshalb unter erleichterten Bedingungen gekündigt werden. Jedoch ist hier zu beachten: Zum einen stammt der Bußgeldbescheid vom 16.8.2023, sodass der Betroffene das Fahrverbot noch vor Antritt der Arbeitsstelle bei der Firma pp. sozialkonform hätte ableisten können, wozu er auch verpflichtet gewesen wäre (OLG Hamm NZV 2005, 495; AG Landstuhl DAR 2015, 415). Er hätte, wenn es ihm nur um die Geldbußenhöhe und den Schuldvorwurf gegangen wäre, den Einspruch auf die Höhe der Geldbuße bei gleichzeitiger Akzeptanz des Fahrverbots beschränken können (AG Dortmund NZV 2022, 540), um den neuen Arbeitsplatz nicht zu gefährden. Und schließlich kann der Grundsatz der Unverhältnismäßigkeit nicht für den Betroffenen streiten, der in Kenntnis der Notwendigkeit der Fahrerlaubnis und des Führerscheins für seine Berufstätigkeit durch verkehrswidriges Verhalten seine Berufstätigkeit gefährdet: Ein Kraftfahrzeugführer, der ein Fahrverbot durch mangelnde Verkehrsdisziplin riskiert, kann nicht geltend machen, auf den Führerschein angewiesen zu sein (KG SVR 2015, 427). Könnte sich ein Betroffener bei vorhandenen Vorahndungen immer wieder aufs Neue auf eine drohende Existenzgefährdung berufen, wären die für ihn unzumutbaren Folgen eines Fahrverbots ein Freibrief für wiederholtes Fehlverhalten (OLG Frankfurt a. M. BeckRS 2010, 26343; OLG Karlsruhe NZV 2004, 316). Hinzu kommt hier der Vorsatz des Vorwurfs bei erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitung im Baustellenbereich (AG Zeitz BeckRS 2015, 18698). Schließlich müsste der Arbeitsplatzverlust auch zu einer existenzvernichtenden Härte führen (OLG Karlsruhe NZV 2006, 326). Dies ist nicht erkennbar. Denn der Betroffene ist als Bauleiter mit Asbestberechtigung hoch spezialisiert und dementsprechend begehrt auf dem Arbeitsmarkt, so der Zeuge pp. Wenn er also eine vorübergehende Zeit, in der er auch Anspruch auf staatliche Leistungen hat, nicht im Abhängigkeitsverhältnis beschäftigt ist, vernichtet dies nicht seine bürgerliche Existenz.“

Ok, ein „viel beschossener Hase“. Aber dennoch erscheint mir die Entscheidung angesichts der für den Betroffenen sprechenden Umstände nicht angemessen, zumal die Trunkenheitsfahrt 10 Jahre zurück liegt. Dass und warum ein Betroffener verpflichtet sein soll, ein Fahrverbot ggf. noch vor Antritt der Arbeitsstelle bei seiner Firma „sozialkonform“ – was immer das auch ist – abzuleisten, erschießt sich mir (auch) nicht. Denn dabei wird m.E. übersehen, dass der Betroffene ggf. noch nicht rechtskräftig verurteilt ist.

OWi I: Tatü, tata, die Polizei ist mit Blaulicht da, oder: Sofort freie Bahn für Einsatzfahrzeuge

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Ich stelle heute dann drei Owi-Entscheidungen vor, und zwar zweimal AG, einmal AG.

Der Start findet hier statt mit dem AG Landstuhl, Urt. v. 02.02.2024 – 3 OWi 4211 Js 9376/23. Es geht um einen Verstoß gegen § 38 Abs. 1 S. 2 StVO – nämlich Missachtung des Gebots, einem Einsatzfahrzeug (der Polizei usw.) sofort freie Bahn zu schaffen. Dabei geht es um die Frage: Vorsatz oder Fahrlässigkeit.

Folgende Feststellungen des AG: Der Betroffene war am 12.02.2023 als Führer eines PKW auf der BAB 6, Fahrtrichtung Saarbrücken unterwegs. Dort fuhr er auf Höhe des km 634 auf der linken von zwei vorhandenen Fahrspuren. Hinter ihm näherte sich mit aktivierten optischen und akustischen Signalen ein Einsatzfahrzeug der Polizei. Der Betroffene verließ jedoch die linke Spur nicht, sodass das Einsatzfahrzeug, das vom Zeugen PHK pp. gesteuert wurde, eine Weile lang hinter dem Fahrzeug des Betroffenen herfahren musste, dies mit der vor Ort geltenden Geschwindigkeit, erst mit Tempo 100, dann 80 km/h vor der stationären Messtelle bei km 632,280. Selbst auf das zusätzliche Betätigen der Lichthupe und der akustischen Hupe hat der Betroffene die linke Spur nicht freigegeben. Erst nach einiger Zeit bemerkte der Betroffene das hinter ihm fahrende Einsatzfahrzeug und wich alsdann direkt auf die rechte Spur aus, sodass das Einsatzfahrzeug passieren konnte.

Der Betroffene hat sich zur Sache wie folgt eingelassen: Er habe irgendwann eine Sirene gehört und habe gedacht, das komme aus dem Radio, dann habe er einen Schulterblick gemacht, das Fahrzeug gesehen und seinen Wagen nach rechts auf die andere Fahrspur gerissen. Er habe sich mit seiner Frau unterhalten und Radio gehört und den Einsatzwagen vorher nicht bemerkt.

Das AG ist von einem fahrlässigen Verstoß ausgegangen:

„Ein vorsätzliches Verhalten ist dem Betroffenen hier nicht anzulasten. Die verspätete Reaktion auf die Signale des Einsatzfahrzeugs waren auch ausweislich des Eindrucks des Zeugen pp. nicht willentlich, sondern die von der Sicht des Zeugen pp. erkennbare erste Reaktion erfolgte schlicht zu spät, war dann aber von einer sofortigen Wegfreigabe gefolgt. Der Betroffene hätte aber bei gehöriger Aufmerksamkeit das Einsatzfahrzeug aufgrund der genutzten Signale wahrnehmen müssen, sodass von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

Jeder Verkehrsteilnehmer muss darauf achten, dass er nicht aufgrund zu lauter Geräusche, etwa durch Musik, oder durch nicht von Schnee oder Eis befreite Fenster die blauen Blinklichter oder das Einsatzhorn nicht rechtzeitig wahrnehmen kann (AG Villingen-Schwenningen BeckRS 2014, 14098; KG NZV 1998, 27). Auch eine zu langsame Reaktion auf ein unter allen Signalen fahrendes Einsatzfahrzeug ist pflichtwidrig, wenn wie hier die Aufmerksamkeit des auf der linken Spur fahrenden Betroffenen durch Gespräche und Radio aktiv und bewusst vermindert wird (OLG Naumburg BeckRS 2009, 09958). Fahrzeugführer müssen dafür sorgen, dass sie das Einsatzhorn jederzeit hören können (KG NZV 1992, 456). Dies hat der Betroffene hier missachtet.“

Kann man so sehen. Kann man m.E. aber auch einstellen. Und ein Regelfahrverbot muss man auch nicht unbedingt verhängen.

Mehr als vier Stunden an E-Auto-Ladesäule „geladen“, oder: Blockiergebühr ist rechtmäßig

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Und dann die zivilrechtliche Entscheidung. Es handelt es sich um das AG Karlsruhe, Urt. v. 04.01.2024 – 6 C 184/23. Das AG hat über einen vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung einer sog. „Blockiergebühr“ entschieden.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Energieversorgungsunternehmen, das u.a. auch Zugang zu Ladepunkten für elektrisch betriebene Kraftfahrzeuge („Ladesäulen“) bietet. Der Kläger schloss am 16.11.2021 über die EnBW m.+-App mit der Beklagten einen Ladevertrag (A. e-Charge Tarif) ab. Gegenstand dieses Vertrages ist u.a. dass ab einer Standzeit von 240 Minuten am jeweiligen Ladeort Blockiergebuhren von 10 ct./min zu bezahlen sind, maximal jedoch 12,00 €.

Der Kläger lud sein Elektrofahrzeug am 02., 13. und 30.03.2022 an seitens der Beklagten zur Verfügung gestellten Ladesäulen auf. Die Ladezeit lag jeweils über vier Stunden. Die Beklagte zog für diese drei Ladevorgänge insgesamt Blockiergebühren in Höhe von 19,10 € ein.

Diesen Betrag verlangt der Kläger nun zurück. Die Klage hatte keinen Erfolg:

„2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der Blockiergebühr in Höhe von 19,10 € gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 BGB.

Denn die Einziehung der Blockiergebühr erfolgte nicht ohne Rechtsgrund.

Der Rechtsgrund für die Einziehung der Blockiergebühr ist der zwischen den Parteien am 16.11.2021 über die EnBW m.+-App geschlossene Ladevertrag (A. e-Charge Tarif). Im Rahmen des Vertragsabschlusses wurde der Kläger auf die Blockiergebühr und deren Konditionen hingewiesen. Durch Betätigen des Buttons „Tarif aktivieren“ hat der Kläger diese Blockiergebühr unstreitig akzeptiert. Rechtlich handelt es sich dabei um eine Regelung über eine Vertragsstrafe (vgl. für eine Klausel im Zusammenhang mit der verspäteten Rücksendung von zur Verfügung gestelltem Bildmaterial OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 1177 (1179)).

Die Vertragsbedingungen in dem A. e-Charge Tarif der Beklagten wurden wirksam in den Vertrag einbezogen.

a) Die Vertragsbedingungen des A. e-Charge Tarifs stellen Allgemeine Geschäftsbedingungen (im Folgenden AGB) dar.

aa) Die Beklage ist Verwenderin dieser Klauseln, da sie diese Bedingungen der anderen Vertragspartei bei Abschluss von Verträgen stellt, § 305 Abs. 1 S. 1 BGB.

bb) Die Bedingungen des A. e-Charge Tarifs wurden wirksam nach § 305 BGB in den Vertrag zwischen den Parteien einbezogen. Insbesondere stellt die Regelung einer Blockiergebühr keine überraschende Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB dar. Sie ist in den Verträgen vieler Ladesäulenanbieter aufzufinden und somit marktüblich. Der Kläger wurde im Rahmen der App-Vertragsabschlussstrecke auch über die Einzelheiten zu dem Tarif informiert, insbesondere darüber, dass ab einer Standzeit von 240 min. am jeweiligen Ladeort Blockiergebühren von 10 ct./min zu bezahlen sind, maximal jedoch 12,00 €. Zudem wird nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten auf die Blockiergebühr auch beim Starten eines Ladevorgangs via App sowie an EnBW-eigenen Ladestationen ergänzend hingewiesen.

cc) Die Blockiergebühr hält auch einer Inhaltskontrolle der AGB gem. §§ 307 ff. BGB stand.

(1) Aus § 309 Nr. 6 BGB kann gegen die getroffene Vertragsstrafenbestimmung nichts hergeleitet werden. Diese Vorschrift ist hier nicht einschlägig.

(2) Die Klausel beinhaltet auch keine unangemessene Benachteiligung des Klägers im Sinne des § 307 BGB.

Nach § 307 Abs. 1 BGB ist eine Bestimmung in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

Nach dem Wortlaut des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist für die Inhaltskontrolle von AGB allein auf die schutzwürdigen Interessen der Vertragsparteien abzustellen. Danach ist für die unmittelbare Berücksichtigung von Drittinteressen, z.B. der Gläubiger des Kunden oder auch von Interessen der Allgemeinheit, grundsätzlich kein Raum (BGH, Urteil vom 07.10.1981 – VIII ZR 214/80; MüKoBGB/Wurmnest, 9. Aufl. 2022, BGB § 307 Rn. 54).

Jedoch wird in der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zum AGB-Gesetz (BT-Drs. 7/3919) deutlich, dass auch Drittinteressen berücksichtigt werden können. Eine nach Treu und Glauben zu berücksichtigende Eigenart des Vertrags kann beispielsweise darin liegen, dass der Klauselverwender neben dem eigenen geschäftlichen Interesse in besonderem Maße auf gemeinschaftliche Interessen dritter Vertragspartner Bedacht zu nehmen hat. Dies ist z.B. bei einem kollektiv ausgerichteten Geschäftssystem (Versicherung, B.kasse), aber auch bei Verträgen über Versorgungsleistungen (Gas, Elektrizität) der Fall. In solchen Fällen müssen nach Treu und Glauben auch die schutzwürdigen Gesamtinteressen der Kunden des AGB-Verwenders Berücksichtigung finden (BT-Drs. 7/3919, S. 23).

Vorliegend ergibt sich bereits bei Berücksichtigung allein der Interessen der Vertragsparteien (dazu (a)) und erst recht unter weiterer Einbeziehung der Bedürfnisse Dritter (dazu unter (b)), dass die in Rede stehende Klausel die Verwendungsgegner nicht unangemessen benachteiligt.

(a) Mit der Blockierungsgebühr verfolgt die Beklagte die Intention, eine zeitnahe Freigabe der Ladesäule nach Durchführung des Ladevorgangs zu erreichen. Rechtfertigung dafür ist das grundsätzlich berechtigte Interesse der Beklagten, die Ladesäule zeitnah weiteren Kunden zur Nutzung zur Verfügung stellen zu können (vgl. für eine Klausel im Zusammenhang mit der verspäteten Rücksendung von zur Verfügung gestelltem Bildmaterial LG Hamburg, BeckRS 2004, 577 Rn. 5; OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 1179 m.w. Nachw.). Dabei erscheint die Höhe der Blockiergebühr einerseits geeignet, den gewünschten Effekt zu erzeugen. Sie belastet den Verwendungsgegner andererseits aber durch die Begrenzung auf maximal 12,00 € auch nicht unangemessen. Die Blockiergebühr erhöht zudem auch die Chancen des Klägers, einen freien Ladepunkt zu finden, weshalb schon unter Berücksichtigung der beiderseitigen Vertragsinteressen die Klausel den Kläger nicht unangemessen benachteiligt.

(b) Daneben ist im Rahmen des § 307 BGB auch das Interesse aller Vertragspartner der Beklagten an einer ausreichenden Verfügbarkeit von Ladepunkten zu berücksichtigen, welches durch die Blockiergebühr geschützt wird.

Jeder Vertragspartner der Beklagten hat das Recht, sein Elektrofahrzeug an einer Ladesäule zu laden. Dies kann jedoch aufgrund der noch nicht flächendeckend ausreichenden Ladeinfrastruktur nicht immer gewährleistet werden. Werden Fahrzeuge, deren Ladevorgang abgeschlossen ist oder zumindest bei Wahl des entsprechenden Ladetarifes abgeschlossen sein könnte, an der Ladestation belassen, verschärft dies das Problem der nicht ausreichenden Ladeinfrastruktur weiter. Jeder Nutzer eines Elektroautos, der am Ort des Entstehens des Ladebedarfs nicht über eine private Lademöglichkeit verfügt, ist darauf angewiesen, dass die Nutzer anderer Elektrofahrzeuge nach Abschluss des Ladevorgangs die Ladesäule für den Ladevorgang wieder zur Verfügung stellen. Nur bei hinreichender Attraktivität der Nutzung von Elektroautos, wozu die Gewährleistung einer nutzbaren Ladeinfrastruktur gehört, kann die Elektromobilität ihre Aufgabe im Rahmen der Energiewende, die zur Eindämmung des Klimawandels notwendig ist, erfüllen.

Darüber hinaus ist eine Blockiergebühr erst nach vier Stunden Anschlusszeit zu entrichten, obwohl die wenigsten Ladevorgänge nach einer Untersuchung der Beklagten – welche der Kläger nicht bestritten hat – länger als drei Stunden andauern. Dem Kläger wird durch die Blockiergebühr daher nicht die Möglichkeit genommen, sein Fahrzeug vollständig zu laden. Die Blockiergebühr führt nur dazu, dass die Vertragspartner der Beklagten entweder nach maximal vier Stunden zu ihrem Fahrzeug zurückkehren müssen, um den Ladevorgang zu beenden und – sofern zur Freigabe der Nutzung der Ladesäule durch andere Elektrofahrzeuge nötig – ihr Fahrzeug umzuparken oder aber die Entrichtung der Blockiergebühr in Kauf nehmen müssen. Auch dies stellt jedoch keine unangemessene Benachteiligung dar, vielmehr ist der deutschen Straßenverkehrs- ordnung ein solcher Umstand nicht fremd. Denn eine Vielzahl von Parkplätzen ist durch Parkscheibenregelungen oder die Verpflichtung, einen Parkschein zu erwerben, in ihrer Nutzung zeitlich begrenzt.

(c) Auch der Einwand des Klägers, dass die Blockiergebühr von ihm nicht zu entrichten sei, da auch Benzinfahrzeuge auf diesen Parkplätzen rechtmäßig (und kostenfrei) abgestellt werden können, ohne dass deren Halter eine Blockiergebühr zahlen müssen, führt nicht zu einem Entfallen der klägerischen Zahlungspflicht.

Hierbei bedarf es keiner Entscheidung, ob in der A.-D.-Straße 10 und An der S. 11 kein Parkplatzschild (Zeichen 314) mit einem Stromstecker-Zusatzzeichen, welches die Park- erlaubnis zugunsten elektrisch betriebener Fahrzeuge beschränken würde, aufgestellt ist und somit auch Verbrennerfahrzeuge dort kostenfrei parken dürfen.

Denn selbst wenn es sich so verhält, hat dies keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Erhebung der Blockiergebühr gegenüber dem Kläger. Die allgemeine Parkplatzsituation vor Ort ist hierfür unerheblich. Denn die Beklagte ist nicht für die Bewirtschaftung des Parkraums verantwortlich. Dies obliegt den jeweiligen Kommunen und ihren Ordnungsämtern. Maßgeblich für die geltend gemachten Blockiergebühren ist allein der Umstand, dass der Kläger die Ladesäule und damit zugleich die Ladeinfrastruktur der Beklagten blockiert hat, indem er an dem jeweiligen Ladepunkt länger als vier Stunden angeschlossen war. Sein Fahrzeug war unstreitig in der gesamten Zeit mittels Ladekabel mit der Ladesäule verbunden. Ausschließlich aus diesem Grund wurden die vertraglich vereinbarten Blockiergebühren berechnet. Es ist bleibt damit dem Kläger unbenommen, nach einer Ladezeit von vier Stunden bei seinem Fahrzeug zu erscheinen, den Ladevorgang zu beenden und sodann den Parkplatz weiterhin ohne Inanspruchnahme von Leistungen der Beklagten zu nutzen, wie dies auch jedes andere Fahrzeug, insbesondere auch ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor tun kann. Dies läuft zwar sodann dem Zweck der umfassenden Gewährleistung einer Ladeinfrastruktur zuwider, ist aber der Entscheidung der zuständigen Kommune geschuldet, keine anderweitigen Parkplatzanordnungen getroffen zu haben.

(d) Auch der Einwand des Klägers, dass andere Ladeanbieter Stationen an Parkplätzen anbieten, auf denen die Fahrzeuge vier Stunden aufgeladen werden können und danach keine Stand- bzw. Blockiergebühr mehr anfällt, führt zu keinem anderen Ergebnis.

Aufgrund der Privatautonomie stand es der Beklagten frei, (im Rahmen der Zulässigkeit von AGB) eine Blockiergebühr in ihren Tarifen zu regeln. Ebenso stand es dem Kläger frei, den Vertragsschluss mit der Beklagten zu unterlassen und einen Ladevertrag mit einem anderen Anbieter abzuschließen.

(e) Verbleibende Unannehmlichkeiten, die beim nächtlichen Parken und Laden des Elektroautos an einer Ladesäule entstehen, werden bei der Beklagten durch ihren sog. Kostenairbag hinreichend berücksichtigt. Danach kann die Blockiergebühr pro Ladevorgang maximal 12,00 € betragen, da sie nur für die 5. und 6. Stunde des Ladevorgangs berechnet wird.“

 

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Drogenkonsum, oder: Behauptung der unbewussten Einnahme

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Es ist Samstag und damit „Kessel-Buntes-Tag“. In dem köchelt heute eine Entscheidung aus dem Verkehrsverwaltungsrecht und eine aus dem Zivilrecht.

Ich beginne mit der verwaltungsrechtlichen Entscheidung, dem BayVGH, Beschl. v. 28.02. 2024 – 11 CS 23.1387 – zur Entziehung der Fahrerlaubnis und der Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeugewegen Konsums harter Drogen, hier war es Amphetamin, und – noch einmal zur Behauptung der unbewussten Einnahme der Droge.

Folgender – gekürzter – Sachverhalt: Der Antragsteller wendet sich u.a. gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Durch polizeiliche Mitteilung vom 29.12.2022 war der Fahrerlaubnisbehörde bekannt geworden, dass der Antragsteller am 05.12.2022 um 11:40 Uhr einen E-Scooter unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln geführt hatte. Die Polizeibeamten stellten bei ihm drogentypische Auffälligkeiten, wie stark geweitete Pupillen, fest. Der Antragsteller verweigerte die angebotenen freiwilligen Drogentests und machte keine Angaben. Die chemisch-toxikologische Untersuchung der um 12:22 Uhr entnommenen Blutprobe ergab eine Amphetaminkonzentration von 28 ng/ml sowie eine Konzentration von THC-Carbonsäure von 0,8 ng/ml.

Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten mitteilen, das Ergebnis der Blutanalyse sei nur dadurch erklärlich, dass er auf einem Geburtstag am 03.12.2022, bei welchem er gegen 18:00 Uhr mit seiner Ehefrau eingetroffen sei, unbewusst die Substanz zu sich genommen habe. Er leide an ständigen Schmerzen wegen Hüftbeschwerden und nehme Medikamente und Schmerzmittel ein. Auch an diesem Tag habe er unter Schmerzen gelitten, weshalb er sich gegen 21:00 Uhr sehr müde gefühlt und begonnen habe, sich zu verabschieden. Er habe bis dahin zwei Bier konsumiert. Im weiteren Verlauf habe sich seine Müdigkeit verbessert und er habe sich wieder fitter gefühlt, nachdem er aus einem zur Verfügung gestellten Maßkrug getrunken habe, in welchem sich die Mischung einer „Laternenmaß“ befunden habe. Er sei dann noch auf der Feier geblieben. Durch die zwei Tage später durchgeführte Blutanalyse sehe er sich in seiner Vermutung bestätigt, dass in dem Getränk eine Substanz gewesen sein müsse. Dies etwaig aufgrund der Tatsache, dass eine andere Person im Laufe der Zeit, innerhalb derer die „Laternenmaß“ zur Verfügung gestanden habe, in diese zum Eigenkonsum etwas hineingemischt und dann unbeabsichtigt der Antragsteller ohne Kenntnis hiervon getrunken habe. Der Antragsteller sei beruflich auf seine Fahrerlaubnis angewiesen.

Die Fahrerlaubnisbehörde hat die Fahrerlaubnis entzogen. Zudem untersagte sie das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge (z.B. Mofa, Fahrrad, Elektrokleinstfahrzeuge) und ordnete den Sofortvollzug dieser Verfügungen an. Darum wird gestritten. Der Antragsteller hatte keinen Erfolg:

Zur „Einlassung“ unbewusster Konsum heißt es:

„Die eignungsausschließende Einnahme von Betäubungsmitteln setzt dabei grundsätzlich einen willentlichen Konsum voraus. Die unbewusste Einnahme von Betäubungsmitteln stellt jedoch nach allgemeiner Lebenserfahrung eine seltene Ausnahme dar. Daher muss, wer sich darauf beruft, einen detaillierten, in sich schlüssigen und glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt und der insoweit der Nachprüfung zugänglich ist. Auch hat der Senat derartige Behauptungen nur dann für beachtlich gehalten, wenn überzeugend aufgezeigt werden konnte, dass dem Auffinden von Betäubungsmitteln im Körper eines Fahrerlaubnisinhabers Kontakt mit Personen vorausgegangen ist, die zumindest möglicherweise einen Beweggrund hatten, dem Betroffenen ein drogenhaltiges Getränk bzw. Nahrungsmittel zugänglich zu machen; ferner, dass dieser selbst die Aufnahme des Betäubungsmittels und deren Wirkung tatsächlich nicht bemerkt hat (vgl. (stRspr, BayVGH, B. v. 7.3.2023 – 11 CS 22.2608 – juris Rn. 11 m.w.N.; vgl. auch SächsOVG, B. v. 19.1.2024 – 6 B 70/23 – juris Rn. 13; OVG LSA, B. v. 26.10.2022 – 3 M 88/22 – Blutalkohol 60, 168 = juris Rn. 6; OVG Saarland, B. v. 2.9.2021 – 1 B 196/21 – juris Rn. 47; OVG NW, B. v. 18.9.2020 – 16 B 655/20 – juris Rn. 4 ff.; VGH BW, U. v. 27.7.2016 – 10 S 1880/15ZfSch 2017,60 Rn. OVG Bremen, B. v. 12.2.2016 – 1 LA 261/15 – juris Rn. 6; OVG Berlin-Bbg, B. v. 9.2.2015 – 1 M 67.14 – VerkMitt 2015, Nr. 38 = juris Rn. 4).

Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass der Antragsteller mit seiner Einlassung nicht der ihn treffenden Darlegungslast für die in seine Sphäre fallenden Gegebenheiten genügt hat. Dabei kann dahinstehen, ob schon unwahrscheinlich und damit wenig glaubhaft ist, dass er nach dem Konsum etwa einer halben, mit Amphetamin versetzten Laternenmaß am 3. Dezember 2022 noch rund 39 Stunden nach der Aufnahme des Stoffs eine Amphetaminkonzentration von 28 ng/ml im Blut hatte, die über dem von der Grenzwertkommission zur Feststellung einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a StVG empfohlenen Grenzwert von 25 ng/ml lag, ab dem das Merkmal der Wirkung ohne weiteres angenommen werden kann (König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 24a StVG Rn. 21a, 21b), aber als Drogenunerfahrener von dem Konsum nur so viel bemerkt haben will, dass seine Müdigkeit verflogen war bzw. er sich fitter fühlte und auf der Feier bleiben konnte. Auch wenn es eine „wissenschaftliche Darlegung“ für den Einzelfall nicht geben kann, weil dies eine aktuelle individuelle rechtsmedizinische Begutachtung erfordern würde, gibt es durchaus wissenschaftliche Studien zur Nachweisbarkeit von Amphetaminen und deren Wirkungen, auch solche, in denen das Betäubungsmittel Versuchspersonen verabreicht worden ist (vgl. die Nachweise bei Skopp/Daldrup, Blutalkohol 49, S. 187 ff.). Deren Verlässlichkeit bestreitet der Antragsteller nur pauschal und unsubstantiiert. Der Nachweis von Amphetaminen im Blut ist nach verschiedenen Angaben nicht länger als 24 bis 48 Stunden möglich, wobei die Mehrzahl der Quellen von Nachweiszeiten von 12, 24 oder bis zu 30 Stunden ausgehen (Hühnermann in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 28. Aufl. 2024, § 3 StVG Rn. 26; Skopp/Daldrup, a.a.O. S. 192; BZgA, https://www.drugcom.de/haeufig-gestellte-fragen/allgemeine-fragen/wie-lange-koennen-drogen-im-koerper-nach-gewiesen-werden/; https:// www.aerztliches-gutachten.info/nachweis-zeiten-von-drogen-im-blut/; https://www. praxis-suchtmedizin.ch/index.php/de/designerdrogen/allgemeine-infos/nachweisbarkeit; Sigrid/Germann/Eisenhart, Rechtsmedizin, 2010, https://www.kssg.ch/system/files/media_document/201708/ Skript_ReMed_Teil2_ 2010.pdf, S. 29). Da die Maximalkonzentrationen proportional zur verabreichten Dosis sind (Skopp/Daldrup, a.a.O., S. 191), müsste der Antragsteller auf der Feier eine recht erhebliche Menge an Amphetamin zu sich genommen haben, um eine Blutkonzentration zu erreichen, die nach 39 Stunden noch nicht unter den analytischen Grenzwert gefallen ist. Die bei oraler Einnahme nach 30 bis 45 Minuten eintretenden Wirkungen werden (nach einer mittleren Dosis oral von 10 – 20 mg bei Nichtgewöhnten) als ein starker Rausch bzw. eine starke Euphorie oder starke Stimulation des zentralen Nervensystems beschrieben, die sich u.a. in Euphorie, Antriebssteigerung, Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz sowie Beschleunigung von Puls und Atmung ausdrücken (vgl. Skopp/Daldrup, a.a.O., S. 190; Madea/Mußhoff/Tag, Kurzlehrbuch Rechtsmedizin, 2012, S. 272; Beitrag „Amphetamin“ auf der von der BZgA betriebenen Seite www.drugcom.de; BayVGH, B. v. 7.3.2023 – 11 CS 22.2608 – juris Rn. 26 m.w.N.). Es entwickelt sich rasch eine Toleranz, die zur permanenten Steigerung der Dosis zwingt, um die gewünschte Wirkung zu entfalten (Skopp/Daldrup, a.a.O., S. 190; Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen [DHS], Synthetische Drogen, Basisinformationen, S. 5). Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass ein nicht an die Substanz gewöhnter, drogenunerfahrener Konsument bei einer derartigen Blutkonzentration starke (Intoxikations-)Symptome hätte verspüren müssen, beruht daher durchaus auf wissenschaftlichen Ergebnissen.

Sie ist hier allerdings wie die übrigen Plausibilitätserwägungen des Gerichts, wie auch die Vermutung des Antragstellers, dass sich auch Stoffe in dem Getränk befunden haben könnten, die erst in seinem Körper zu Amphetamin verstoffwechselt worden sein könnten, ebenso wie der nicht sehr überzeugende Beweggrund für die heimliche Verabreichung des Amphetamins nicht entscheidungserheblich, weil der Antragsteller den ihm bekannten Sachverhalt nicht detailliert offenbart und insbesondere keine nachprüfbaren Umstände genannt hat, obwohl er angeblich die Person ermittelt hat, die ihm ein mit Amphetamin versetztes Getränk angeboten hat. Auch die Personen, die dieses Getränk mit ihm geteilt haben, und potentielle weitere Zeugen unter den etwa 20 Gästen auf der Feier hat er nicht benannt. In diesem Zusammenhang kann offenbleiben, inwieweit sich die von der Antragsgegnerin verlangte (verwaltungsrechtliche) Zusage überhaupt im Rahmen von deren Zuständigkeit und des geltenden Rechts gehalten hätte und damit hätte bindend abgegeben werden können (vgl. z.B. BVerwG, U. v. 17.10.1975 – IV C 66.72BVerwGE 49, 244 = juris Rn. 35 f.; U. v. 14.11.1975 – IV C 84.73BVerwGE 49, 359 = juris Rn. 23 zum öff.-rechtl. Vertrag; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 38 Rn. 44 ff., 62 ff., 85 ff.; Schwarz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 38 Rn. 26, 42). Jedenfalls genügt die bloße Bekundung der Bereitschaft, den maßgeblichen Zeugen, d.h. die Person, die das Getränk mit Amphetamin versetzt und ihm – ohne dies zu offenbaren – zum Trinken gegeben hat, unter bestimmten, von der Behörde zu erfüllenden Bedingungen zu benennen, nicht den Anforderungen der Darlegungslast; zumal wenn dies mit der – mit Blick auf die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG), das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und den aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbaren Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben problematischen – Forderung nach einer Selbstverpflichtung der Fahrerlaubnisbehörde verbunden ist, gegenüber dem Zeugen auf die Wahrnehmung ihrer Aufgaben und die Ausübung ihrer Befugnisse sowie letztlich auf die kritische Nachprüfung des vom Antragsteller vorgetragenen Sachverhalts zu verzichten.“

StGB I: BayObLG reichen die Urteilgründe nicht, oder: Verkehrsgefährdung, Unfallflucht, Trunkenheitsfahrt

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Und dann heute StGB-Entscheidungen, und zwar aus der Instanz. Es kommen zwei OLG-Entscheidungen und ein AG-Urteil.

Ich starte mit dem BayObLG, Beschl. v. 27.11.2023 – 203 StRR 381/23. Der nimmt noch einmal zur Straßenverkehrsgefährdung, dem unerlaubten Entfernen und der Trunkenheitsfahrt Stellung. Das BayObLG rügt zu knappe Feststellungen des AG.

Ich beschränke mich hier auf die Leitsätze zu der Entscheidung, da die Entscheidung letztlich nur die vorliegende Rechtsprechung bestätigt, und verweise im Übrigen auf den verlinkten Volltext:

    1. Eine Verurteilung wegen einer Straßenverkehrsgefährdung – auch in der Fahrlässigkeits-Fahrlässigkeitskombination des § 315c Abs. 3 Nr. 2; Abs. 1 Nr. 1a StGB – setzt im Falle einer Gefährdung von Sachwerten Feststellungen dazu voraus, ob es sich bei der gefährdeten Sache um eine solche von bedeutendem Wert handelt und, falls ja, ob der gefährdeten Sache auch ein bedeutender Schaden gedroht hat.
    2. Der Vorsatz des Täters nach § 142 StGB muss sich darauf beziehen, dass ein Unfall stattgefunden hat und dass der Schaden nicht ganz unerheblich war.
    3. Setzt der alkoholisierte Täter nach einem Streifvorgang seine Fahrt ohne Unterbrechung fort, bedarf eine Verurteilung wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr tatsachenfundierter Feststellungen zum Bemerken des Streifvorgangs und zum Vorstellungsbild bezüglich des Umfangs des Schadens und der Fahrtüchtigkeit.

Wegen der Ausführungen des BayObLG zur Verfahrensrüge komme ich dann demnächst noch einmal auf die Entscheidung zurück.