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Anwaltsverschulden bei der Postausgangskontrolle?, oder: Spätere (Grippe)Erkrankung des Rechtsanwalts

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Im zweiten Posting habe ich dann mal wieder einen BGH-Beschluss zum Anwaltsversschulden, und zwar den BGH, Beschl. v. 24.09.2025 – VIII ZB 34/24. Der hat folgenden Sachverhalt

Der Kläger nimmt die Beklagte nach Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs auf Räumung und Herausgabe in Anspruch. Das AG hat der Klage stattgegeben. Gegen dieses, ihr am 27.02.2024 zugestellte Urteil hat die Beklagte fristgerecht Berufung beim zuständigen LG Lüneburg eingelegt. Nachdem das LG mit Verfügung vom 30.04.2024 darauf hingewiesen hatte, dass eine Berufungsbegründung nicht fristgerecht eingereicht worden sei, hat die Beklagte mit einem am 04.05.2024 beim LG eingegangenen Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zugleich die Berufung begründet.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs hat sie vorgetragen, ihre Prozessbevollmächtigte habe die Berufungsbegründung am 25.04.2024 fertiggestellt und um 20.10 Uhr mittels des beA an das AG übermittelt. Vor der Übermittlung habe sie den Schriftsatz und dessen Anlage geöffnet und überprüft, ob die richtigen Dateien hochgeladen worden seien. Nach der Übermittlung habe sie den Übermittlungsstatus im Sendebericht geprüft, welcher ihr den Eingang der Nachricht bei dem AG angezeigt habe. Tags darauf habe sie das beA nicht genutzt und am Samstag, dem 27.04.2024, sei sie an einem grippalen Infekt erkrankt, aufgrund dessen sie bis zum 30.04.2024 arbeitsunfähig gewesen sei. Ohne ihre Erkrankung hätte sie das beA am letzten Tag der Frist, am Montag, dem 29.04.2024, dazu genutzt, um in einer Strafsache einen Schriftsatz an ein anders AG zu versenden. Dabei wäre ihr die fehlerhafte Versendung der Berufungsbegründung an das zuständige AG mit Sicherheit aufgefallen. Ohne ihre Erkrankung wäre es daher noch zu einer fristgerechten Einreichung der Berufungsbegründung beim zuständigen LG gekommen.

Das LG hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen.Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten. Die hatte beim BGH keinen Erfolg. Ich stelle mal den größten Teil der recht umfangreichen Begründung des BGH ein, denn die BGH-Leitsätze sind als sog. „Zu-Leitsätze“ nicht so doll 🙂 . Der BGH hat ausgeführt:

„b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zu Recht und ohne Verletzung der vorgenannten Verfahrensgrundrechte sowie im Einklang mit den Maßgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung zurückgewiesen, da die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf einem ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden anwaltlichen Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten bei der Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze beruht (§ 233 Satz 1 ZPO).

aa) Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 30. Januar 2024 – VIII ZB 85/22, NJW-RR 2024, 792 Rn. 13; vom 11. Februar 2025 – VIII ZB 65/23, NJW 2025, 1508 Rn. 17; jeweils mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Prozessbevollmächtigte in ihrem Büro eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 30. Januar 2024 – VIII ZB 85/22, aaO Rn. 14; vom 11. Februar 2025 – VIII ZB 65/23, aaO Rn. 18; jeweils mwN). Dabei entsprechen die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen mittels beA nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs denjenigen bei der Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. Auch bei der Nutzung des beA ist es unerlässlich, den Versandvorgang zu überprüfen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 30. Januar 2024 – VIII ZB 85/22, aaO Rn. 15; vom 11. Februar 2025 – VIII ZB 65/23, aaO; jeweils mwN).

Dies erfordert zunächst die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt worden ist. Es fällt in den Verantwortungsbereich des Rechtsanwalts, das in seiner Kanzlei für die Versendung fristwahrender Schriftsätze über das beA zuständige Personal dahingehend anzuweisen, Erhalt und Inhalt der automatisierten Eingangsbestätigung des Gerichts gemäß § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO nach Abschluss des Übermittlungsvorgangs stets zu kontrollieren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Januar 2023 – VI ZB 23/21, NJW-RR 2023, 425 Rn. 14; vom 6. September 2023 – IV ZB 4/23, NJW 2023, 3432 Rn. 14; vom 11. Februar 2025 – VIII ZB 65/23, aaO Rn. 19; vom 11. März 2025 – XI ZB 17/24, NJW­RR 2025, 701 Rn. 8; jeweils mwN). Diese Kontrollpflichten erstrecken sich unter anderem darauf, ob die Übermittlung vollständig und an das richtige Gericht erfolgte sowie – anhand des zuvor vergebenen Dateinamens – ob die richtige Datei übermittelt wurde (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20, NJW 2021, 2201 Rn. 46; vom 21. März 2023 – VIII ZB 80/22, NJW 2023, 1668 Rn. 20; vom 30. Januar 2024 – VIII ZB 85/22, aaO; vom 11. Februar 2025 – VIII ZB 65/23, aaO; jeweils mwN).

Der Rechtsanwalt kann diese Ausgangskontrolle zwar auf zuverlässiges Büropersonal übertragen und braucht sie nicht selbst vorzunehmen. Übernimmt er sie aber im Einzelfall selbst, muss er auch selbst für eine wirksame Ausgangskontrolle Sorge tragen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 11. Februar 2025 – VIII ZB 65/23, aaO Rn. 20 mwN).

bb) Diesen Sorgfaltsanforderungen hat die Prozessbevollmächtigte der Beklagten schon deshalb nicht genügt, weil sich ihrem Vortrag nicht entnehmen lässt, dass sie überprüft hat, ob vom Amtsgericht Lüneburg eine Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments gemäß § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt wurde. Die Bezugnahme auf den – offenbar von ihrer Büroverwaltungssoftware angezeigten – Sendebericht reicht dafür grundsätzlich nicht aus (vgl. BGH, Beschluss vom 11. März 2025 – XI ZB 17/24, NJW-RR 2025, 701 Rn. 9 mwN; BSG, Beschluss vom 27. September 2023 – B 2 U 1/23 R, juris Rn. 10; BeckOK IT-Recht/Loos, Stand: 1. Juli 2025, § 130a ZPO Rn. 33c.1). Da die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle stellt, einem Rechtsanwalt bekannt sein müssen, erlaubt der Umstand, dass sich der Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zur Frage der Prüfung der Eingangsbestätigung nicht verhält, ohne weiteres den Schluss darauf, dass eine solche Prüfung nicht erfolgt ist und entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 – V ZB 72/15, NJW 2016, 874 Rn. 16; vom 15. Dezember 2015 – VI ZB 15/15, NJW 2016, 873 Rn. 13; vom 25. Februar 2016 – III ZB 42/15, NJW 2016, 1742 Rn. 11; vom 26. Mai 2021 – VIII ZB 55/19, juris Rn. 15; jeweils mwN).

Ungeachtet dessen ergibt sich aber auch aus der eigenen Darstellung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht in Abrede gestellt, dass im Streitfall eine ausreichende, den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechende Ausgangskontrolle nicht stattgefunden hat. Diese beschränkte sich vielmehr auf die Prüfung, ob die richtigen Dateien hochgeladen worden sind, und bezog sich nicht auch darauf, ob es sich bei dem als Empfänger angegebenen Gericht um das zuständige Gericht handelte. Spätestens bei einem gewissenhaften Blick auf den im Sendebericht angegebenen Adressaten, das Amtsgericht Lüneburg, hätte der Prozessbevollmächtigten der Beklagten auffallen müssen, dass der Schriftsatz an das falsche Gericht übersandt worden ist; dann wäre noch genug Zeit gewesen, um die Berufungsbegründung erneut fristwahrend an das zuständige Landgericht Lüneburg zu versenden.

c) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war der der Beklagten demnach gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnende Fehler bei der Kontrolle der Übermittlung der Berufungsbegründung auch ursächlich für die Fristversäumung.

aa) Diese Ursächlichkeit entfällt – wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat – auch nicht etwa dadurch, dass die Beklagte mit einer Weiterleitung ihres beim Amtsgericht Lüneburg eingegangenen Schriftsatzes bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist an das Berufungsgericht hätte rechnen können.

(1) Ein Gericht ist nur unter besonderen Umständen gehalten, einer drohenden Fristversäumnis seitens der Partei entgegenzuwirken. Denn einer gerichtlichen Fürsorgepflicht sind im Interesse der Funktionsfähigkeit der Justiz Grenzen gesetzt (vgl. BVerfG, NJW 1995, 3173, 3175; Senatsbeschlüsse vom 11. Januar 2022 – VIII ZB 37/21, NJW-RR 2022, 346 Rn. 14; vom 21. März 2023 – VIII ZB 80/22, NJW 2023, 1668 Rn. 37; vom 11. Februar 2025 – VIII ZB 65/23, NJW 2025, 1508 Rn. 24; jeweils mwN).

Das Gericht ist einerseits aufgrund des verfassungsrechtlichen Anspruchs der Parteien auf ein faires und wirkungsvolles Verfahren zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Parteien verpflichtet. Andererseits muss die Justiz im Interesse ihrer Funktionsfähigkeit vor zusätzlichen Belastungen geschützt werden. Es besteht deshalb keine generelle Fürsorgepflicht des für die Rechtsmitteleinlegung unzuständigen Gerichts, durch Hinweise oder andere geeignete Maßnahmen eine Fristversäumung des Rechtsmittelführers zu verhindern und auf diese Weise der Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten die Verantwortung für die zutreffende Adressierung eines Schriftsatzes allgemein abzunehmen (BVerfG, NJW 2006, 1579 Rn. 8; BGH, Beschlüsse vom 14. Dezember 2010 – VIII ZB 20/09, NJW 2011, 683 Rn. 18; vom 15. Juni 2011 – XII ZB 468/10, NJW 2011, 2887 Rn. 12; vom 13. September 2012 – IX ZB 251/11, NJW 2013, 236 Rn. 10; vom 12. Mai 2016 – IX ZB 75/15, juris Rn. 16; vom 19. September 2017 – VI ZB 37/16, NJW-RR 2018, 314 Rn. 6; vom 20. April 2023 – I ZB 83/22, ZIP 2023, 1614 Rn. 16).

Geht ein fristgebundener Schriftsatz für das Rechtsmittelverfahren beim unzuständigen Ausgangsgericht ein oder ist die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts „ohne weiteres“ beziehungsweise „leicht und einwandfrei“ zu erkennen, ist dieses deshalb grundsätzlich (lediglich) verpflichtet, den Schriftsatz im ordentlichen Geschäftsgang an das zuständige Rechtsmittelgericht weiterzuleiten (vgl. BVerfG, NJW 2006, 1579 Rn. 9; BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2005 – VIII ZB 125/04, NJW 2005, 3776 unter III 1 b aa; vom 20. April 2011 – VII ZB 78/09, NJW 2011, 2053 Rn. 12 f.; vom 15. Juni 2011 – XII ZB 468/10, aaO; vom 12. Oktober 2011 – IV ZB 17/10, NJW 2012, 78 Rn. 14; vom 27. Juli 2016 – XII ZB 203/15, NJW-RR 2016, 1340 Rn. 12; vom 19. September 2017 – VI ZB 37/16, aaO Rn. 5; vom 8. Mai 2020 – LwZB 1/19, juris Rn. 7; vom 27. August 2019 – VI ZB 32/18, NJW 2019, 3727 Rn. 14; vom 9. Dezember 2021 – V ZB 12/21, NJW-RR 2022, 567 Rn. 6 f.; vom 26. Januar 2023 – I ZB 42/22, NJW 2023, 1969 Rn. 21; vom 20. April 2023 – I ZB 83/22, aaO; vom 9. April 2025 – XII ZB 163/24, NJW-RR 2025, 884 Rn. 17). Die eine Wiedereinsetzung begehrende Partei hat darzulegen und glaubhaft zu machen, dass ihr Schriftsatz im normalen ordnungsgemäßen Geschäftsgang fristgerecht an das zuständige Rechtsmittelgericht hätte weitergeleitet werden können (BGH, Beschlüsse vom 6. November 2008 – IX ZB 208/06, NJW-RR 2009, 408 Rn. 7; vom 15. Juni 2011- XII ZB 468/10, aaO; vom 12. Juni 2013 – XII ZB 394/12, NJW-RR 2014, 2 Rn. 21; vom 19. September 2017 – VI ZB 37/16, aaO Rn. 5; vom 26. Januar 2023 – I ZB 42/22, aaO; vom 20. April 2023 – I ZB 83/22, aaO).

(2) Selbst wenn man nach den vorgenannten Grundsätzen das unzuständige, mit der Sache zuvor nicht befasste Amtsgericht Lüneburg als zur Weiterleitung des hier in Rede stehenden Schriftsatzes als verpflichtet ansähe, wäre mit einer fristwahrenden Übermittlung an das als Berufungsgericht zuständige Landgericht Lüneburg bis zum 29. April 2024 nicht zu rechnen gewesen.

(a) Auch im Falle einer Weiterleitungspflicht ist das (unzuständige) Gericht, bei dem der fristgebundene Schriftsatz eingereicht wurde, grundsätzlich nicht verpflichtet, diesen dem zuständigen Gericht unter höchster Beschleunigung zukommen zu lassen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Oktober 1986 – VIII ZB 40/86, NJW 1987, 440 unter II 3 d; vom 21. Februar 2018 – IV ZB 18/17, juris Rn. 13; vom 19. Juli 2023 – AnwZ (Brfg) 31/22, juris Rn. 26; vom 23. Oktober 2024 – XII ZB 576/23, NJW-RR 2025, 119 Rn. 16). Im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs ist üblicherweise damit zu rechnen, dass ein an eine zentrale gerichtliche Annahmestelle gesandter Schriftsatz am nächsten Werktag, hier also am Freitag, dem 26. April 2024, auf der zuständigen Geschäftsstelle eingeht und dem zuständigen Richter an dem darauffolgenden Werktag, also am Montag, dem 29. April 2024, und nicht schon – wie das Berufungsgericht gemeint hat – am Freitag, dem 26. April 2024, vorgelegt wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. April 2023 – I ZB 83/22ZIP 2023, 1614 Rn. 18; vom 9. April 2025 – XII ZB 163/24, NJW-RR 2025, 884 Rn. 19; jeweils mwN).

Zudem kann nicht erwartet werden, dass die richterliche Verfügung der Weiterleitung der Rechtsmittelschrift noch am selben Tag zur Geschäftsstelle gelangt und dort ausgeführt wird. Vielmehr entspricht es dem ordentlichen Geschäftsgang, dass die Geschäftsstelle die richterlich verfügte Weiterleitung am darauffolgenden Werktag, hier also am Dienstag, dem 30. April 2024, umsetzt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. April 2023 – I ZB 83/22, aaO Rn. 22; vom 23. Oktober 2024 – XII ZB 576/23, aaO; vom 9. April 2025 – XII ZB 163/24, aaO). Demnach kann dahinstehen, ob das Amtsgericht Lüneburg den Schriftsatz – wie die Rechtsbeschwerde meint – elektronisch an das Landgericht hätte weiterleiten müssen, weil auch in diesem Fall mit einem Eingang bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht mehr zu rechnen war.

(b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht damit die Annahme des Berufungsgerichts, mit einem Eingang der Berufungsbegründung bei ihm sei frühestens am 30. April 2024 zu rechnen gewesen, im Einklang mit höchstrichterlicher Rechtsprechung. Aus der von der Rechtsbeschwerde zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. August 2017 (VI ZB 49/16, NJW-RR 2018, 56 Rn. 15) ergibt sich nichts anderes. Dort war der Schriftsatz zwar erst am Freitagvormittag in der allgemeinen Posteingangsstelle der Justizbehörden eingegangen. Der Bundesgerichtshof ist in dieser Entscheidung jedoch ebenfalls davon ausgegangen, dass selbst dann, wenn mit einem Eingang auf der Geschäftsstelle bereits am Freitagnachmittag gerechnet werden könne, die Akten dem zuständigen Richter frühestens an dem auf die Verfügung der Geschäftsstelle folgenden Werktag, also am Montag, vorgelegt worden wären und mit einer Bearbeitung von dessen (Weiterleitungs-)Verfügung erst am Dienstag zu rechnen gewesen wäre. Diese zeitliche Berechnung deckt sich mit derjenigen des Berufungsgerichts im Streitfall, die – wie aufgezeigt – rechtlich nicht zu beanstanden ist.

(c) Auch die insoweit von der Rechtsbeschwerde erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch. Der Senat hat diese Rüge geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Von einer näheren Begründung wird nach der im Rechtsbeschwerdeverfahren gemäß § 577 Abs. 6 Satz 2 ZPO entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.

bb) Wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, ist die rechtliche Erheblichkeit der – wie oben ausgeführt – unzureichenden Postausgangskontrolle auch nicht deshalb entfallen, weil die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auch auf den zeitlich nachfolgenden Umstand zurückzuführen ist, dass die Prozessbevollmächtigte der Beklagten nach ihrer anwaltlichen Versicherung vom 27. bis zum 30. April 2024 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und infolgedessen – wie sie geltend macht – die fehlerhafte Adressierung der Berufungsbegründung vor dem Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht hätte bemerken können.

(1) Die Rechtsbeschwerde weist zwar im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass nach den Grundsätzen der sogenannten „überholenden Kausalität“ ein früheres Verschulden einer Partei oder eines Prozessbevollmächtigten die Wiedereinsetzung ausnahmsweise dann nicht ausschließt, wenn dessen rechtliche Erheblichkeit durch ein späteres, der Partei oder ihrem Bevollmächtigten nicht zuzurechnendes Ereignis entfällt (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 22. November 2022 – XI ZB 13/22, NJW 2023, 1224 Rn. 14 f.; vom 21. November 2024 – I ZB 34/24, NJW-RR 2025, 188 Rn. 17; vom 17. Juni 2025 – VIII ZB 54/24, WRP 2025, 1201 Rn. 43 mwN). In einem solchen Fall tritt das mitursächliche Verschulden des Prozessbevollmächtigten einer Partei hinter eine wesentliche andere Ursache zurück und ist damit bei wertender Würdigung des Ursachenverlaufs die rechtliche Erheblichkeit des Anwaltsverschuldens zu verneinen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2019 – IX ZB 6/18, NJW 2019, 2028 Rn. 19; vom 17. Juni 2025 – VIII ZB 54/24, aaO).

Die Wertung, dass die rechtliche Erheblichkeit eines Verschuldens des Prozessbevollmächtigten infolge einer späteren Ursache entfällt, erscheint jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn der Prozessbevollmächtigte durch eine allgemeine Arbeitsanweisung Vorsorge dafür getroffen hatte, dass bei normalem Verlauf der Dinge die Frist trotz seines Verschuldens gewahrt worden wäre. Es muss sich demnach um eine Anweisung handeln, die bestimmt und geeignet ist, gerade die Folgen des Anwaltsfehlers zu verhindern (Senatsbeschluss vom 17. Juni 2025 – VIII ZB 54/24, aaO Rn. 44 mwN).

(2) Nach dieser Maßgabe genügt es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht, dass die Frist durch „irgendeinen“ hypothetischen Verlauf gewahrt worden wäre. Vielmehr hätte die Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Vorfeld Vorkehrungen in Gestalt organisatorischer Maßnahmen treffen müssen, um Fehlern wie dem hier vorliegenden zu begegnen. Davon kann nach ihren eigenen Angaben im Streitfall nicht ausgegangen werden, da sie lediglich behauptet hat, ihr wäre die fehlerhafte Übermittlung der Berufungsbegründung aus Anlass einer von ihr beabsichtigten Versendung eines Schriftsatzes in einem anderen (Straf-)Verfahren aufgefallen. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, rechtfertigt es ein solchermaßen zufälliges Zusammentreffen von Ereignissen bei der gebotenen wertenden Betrachtung nicht, die rechtliche Erheblichkeit des Anwaltsverschuldens zu verneinen.

„Aberkennung“ einer ausländischen Fahrerlaubnis, oder: Mischkonsum von Cannabis und Alkohol

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Im zweiten Samstagsposting habe ich dann hier zwei Entscheidungen zur Entziehung der Fahrerlaubnis. Auch hier gibt es aber nur die Leitsätze.

Zunächst weise ich hin auf den VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 30.09.2025 – 13 S 419/25 – zur Aberkennung des Rechts, von einer ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, wegen Cannabismissbrauch. Dazu sagt der VGH:

1. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 StVG i. V. m. § 46 Abs. 5 FeV).

2. Von einem die Fahreignung ausschließenden Cannabismissbrauch im Sinne der Nummer 9.2.1 der Anlage 4 der FeV ist jedenfalls dann auszugehen, wenn eine auf anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen beruhende Prognose ergibt, dass eine Person auch in Zukunft ein Kraftfahrzeug führen wird, obwohl sie 3,5 ng/ml oder mehr Tetrahydrocannabinol im Blutserum hat.

Als zweite Entscheidung stelle ich den BayVGH, Beschl. v. 30.09.2025 – 11 ZB 25.1383 – vor. Er äußert sich zur Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Mischkonsums von Cannabis und Alkohol außerhalb des Straßenverkehrs nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis aufgrund einer positiven Begutachtung. Dazu meint der BayVGH:

1. Ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls davon auszugehen, dass der Antragsteller gelegentlich Cannabis konsumiert hat und ihm aufgrund einer festgestellten Mischkonsums von Alkohol und Cannabis die Fahreignung fehlt, rechtfertigt das die Entziehung der Fahrerlaubnis ohne weiteres und ist die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung entbehrlich.

2. Ein nicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehender Mischkonsum von Cannabis und Alkohol rechtfertigt jedenfalls dann die Annahme einer mangelnden Fahreignung, wenn er die Aufgabe der Trennungsbereitschaft möglich erscheinen lässt und eine Teilnahme am Straßenverkehr unter Wirkung der Rauschmittel hinreichend wahrscheinlich ist. Das ist der Fall, wenn er in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht zu einer kombinierten Rauschwirkung führen kann.

Ausreichende Mitwirkung bei/für Fahrerermittlung?, oder: Angabe einer „Fakeadresse“ reicht nicht

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Und dann am Samstag, zugleich auch in einigen Bundesländern Feiertag, drei verkehrsverwaltungsrechtliche Entscheidungen.

Ich starte mit dem VG Gelsenkirchen, Urt. v. 23.09.2025 – 14 K 2411/24. Es geht noch einmal um die „ausreichende Mitwirkung“, deren Fehlen Voraussetzung für eine Fahrtenbuchanordnung nach § 31a StVZO ist.

Folgender Sachverhalt: Der Kläger war Halter des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen L.-X. N01. Nach einer ordnungsamtlichen Messung der Stadt O. wurde mit diesem Fahrzeug am 18.12.2023 um 11:32 Uhr in O., S.-straße in Höhe der Hausnummer N09 die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften von 50 km/h nach Toleranzabzug um 39 km/h überschritten.

Mit Schreiben vom 09.01.2024 wandte sich die Ordnungswidrigkeitenbehörde der Stadt O. im Rahmen einer Fahreranfrage an den Kläger zu dem festgestellten Verkehrsverstoß und bat um Mitteilung der Personalien der verantwortlichen Fahrzeugführerin. Dem Schreiben beigefügt war ein Lichtbild, das deutlich eine junge Fahrerin mit Kopftuch zeigt. Daraufhin teilte der Kläger der Ordnungswidrigkeitenbehörde im Rahmen einer Onlineanhörung am 05.01.2024 mit, dass Fahrerin des Fahrzeugs eine Frau H. K., geb. 00. Juni 0000, wohnhaft R.-straße N02, N03 O. sei.

Nachdem eine Frau H. K. in O. nicht ermittelt werden konnten, übersandte die Behörde am 06.01.2024 versuchsweise einen Anhörungsbogen im Rahmen des Bußgeldverfahrens an die vom Kläger benannte Fahrerin unter der von ihm angegebenen Anschrift., worauf am 19.01.2024 im Rahmen einer Online-Anhörung der Verstoß zugegeben wurde.

Am 01.02.2024 hat der Kläger das Tatfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen L.-X. N01 abgemeldet. Nachdem die vom Kläger angegebene Fahrerin namens H. K. weiterhin nicht ermittelt werden konnte, wurde ausweislich eines Vermerks der Sachbearbeiterin der Beklagten am 21.02.2024 festgehalten, dass es sich bei der Anschrift J.-straße. N02 um eine sog. Fakeanschrift handele. Angegebene Personen seien i.d.R. dort nicht gemeldet oder wohnhaft. Ermittlungen beim Halter würden veranlasst.

Noch am selben Tag ist sodann ein Fahrerermittlungsersuchen betreffend den unter der Anschrift B.-straße. N04 in O. gemeldeten Kläger an das Ordnungsamt der Beklagten mit der Bitte um Feststellung und Anhörung des verantwortlichen Fahrers gerichtet worden.

Am 12.03.2025 hat der Außendienstmitarbeiter der Beklagten mitgeteilt, dass ihn wöchentlich 2-3 Amtshilfeersuchen auch anderer Kommunen erreichen würden. Unter der Anschrift B.-straße. N04, Z.-straße. N05 und V.-straße. N06 in O. seien ca. 200 verschiedene Vornamen zu U., Q., A., G. und P. überprüft worden, welchen in O. weder wohnhaft noch gemeldet waren. Post habe meistens zugestellt werden können, da ein entsprechender Briefkasten vorhanden sei und geleert werde. Nach dortigen Erkenntnissen bestehe der Verdacht, dass alle Namen ausschließlich als Alias in Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren bzw. beim Entzug von Fahrerlaubnissen von F. A., geb. 00. Januar 0000 in I., als Tarnadresse für falsche Identitäten zur Verfügung gestellt würden. In den meisten Fällen handele es sich bei dem zur Tatzeit Verantwortlichen um den ursprünglichen Fahrzeughalter. Herr A. sei zwar unter der Anschrift B.-straße. N04 gemeldet. Nach Auskunft des Vermieters sei er dort aber nicht wohnhaft. Die Wohnung werde durch das Jobcenter finanziert. Er halte sich vielmehr unter der Anschrift Z.-straße. N05 in O. auf. Dort sei auch seine Familie wohnhaft/gemeldet. Im vorliegenden Fall sei aus den o.g. Gründen eine Frau H. K. ebenfalls nicht zu ermitteln. Nach dem Lichtbild handele es sich bei der verantwortlichen Fahrzeugführerin um die Ehefrau des Klägers, Frau N. A., geb. 0. Januar 0000.

Daraufhin wurde mit Schreiben der Ordnungswidrigkeitenbehörde vom 13.03.2024 Frau N. A. im Rahmen des Bußgeldverfahrens angehört. Diese erklärte in einer Online Anhörung am 16.03.2025, das Fahrzeug nicht geführt zu haben. Nachdem Frau N. A. nachfolgend mittels eines Lichtbildabgleichs nicht als Fahrerin erkannt werden konnte, da die Fahrerin jünger erschien, wurde das Ordnungswidrigkeitenverfahren schließlich am 02.04.2024 eingestellt.

Es wird dann eine Fahrtebuchauflage angeordnet. Dagegen die Klage, die keinen Erfolg hatte. Das VG hat u.a. eine „ausreichende Mitwirkung“ des Klägers verneint. Hier die Leitsätze zu der Entscheidung:

1. Die Angabe einer reinen „Briefkastenadresse“ und fiktiver Personalien ist keine ausreichende Mitwirkung bei der Aufklärung eines Verkehrsverstoßes im Ordnungswidrigkeitenverfahren und rechtfertigen die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs.

2. Angesichts derartiger Angaben, die aufgrund der aktenkundigen Umstände zu der angegebenen Anschrift offensichtlich allein der Verschleierung der Identität der wahren Fahrzeugführer dienen, erübrigen sich weitere Ermittlungsversuche der Ordnungswidrigkeitenbehörde.

 

Verkehrsunfall bei „Touristenfahrt“ auf Nürburgring, oder: Erhöhte Betriebsgefahr

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Im zweiten Posting dann etwas zur Betriebsgefahr bei/nach einem Unfall bei einer sog. „Touristenfahrt“ auf dem Nürburgring.

Dort war ein Motorradfahrer bei einer Fahrt gestürzt. Das Motorrad blieb auf der Strecke liegen. Ein anderer Fahrer stellte daraufhin seinen Pkw ab und kam dem verunglückten Motorradfahrer zur Hilfe. Während dieses Geschehens kam ein Pkw um die Kurve und fuhr einem weiteren, vorausfahrenden BMW auf, der wegen des Motorrads voll abbremste. Der Fahrer, der auf den BMW auffuhr, behauptet, dass sowohl der Grünstreifen rechts von der Fahrbahn als auch die Fahrbahn durch zwei Kfz und das Motorrad blockiert gewesen seien, sodass er binnen Sekundenbruchteilen, um Personenschäden zu vermeiden, eine Notbremsung eingeleitet habe. Dabei sei er auf das Heck des BMW aufgefahren. Der Auffahrende will nun Schadensersatz von dem gestürzten Motorradfahrer. Der Motorradfahrer wiederum meint, dass der vor dem klägerischen Pkw fahrende BMW kontrolliert zum Stehen gekommen sei und der Kläger zu spät auf das Bremsmanöver des vor ihm fahrenden Fahrzeuges reagiert habe. Bei ausreichendem Abstand, angepasster Geschwindigkeit und angemessener Reaktion hätte jener sein Fahrzeug ohne weiteres unbeschadet hinter dem vorausfahrenden BMW zum Stillstand bringen können.

Das hat das LG Koblenz im LG Koblenz, Urt. v. 16.09.2025 – 5 O 123/20 ebenso gesehen. Es führt allerdings zur Betriebsgefahr beim Beklagten aus:

„Auf Seiten der Beklagten verbleibt es allerdings bei der einzustellenden Betriebsgefahr, welche die Kammer vorliegend mit 20 % in Ansatz bringt.

Nach der Rechtsprechung des OLG Koblenz ist bei so genannten Touristenfahrten, wie vorliegend, beim denen zu zügigen (sportlichen) Fahren ein Kontrollverlust über das Fahrzeug droht, hingegen beim langsamen (vorsichtigen) Fahren die Gefahr besteht, dass es zu Auffahrunfällen mit sich von hinten „im Rennmodus“ nähernden Fahrzeugen kommt, die Betriebsgefahr eines die Nordschleife des N. befahrenden Fahrzeugs aufgrund der gefahrenträchtigen Örtlichkeit sowie der gefahrträchtigen Verkehrssituation als generell erhöht anzusehen (vgl. OLG Koblenz NZV 2023, 371, beck-online).

Die Betriebsgefahr des bei der Beklagten versicherten Krad hat sich vorliegend zur Überzeugung der Kammer auch kausal auf das Unfallereignis ausgewirkt.

Die Kammer folgt insoweit den glaubhaften Angaben des Geschäftsführers der Klägerin im Rahmen seiner persönlichen informatorischen Anhörung, dass dieser eine Ausweichbewegung nach links vornehmen wollte, dies allerdings im Hinblick auf den sich auf der Strecke befindlichen Fahrer des Krads zur Vermeidung von Personen-schäden unterlassen hat. Die Angaben des Geschäftsführers der Klägerin waren in-soweit in sich stimmig und nachvollziehbar. Diese werden zudem auch durch die Angaben des Sachverständigen Dipl.-Ing. C. im Rahmen seines schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 26.01.2022 gestützt. Denn auch der Sachverständige führt aus, dass zum Kollisionszeitpunkt für den Fahrer des Klägerfahrzeuges kein sicherer Raum gewesen sei, um das Unfallgeschehen durch ein Ausweichen vermeiden zu können (vgl. Gutachten a.a.O. dort S. 15, Bl. 110 d.A.).

Demnach hat sich vorliegend die Betriebsgefahr des bei der Beklagten versicherten Krad kausal auf das vorliegende Verkehrsunfallereignis ausgewirkt, gleichwohl es keine direkte Berührung zwischen dem klägerischen PKW und dem bei der Beklagten versicherten Krad gegeben hat.

Ausreichend ist nämlich, dass der Betriebs eines Kraftfahrzeugs zu einem schädigenden Ereignis über seine bloße Anwesenheit an der Unfallstelle hinaus durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetragen hat (vgl. BGH r+s 2017, 95, beck-online).

Dies ist vorliegend der Fall und führt zu einer Haftung der Beklagten in Höhe von 20 %.

 

Nutzungsausfallentschädigung nach Verkehrsunfall?, oder: Kein Anspruch bei zumutbarer Ersatznutzung

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Und dann im „Kessel Buntes“ heute zivilrechtliche Entscheidung.

Zunächst kommt hier der Hinweis auf das BGH, Urt. v. 07.10.2025 – VI ZR 246/24. In dem hat sich der BGH mit der Frage nach einer Nutzungsausfallentschädigung bei Beschädigung eines Pkws befasst.  Entschieden worden ist über eine Klage einer Leasingnehmerin, die einen Porsche 911 geleast hatte und ihrem Geschäftsführer zur Nutzung überlassen hatte. Die verlangte nach einem Unfall Nutzungsausfallentschädigung, obwohl der Geschäftsführer während des Ausfalls einen angemieteten Citroen DS3 CROSS nutzen konnte.

Der BGh hat entschieden, dass die Nutzung des Ersatzfahrzeugs zumutbar war und die Anmietung des Ersatzfahrzeugs einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte ausgelöst hat. Daher bestehe kein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung.

Hier die Leitsätze des BGH zu der Entscheidung:

1. Bei der Beschädigung eines Kraftfahrzeugs ist ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung ausgeschlossen, wenn der Geschädigte (selbst) über ein zweites Fahrzeug (Zweitwagen) verfügt, dessen ersatzweiser Einsatz ihm zumutbar ist.

2. Stellt ein durch den Unfall rechtlich nicht betroffener Dritter dem Geschädigten ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung, schließt dies den Anspruch des Geschädigten auf Nutzungsausfallentschädigung grundsätzlich nicht aus.

3. Ist der Dritte seinerseits durch den Unfall rechtlich betroffen, etwa weil das beschädigte Fahrzeug ihm gehört, und mietet er infolge des Unfalls ein Ersatzfahrzeug an, das er dem nutzungsberechtigten Geschädigten zur Verfügung stellt und dessen Nutzung diesem zumutbar ist, so schließt dies im Hinblick auf den dadurch ausgelösten Anspruch des Dritten gegen den Schädiger auf Ersatz der Mietwagenkosten den Anspruch des Geschädigten auf Nutzungsausfallentschädigung aus.