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VR II: Belehrungspflicht bei der Atemalkoholkontrolle, oder: Unnötige/falsche Belehrung durch das KG

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Die Entscheidung des zweiten Postings des Tages stammt vom KG. Das hat im KG, Beschl. v. 14.05.2025 – 3 ORbs 50/25 – 122 SsBs 13/25 – (noch einmal) zur Belehrungspflicht (§ 55 OWiG) in Zusammenhang mit einer Atemalkoholkontrolle und dem sich bei der Verletzung der Pflicht daraus ergebenden Beweisverwertungsverbot Stellung genommen. Es hat sich zwar um eine Trunkenheitsfahrt nach § 24a Abs. 1 OWiG gehandelt, die entschiedene Frage kann aber im Verkehrsstrafrecht Bedeutung erlangen.

Der Betroffene hatte einen Verstoß gegen § 55 OWiG geltend gemacht, war aber dennoch vom AG verurteilt worden. Dagegen geht er dann mit der Verfahrensrüge vor. Ohne Erfolg beim KG.

Das führt zur Zulässigkeit der Verfahrensrüge aus:

„1. Soweit mit der Rechtsbeschwerdebegründung eine Verfahrensrüge wegen einer behaupteten Versagung rechtlichen Gehörs, der Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK) sowie ein Verstoß gegen § 261 StPO geltend gemacht wird, ist diese unzulässig, weil sie nicht die Darlegungsanforderungen nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erfüllt. Danach sind die den Mangel begründenden Tatsachen so vollständig und genau anzugeben, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen zutreffen. Dazu gehört neben der Darlegung, das Tatgericht habe eine ohne Belehrung erfolgte Beschuldigtenvernehmung verwertet, auch die Mitteilung der Umstände, aus denen die Belehrungspflicht folgt, d.h. aller tatsächlichen Umstände und Aktenauszüge, aus denen die Beschuldigtenstellung zum Zeitpunkt der Vernehmung deutlich wird, so dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung prüfen kann, ob sie durch die Ermittlungsorgane willkürlich vorenthalten worden ist, ferner die Mitteilung des Inhalts der zu Unrecht verwerteten Aussage und die Darlegung, auf welche Weise sie in die Hauptverhandlung eingeführt und vom Gericht verwertet worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 1993 – 5 StR 463/92 –, juris; Gless in: Löwe-Rosenberg, StPO, 28. Aufl., § 136 Rn. 116; Schlothauer/Wollschläger/Piel in: Schlothauer/Wollschläger/Piel, Verteidigung im Revisionsverfahren, 4. Aufl., Teil II Ausgewählte Verfahrensrügen (einschließlich Verfahrensvoraussetzungen und -hindernissen) Rn. 2058, juris).

a) Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen nicht.

Die Rechtsbeschwerdebegründung erschöpft sich in lediglich oberflächlichen und pauschalen Ausführungen unter Hinweis darauf, der Betroffene sei „weder darüber belehrt worden, dass er die Atemalkoholkontrolle verweigern könne“ noch darüber, dass „er die Aussage verweigern“ könne. Ferner: „Hätte der Betroffene hier diese Belehrung erhalten, hätte er sich nicht geäußert. Es hätte keine Atemalkoholkontrolle mit dem Dräger Alcotest erfolgen können.“

Ein konkreter zusammenhängender Vortrag, aus dem sich diejenigen Umstände und Abläufe ergeben, aus denen der Verstoß gegen die Belehrungspflichten herrührt, fehlt. Insbesondere mangelt es an der Darlegung der tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Betroffeneneigenschaft des Betroffenen zum Zeitpunkt der Befragung durch die Polizeibeamten ergibt. Auch fehlt die vollständige Wiedergabe des Inhalts der von dem Betroffenen getätigten Äußerungen sowie dessen Wahrnehmungen zur eigenen Betroffeneneigenschaft im Hinblick auf das Vorgehen der Polizeibeamten. Auch die Berücksichtigung der – dem Senat aufgrund der erhobenen Sachrüge eröffneten – Urteilsgründe führt nicht zur Zulässigkeit der Rüge. Die vollständige Darlegung aller Umstände wäre hier gerade angesichts des aus den Urteilsgründen ersichtlichen mehraktigen Geschehensablaufs zwingend erforderlich gewesen.

b) Gemäß der sogenannten „Widerspruchslösung“ verlangt die Rechtsprechung grundsätzlich auch die Angabe, dass der Verwertung der Beweismittel in der Hauptverhandlung rechtzeitig widersprochen wurde (vgl. Schlothauer/Wollschläger/Piel in: Schlothauer/Wollschläger/Piel, Verteidigung im Revisionsverfahren, a.a.O., Rn. 2076; BayObLG, Beschluss vom 16.Mai 2001 – 2 St RR 48/01 –, BeckRS 2001, 100067).

Ob die Angaben des Betroffenen, der insoweit lediglich mitteilt, dass er der Verwertung der „Zeugenvernehmungen der Polizeibeamten“, „der Verlesung der amtlichen Urkunden“ sowie „sämtlicher Beweiserhebungen durch das Amtsgericht Tiergarten“ widersprochen habe, ausreichend sind, kann hier dahinstehen.“

Dem kann man noch folgen. Nicht folgen, weil m.E. unzutreffend, kann man dann aber den Ausführungen des KG zur Begündetheit:

„2. Denn die Verfahrensrüge wäre im Übrigen auch unbegründet.

Die Belehrungspflicht nach §§ 46 Abs. 1, 55 OWiG, 163a Abs. 3 Satz 2, 136 Abs. 1 StPO setzt voraus, dass eine Person den Status eines Beschuldigten/Betroffenen erlangt hat. Allerdings begründet nicht jeder unbestimmte Tatverdacht bereits die Beschuldigten- oder Betroffeneneigenschaft mit entsprechender Belehrungspflicht. Vielmehr kommt es auf die Stärke des Verdachts an. Es obliegt der Strafverfolgungsbehörde, nach pflichtgemäßer Beurteilung darüber zu befinden, ob dieser sich bereits so verdichtet hat, dass die vernommene Person ernstlich als Täter oder Beteiligter der untersuchten Straftat (hier Ordnungswidrigkeit) in Betracht kommt. Falls der Tatverdacht aber so stark ist, dass die Strafverfolgungsbehörde andernfalls willkürlich die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums überschreiten würde, ist es verfahrensfehlerhaft, wenn der Betreffende ohne Belehrung vernommen wird (vgl. BGH NJW 2007, 2706; Senat, Beschluss vom 4. Januar 2023 – (3) 161 Ss 210/22 (71/22) –; Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Einl. Rn. 77 m.w.N.).

Ausweislich der Urteilsgründe ist der Betroffene von den vernommenen Polizeibeamten belehrt worden, nachdem er den freiwilligen Atemalkoholtest, auf dessen Freiwilligkeit er hingewiesen wurde, durchgeführt hatte.

Der von den polizeilichen Zeugen gewählte Zeitpunkt der Belehrung als Betroffener einer Ordnungswidrigkeit hat auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen die Grenze zur Willkür nicht überschritten. Auch die Grenze der sog. informatorischen Befragung erachtet der Senat als hier noch nicht überschritten an.

Vor der ersten Äußerung des Betroffenen musste sich den Polizeibeamten noch nicht in einem für willkürliches Verhalten erforderlichen Maß aufdrängen, der Betroffene habe mit einer den zulässigen Grenzwert überschreitenden Alkoholisierung ein Fahrzeug gesteuert. Wenngleich sie den Betroffenen bereits zuvor aus einer Bar kommend angetroffen und zu diesem Zeitpunkt schon Alkoholgeruch wahrgenommen hatten, hatte sich der Verdacht, auch nachdem der Betroffene aus dem Auto ausgestiegen war und sie abermals Alkoholgeruch, jedoch offenbar keinerlei Ausfallerscheinungen bei ihm festgestellt hatten, noch nicht hinreichend dahingehend verdichtet, dass die Anzeichen für eine den Grenzwert überschreitende Alkoholisierung so deutlich waren, dass eine „Vernehmungssituation“ vorgelegen hätte oder der Betroffene den Status eines „Beschuldigten“ erlangt hätte. Konkretisiert hatte sich dieser erst nach dem Ergebnis des (freiwillig durchgeführten) Atemalkoholtests, der offenbar einen Wert auswies, der den Verdacht einer Ordnungswidrigkeit begründete. Folgerichtig erfolgte zu diesem Zeitpunkt die Belehrung durch die Beamten.

Die den Schuldspruch tragenden Feststellungen stützen sich im Übrigen auch nur auf den nach erfolgter Belehrung durchgeführten Alkoholtest und nicht auf die Aussage des Betroffenen, er habe Bier getrunken oder den freiwilligen Atemalkoholtest. Sofern vorgetragen wird, der Betroffene sei über die Freiwilligkeit des Atemalkoholtests nicht belehrt worden, weisen die Urteilsgründe gerade Gegenteiliges aus.“

Den Ausführungen zur Belehrungspflicht muss man widersprechen. Denn die Polizeibeamten treffen den Betroffenen aus einer Bar kommend an und stellen Alkoholgeruch fest. Das soll nicht genügen, um nicht den Verdacht einer Trunkenheitsfahrt zu begründen? Das ist für mich nicht nachvollziehbar.

Zudem: Die Ausführungen des KG sind auch, da die Verfahrensrüge ja wegen nicht ausreichender Begründung als unzulässig angesehen worden ist, völlig überflüssig gewesen. Man hätte diese unzutreffende „Belehung“ daher besser nicht gemacht, zumal das AG die Veurteilung ja auch auf andere Umstände gestützt hat.

Entziehung der Fahrerlaubnis usw. beim BayVGH, oder: Augenblicksversagen, Fahrrad, Krankheit und WaffenG

Im Kessel Buntes heute dann verkehsverwaltungsrechtliche Entscheidungen. Die meisten Entscheidungen kommen aus Bayern. In allen dreht es sich um die Entziehung der Fahrerlaubnis und die damit zusammenhängenden Fragen.

Hier kommen dann die zunächst die Entscheidungen vom BayVGH, allerdings nur mit den jeweiligen Leitsätzen:

Ein einmaliger Vorfall im Straßenverkehr, bei dem alles dafür spricht, dass es sich um ein einmaliges Augenblicksversagen auch aufgrund der besonderen Fahreigenschaften eines älteren Fahrzeugs handelt, begründet keinen ausreichenden Anfangsverdacht für die Anordnung einer Fahrprobe. Allenfalls im Wiederholungsfall oder bei Bekanntwerden weiterer erheblicher Fahrfehler ließe sich daraus ein Anfangsverdacht für nicht mehr hinreichende praktische Fahrfähigkeiten des Fahrerlaubnisinhabers und damit ausreichende Anhaltspunkte für die Anordnung einer Fahrprobe herleiten.

1. Zur Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad in erheblich alkoholisiertem Zustand.

2. Hat der Antragsteller selbst bei der spontanen Schilderung des Unfallhergangs gegenüber der Polizei angegeben, dass er vor einem Sturz mit einem Fahrrad gefahren sei, kann er später nicht geltend macht, er könne sich an diese Aussage alkoholbedingt oder aufgrund erlittener Verletzungen nicht mehr erinnern, wenn kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich ist, weshalb er  einer Trunkenheitsfahrt bezichtigt haben sollte, obwohl er nach seinen Angaben dringend auf seine Fahrerlaubnis angewiesen sei.

Zur Entziehung der Fahrerlaubnis wegen erkrankungsbedingt fehlender Krankheitseinsicht und Compliance bei Multimorbidität und einem negativen Fahreignungsgutachten.

Zwar ist die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b WaffG grundsätzlich widerlegbar. Eine Widerlegung kann jedoch (nur) gelingen, wenn die Umstände der abgeurteilten Tat – hier: Trunkenheitsfahrt mit 1,76 Promille – die Verfehlung ausnahmsweise derart in einem milden Licht erscheinen lassen, dass die nach Wertung des Gesetzgebers in der Regel durch eine solche Straftat begründeten Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt sind.

Verkehrsrecht II: Trunkenheitsfahrt mit E-Scooter, oder: Entziehung der Fahrerlaubnis/Fahrverbot?

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Und dann im zweiten Posting zwei Entscheidungen zu den Auswirkungen einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter auf die Fahrerlaubnis. Also die Frage: Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. Fahrverbot, ja oder nein.

In beiden Entscheidungen gibt es keine wesentlichen neuen Erkenntnisse, daher stelle ich nur die Leitsätze ein, und zwar:

Ein Absehen vom gesetzlichen Regelfahrverbot nach den §§ 24a Abs. 1, 25 Abs. 1 Satz 2 StVG i.V.m. § 4 Abs. 3 BKatV kommt nicht allein deshalb in Betracht, weil die Tat mit einem Elektrokleinstfahrzeug (E-Scooter) i. S. d. § 1 Abs. 1 eKFV begangen wurde.

1. Die Dauerstraftat des § 316 StGB wird durch eine geplante Fahrtunterbrechung zum Aufsuchen eines Paket-Shops nicht in zwei tatmehrheitliche Trunkenheitsfahrten („Hin-fahrt/Rückfahrt“) geteilt.

2. Ein Eigenschaden/Sturzverletzung und nachträgliche Schulungsmaßnahmen – ein 8-stündiges Aufbauseminar „DEKRA-Mobil“ – reichen bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter von insgesamt 700 m Länge und dabei verursachtem Unfall mit ausschließlich Eigen-schaden nicht aus, die Regelwirkung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB zu erschüttern.

 

OWi II: Atemmessung mit Dräger Alcotest 9510 DE, oder: Aufklärungspflicht, Eichung und Störquellen

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Im zweiten Posting dann der OLG Karlsruhe, Beschl. v. 31.01.2025 – 3 ORbs 330 SsBs 629/24, und zwar zur Aufklärungspflicht bei einer Trunkenheitsfahrt nach § 24a Abs. 1 StVG, bei der der Verurteilung ein standardisiertes Messverfahren zugrunde gelegen hat. Hier hatte die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg:

Der Senat merkt Folgendes ergänzend an:

1. Die erhobene Verfahrensrüge mangelnder Sachaufklärung zur Frage der Richtigkeit der Atemalkoholmessung dürfte bereits unzulässig sein (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG), weil der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde das von dem beauftragten Privatsachverständigen in Bezug genommene Gutachten des Bundesgesundheitsamtes zur Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse nicht vorgelegt hat. Ungeachtet dessen ist die Rüge jedenfalls unbegründet.

Der Gesetzgeber hat ausdrücklich vorgesehen, dass bei der Atemalkoholbestimmung nur Messgeräte eingesetzt und Messmethoden angewendet werden dürfen, die den im Gutachten des Bundesgesundheitsamts zur Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse gestellten Anforderungen genügen (BT-Drucks. 13/1439, S. 4). Dem wird das im hier gegebenen Fall verwendete Messgerät Dräger Alcotest 9510 DE gerecht, das die Voraussetzungen der DIN VDE 0405 erfüllt (vgl. Schuff, in: Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 6. Aufl., § 2 Rn 114; Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 6. Aufl., Abschnitt T, Rn 3636) und bei dem es sich um ein sog. standardisiertes, Messverfahren handelt (KG Berlin, B. v. 24.03.2022 – 3 Ws (B) 53/22-122 Ss 24/22 -, juris Rn 14, OLG Dresden, B. v. 06.10.2022 – OLG 23 Ss 608/22 (B), juris Rn 13; BayObLG, B. v. 07.01.2021 – 201 ObOWi 1683/20, juris Rn 6 f.; vgl. auch BGH, B. v. 03.04.2001 – 4 StR 507/00 -, juris Rn 11 zum Gerät Dräger Alcotest Evidential MK III). Diese Anerkennung führt hinsichtlich des Umfanges der Beweisaufnahme und der Anforderungen an die Urteilsgründe zu Erleichterungen (BGHSt 39, 291; 43, 277), die verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind (BVerfG, B. v. 12.11.2020 – 2 BvR 1616/18 -, juris). Die Erleichterungen bedeuten im Rahmen der Beweisaufnahme eine reduzierte Sachverhaltsaufklärungspflicht des Tatgerichts. Das Tatgericht darf bei einer mit einem standardisierten Messverfahren erfolgten Messung grundsätzlich ohne weitergehende Beweiserhebung von der Richtigkeit des ermittelten, gegebenenfalls um eine Toleranz zu bereinigenden Messwerts ausgehen (BGH a.a.O.; KG Berlin, a.a.O., BayObLG, a.a.O.).

Die in § 77 Abs. 1 OWiG normierte Aufklärungspflicht nötigt das Gericht nur dann zu einer weitergehenden Beweisaufnahme zwecks näherer Überprüfung des Messergebnisses, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte vorgetragen werden oder sonst ersichtlich sind, die geeignet sind, Zweifel an dessen Richtigkeit zu begründen (vgl. BGH a.a.O.; KG Berlin, a.a.O.; BayObLG, a.a.O.). Dies war vorliegend nicht der Fall:

Der Betroffene nahm am 19.01.2024, 002 Uhr, in Singen, mit einem Pkw pp. am Straßenverkehr teil und wurde einer Polizeikontrolle unterzogen. Eine zu diesem Zeitpunkt dort mittels eines nicht geeichten Atemalkoholmessgeräts durchgeführter Test ergab eine Atemalkoholkonzentration von 0,32 mg/I. Die auf dem fünf Kilometer entfernten Polizeirevier in Mühlhausen-Ehingen erfolgte Atemalkoholmessung mit dem am 25.09.2023 vor und am 19.03.2024 nach der verfahrensgegenständlichen Messung gültig geeichten Messgerät Dräger Alcotest 9510 DE fand am 19.01.2024 ab 00:36 Uhr statt. Dem Protokoll zur Atemalkoholanalyse zufolge hatte der Betroffene angegeben, sein letzter Alkoholkonsum habe am 19.01.2024 um 00:00 Uhr stattgefunden. Dem Protokoll ist u.a. weiter zu entnehmen, dass die Wartezeit von 20 Minuten vor der ersten Messung eingehalten sei und der Betroffene mindesten zehn Minuten vor Beginn bis Ende des Messzyklus keine Nahrungs- oder Genussmittel aufgenommen habe. Ein erster, um 00:38:36 Uhr durchgeführter Messversuch wurde vom Messgerät abgebrochen („Fehlversuch, Atemabgabe unzulässig“). Um 00:39:42 Uhr erfolgte die erfolgreiche erste Einzelmessung, die eine Atemalkoholkonzentration von 0,267 mg/I, um 00:43 Uhr die zweite Einzelmessung, die eine Atemalkoholkonzentration von 0,277 mg/I ergab. Das Messergebnis (Mittelwert) wurde mit 0,27 mg/I ausgewiesen. Der Betroffene erklärte in der Hauptverhandlung, er habe vor Fahrtantritt zunächst ein alkoholfreies und sodann ein alkoholhaltiges Bier getrunken.

Das in der Hauptverhandlung eingeführte, von dem anwesenden Verteidiger vorgelegte Privatgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. pp. vom 27.05.2024 über die „Begutachtung der Beweismittel“ kommt zu dem Ergebnis, dass insgesamt ein ordnungsgemäßer Messablauf nachvollzogen werden könne; da aber in einem Eichschein der ordnungsgemäße Zustand eines Messsystems zum Zeitpunkt der Eichung bestätigt werde, seien zur Sicherstellung, dass das Messgerät zur Messzeit ordnungsgemäß funktioniert habe und nicht Störungen aufgetreten seien, die zu einem falschen Messergebnis geführt haben könnten, auch noch die Ergebnisse der Eingangsprüfung der nachfolgenden Eichung heranzuziehen, weil bei Atemalkoholmessgeräten nicht auszuschließen sei, dass Rückstände bzw. Ablagerungen in den beiden Probenkammern trotz Spülung nicht vollständig beseitigt werden, was dann nachfolgende Messungen verfälschen könne. Insbesondere werde im Gutachten „Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse“, welches die Grundlage für die Zulassung von Atemalkoholmessungen bilde, vom Verfasser Schoknecht darauf hingewiesen (Abs. 3.1. Grundvoraussetzungen): „Die Zuverlässigkeit (Reliabilität) der Messgeräte muss über den Zeitraum, in dem ein Messgerät zum Einsatz kommt, gewährleistet sein. Diese Nacheichungen, die die Gewähr für die Messsicherheit über den Einsatzzeitraum sichern, sollten in möglichst kurzen Zeitabständen stattfinden. Nach den bisherigen Erfahrungen wird hierfür ein Zeitraum von 6 Monaten als notwendig erachtet.“

Hinweise auf eine nicht ordnungsgemäße Verwendung des Atemalkoholmessgeräts durch den Bediener hat der Privatsachverständige somit ausdrücklich verneint. Konkrete Anhaltpunkte für eine strukturelle, von der Bauartprüfung- und Zulassung des Messgeräts durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (vgl. Schuff, in: Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 6. Aufl., § 2 Rn 114) nicht erfasste Fehlerquelle, denen das Amtsgericht unter dem Gesichtspunkt der Amtsaufklärung hätte nachgehen müssen, ergeben sich aus den Darlegungen des Privatsachverständigen ebenso wenig wie aus dem in Bezug genommen Gutachten des Bundesgesundheitsamtes „Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse“, das Rückstände und Ablagerungen in Probekammern als mögliche Ursache von Messfehlern nicht thematisiert, aber insbesondere klarstellt, dass Nacheichungen die Gewähr für die Messsicherheit über den Einsatzzeitraum sichern (Ziff. 3.1. Grundvoraussetzungen, S. 10). Die Äußerungen des Privatsachverständigen erschöpfen sich letztlich in dem Hinweis auf eine von den Eichbehörden im Rahmen der Eichprüfung eines Atemalkoholmessgeräts zu kontrollierende, theoretisch mögliche Störungsquelle.

Diese Äußerungen mussten, da das vorliegend verwendete Messgerät vor und nach der verfahrensgegenständlichen Messung innerhalb des halbjährigen Regelturnusses gültig geeicht wurde, dem Amtsgericht zu keiner weiteren Aufklärung Anlass geben. Durch die Bauartprüfung- und Zulassung bzw. Konformitätsbewertung zusammen mit der auf deren Grundlage erfolgenden staatlichen Eichung ist über den Zeitraum der Eichperiode die immer korrekte Funktion des einzelnen Gerätes sichergestellt (vgl. BayObLG, a.a.O., Rn 6 f.; Lagois, Blutalkohol 37, 77, 88 zum Vorgängergerät Dräger Alcotest 7110 Evidential, das im Wesentlichen über die gleichen messtechnischen Einrichtungen verfügt wie das Modell Alcotest 9510 DE, vgl. dazu: Schuff, in: Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 6. Aufl., § 2 Rn 114).

Der am 19.01.2024, 00:38:36 Uhr, bei dem ersten Messversuch erfolgte – von dem Privatsachverständigen in seinem Gutachten nicht thematisierte – Abbruch des Messvorgangs rechtfertigt keine andere Beurteilung, denn er ist lediglich Beleg für die funktionsfähigen geräteinternen Kontrollmechanismen, die das Messergebnis absichern und in einem Fehlerfall zu einer entsprechenden Fehlermeldung bzw. zu einem Abbruch des Messvorgangs führen (vgl. OLG Dresden, B. v. 03.01.2005 – Ss (OWi) 629/04 – Rn 17; Schuff, a.a.O., Rn 116; Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 6. Aufl., Abschnitt T, Rn 3644; Schäler, NZV 2017, 422, 425; Haffner u.a., NZV 2009, 209 ff.; Schmidt u.a., Blutalkohol 37, 92 ff.).

Soweit der Betroffene pauschal erklärte, das Messgerät habe ein paar Mal neu gestartet werden müssen, musste dieser (im Privatgutachten ebenfalls nicht thematisierte) Vortrag gleichfalls – auch im Rahmen einer Gesamtschau und unter Berücksichtigung des vom Betroffenen angegebenen Umfangs seines Alkoholkonsums – nicht zu weiterer Aufklärung drängen. Der geschulte Messbeamte hatte dazu in der Hauptverhandlung zwar nur angegeben, er könne sich nicht mehr erinnern, ob das Gerät vorher (offensichtlich gemeint: vor der durchgeführten Messung) abgestürzt sei und sie einen Neustart hätten machen müssen. Da das Messgerät jedoch gültig geeicht war, das Polizeipräsidium Konstanz am 02.04.2024 schriftlich gegenüber der Bußgeldbehörde erklärt hatte, dass im Eichzeitraum keine (ausschließlich vom Hersteller durchgeführten – vgl. Schuff, a.a.O., Rn 114) Wartungen oder Reparaturen und demgemäß auch keine unplanmäßige Eichung stattgefunden hätte(n) und da das Gerät – wie ausgeführt – über zahlreiche geräteinterne Kontroll- bzw. Selbsttestmechanismen verfügt und die Atemalkoholkonzentration mit zwei verschiedenen voneinander unabhängigen Messsystemen und Messmethoden misst, die sich gegenseitig überwachen (vgl. Gutachten des Bundesgesundheitsamtes „Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse“, Ziff. 3.5. Messsicherheit, S. 13; Knopf u.a., NZV 2000, 195; Krumm, NJW 2012, 1860; Burhoff, a.a.O., Rn 3644 ff.; Lagois, a.a.O.; Schmidt u.a., a.a.O.), durfte das Amtsgericht davon ausgehen, dass gegebenenfalls notwendige Neustarts des Messgeräts weder einen Gerätedefekt noch einen Messfehler nahelegten (vgl. auch AG Reutlingen, Urt. v. 20.06.2018- 5 OWi 28 Js 9556/18 -, juris Rn 13).“

Rest dann bitte selbst lesen oder <<Werbemodus an>> entweder bei Burhoff/Grün, Messungen im Straßemverkehr, 6. Aufl. 2021, oder bei Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 7. Aufl., 2024, nachlesen. Bestellen kann man die hier. Wenn das OLG uns zitiert, darf ich das auch 🙂 <<Werbemodus aus“.

Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Jägers, oder: Trunkenheitsfahrt mit Langwaffentransport

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Und dann habe ich hier noch das VG Münster, Urt. v. 01.04.2025 – 1 K 2765/22 – zur Frage der Wiedererteilung eines Jagdscheins nach einer Trunkenheitsfahrt mit schwerem Unfall.

Ein Jäger kam auf dem Rückweg von einer Jagdveranstaltung mit seinem Pkw, in dem er auch seine Langwaffe transportierte von der Fahrbahn abgekommen. Er fuhr zwei Verkehrsschilder um und dann in eine Hauswand. Es entstand ein Fremdschaden in Höhe von etwa 50.000,- EUR. Ein Atemalkoholtest nach dem Unfall ergab einen Wert von 1,69 Promille, zwei Blutentnahmen Werte von 1,48 und 1,39 Promille. Nach dem Unfall hatte der Kläger seine in einem Futteral befindliche Langwaffe aus dem Fahrzeug genommen sie in ein nahes Wartehäuschen gestellt, wo sie von der Polizei sichergestellt wurde.

Mit Strafbefehl hat das Amtsgericht  gegen den Kläger wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) eine Geldstrafe in Höhe von 55 Tagessätzen zu je 50 EUR festgesetzut, ihm die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist von acht Monaten bestimmt

Außerdem wurd die Waffenbesitzkarte des Klägers widerrufen und der Jäger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung zur Abgabe der Schusswaffen sowie zur Rückgabe der Waffenbesitzkarte aufgefordert .

Am 02.052022 beantragte der Kläger, nachdem die Gültigkeitsdauer seines Jagdscheins abgelaufen war, bei dem Beklagten die erneute Ausstellung eines Dreijahresjagdscheins. Damit hatte er bei der Behörde jedoch keinen Erfolg. Gegen die Ablehnung hat der Kläger beim VG geklagt, das seine Klage aber abgewiesen hat:

„1. Der Erteilung eines Jagdscheins stehen die Vorschriften des § 17 Abs. 1 Satz 4 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) WaffG entgegen.

Fehlen die Zuverlässigkeit oder die persönliche Eignung i. S. d. §§ 5 und 6 WaffG, darf gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (Falknerjagdschein) erteilt werden. Ein Ermessen ist der Behörde insoweit nicht eingeräumt. Das bedeutet umgekehrt, dass bei fehlender Zuverlässigkeit oder mangelnder persönlicher Eignung nach dem Waffengesetz jeder andere Jagdschein zu versagen ist.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2014 – 16 A 2367/11 -, juris, Rn. 31.

Danach kann dem Kläger ein anderer Jagdschein als ein Falknerjagdschein derzeit nicht erteilt werden, da der Kläger nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) WaffG waffenrechtlich unzuverlässig ist. Nach dieser Vorschrift besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.

Die zur Feststellung der (absoluten) Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erforderliche Prognose ist anhand einer umfassenden Einbeziehung und Bewertung aller Tatsachen vorzunehmen, die für die zu treffende zukunftsbezogene Beurteilung bedeutsam sein können. Sie hat sich am Zweck des Gesetzes zu orientieren. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2015 – 6 C 1.14 – juris, Rn. 17, m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 5. Juli 2018 – 20 B 1624/17 -, juris, Rn.11, m.w.N.

Der Mangel der Zuverlässigkeit setzt nicht den Nachweis voraus, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Waffen und Munition nicht sorgsam (verantwortungsbewusst) umgehen wird. Vielmehr genügt, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen besteht.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2015 ? 6 C 1.14 ?, juris, Rn. 17; OVG NRW, Beschluss vom 5. Juli 2018 – 20 B 1624/17 -, juris, Rn. 13 f., m.w.N.

Wird im Rahmen der anzustellenden Prognose von einem gezeigten Verhalten als Tatsache auf das in Zukunft zu erwartende Verhalten des Betroffenen geschlossen, muss im Bereich des Waffenrechts kein Restrisiko hingenommen werden.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Juli 2018 – 20 B 1624/17 -, juris, Rn. 15 f., m.w.N.
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Unter Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes ist die Prognose der Unzuverlässigkeit nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass der Betroffene künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen werde.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2015 – 6 C 1.14 ?, juris, Rn. 17

Ausgehend davon besitzt der Kläger die Zuverlässigkeit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) WaffG nicht:

Dabei kann offenbleiben, ob die von dem Kläger bei der Trunkenheitsfahrt am 19. November 2020 mitgeführte Waffe geladen gewesen ist und ob der Kläger die Waffe nach dem Unfall hinreichend beaufsichtigt hat.

Denn hinreichende Anhaltspunkte für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang des Klägers mit Waffen ergeben sich bereits aus dem Umstand, dass der Kläger seine Jagdwaffe bei einer Autofahrt mitgeführt hat, obwohl er eine Atemalkoholkonzentration von 1,69 Promille bzw. eine Blutalkoholkonzentration von 1,48 Promille aufwies und sich damit in einem Zustand befand, in dem alkoholbedingte Ausfallerscheinungen auftreten können und vorliegend – in Form der zu dem Verkehrsunfall mit erheblichem Sachschaden führenden Unaufmerksamkeit – auch aufgetreten sind.

Bereits bei einem Blutalkoholkonzentrationswert von über 0,5 Promille ist – wissenschaftlich abgesichert – typischerweise mit einer Verhaltensbeeinflussung im Sinne von Enthemmung, erhöhter Risikobereitschaft und nachlassender Reaktionsfähigkeit zu rechnen. Erst recht ist dies im Fall einer Blutalkoholkonzentration anzunehmen, die den Grenzwert absoluter Fahruntüchtigkeit von Kraftfahrern im Sinne des Straßenverkehrsrechts von 1,1 Promille erreicht oder übersteigt.
Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 11. September 2020 – 20 B 199/20 -, n.v., Beschlussabdruck, S. 6 f., m.w.N.

Mit einer Schusswaffe geht nicht vorsichtig und sachgemäß um, wer diese in einem Zustand gebraucht, in dem alkoholbedingte Ausfallerscheinungen auftreten können. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang alkoholbedingte Ausfallerscheinungen tatsächlich eingetreten sind, ist unerheblich. Der Gebrauch von Schusswaffen ist bereits dann unvorsichtig und unsachgemäß, wenn der Betroffene hierbei das Risiko solcher Ausfallerscheinungen eingeht.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2014 – 6 C 30.13 -, juris, Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2013 – 20 A 2430/11 -, juris, Rn. 46.

Dies gilt auch für das – waffenrechtlich als Führen der Schusswaffe im Sinne von § 1 Abs. 3 WaffG i. V. m. Abschnitt 2 Nr. 4 Anlage 1 des Waffengesetzes zu qualifizierende und von dem Kläger vorliegend praktizierte – Mitführen einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe bei einer Autofahrt in einem Zustand, in dem alkoholbedingte Ausfallerscheinungen auftreten können.
Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 11. September 2020 – 20 B 199/20 -, n.v., Beschlussabdruck, S. 5 ff.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 20. Februar 2024 – 24 CS 23.2264, 24 CS 23.2265 -, juris, Rn. 17 ff.; Nds. OVG, Beschluss vom 22. März 2016 ? 11 ME 35/16 -, juris, Rn. 12; VG Potsdam, Beschluss vom 9. Dezember 2021 – 3 L 809/21 -, juris, Rn. 12, m.w.N; VG Gera, Beschluss vom 28. April 2014 – 2 E 284/14 Ger -, juris, Rn. 22 f.

Hierfür sprechen folgende Erwägungen: Das Mitführen einer Schusswaffe bei einer Autofahrt unter Alkoholeinfluss ist mit Rücksicht auf das besondere Gefahrenpotential und die alkoholbedingten Ausfallerscheinungen für andere riskant. So besteht zum einen die Gefahr, dass der Waffenbesitzer in einer Konfliktsituation, die im Straßenverkehr angesichts der Begegnung mit anderen Verkehrsteilnehmern ohne weiteres auftreten kann, aufgrund alkoholbedingter Ausfallerscheinungen inadäquat reagieren und zur Konfliktlösung auf die von ihm mitgeführte Schusswaffe zurückgreifen könnte. Zum anderen besteht beim Transport einer Schusswaffe im Straßenverkehr bei alkoholbedingten Ausfallerscheinungen des Waffenbesitzers die reale Möglichkeit des Abhandenkommens der Schusswaffe. Dabei kann offenbleiben, ob ein solches bereits bei verkehrsbedingtem Halten des Fahrzeugs zu besorgen sein kann. Jedenfalls bringt die Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss erfahrungsgemäß wegen der alkoholbedingten Ausfallerscheinungen die Gefahr der Verursachung eines Straßenverkehrsunfalls mit sich (die sich vorliegend auch realisiert hat) und zumindest dies birgt das Risiko, dass der Betroffene infolge etwaiger Unfallauswirkungen und/oder aufgrund seiner alkoholbedingten Ausfallerscheinungen nicht in der Lage sein könnte, den Zugriff unbefugter Dritter wie z. B. anderer Unfallbeteiligter oder Passanten auf die von ihm in seinem Fahrzeug mitgeführte Waffe auszuschließen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. September 2020 – 20 B 199/20 -, n.v., Beschlussabdruck, S. 6.

Nach alledem bestehen vor dem Hintergrund der vorstehend dargelegten Maßstäbe im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme der Unzuverlässigkeit des Klägers. Angesichts der Schwere des Verstoßes und der Hochrangigkeit der gefährdeten Rechtsgüter ergibt sich weder aus dem zwischenzeitlichen Zeitablauf von knapp viereinhalb Jahren noch aus dem Ergebnis der medizinisch-psychologischen Untersuchung aus dem Jahr 2022 etwas anderes. Inwieweit die fraglichen Umstände, sollte dem Kläger im Weiteren nichts vorzuwerfen sein, auch künftig für diesen die Neuerteilung eines Jagdscheins ausschließen, obwohl sie zunehmend zeitlich noch weiter zurückliegen werden, muss hier nicht entschieden werden.“