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Mehr als vier Stunden an E-Auto-Ladesäule „geladen“, oder: Blockiergebühr ist rechtmäßig

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Und dann die zivilrechtliche Entscheidung. Es handelt es sich um das AG Karlsruhe, Urt. v. 04.01.2024 – 6 C 184/23. Das AG hat über einen vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung einer sog. „Blockiergebühr“ entschieden.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Energieversorgungsunternehmen, das u.a. auch Zugang zu Ladepunkten für elektrisch betriebene Kraftfahrzeuge („Ladesäulen“) bietet. Der Kläger schloss am 16.11.2021 über die EnBW m.+-App mit der Beklagten einen Ladevertrag (A. e-Charge Tarif) ab. Gegenstand dieses Vertrages ist u.a. dass ab einer Standzeit von 240 Minuten am jeweiligen Ladeort Blockiergebuhren von 10 ct./min zu bezahlen sind, maximal jedoch 12,00 €.

Der Kläger lud sein Elektrofahrzeug am 02., 13. und 30.03.2022 an seitens der Beklagten zur Verfügung gestellten Ladesäulen auf. Die Ladezeit lag jeweils über vier Stunden. Die Beklagte zog für diese drei Ladevorgänge insgesamt Blockiergebühren in Höhe von 19,10 € ein.

Diesen Betrag verlangt der Kläger nun zurück. Die Klage hatte keinen Erfolg:

„2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der Blockiergebühr in Höhe von 19,10 € gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 BGB.

Denn die Einziehung der Blockiergebühr erfolgte nicht ohne Rechtsgrund.

Der Rechtsgrund für die Einziehung der Blockiergebühr ist der zwischen den Parteien am 16.11.2021 über die EnBW m.+-App geschlossene Ladevertrag (A. e-Charge Tarif). Im Rahmen des Vertragsabschlusses wurde der Kläger auf die Blockiergebühr und deren Konditionen hingewiesen. Durch Betätigen des Buttons „Tarif aktivieren“ hat der Kläger diese Blockiergebühr unstreitig akzeptiert. Rechtlich handelt es sich dabei um eine Regelung über eine Vertragsstrafe (vgl. für eine Klausel im Zusammenhang mit der verspäteten Rücksendung von zur Verfügung gestelltem Bildmaterial OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 1177 (1179)).

Die Vertragsbedingungen in dem A. e-Charge Tarif der Beklagten wurden wirksam in den Vertrag einbezogen.

a) Die Vertragsbedingungen des A. e-Charge Tarifs stellen Allgemeine Geschäftsbedingungen (im Folgenden AGB) dar.

aa) Die Beklage ist Verwenderin dieser Klauseln, da sie diese Bedingungen der anderen Vertragspartei bei Abschluss von Verträgen stellt, § 305 Abs. 1 S. 1 BGB.

bb) Die Bedingungen des A. e-Charge Tarifs wurden wirksam nach § 305 BGB in den Vertrag zwischen den Parteien einbezogen. Insbesondere stellt die Regelung einer Blockiergebühr keine überraschende Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB dar. Sie ist in den Verträgen vieler Ladesäulenanbieter aufzufinden und somit marktüblich. Der Kläger wurde im Rahmen der App-Vertragsabschlussstrecke auch über die Einzelheiten zu dem Tarif informiert, insbesondere darüber, dass ab einer Standzeit von 240 min. am jeweiligen Ladeort Blockiergebühren von 10 ct./min zu bezahlen sind, maximal jedoch 12,00 €. Zudem wird nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten auf die Blockiergebühr auch beim Starten eines Ladevorgangs via App sowie an EnBW-eigenen Ladestationen ergänzend hingewiesen.

cc) Die Blockiergebühr hält auch einer Inhaltskontrolle der AGB gem. §§ 307 ff. BGB stand.

(1) Aus § 309 Nr. 6 BGB kann gegen die getroffene Vertragsstrafenbestimmung nichts hergeleitet werden. Diese Vorschrift ist hier nicht einschlägig.

(2) Die Klausel beinhaltet auch keine unangemessene Benachteiligung des Klägers im Sinne des § 307 BGB.

Nach § 307 Abs. 1 BGB ist eine Bestimmung in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

Nach dem Wortlaut des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist für die Inhaltskontrolle von AGB allein auf die schutzwürdigen Interessen der Vertragsparteien abzustellen. Danach ist für die unmittelbare Berücksichtigung von Drittinteressen, z.B. der Gläubiger des Kunden oder auch von Interessen der Allgemeinheit, grundsätzlich kein Raum (BGH, Urteil vom 07.10.1981 – VIII ZR 214/80; MüKoBGB/Wurmnest, 9. Aufl. 2022, BGB § 307 Rn. 54).

Jedoch wird in der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zum AGB-Gesetz (BT-Drs. 7/3919) deutlich, dass auch Drittinteressen berücksichtigt werden können. Eine nach Treu und Glauben zu berücksichtigende Eigenart des Vertrags kann beispielsweise darin liegen, dass der Klauselverwender neben dem eigenen geschäftlichen Interesse in besonderem Maße auf gemeinschaftliche Interessen dritter Vertragspartner Bedacht zu nehmen hat. Dies ist z.B. bei einem kollektiv ausgerichteten Geschäftssystem (Versicherung, B.kasse), aber auch bei Verträgen über Versorgungsleistungen (Gas, Elektrizität) der Fall. In solchen Fällen müssen nach Treu und Glauben auch die schutzwürdigen Gesamtinteressen der Kunden des AGB-Verwenders Berücksichtigung finden (BT-Drs. 7/3919, S. 23).

Vorliegend ergibt sich bereits bei Berücksichtigung allein der Interessen der Vertragsparteien (dazu (a)) und erst recht unter weiterer Einbeziehung der Bedürfnisse Dritter (dazu unter (b)), dass die in Rede stehende Klausel die Verwendungsgegner nicht unangemessen benachteiligt.

(a) Mit der Blockierungsgebühr verfolgt die Beklagte die Intention, eine zeitnahe Freigabe der Ladesäule nach Durchführung des Ladevorgangs zu erreichen. Rechtfertigung dafür ist das grundsätzlich berechtigte Interesse der Beklagten, die Ladesäule zeitnah weiteren Kunden zur Nutzung zur Verfügung stellen zu können (vgl. für eine Klausel im Zusammenhang mit der verspäteten Rücksendung von zur Verfügung gestelltem Bildmaterial LG Hamburg, BeckRS 2004, 577 Rn. 5; OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 1179 m.w. Nachw.). Dabei erscheint die Höhe der Blockiergebühr einerseits geeignet, den gewünschten Effekt zu erzeugen. Sie belastet den Verwendungsgegner andererseits aber durch die Begrenzung auf maximal 12,00 € auch nicht unangemessen. Die Blockiergebühr erhöht zudem auch die Chancen des Klägers, einen freien Ladepunkt zu finden, weshalb schon unter Berücksichtigung der beiderseitigen Vertragsinteressen die Klausel den Kläger nicht unangemessen benachteiligt.

(b) Daneben ist im Rahmen des § 307 BGB auch das Interesse aller Vertragspartner der Beklagten an einer ausreichenden Verfügbarkeit von Ladepunkten zu berücksichtigen, welches durch die Blockiergebühr geschützt wird.

Jeder Vertragspartner der Beklagten hat das Recht, sein Elektrofahrzeug an einer Ladesäule zu laden. Dies kann jedoch aufgrund der noch nicht flächendeckend ausreichenden Ladeinfrastruktur nicht immer gewährleistet werden. Werden Fahrzeuge, deren Ladevorgang abgeschlossen ist oder zumindest bei Wahl des entsprechenden Ladetarifes abgeschlossen sein könnte, an der Ladestation belassen, verschärft dies das Problem der nicht ausreichenden Ladeinfrastruktur weiter. Jeder Nutzer eines Elektroautos, der am Ort des Entstehens des Ladebedarfs nicht über eine private Lademöglichkeit verfügt, ist darauf angewiesen, dass die Nutzer anderer Elektrofahrzeuge nach Abschluss des Ladevorgangs die Ladesäule für den Ladevorgang wieder zur Verfügung stellen. Nur bei hinreichender Attraktivität der Nutzung von Elektroautos, wozu die Gewährleistung einer nutzbaren Ladeinfrastruktur gehört, kann die Elektromobilität ihre Aufgabe im Rahmen der Energiewende, die zur Eindämmung des Klimawandels notwendig ist, erfüllen.

Darüber hinaus ist eine Blockiergebühr erst nach vier Stunden Anschlusszeit zu entrichten, obwohl die wenigsten Ladevorgänge nach einer Untersuchung der Beklagten – welche der Kläger nicht bestritten hat – länger als drei Stunden andauern. Dem Kläger wird durch die Blockiergebühr daher nicht die Möglichkeit genommen, sein Fahrzeug vollständig zu laden. Die Blockiergebühr führt nur dazu, dass die Vertragspartner der Beklagten entweder nach maximal vier Stunden zu ihrem Fahrzeug zurückkehren müssen, um den Ladevorgang zu beenden und – sofern zur Freigabe der Nutzung der Ladesäule durch andere Elektrofahrzeuge nötig – ihr Fahrzeug umzuparken oder aber die Entrichtung der Blockiergebühr in Kauf nehmen müssen. Auch dies stellt jedoch keine unangemessene Benachteiligung dar, vielmehr ist der deutschen Straßenverkehrs- ordnung ein solcher Umstand nicht fremd. Denn eine Vielzahl von Parkplätzen ist durch Parkscheibenregelungen oder die Verpflichtung, einen Parkschein zu erwerben, in ihrer Nutzung zeitlich begrenzt.

(c) Auch der Einwand des Klägers, dass die Blockiergebühr von ihm nicht zu entrichten sei, da auch Benzinfahrzeuge auf diesen Parkplätzen rechtmäßig (und kostenfrei) abgestellt werden können, ohne dass deren Halter eine Blockiergebühr zahlen müssen, führt nicht zu einem Entfallen der klägerischen Zahlungspflicht.

Hierbei bedarf es keiner Entscheidung, ob in der A.-D.-Straße 10 und An der S. 11 kein Parkplatzschild (Zeichen 314) mit einem Stromstecker-Zusatzzeichen, welches die Park- erlaubnis zugunsten elektrisch betriebener Fahrzeuge beschränken würde, aufgestellt ist und somit auch Verbrennerfahrzeuge dort kostenfrei parken dürfen.

Denn selbst wenn es sich so verhält, hat dies keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Erhebung der Blockiergebühr gegenüber dem Kläger. Die allgemeine Parkplatzsituation vor Ort ist hierfür unerheblich. Denn die Beklagte ist nicht für die Bewirtschaftung des Parkraums verantwortlich. Dies obliegt den jeweiligen Kommunen und ihren Ordnungsämtern. Maßgeblich für die geltend gemachten Blockiergebühren ist allein der Umstand, dass der Kläger die Ladesäule und damit zugleich die Ladeinfrastruktur der Beklagten blockiert hat, indem er an dem jeweiligen Ladepunkt länger als vier Stunden angeschlossen war. Sein Fahrzeug war unstreitig in der gesamten Zeit mittels Ladekabel mit der Ladesäule verbunden. Ausschließlich aus diesem Grund wurden die vertraglich vereinbarten Blockiergebühren berechnet. Es ist bleibt damit dem Kläger unbenommen, nach einer Ladezeit von vier Stunden bei seinem Fahrzeug zu erscheinen, den Ladevorgang zu beenden und sodann den Parkplatz weiterhin ohne Inanspruchnahme von Leistungen der Beklagten zu nutzen, wie dies auch jedes andere Fahrzeug, insbesondere auch ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor tun kann. Dies läuft zwar sodann dem Zweck der umfassenden Gewährleistung einer Ladeinfrastruktur zuwider, ist aber der Entscheidung der zuständigen Kommune geschuldet, keine anderweitigen Parkplatzanordnungen getroffen zu haben.

(d) Auch der Einwand des Klägers, dass andere Ladeanbieter Stationen an Parkplätzen anbieten, auf denen die Fahrzeuge vier Stunden aufgeladen werden können und danach keine Stand- bzw. Blockiergebühr mehr anfällt, führt zu keinem anderen Ergebnis.

Aufgrund der Privatautonomie stand es der Beklagten frei, (im Rahmen der Zulässigkeit von AGB) eine Blockiergebühr in ihren Tarifen zu regeln. Ebenso stand es dem Kläger frei, den Vertragsschluss mit der Beklagten zu unterlassen und einen Ladevertrag mit einem anderen Anbieter abzuschließen.

(e) Verbleibende Unannehmlichkeiten, die beim nächtlichen Parken und Laden des Elektroautos an einer Ladesäule entstehen, werden bei der Beklagten durch ihren sog. Kostenairbag hinreichend berücksichtigt. Danach kann die Blockiergebühr pro Ladevorgang maximal 12,00 € betragen, da sie nur für die 5. und 6. Stunde des Ladevorgangs berechnet wird.“

 

„Verbrenner-Fahrzeug“ auf einem „E-Auto-Ladeplatz“, oder: Abschleppen erlaubt

Und dann zum Wochenschluß noch ein wenig Verkehrsverwaltungsrecht mit zwei verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen.

Hier zunächst das VG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2023 – 14 K 7479/22. Die Entscheidung, die im Übrigen zu „OWi“ gepasst hätte, befasst sich mit der Zulässigkeit des Abschleppens eines „Verbrenner-Fahrzeugs“ von einem „E-Auto-Ladeplatz“.

Folgender Sachverhalt liegt zugrunde: Der Kläger wendet sich gegen einen Leistungs- und Gebührenbescheid nach einer Abschleppmaßnahme in Form einer Versetzung. Das Kraftrad des Klägers hatte im August 2022 auf einem Ladeplatz für elektrisch betriebene Fahrzeuge geparkt. Der Platz war mit einer Ladesäule ausgestattet sowie mit dem Zeichen 314 (Parken) und mit den Zusatzzeichen „auf dem Seitenstreifen“, „Symbol für elektrisch betriebene Fahrzeuge“ und „Parkscheibe 4 Stunden“ versehen. Eine Außendienstkraft der Beklagten beauftragte ein Abschleppfahrzeug. Der Fahrer des Abschleppfahrzeuges versetzte das Kraftrad auf den angrenzenden Bürgersteig. Die Beklagte hate mit einem Leistungs- und Gebührenbescheid den Kläger zu einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 84,00 EUR und den Kosten des Abschleppunternehmers in Höhe von 75,01 EUR, insgesamt 159,01 EUR in Anspruch genommen. Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg:

„Die Abschleppmaßnahme war hier rechtmäßig. Ob die hier in Rede stehende Abschleppmaßnahme als Sicherstellung gemäß § 24 Nr. 13 OBG NRW, § 46 Abs. 3, § 43 Nr. 1 PolG NRW oder als Ersatzvornahme einer Beseitigungsmaßnahme gemäß § 14 OBG NRW, § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 59 VwVG NRW auf Grundlage der ordnungsrechtlichen Generalklausel anzusehen ist, kann dahinstehen,
vgl. OVG Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 28. November 2000 – 5 A 2625/00 -, Rn. 13, juris,

denn sie ist nach beiden Alternativen rechtmäßig.

Die in § 14 OBG NRW als Voraussetzung des ordnungsbehördlichen Einschreitens verlangte gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestand vorliegend. Als Gefahr im polizei- und ordnungsrechtlichen Sinne ist insbesondere der Verstoß gegen Rechtsnormen anzusehen. Der Kläger verstieß durch das Abstellen seines Kraftrades auf dem Ladeplatz, der durch das Aufstellen einer entsprechenden Beschilderung Elektrofahrzeugen während des Ladevorgangs vorbehalten ist, gegen § 12 Abs. 3 Nr. 2 StVO.

Hier war durch das Richtzeichen 314 (Parken) der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) nebst Zusatzzeichen Nr. 1008-66 (Elektrofahrzeug) und Zusatzzeichen Nr. 1040-32 (Parkscheibe mit Höchstparkdauer 4 Stunden) des Katalogs der Verkehrszeichen der StVO (VzKat StVO) der Parkplatz ausschließlich PKWs vorbehalten. Durch das einschränkende Zusatzzeichen wird das Richtzeichen 314 zum Verbotszeichen für die nicht berechtigten Fahrzeuge, vgl.: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl., 2023, § 12 StVO, Rdnr. 57. Da der Parkplatz nach der Beschilderung lediglich Elektrofahrzeugen während der Dauer des Ladevorgangs für eine Zeit von höchstens 4 Stunden vorbehalten ist, wird ein Fahrzeug mit Verbrennermotor, das die Ladesäule nicht in Anspruch nimmt, so angesehen, dass es in einem absoluten Halteverbot stand.

Die Beklagte hat auch das ihr durch § 14 OBG eingeräumte Ermessen für die Entscheidung, ob die Gefahr durch Sicherstellung der Sache beseitigt werden soll, ordnungsgemäß ausgeübt.

Das Einschreiten des Außendienstmitarbeiters durch Beauftragung eines Abschleppwagens zur Versetzung des Kraftrades des Klägers war auch verhältnismäßig. Die Versetzung war geeignet und erforderlich, um den Verstoß gegen die Parkregelung zu beseitigen. Sie war unter Inanspruchnahme eines Abschleppunternehmens auch angemessen. Eine den Kläger weniger beeinträchtigende Maßnahme als die vorgenommene Versetzung kam nicht Betracht. Dabei wäre aus Sicht des Gerichts auch ein Verbringen auf das Betriebsgelände des Abschleppunternehmens rechtmäßig gewesen. Die interne Verwaltungspraxis der Beklagten, die ordnungswidrig geparkten Krafträder nicht durch die Außendienstmitarbeiter bewegen zu lassen, begegnet vor dem Hintergrund der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme keinen Bedenken, da es nicht darauf ankommen kann, ob der konkrete Außendienstmitarbeiter körperlich in der Lage ist, das in Rede stehende Fahrzeug zu bewegen oder nicht.

Die durch die Maßnahme für den Kläger entstehenden Unannehmlichkeiten und Kosten stehen zu dem bezweckten Ziel, den durch die Beschilderung ausschließlich für Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs freizuhaltenden Parkraum nicht längerfristig durch einen Unberechtigten blockieren zu lassen, nicht außer Verhältnis.

Nach der Rechtsprechung des zuständigen Senats des Oberverwaltungsgerichts Münster ist das Abschleppen eines verbotswidrig abgestellten Fahrzeugs auch dann nicht unverhältnismäßig, wenn es allein der Beseitigung eines Rechtsverstoßes von nicht unerheblicher Dauer dient, ohne dass eine konkrete Verkehrsbehinderung vorgelegen haben muss,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 1990 – 5 A 1687/89 -, NJW 1990, 2835 m.w.N..

Es kann aber letztlich dahingestellt bleiben, ob eine Abschleppmaßnahme auch dann angemessen ist, wenn der Zweck des Abschleppens allein in der Beseitigung des im verbotswidrigen Parken liegenden Rechtsverstoßes liegt, oder ob dies stets nur dann der Fall ist, wenn eine weitere Beeinträchtigung (etwa Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer, negative Vorbildwirkung gegenüber weiteren Kraftfahrern, Funktionsbeeinträchtigung der Verkehrsfläche) hinzukommt.

So etwa OVG NRW, Urteil vom 29. September 1989 – 5 A 878/89 -; Urteil vom 15. Mai 1990 – 5 A 1687/89 -, NJW 1990, 2835 ff.; BVerwG, Urteil vom 14. Mai1992 – 3 C 3/90 -, NJW 1993, 870; Beschluss vom 18. Februar.2002 – 3 B 149/01 -, DVBl. 2002, 1560, 1561.

Denn das Abschleppen eines verkehrswidrig geparkten Fahrzeuges steht jedenfalls dann mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang, wenn mit dem verkehrswidrigen Parken eine Funktionsbeeinträchtigung der Verkehrsfläche verbunden ist.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2002 – 3 B 149.01 -, Rn. 4, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – 5 A 2802/11 -, Rn. 3 ff., juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 22. September 2022 – 14 K 8443/19; VG Düsseldorf, Urteil vom 20. Dezember 2013 – 14 K 6792/13 – juris.

Auf das Vorliegen einer konkreten Verkehrsbehinderung kommt es dabei nicht an.
Vgl. VG Aachen, Urteil vom 23. Februar 2007 – 6 K 78/07 -, Rn. 21, juris.

Von einer derartigen Funktionsbeeinträchtigung ist beim Abstellen eines Fahrzeuges mit Verbrennermotor im Bereich einer Ladestation für Elektrofahrzeuge regelmäßig auszugehen, sodass es keiner Überprüfung bedarf, ob der Kläger durch das verbotswidrige Abstellen konkret ein bevorrechtigtes Elektrofahrzeug am Parken und Laden gehindert hat. Die parkbevorrechtigten Benutzerkreise sollen nach der gesetzgeberischen Wertung darauf vertrauen dürfen, dass der gekennzeichnete Parkraum ihnen unbedingt zur Verfügung steht. Den Verkehrsordnungsbehörden kann nicht die Pflicht auferlegt werden, den Bedarf an freizuhaltenden Parkplätzen fortlaufend zu überprüfen und hiervon ein Einschreiten abhängig zu machen. Die Funktionen der Parkplätze an Ladesäulen für Elektrofahrzeuge wird nur dann gewährleistet, wenn sie jederzeit von nicht parkberechtigten Fahrzeugen freigehalten werden,
vgl. VG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 25. Mai 2018 – 2 K 7476/17 – juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23. Januar 2020 – 17 K 4015/18 – juris.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in Kürze zu seinem Fahrzeug zurückkehren würde und dass ein Abschleppvorgang daher unverhältnismäßig sein könnte, lagen nicht vor.

Gleichermaßen ist das Abschleppen aus spezial- und generalpräventiven Zwecken gerechtfertigt, da von einem an einer Elektrotankstelle abgestellten Fahrzeug mit Verbrennermotor, eine negative Vorbildwirkung für andere Kraftfahrer ausgeht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber durch die Regelungen im Elektromobilitätsgesetz deutlich gemacht hat, dass er der Bevorrechtigung von Elektrofahrzeugen im allgemeinen und unter anderem dem bevorzugten Parken auf öffentlichen Straßen und Wegen im Besonderen eine hohe Bedeutung beimisst. Eine gegenteilige Bewertung steht dem Verkehrsteilnehmer nicht zu,
vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23. Januar 2020 – 17 K 4015/18 – juris.

Nach alledem ist die erfolgte Abschleppmaßnahme rechtlich nicht zu beanstanden.“