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Parken auf E-Auto-Ladeplatz mit defekter Ladesäule, oder: Abschleppen des Verbrenners unverhältnismäßig

Und dann die verwaltungsrechtliche Entscheidung, die folgenden Sachverhalt hat:

Der Kläger wendet sich gegen einen Gebührenbescheid, mit dem die Beklagte ihn für die Kosten der Sicherstellung seines Pkw herangezogen hat. Der Kläger ist Fahrer und Halter eines Pkw mit einem Verbrennungsmotor. Diesen stellte auf einem Parkplatz ab, auf dem unmittelbar rechts daneben, etwa einen Meter entfernt auf dem Gehweg ein Schildermast mit dem Verkehrszeichen 314 (Parken) der lfd. Nr.  7 derAnlage 3 zu § 42 Abs.2 StVO, das mit einem weißen Pfeil nach links in Richtung des Parkplatzes versehen war. Unmittelbar unter dem Verkehrszeichen 314 befand sich ein weißes Zusatzzeichen, auf dem ein Pkw mit einem Elektrostecker entsprechend dem Sinnbild nach § 39 Abs.10 StVO abgebildet war, das zum Inhalt die Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge hat. Unmittelbar darunter befand sich ein zweites weißes Zusatzzeichen, auf dem der Schriftzug „während des Ladenvorgangs“ (Zeichen 1050-32) zu sehen war. Wiederum darunter befand sich ein Zusatzzeichen entsprechend Bild 318 (Parkscheibe) der lfd. Nr. 11 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO mit der Angabe „1 Std“ (im Folgenden: Zusatzzeichen „Parkscheibe“). Gegenüber dem Schildermast zur linken Seite des Parkplatzes befand sich eine Ladesäule für Elektrofahrzeuge auf dem Gehweg.

Um 9.57 Uhr nahm ein Bediensteter der Stadt Hamburg das Fahrzeug des Klägers wahr und veranlasste um 10:43 Uhr das Abschleppen des Fahrzeugs. Der Abschleppvorgang wurde um 11:01 Uhr durch ein privates Abschleppunternehmen durchgeführt. Das Fahrzeug wurde zu einem Verwahrplatz verbracht. Der Kläger holte sein Fahrzeug am selben Tag um 13.39 Uhr gegen Bezahlung der Abschleppgebühren bei der Verwahrstelle ab.

Mit „Gebührenbescheid zur Sicherstellung eines verkehrsbehindernd abgestellten Fahrzeugs“ setzte die Beklagte gegen den Kläger Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt von insgesamt 472,10 EUR. Gegen den Bescheid hat der Kläger Klage erhoben und verlangt Aufhebung des Bescheides und Rückzahlung der 472,10 EUR. Mit Erfolg. Das VG Hamburg hat mit dem VG Hamburg, Urt. v. 18.03.2025 – 21 K 3886/24 – der Klage stattgegeben. Das VG führt dazu u.a. aus:

„bb) Der Gebührenbescheid der Beklagten und der Widerspruchbescheid sind materiell rechtswidrig. Voraussetzung für eine rechtmäßige Gebührenerhebung ist, dass die zugrundeliegende Amtshandlung ihrerseits rechtmäßig ist und dass die gebührenrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Klägers erfüllt sind. Vorliegend fehlt es bereits an der Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Amtshandlung, nämlich der Sicherstellung. Die Voraussetzungen des hier allein anwendbaren § 14 Abs. 1 Satz 2 HmbSOG lagen im maßgeblichen Zeitpunkt nicht vor. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 des HmbSOG wird ein verbotswidrig abgestelltes oder liegengebliebenes Fahrzeug in der Regel sichergestellt, wenn es die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt oder eine Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Verkehrsteilnehmer nicht auszuschließen ist und der vom Fahrzeug ausgehenden Gefahr nicht mit einer Umsetzung auf einen in unmittelbarer Nähe gelegenen freien und geeigneten Platz im öffentlichen Verkehrsraum begegnet werden kann. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist dabei der Zeitpunkt der Abschleppanordnung, die der vor Ort den ruhenden Verkehr kontrollierende Polizeibedienstete trifft (OVG Hamburg, Urt. v. 4.8.2021, 3 Bf 1/20, n. v., S. 13 BA; Urt. v. 16.11.2011, 5 Bf 292/10, juris Rn. 22; Beschl. v. 8.5.2009, 3 Bf 96/09.Z, n. v., S. 3 BA; VG Hamburg, Urt. v. 12.4.2011, 21 K 1902/09, juris Rn. 20).

Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Das Fahrzeug war zwar verbotswidrig geparkt (dazu (1)), jedoch begegnet die gewählte Rechtsfolge rechtlichen Bedenken (dazu (2)).

(1) Das Parkverbot folgt vorliegend aus §§ 39 Abs. 2, Abs. 3, 42 Abs. 2 StVO i. V. m. Anlage 3, Zeichen 314 („Parken“) sowie den Zusatzzeichen 1010-66 („Elektrisch betriebene Fahrzeuge“) und 1053-54 („während des Ladevorgangs“), wodurch das Parken zugunsten elektrisch betriebener Fahrzeuge beschränkt wurde. Aus dieser Beschränkung folgt spiegelbildlich das Parkverbot für nicht elektrisch betriebene Fahrzeuge und für elektrisch betriebene Fahrzeuge, die keinen Ladevorgang durchführen (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 25.5.23, 20 K 3081/21, S. 7 UA, n.v.).

Das Parkverbot ist als Allgemeinverfügung nach § 35 Satz 2 HmbVwVfG durch Aufstellung (vgl. § 45 Abs. 4 StVO) zudem auch dem Kläger gegenüber wirksam nach § 43 Abs. 1 HmbVwVfG bekanntgegeben worden. Insbesondere sind die Anforderungen des Sichtbarkeitsgrundsatzes erfüllt. Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr äußern ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht, wenn sie so aufgestellt oder angebracht sind, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt und ungestörten Sichtverhältnissen während der Fahrt oder durch einfache Umschau beim Aussteigen ohne Weiteres erkennen kann, dass ein Ge- oder Verbot durch ein Verkehrszeichen verlautbart wurde (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.4.2016, 3 C 10/15, juris Rn. 21). Auch liegen die Anforderungen für die Aufstellung von Verkehrszeichen zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge nach § 45 Abs. 1g StVO und § 3 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 des Elektromobilitätsgesetzes vom 5. Juni 2015 (BGBl. I S. 898, EmoG) – hiernach ist insbesondere eine Bevorrechtigung für das Parken auf öffentlichen Straßen oder Wegen möglich – vor.

Das Parkverbot bezieht sich in seinem räumlichen Geltungsbereich auch auf den von dem Kläger gewählten Parkplatz. Dies ergibt sich aus der Aufstellung des Schildes ungefähr auf Höhe der Grenze zweier Parkplätze zueinander sowie dem auch nach links weisenden Pfeil, der jedenfalls den unmittelbar links angrenzenden Parkplatz, auf dem sich das Fahrzeug des Klägers befunden hat, miterfasst. Dass die Ladesäule unstreitig nicht funktionsfähig war, steht dem nicht entgegen. Denn das Parkverbot folgt allein aus dem Verkehrszeichen 314 mit Zusatzzeichen nach Anlage 3, Abschnitt 3, laufende Nr. 7, Spalte 3 Nr. 3a) StVO i.V.m. § 42 Abs. 2 StVO. Der Ladesäule kommt hingegen keine Verkehrszeichenqualität zu (vgl. zu Bodenmarkierungen VG Hamburg Urt. v. 22.5.2018, 3 K 5435/17 n.v. S. 7).

(2) Es kann offen bleiben, ob die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 HmbSOG vorliegen. Denn selbst wenn dies zugunsten der Beklagten angenommen wird, war die Sicherstellung dennoch rechtswidrig. Die Beklagte hat von ihrem nach § 14 Abs. 1 Satz 2 SOG eröffneten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht, § 114 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 HmbSOG für die Sicherstellung des Fahrzeugs vor, so ist es „in der Regel“ sicherzustellen. Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen sieht § 14 Abs. 1 Satz 2 HmbSOG der Beklagten auf Rechtsfolgenseite ein intendiertes Ermessen vor. Vorliegend kann dahinstehen, ob ein atypischer Fall vorliegt, der ausnahmsweise eine Ermessenserwägung durch die Beklagte erfordert hätte. Denn jedenfalls war die Sicherstellungsanordnung unter Berücksichtigung der bei einer Sicherstellung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 HmbSOG im Einzelfall stets zu prüfenden Anforderungen des bundesverfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 27.11.2009, 3 Bf 36/06, juris Rn. 29) rechtswidrig.

Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit ist es im Regelfall unerheblich, ob der Kläger durch das verbotswidrige Abstellen konkret ein bevorrechtigtes Elektrofahrzeug am Parken und Laden hinderte. Denn bei der rechtswidrigen Inanspruchnahme von Parkraum, der Bevorrechtigten zur Verfügung stehen soll, darf ein Fahrzeug auch ohne konkrete Behinderung der bevorrechtigten Verkehrsteilnehmer und ohne Einhaltung einer besonderen Wartezeit regelmäßig zwangsweise entfernt werden. Nur so kann dem mit der Einrichtung von bevorrechtigten Parkplätzen verfolgten Anliegen hinreichend effektiv Rechnung getragen werden. Die parkbevorrechtigten Benutzerkreise sollen nach der gesetzgeberischen Wertung darauf vertrauen können, dass der gekennzeichnete Parkraum ihnen unbedingt zur Verfügung steht. Zudem kann den Verkehrsordnungsbehörden nicht die Pflicht auferlegt werden, den Bedarf an freizuhaltenden Plätzen fortlaufend zu überprüfen und hiervon ein Einschreiten abhängig zu machen (zu Taxenständen: BVerwG, Urt. v. 9.4.2014, 3 C 5/13, juris Rn. 11; zu Behindertenparkplätzen: BVerwG, Beschl. v. 11.8.2003, 3 B 74/03, juris Rn. 3; OVG Hamburg, Urt. v. 25.3.2003, 3 Bf 113/02, juris Rn. 32; OVG Münster, Beschl. v. 21.3.2000, 5 A 2339/99, juris Rn. 2 ff.). Diese Grundsätze sind auf die für bevorrechtigte Elektrofahrzeuge vorgesehenen Parkplätze an Ladesäulen zu übertragen. Auch deren Funktion wird nur gewährleistet, wenn sie jederzeit von nicht parkberechtigten Fahrzeugen freigehalten werden (VG Hamburg, Urt. v. 17.4.2019, 21 K 1539/18, n. v., S. 9 BA; Urt. v. 19.3.2019, 11 K 9122/17, n. v., S. 8 BA; GB v. 25.5.2018, 2 K 7467/17, juris Rn. 43).

Im vorliegenden Einzelfall ergibt sich jedoch ausnahmsweise ein von den vorstehenden Maßgaben abweichendes Abwägungsergebnis. Maßgeblich in die Abwägung einzustellen ist, dass die Ladesäule, die Anlass für die entsprechende Beschilderung gab, zum Zeitpunkt der Sicherstellungsanordnung erkennbar funktionsunfähig war. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass – wie auch die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat – die Funktionsfähigkeit einer Ladesäule nicht zwingend auf den ersten Blick erkennbar ist und dass es dem handelnden Polizeibeamten regelmäßig nicht zuzumuten sein dürfte, Nachforschungen betreffend die Funktionsfähigkeit und gegebenenfalls betreffend die Dauer der Funktionsunfähigkeit anzustellen. Dies gilt auch deshalb, weil letzteres im Regelfall nicht absehbar sein und eine Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit in unmittelbarer zeitlicher Nähe nicht ausgeschlossen sein dürfte.

So liegt es hier jedoch nicht. Vorliegend war ausweislich der in der Sachakte enthaltenen Lichtbilder auf der Ladesäule ein deutlich erkennbares, offenbar DIN-A4-großes Schild angebracht, welches die folgende Aufschrift trug: „Wir treiben die Energiewende voran. Hier entsteht in Kürze ein neuer HPC-Standort. Sobald er an unser Stromnetz angeschlossen ist, können Sie hier mit 150 kW laden.“ Dafür, dass diese Lichtbilder, welche der Kläger zur Akte gereicht hat, nicht in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum aufgenommen worden sind, sind Anhaltspunkte weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Zusätzlich zu dem Schild war an der Ladesäule mit Kabelbindern eine Tüte angebracht, die – soweit erkennbar – Zubehörteile enthalten haben wird. Auch dies lässt einen objektiven Beobachter annehmen, dass sich die Ladesäule noch im Aufbau befand. Diese offensichtlichen Hinweise hätten den Polizeibeamten vor Ort dazu veranlassen müssen, sich über die Funktionsfähigkeit der Ladesäule zu vergewissern. Dies hat der handelnde Polizeibeamte ausweislich seiner Stellungnahme vom XXX jedoch nicht getan.

Der offensichtlich nicht bestehenden Funktionsfähigkeit kommt im vorliegenden Fall auch deshalb ein besonderes Gewicht zu, weil die Parkbevorrechtigung ausweislich der Verkehrszeichen gerade für Elektrofahrzeuge während des Ladevorganges und nicht etwa für Elektrofahrzeuge im Allgemeinen angeordnet war. Die Funktionsunfähigkeit hatte somit zur Folge, dass kein Fahrzeug dort hätte parken können, unabhängig von der Antriebsart. Der Parkplatz wäre somit dem Verkehrsraum vollständig entzogen gewesen. Vor diesem Hintergrund kann auch der vorgenannte Grundsatz, dass bei der rechtswidrigen Inanspruchnahme von Parkraum, der Bevorrechtigten zur Verfügung stehen soll, ein Fahrzeug auch ohne konkrete Behinderung der bevorrechtigten Verkehrsteilnehmer und ohne Einhaltung einer besonderen Wartezeit regelmäßig zwangsweise entfernt werden darf, um dem mit der Einrichtung von bevorrechtigten Parkplätzen verfolgten Anliegen hinreichend effektiv Rechnung zu tragen, ausnahmsweise nicht zum Tragen kommen. Denn selbst den parkbevorrechtigten Benutzerkreisen stand der gekennzeichnete Parkraum nicht zur Verfügung und dessen Funktion konnte durch das Freihalten von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor nicht gewährleistet werden.“

Mehr als vier Stunden an E-Auto-Ladesäule „geladen“, oder: Blockiergebühr ist rechtmäßig

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Und dann die zivilrechtliche Entscheidung. Es handelt es sich um das AG Karlsruhe, Urt. v. 04.01.2024 – 6 C 184/23. Das AG hat über einen vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung einer sog. „Blockiergebühr“ entschieden.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Energieversorgungsunternehmen, das u.a. auch Zugang zu Ladepunkten für elektrisch betriebene Kraftfahrzeuge („Ladesäulen“) bietet. Der Kläger schloss am 16.11.2021 über die EnBW m.+-App mit der Beklagten einen Ladevertrag (A. e-Charge Tarif) ab. Gegenstand dieses Vertrages ist u.a. dass ab einer Standzeit von 240 Minuten am jeweiligen Ladeort Blockiergebuhren von 10 ct./min zu bezahlen sind, maximal jedoch 12,00 €.

Der Kläger lud sein Elektrofahrzeug am 02., 13. und 30.03.2022 an seitens der Beklagten zur Verfügung gestellten Ladesäulen auf. Die Ladezeit lag jeweils über vier Stunden. Die Beklagte zog für diese drei Ladevorgänge insgesamt Blockiergebühren in Höhe von 19,10 € ein.

Diesen Betrag verlangt der Kläger nun zurück. Die Klage hatte keinen Erfolg:

„2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der Blockiergebühr in Höhe von 19,10 € gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 BGB.

Denn die Einziehung der Blockiergebühr erfolgte nicht ohne Rechtsgrund.

Der Rechtsgrund für die Einziehung der Blockiergebühr ist der zwischen den Parteien am 16.11.2021 über die EnBW m.+-App geschlossene Ladevertrag (A. e-Charge Tarif). Im Rahmen des Vertragsabschlusses wurde der Kläger auf die Blockiergebühr und deren Konditionen hingewiesen. Durch Betätigen des Buttons „Tarif aktivieren“ hat der Kläger diese Blockiergebühr unstreitig akzeptiert. Rechtlich handelt es sich dabei um eine Regelung über eine Vertragsstrafe (vgl. für eine Klausel im Zusammenhang mit der verspäteten Rücksendung von zur Verfügung gestelltem Bildmaterial OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 1177 (1179)).

Die Vertragsbedingungen in dem A. e-Charge Tarif der Beklagten wurden wirksam in den Vertrag einbezogen.

a) Die Vertragsbedingungen des A. e-Charge Tarifs stellen Allgemeine Geschäftsbedingungen (im Folgenden AGB) dar.

aa) Die Beklage ist Verwenderin dieser Klauseln, da sie diese Bedingungen der anderen Vertragspartei bei Abschluss von Verträgen stellt, § 305 Abs. 1 S. 1 BGB.

bb) Die Bedingungen des A. e-Charge Tarifs wurden wirksam nach § 305 BGB in den Vertrag zwischen den Parteien einbezogen. Insbesondere stellt die Regelung einer Blockiergebühr keine überraschende Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB dar. Sie ist in den Verträgen vieler Ladesäulenanbieter aufzufinden und somit marktüblich. Der Kläger wurde im Rahmen der App-Vertragsabschlussstrecke auch über die Einzelheiten zu dem Tarif informiert, insbesondere darüber, dass ab einer Standzeit von 240 min. am jeweiligen Ladeort Blockiergebühren von 10 ct./min zu bezahlen sind, maximal jedoch 12,00 €. Zudem wird nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten auf die Blockiergebühr auch beim Starten eines Ladevorgangs via App sowie an EnBW-eigenen Ladestationen ergänzend hingewiesen.

cc) Die Blockiergebühr hält auch einer Inhaltskontrolle der AGB gem. §§ 307 ff. BGB stand.

(1) Aus § 309 Nr. 6 BGB kann gegen die getroffene Vertragsstrafenbestimmung nichts hergeleitet werden. Diese Vorschrift ist hier nicht einschlägig.

(2) Die Klausel beinhaltet auch keine unangemessene Benachteiligung des Klägers im Sinne des § 307 BGB.

Nach § 307 Abs. 1 BGB ist eine Bestimmung in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

Nach dem Wortlaut des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist für die Inhaltskontrolle von AGB allein auf die schutzwürdigen Interessen der Vertragsparteien abzustellen. Danach ist für die unmittelbare Berücksichtigung von Drittinteressen, z.B. der Gläubiger des Kunden oder auch von Interessen der Allgemeinheit, grundsätzlich kein Raum (BGH, Urteil vom 07.10.1981 – VIII ZR 214/80; MüKoBGB/Wurmnest, 9. Aufl. 2022, BGB § 307 Rn. 54).

Jedoch wird in der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zum AGB-Gesetz (BT-Drs. 7/3919) deutlich, dass auch Drittinteressen berücksichtigt werden können. Eine nach Treu und Glauben zu berücksichtigende Eigenart des Vertrags kann beispielsweise darin liegen, dass der Klauselverwender neben dem eigenen geschäftlichen Interesse in besonderem Maße auf gemeinschaftliche Interessen dritter Vertragspartner Bedacht zu nehmen hat. Dies ist z.B. bei einem kollektiv ausgerichteten Geschäftssystem (Versicherung, B.kasse), aber auch bei Verträgen über Versorgungsleistungen (Gas, Elektrizität) der Fall. In solchen Fällen müssen nach Treu und Glauben auch die schutzwürdigen Gesamtinteressen der Kunden des AGB-Verwenders Berücksichtigung finden (BT-Drs. 7/3919, S. 23).

Vorliegend ergibt sich bereits bei Berücksichtigung allein der Interessen der Vertragsparteien (dazu (a)) und erst recht unter weiterer Einbeziehung der Bedürfnisse Dritter (dazu unter (b)), dass die in Rede stehende Klausel die Verwendungsgegner nicht unangemessen benachteiligt.

(a) Mit der Blockierungsgebühr verfolgt die Beklagte die Intention, eine zeitnahe Freigabe der Ladesäule nach Durchführung des Ladevorgangs zu erreichen. Rechtfertigung dafür ist das grundsätzlich berechtigte Interesse der Beklagten, die Ladesäule zeitnah weiteren Kunden zur Nutzung zur Verfügung stellen zu können (vgl. für eine Klausel im Zusammenhang mit der verspäteten Rücksendung von zur Verfügung gestelltem Bildmaterial LG Hamburg, BeckRS 2004, 577 Rn. 5; OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 1179 m.w. Nachw.). Dabei erscheint die Höhe der Blockiergebühr einerseits geeignet, den gewünschten Effekt zu erzeugen. Sie belastet den Verwendungsgegner andererseits aber durch die Begrenzung auf maximal 12,00 € auch nicht unangemessen. Die Blockiergebühr erhöht zudem auch die Chancen des Klägers, einen freien Ladepunkt zu finden, weshalb schon unter Berücksichtigung der beiderseitigen Vertragsinteressen die Klausel den Kläger nicht unangemessen benachteiligt.

(b) Daneben ist im Rahmen des § 307 BGB auch das Interesse aller Vertragspartner der Beklagten an einer ausreichenden Verfügbarkeit von Ladepunkten zu berücksichtigen, welches durch die Blockiergebühr geschützt wird.

Jeder Vertragspartner der Beklagten hat das Recht, sein Elektrofahrzeug an einer Ladesäule zu laden. Dies kann jedoch aufgrund der noch nicht flächendeckend ausreichenden Ladeinfrastruktur nicht immer gewährleistet werden. Werden Fahrzeuge, deren Ladevorgang abgeschlossen ist oder zumindest bei Wahl des entsprechenden Ladetarifes abgeschlossen sein könnte, an der Ladestation belassen, verschärft dies das Problem der nicht ausreichenden Ladeinfrastruktur weiter. Jeder Nutzer eines Elektroautos, der am Ort des Entstehens des Ladebedarfs nicht über eine private Lademöglichkeit verfügt, ist darauf angewiesen, dass die Nutzer anderer Elektrofahrzeuge nach Abschluss des Ladevorgangs die Ladesäule für den Ladevorgang wieder zur Verfügung stellen. Nur bei hinreichender Attraktivität der Nutzung von Elektroautos, wozu die Gewährleistung einer nutzbaren Ladeinfrastruktur gehört, kann die Elektromobilität ihre Aufgabe im Rahmen der Energiewende, die zur Eindämmung des Klimawandels notwendig ist, erfüllen.

Darüber hinaus ist eine Blockiergebühr erst nach vier Stunden Anschlusszeit zu entrichten, obwohl die wenigsten Ladevorgänge nach einer Untersuchung der Beklagten – welche der Kläger nicht bestritten hat – länger als drei Stunden andauern. Dem Kläger wird durch die Blockiergebühr daher nicht die Möglichkeit genommen, sein Fahrzeug vollständig zu laden. Die Blockiergebühr führt nur dazu, dass die Vertragspartner der Beklagten entweder nach maximal vier Stunden zu ihrem Fahrzeug zurückkehren müssen, um den Ladevorgang zu beenden und – sofern zur Freigabe der Nutzung der Ladesäule durch andere Elektrofahrzeuge nötig – ihr Fahrzeug umzuparken oder aber die Entrichtung der Blockiergebühr in Kauf nehmen müssen. Auch dies stellt jedoch keine unangemessene Benachteiligung dar, vielmehr ist der deutschen Straßenverkehrs- ordnung ein solcher Umstand nicht fremd. Denn eine Vielzahl von Parkplätzen ist durch Parkscheibenregelungen oder die Verpflichtung, einen Parkschein zu erwerben, in ihrer Nutzung zeitlich begrenzt.

(c) Auch der Einwand des Klägers, dass die Blockiergebühr von ihm nicht zu entrichten sei, da auch Benzinfahrzeuge auf diesen Parkplätzen rechtmäßig (und kostenfrei) abgestellt werden können, ohne dass deren Halter eine Blockiergebühr zahlen müssen, führt nicht zu einem Entfallen der klägerischen Zahlungspflicht.

Hierbei bedarf es keiner Entscheidung, ob in der A.-D.-Straße 10 und An der S. 11 kein Parkplatzschild (Zeichen 314) mit einem Stromstecker-Zusatzzeichen, welches die Park- erlaubnis zugunsten elektrisch betriebener Fahrzeuge beschränken würde, aufgestellt ist und somit auch Verbrennerfahrzeuge dort kostenfrei parken dürfen.

Denn selbst wenn es sich so verhält, hat dies keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Erhebung der Blockiergebühr gegenüber dem Kläger. Die allgemeine Parkplatzsituation vor Ort ist hierfür unerheblich. Denn die Beklagte ist nicht für die Bewirtschaftung des Parkraums verantwortlich. Dies obliegt den jeweiligen Kommunen und ihren Ordnungsämtern. Maßgeblich für die geltend gemachten Blockiergebühren ist allein der Umstand, dass der Kläger die Ladesäule und damit zugleich die Ladeinfrastruktur der Beklagten blockiert hat, indem er an dem jeweiligen Ladepunkt länger als vier Stunden angeschlossen war. Sein Fahrzeug war unstreitig in der gesamten Zeit mittels Ladekabel mit der Ladesäule verbunden. Ausschließlich aus diesem Grund wurden die vertraglich vereinbarten Blockiergebühren berechnet. Es ist bleibt damit dem Kläger unbenommen, nach einer Ladezeit von vier Stunden bei seinem Fahrzeug zu erscheinen, den Ladevorgang zu beenden und sodann den Parkplatz weiterhin ohne Inanspruchnahme von Leistungen der Beklagten zu nutzen, wie dies auch jedes andere Fahrzeug, insbesondere auch ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor tun kann. Dies läuft zwar sodann dem Zweck der umfassenden Gewährleistung einer Ladeinfrastruktur zuwider, ist aber der Entscheidung der zuständigen Kommune geschuldet, keine anderweitigen Parkplatzanordnungen getroffen zu haben.

(d) Auch der Einwand des Klägers, dass andere Ladeanbieter Stationen an Parkplätzen anbieten, auf denen die Fahrzeuge vier Stunden aufgeladen werden können und danach keine Stand- bzw. Blockiergebühr mehr anfällt, führt zu keinem anderen Ergebnis.

Aufgrund der Privatautonomie stand es der Beklagten frei, (im Rahmen der Zulässigkeit von AGB) eine Blockiergebühr in ihren Tarifen zu regeln. Ebenso stand es dem Kläger frei, den Vertragsschluss mit der Beklagten zu unterlassen und einen Ladevertrag mit einem anderen Anbieter abzuschließen.

(e) Verbleibende Unannehmlichkeiten, die beim nächtlichen Parken und Laden des Elektroautos an einer Ladesäule entstehen, werden bei der Beklagten durch ihren sog. Kostenairbag hinreichend berücksichtigt. Danach kann die Blockiergebühr pro Ladevorgang maximal 12,00 € betragen, da sie nur für die 5. und 6. Stunde des Ladevorgangs berechnet wird.“