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OWi II: Einsicht in Messunterlagen, oder: So umschifft auch das OLG Oldenburg das VerfG Saarland

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Ich komme dann noch einmal auf den OLG Oldenburg, Beschl. v. 23.07.2018 – 2 Ss (OWi) 197/18 – zurück (vgl. dazu das „morgendliche“ Posting unter OWi I: OLG Oldenburg, der VerfG Saarland und das “unfaire standardisierte Messverfahren“, oder: “Absurd”.)

Der Kollege Ritter, der den Beschluss erstritten – besser „erlitten“ – hat, hatte übrigens Anhörungsrüge erhoben. Auch die natürlich ohne Erfolg. Da macht es das OLG im OLG Oldenburg, Beschl. v. 09.08.2018 – 2 Ss(OWi) 197/18 – übrigens wie das OLG Düsseldorf im OLG Düsseldorf, Beschl. v. 06.07.2018 – IV-2 RBs 133/18 (dazu: OWi II: Stoßseufzer aus Düsseldorf?, oder: Gott sei Dank, VerfG Saarland umschifft):

„Soweit der Betroffene darauf abstellt, bereits die Verwaltungsbehörde hätte ihm die Daten zur Verfügung stellen müssen, hätte der Betroffene sein Begehren im Wege des § 62 OWiG weiterverfolgen müssen. Der Betroffene hatte jedoch lediglich in dem Schreiben, mit dem er die Akteneinsicht beantragt hatte, hilfsweise die gerichtliche Entscheidung gemäß § 62 OWiG beantragt. Eine wirksame Anfechtung der ablehnenden Entscheidung der Verwaltungsbehörde ist damit jedoch nicht erfolgt, weil Entscheidungen nicht vor deren Erlass angefochten werden können (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6.7.2018, IV-2RBs 133/18, bei www.burhoff.de). Der Betroffene hat deshalb bereits nicht alles getan, um gegenüber der Verwaltungsbehörde den von ihm geltend gemachten Anspruch durchzusetzen.“

Also auch da: Man marschiert vereint. Abweichen ist nicht erlaubt…..

Das einzige Positive: Der Hinweis auf meine Homepage 🙂 .

OWi II: Stoßseufzer aus Düsseldorf?, oder: Gott sei Dank, VerfG Saarland umschifft

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Nach OWi I: Rechtsprechungsmarathon zur Einsicht in Messunterlagen, oder: Der Kampf geht weiter, dann eine „schöne“ – na ja, das kann man bezweifeln – Entscheidung des OLG Düsseldorf aus dem Bereich.

Das AG hatte den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von unter 100 € verurteilt. Der Betroffene hat u.a. die Versagung rechtlichen Gehörs geltend gemacht und die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG gegen die Verurteilung beantragt. Der Antrag hatte natürlich keinen Erfolg. Das OLG hat im OLG Düsseldorf, Beschl. v. 06.07.2018 – IV-2 RBs 133/18 – den Zulassungsantrag zurückgewiesen und führt dazu u.a. aus:

„b) Auch die Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes in dem vom Betroffenen angeführten Beschluss vom 27. April 2018 (Lv 1/18) verhelfen dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg.

Der Verfassungsgerichtshof (a. a. O., Rn. 37 nach juris m. w. N.) stellt nicht in Zweifel, dass Einsichtsgesuche der hier gegenständlichen Art gegenüber der Verwaltungsbehörde zu verfolgen sind und nicht erst in der Hauptverhandlung erstmalig verbunden mit dem Antrag auf Aussetzung derselben gestellt werden dürfen (Senat, Beschluss vom 22. Juli 2015, Az. IV-2 RBs 63/15, juris = NZV 2016, 140, 142; vgl. auch § 77 Abs. 2 Nr. 2 OWiG). Kommt die Verwaltungsbehörde dem nicht nach, hat der Betroffene sein Begehren im Wege des § 62 OWiG weiterzuverfolgen (Senat a. a. O.). Das ist hier anders als in dem vom Verfassungsgerichtshof des Saarlandes entschiedenen Fall nicht geschehen. Die Rechtfertigungsschrift teilt zu einem solchen Antrag lediglich mit, dessen Stellung sei durch den Verteidiger des Betroffenen in der Schrift, mit der dieser bei der Verwaltungsbehörde die hier gegenständlichen Einsichtsrechte geltend gemacht habe, für den Fall der Ablehnung desselben erklärt worden. Eine wirksame Anfechtung der ablehnenden Entscheidung der Verwaltungsbehörde ist damit jedoch nicht erfolgt, weil Entscheidungen nicht vor deren Erlass angefochten werden können (BGHSt 25, 187, 189).

Schon allein deswegen kommt eine Versagung des rechtlichen Gehörs auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Fehlens einer Entscheidung nach § 62 OWiG in Betracht.2

Man kann den Stoßseufzer der Erleichterung quasi hören. Uff, Gott sei Dank, VerfG Saarland umschifft. Man ist erleichtert gewesen,  dass man auf den formalen Dreh mit der zu frühzeitigen „Anfechtung“ der Versagungsentscheidung gekommen ist. Damit war man einer Auseinandersetzung mit der Entscheidung der VerfG Saarland enthoben.

Für den Verteidiger bedeutet diese Entscheidung: Zunächst nur den Antrag auf Einsicht stellen und erst, wenn der abgelehnt worden ist, dagegen dann den Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Dann ist die Hürde genommen und das OLG muss sich andere Gedanken machen, wie man eine Stellungnahme zum Beschluss des VerfG Saarland umschiffen kann.

Nochmals: Grausame Akteneinsicht, oder: Doppelschlag aus Bamberg

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Ich habe ja schon mehrfach über die Probleme mit der (Akten)Einsicht in Rohmessdaten, Falldaten usw. vor allem in Bayern berichtet (vgl. u.a.den AG Nördlingen, Beschl. v. 08.09.2016 – 4 OWi 99/16AG Nördlingen: Grausame Akteneinsicht, aber: Schönen Gruß vom Marketing). Gestützt wird die allmählich teilweise unüberwindbare Mauer durch das OLG Bamberg, dass die Praxis einiger AG, möglichst überhaupt keine Unterlagen pp. herauszugeben, vom OLG Bamberg in seiner Rechtsprechung. Über die beiden dafür maßgeblichen Beschlüsse habe ich ja auch schon berichtet (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 04.04.2016 – 3 Ss OWi 1444/15 und dazu „Logik ist Ansichtssache“, oder: Zirkelschluss beim OLG Bamberg zur Einsichtnahme in die Messdatei bei ESO 3.0 und vom OLG Bamberg, Beschl. v. 05.09.2016 – 3 Ss OWi 1050/16 und dazu: Zement aus Bamberg, oder: Mia san mia).

Im Nachgang zu meinem Posting betreffend AG Nördlingen hat mich das Schreiben des Kollegen Grüne aus Würzburg erreicht, das ich hier – mit den mitübersandten Unterlagen – einstellen darf. Es zeigt m.E. sehr schön, zu welchen „Auswüchsen“ diese Rechtsprechung/Vorgehensweise führt. Der Kollege schreibt:

Sehr geehrter Herr Kollege Burhoff,

zum Thema der (Nicht-)Herausgabe der Messdaten bei PoliscanSpeed und Co. hier vielleicht noch die Auswirkungen der Beschlüsse des OLG Bamberg:

In dem Fall ging es um eine Geschwindigkeitsmessung mit PoliscanSpeed, bei der auf dem Messfoto zwei nebeneinander fahrende Fahrzeuge abgebildet sind, wobei anzumerken ist, dass sich das zweite Fahrzeug nicht im Auswerterahmen befand.

Die Messdaten wurden beim Polizeiverwaltungsamt durch einen beauftragten Sachverständigen angefordert, die Herausgabe auf bekannte Art verweigert. Als das Verfahren sodann beim Amtsgericht Würzburg anhängig war, wurde dieses Verhalten gerügt, wobei der Vorsitzende die Herausgabe anordnete. Die Wochen gingen ins Land, es passierte – nichts. Eine telefonische Nachfrage ergab, dass die Anordnung des Gerichts nie beim Polizeiverwaltungsamt angekommen sein soll. Dies wurde dann dem Vorsitzenden mitgeteilt, worauf dieser versicherte, die Verfügung diesmal zustellen zu lassen. 1-2 Tage später rief er dann nochmals in der Kanzlei an und teilte mit Bezug auf den Beschluss des OLG Bamberg mit, dass ja ohnehin keine Messdaten mehr herausgegeben werden müssen und er den festgesetzten Termin durchführen werde. Die im Termin gestellten Beweisanträge wurden allesamt abgelehnt, die Betroffene verurteilt.

Dann kommt das OLG Bamberg bzw. die Generalstaatsanwaltschaft mit beigefügter Stellungnahme und beigefügtem Beschluss ins Spiel.

Gerügt wird selbstverständlich auch die Zulässigkeit der Verfahrensrüge, da ja logischerweise keine konkreten Messfehler aufgezeigt werden konnten, also nicht dargelegt werden konnte, welche Tatsachen sich aus welchen genau bezeichneten Stellen der Messunterlagen ergeben hätten und welche Konsequenzen für die Verteidigung daraus gefolgt wären. Die Darlegung der zwei nebeneinander fahrenden Fahrzeuge und die in der Hauptverhandlung durch den Messbeamten eingeräumte Tatsache, dass nicht einmal der Seitenabstand des gemessenen Fahrzeugs aus der Messdatei ausgelesen wurde, um ggf. zwischen den Fahrzeugen unterscheiden zu können, waren offensichtlich nicht ausreichend.

Auch das weitere „um Einsicht bemühen“ wirkt als blanker Hohn, wenn die Behörde bereits im Verwaltungsverfahren die Herausgabe verweigert hat und das Gericht vor und in der Hauptverhandlung – dokumentiert durch das Urteil – eine Herausgabe ebenfalls verweigert.

Dies alles zeigt den von Ihnen bereits beschriebenen Zirkelschluss recht deutlich, auch wenn dies vom OLG Bamberg ohne nähere Begründung negiert wird. Faktisch bestehen damit keinerlei Kontrollmöglichkeiten mehr bei Geschwindigkeitsmessungen im Bayern, selbst wenn der Betroffene im Rahmen seiner Möglichkeiten Anhaltspunkte für eine Fehlmessung aufzeigen kann. Da ich wie Sie nicht davon ausgehe, dass das OLG Bamberg in näherer Zukunft das Thema dem BGH vorlegen wird bin ich nunmehr recht ratlos, was bei Geschwindigkeitsübertretungen überhaupt noch „verteidigt“ werden kann. Einzig die – vom Rechtsschutz nicht gedeckte – Verfassungsbeschwerde fällt mir noch ein, mit ungewissem Ausgang. Haben Sie evtl. noch weitere Ideen, wie man die hier in Zukunft anzunehmende Standardvorgehensweise angreifen kann?

Die Stellungnahme der GStA und der OLG Bamberg, Beschl. v. 26.09.2016 – 3 Ss OWi 1158/16 – sind dann mal beigefügt. Das Ergebnis überrascht nicht: Keine Verletzung des rechtlichen Gehörs mit der lapidaren Begründung – jetzt mit einem „Doppelschlag“:

„Es kann dahinstehen, ob die Rüge der Nichtherausgabe der Messdateien zulässig erhoben ist i.S.d. §§ 80 Abs. 3 Satz 1, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Jedenfalls wird durch die Nichtüberlassung der Rohmessdaten, die sich nicht bei den Akten befinden, der Anspruch eines Betroffenen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) von vornherein nicht berührt (OLG Bamberg Beschlüsse vom 04.04.2016 – 3 Ss OWI 1444/15 = DAR 2016, 337 und vom 05.09.2016 – 3 Ss OWi 1050/16 [zur Veröffentlichung bei juris vorgesehen]).“

Das OLG hätte auch schreiben können: „Wir wollen nicht. Da könnt ihr Verteidiger machen, was ihr wollt. Standardisiert ist standardisiert und bleibt es“.

Wer (vor)schnell entscheidet, der ist befangen

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Ein Blogleser hat mir gestern den SG Bremen, Beschl. v. 08.07.2016 – S 10 SF 48116 AB – übersandt, den ich heute dann gleich einstelle. Für die regelmäßigen Leser des Blogs: Keine Angst, ich mache jetzt nich auch noch Sozialrecht. Das kann ich nun gar nicht und da gilt dann. Schuster bleib bei deinen Leisten. Nein, ich stelle den Beschluss ein, weil er nämlich eine Frage behandelt, die sich m.E. auch im Straf- und Bußgeldverfahren stellen kann. Nämlich die nach der Besorgnis der Befangenheit des Richters, wenn dieser kein rechtliches Gehör gewährt, insbesondere wenn er vor Ablauf einer von ihm selbst gesetzten Stellungnahmefrist entscheidet. Und das war in dem dem SG Bremen, Beschl. zugrunde liegenden Verfahren der Fall. Das SG ist u.a. deshlab von der Besorgnis der Befangenheit ausgegangen:

„Im Fall des Antragstellers treten aber objektive Gründe in dem o. g. Sinne hinzu. Diese sind zum ersten darin zu sehen, dass der Antragsteller vor Erlass des Verweisungsbeschlusses der Vorsitzenden vom 30. Juni 2016 nicht angehört worden ist (statt seiner sind die Rechtsanwälte ppp. unter dem 28. Juni 2016 wegen der beabsichtigten Verweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht Stade angehört worden, obwohl diese sich weder als Bevollmächtigte des Antragstellers zur Gerichtsakte gemeldet hatten noch diesem — da über seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht entschieden worden ist — gem. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 121 Zivilprozessordnung beigeordnet worden sind). Zum zweiten hat die Vorsitzende den Inhalt der Stellungnahme des Antragsgegners vom 28. Juni 2016 und den der Stellungnahme des Antragstellers vom frühen Morgen des 30. Juni 2016, in der er mit dem Zusatz „(lesen Sie das eigentlichen“ auf den Inhalt seines Schriftsatzes „vom 17. Mai 2016″ (gemeint war erkennbar sein Fax-Schriftsatz vom 17. Juni 2016) hingewiesen hat, nicht hinreichend gewürdigt.

Zum dritten schließlich hat die Vorsitzende den Ablauf der von ihr selbst gesetzten Anhörungsfrist (vgl. dazu deren Verfügung vom 27. Juni 2016, die durch gerichtliche Schreiben vom 28. Juni 2016 an den Antragsgegner und die den Antragsteller nicht vertretenden (s. o.) Rechtsanwälte pp. umgesetzt worden ist) nicht abgewartet. Vielmehr hat sie den Verweisungsbeschluss vor Ablauf der von ihr gesetzten Anhörungsfrist (am 30. Juni 2016 um 24.00 Uhr) gefasst und dessen Zustellung an den Antragsgegner sowie die Rechtsanwälte ppp. ( ! ) verfügt (von der Geschäftsstelle jeweils per Fax am frühen Nachmittag des 30. Juni 2016 ausgeführt). Angesichts des Vorliegens dieser Umstände ist davon auszugehen, dass auch ein sich in der Situation des das Ablehnungsgesuch anbringenden Antragstellers befindender objektiver Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände von seinem Standpunkt aus berechtigten Anlass hat haben dürfen, an der Unparteilichkeit und objektiven Einstellung der Vorsitzenden zu zweifeln. Diese hat aufgrund der maßgeblichen durch sie veranlassten Umstände aus der Sicht eines objektiven Beteiligten in der Situation des Antragstellers den Eindruck erweckt, das dem Ablehnungsgesuch zugrunde liegende Verfahren um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht entscheiden, sondern dieses schnell – an das Sozialgericht Stade – abgeben zu wollen.“

Der „Ätsch-Effekt“ beim OLG Oldenburg, oder: Was soll das?

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Ein Kollege hat mir vor einigen Tagen den OLG Oldenburg, Beschl. v. 14.08.2015 – 2 Ss (OWi) 200/15 – geschickt und dazu bemerkt, er sei ratlos. Ich muss gestehen, ich auch.

Worum geht es? Nun, das OLG Oldenburg hatte eine Rechtsbeschwerde des Kollegen nicht zugelassen. Dessen Mandant war wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von 100 € verurteilt worden. Dagegen hatte man dann Rechtsbeschwerde eingelegt und deren Zulassung beantragt (§ 80 OWiG). Den Zulassungsantrag hatte der Kollege mit der Verfahrensrüge und der Sachrüge begründet. Zur Verfahrensrüge ist vorgetragen worden, dass weder dem Verteidiger noch dem Betroffenen in der Hauptverhandlung das letzte Wort (§ 258 StPO) gewährt worden ist. Vorgetragen worden ist außerdem, was geltend gemacht worden wäre, wenn das letzte Wort gewährt worden wäre.

Damit war m.E – wenn mich meine Erfahrung aus 13 Jahren OLG-Tätigkeit nicht täuscht – die Rechtsbeschwerde ausreichend begründet, jedenfalls hätte es mir gereicht. Zwar nicht für die Verfahrensrüge, denn die gibt es nach § 80 Abs. 2 OWiG nicht bei den sog. Bagatellgeldbußen. Aber für die Rüge der Verletzungen des rechtlichen Gehörs nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG, bei der eine Wertgrenze nicht vorgesehen ist. Dazu war – auch im Hinblick auf den insoweit ebenfalls geltenden § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO – ausreichend vorgetragen.

Dem OLG Oldenburg hat es hingegen nicht gereicht. Es hat mit dürren Worten die Rechtsbeschwerde verworfen:

„Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Weil gegen ihn nur eine Geldbuße von 100,00 € verhängt worden ist, käme eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nur in Betracht, wenn geboten wäre, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des materiellen Recht zu ermöglichen (§ 80 Abs. 1. Nr.1, Abs. 2 Nr. 1 OWG) oder das Urteil wegen Versagung rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG). Beide Zulassungsgründe liegen jedoch nicht vor. Auf die zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 11.08.2015, die anliegend übersandt wird, wird Bezug genommen.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 80 Abs. 4 S. 3 OWiG abgesehen.“

„Nicht geboten“? Ich meine schon, dass die Aufhebung i.S. des § 80 Abs. 1 OWiG geboten gewesen wäre, nämlich um eine Verfassungsbeschwerde zu ersparen. Jedenfalls meine ich, dass man dem  Betroffenen hätte mitteilen können, warum man anderer Ansicht ist. Aber vielleicht hat das ja in den „zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 11.08.2015“ gestanden. Nur: Die kennt der Betroffene auch nicht, weil sie ihm nämlich nicht – entgegen „anliegend“ übersandt worden ist.

Geboten vor allem auch deshalb, weil der Betroffene mit dem abschließenden Hinweis des OLG sonst nun gar nicht umgehen kann. Da heißt es:

„Der Senat sieht abschließend Anlass zu folgendem Hinweis: Die Tatrichterin wird zukünftig darauf zu achten haben, dass die wesentlichen Förmlichkeiten der Hauptverhandlung eingehalten werden. Dazu gehört insbesondere das dem Betroffenen gern. § 258 Abs. 2 StPO zu gewährende letzte Wort und die gemäß § 258 Abs. 1 StPO dem Verteidiger zu gewährende Möglichkeit zum Schlussvortrag. Beides ist grundsätzlich unverzichtbar und sichert den verfassungsrechtlichen Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör.“

Ah ha. Also „Verletzung des rechtlichen Gehörs“ Aber warum ist dann die Aufhebung nicht geboten? Ich verstehe es nicht, der Kollege versteht es nicht. Und der rechtsunkundige Betroffene versteht es erst recht nicht. Er fühlt sich sicherlich ein wenig (?) veräppelt mit diesem „Ätsch-Effekt“, der in dem „Du, du“ gegenüber der Tatrichterin steckt. Muss das sein? M.E nicht.