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OWi II: Unterbrechung der Verfolgungsverjährung?, oder: Nicht durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung

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Und dann gleich noch einmal Verjährung, nämlich im KG, Beschl. v. 14.06.2023 – 3 ORbs 108/23 – zur Frage der Unterbrechung der Verfolgungsverjährung durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG.

Die Frage hat das KG verneint:

„1. Auf die Sachrüge ist bereits v.A.w. zu prüfen, ob die Prozessvoraussetzungen vorliegen (vgl. BGHSt 21, 242). Diese ergibt, dass Verfolgungsverjährung bereits eingetreten war, als die Amtsanwaltschaft die Akten am 4. Oktober 2022 dem Gericht nach § 69 Abs. 4 Satz 2 OWiG vorgelegt hat.

a) Ausweislich des dem Senat im Wege des Freibeweises zugänglichen Akteninhalts hat der Betroffene die verfahrensgegenständliche Handlung am 13. August 2021 begangen. Da sein Aufenthalt nicht ermittelt werden konnte, hat die Polizei am 22. Oktober 2021 das Verfahren vorläufig eingestellt, wodurch der Lauf der dreimonatigen Verfolgungsverjährung unterbrochen wurde (§ 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG). Am 11. November 2021 hat sie die Anhörung des Betroffenen veranlasst, so dass bei Zustellung des Bußgeldbescheides vom 14. Dezember 2021 am 6. Januar 2022 die dreimonatige Verjährungsfrist nach §§ 31 Abs. 1 Nr. 9 OWiG, 26 Abs. 3 StVG noch nicht abgelaufen war. Die durch die Zustellung bewirkte Unterbrechung hatte nach § 26 Abs. 3 StVG zugleich die Verlängerung der Frist der Verfolgungsverjährung von drei auf sechs Monate zur Folge. Diese am 5. Juli 2022 abgelaufene Frist ist nicht erneut unterbrochen worden.

b) Weder der Eingang der Akten beim Gericht am 17. Mai 2022 zwecks Entscheidung über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Betroffenen (§§ 69, 62 OWiG) noch die Rückgabe der Akten nach Erlass des Beschlusses haben zu einer weiteren Unterbrechung der Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs. 1 Nr. 10 OWiG geführt. Denn die Übersendung der Akten hat keine Aktenübersendung i.S.v. § 69 Abs. 3 OWiG dargestellt, weil die hiesige Vorlage auf anderen als den in diesen Regelungen genannten Gründen beruhte (vgl. Gürtler/Thoma in Göhler OWiG 18 Aufl., § 33 Rn 33a f m.w.N.). Auch deren Rücksendung hat nicht der weiteren Aufklärung des Sachverhalts gedient, wie es § 69 Abs. 5 Satz 1 OWiG erfordert.

c) Die Durchführung des Verfahrens nach §§ 69, 62 OWiG hat ebenfalls zu keiner weiteren Unterbrechung der Verjährung geführt. Zwar ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass auch die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (und gleiches gilt auch für die Gewährung der Wiederaufnahme eines Verfahrens) dazu führen kann, dass mit der Entscheidung über die Wiedereinsetzung die Frist der Verfolgungsverjährung erneut zu laufen beginnt (für die Wiedereinsetzung: OLG Stuttgart MDR 1986, 608; OLG Düsseldorf MDR 1988, 794; Gürtler/Thoma a.a.O., Vor § 31 Rn. 2b; Ellbogen in KK OWiG 5. Aufl., § 31 Rn. 37 – auch für die Anordnung der Wiederaufnahme des Verfahrens). Das setzt aber jeweils voraus, dass der Bußgeldbescheid bereits vor der Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und vor Eintritt der Verfolgungsverjährung tatsächlich in (Voll-)Rechtskraft erwachsen war (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9. April 2019 – 1 Rb 7 Ss 39/19 -, juris m.w.N.).

Es bedarf keiner Entscheidung, ob die hiesige Fallkonstellation der Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder der Anordnung der Wiederaufnahme des Verfahrens gleichsteht, weil jedenfalls der Bußgeldbescheid vor Eintritt der Verfolgungsverjährung am 5. Juli 2022 nicht in Rechtskraft erwachsen war. Der Betroffene hat mit dem Schreiben vom 7. Januar 2022 innerhalb der 14-tägigen Frist Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt. Infolgedessen war auch nach Auffassung der Polizei der Bußgeldbescheid nicht rechtskräftig geworden. Die Verwerfung des Einspruchs der Verteidigerin durch die Polizei am 26. April 2022 gegen den Bußgeldbescheid als unzulässig hat ebenfalls nicht zur Rechtskraft geführt, weil die Verteidigerin am 5. Mai 2022 und damit fristgerecht einen Antrag auf gerichtlichen Entscheidung nach § 62 OWiG gestellt hat.

Wegen der bereits am 5. Juli 2022 eingetretenen Verfolgungsverjährung ist offensichtlich, dass auch die Entscheidung des Gerichts über diesen Antrag am 25. Juli 2022 zu keiner weiteren Unterbrechung führen konnte.

d) Selbst wenn das Gericht vor Ablauf des 5. Juli 2022 entschieden hätte, hätte dies zu keiner anderen Betrachtung geführt. Mit dem Beschluss hat das Gericht den Bescheid der Polizei in der Rechtsfolge aufgehoben; lediglich der Schuldspruch ist in Rechtskraft erwachsen. Denn nach den Ausführungen des Gerichts hat es das Schreiben des Betroffenen vom 7. Januar 2022 als ein auf die Rechtsfolge beschränkten Einspruch ausgelegt. Die damit eingetretene sog. horizontale Rechtskraft hat nicht die Rechtswirkung einer Vollrechtskraft und steht der Berücksichtigung von Verfahrenshindernissen nicht entgegen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. Februar 1999 – 2 Ss (OWi) 14/99 – (OWi) 4/99 II -, juris m.w.N.).“

OWi I: Antrag auf gerichtliche Entscheidung, oder: Konformitätsbescheinigung und Konformitätserklärung

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Urheber KarleHorn

Heute dann mal wieder ein OWi-Tag.

Und den eröffne ich mit dem  OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.01.2021 – 2 RBs 1/21, der im Wesentlichen zwei Punkte behandelt, nämlcih die Statthaftigkeit eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung (§ 62 OWiG) und die Frage eines Beweisverwertungsverbotes, weil das AG die Konformitätsbescheinigung und die Konformitätserklärung zu einem Messgerät nicht beigezogen hat.

Dazu das OLG:

„1. a) Dass die Bußgeldbehörde einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Falle der Nichtabhilfe dem nach § 68 OWiG zuständigen Gericht vorzulegen hat, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 62 Abs. 2 Satz 2 OWiG, § 306 Abs. 2 StPO) und bedarf keiner – so die Antragsschrift – „Grundsatzentscheidung“.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Verteidiger im Verfahren der Bußgeldbehörde keinen statthaften Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG gestellt hatte. Er hatte mit Einlegung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid um Übersendung diverser Unterlagen (u. a. Konformitätsbescheinigung, Konformitätserklärung) und der digitalen Falldaten gebeten. Am Ende der Einspruchsschrift vom 11. Mai 2020 heißt es:

„Wir gehen davon aus, dass eine Übersendung der Falldaten bis zum 25.05.2020 erfolgt. Sollte eine Übersendung bis dahin nicht erfolgen, stellen wir bereits jetzt den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 Abs. 2 OWiG.“

Eine Daten-CD mit der digitalen Falldatei, Messfoto-Screenshots und Unterlagen zur Historie des verwendeten Messgerätes (PoliScan M1 HP, Softwareversion 3.7.4) hat der Verteidiger erhalten. Gegenstand des vorab gestellten Antrags auf gerichtliche Entscheidung (§ 62 OWiG) war die „Übersendung der Falldaten“, das Messgerät betreffende Unterlagen (u. a. Konformitätsbescheinigung, Konformitätserklärung) waren hier nicht benannt.

Ohnehin ging der bei der Bußgeldbehörde vorab gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 62 OWiG) ins Leere, da keine Anordnung, Verfügung oder sonstige Maßnahme der Bußgeldbehörde vorlag, gegen die sich der Rechtsbehelf hätte richten können. Gegen eine Entscheidung, die noch gar nicht erlassen worden ist, kann in statthafter Weise kein Rechtsmittel oder Rechtsbehelf eingelegt werden (vgl. BGH NJW 1974, 66, 67; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., vor § 296 Rdn. 4), und zwar auch nicht vorsorglich mit künftiger Wirkung (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 1986, 935; OLG Bamberg BeckRS 2017, 102375).

b) Auch zur Frage des von dem Betroffenen geltend gemachten Beweisverwertungsverbotes, das bereits der erforderlichen tatsächlichen Grundlage entbehrt, bedarf es keiner Rechtsfortbildung…….

Zu dem Punkt stellt das OLG in seinem Leitsatz fest:

Der Umstand, dass das Messgerät geeicht war, impliziert, dass der Eichbehörde die Konformitätsbescheinigung und die Konformitätserklärung vorgelegen haben und das Messgerät ordnungsgemäß in den Verkehr gebracht worden ist.

 

Gebühren für Einsicht im Bußgeldverfahren, oder: An Lächerlichkeit nicht zu überbieten

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Heute eröffne ich am „Money-Friday“ mit dem LG Wuppertal, Beschl. v. 06.11.2018 – 26 Qs 210/18 -, den mir der Kollege Geißler aus Wuppertal übersandt hat. Der Kollege hat den Betroffenen in einem Bußgeldverfahren verteidigt, in dem dem Betroffenen ein Rotlichtverstoß zur Last gelegt worden ist. Der Kollege hat für den Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt. Im Zwischenverfahren beantragte der Kollege in die Bußgeldakte inklusive der gesamten Messreihe. Letzteres verweigerte ihm die Stadt Wuppertal, woraufhin der Betroffene durch seineden Kollegen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellt. Das AG Wuppertal hat der Stadt Wuppertal aufgegeben, dem Kollegen die angeforderte Messreihe zur Verfügung zu stellen. Dies erfolgte im September 2017. In der Folge stellte die Stadt Wuppertal das Bußgeldverfahren gegen den Betroffenen dann gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 170 Abs. 2 StPO ein und legte die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Stadtkasse auf.

Und dann geht es los 🙂 . Der Betroffene hat Gebühren und Auslagen seines Verteidigers in Höhe von 2.263,85 € brutto geltend gemacht. In der Kostenaufstellung war u.a. enthalten eine „Erledigungsgebühr Nr. 5151 VV RVG“ sowie eine Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV RVG sowie eine außergerichtliche und gerichtliche Auslagenpauschale. Die Stadt Wuppertal hat die zu erstattenden notwendigen Auslagen des Betroffenen auf 542,76 € festgesetzt und im Übrigen den Festsetzungsantrag zurückgewiesen. Hierbei hat die Stadt Wuppertal die geltend gemachte Erledigungsgebühr als nicht erstattungsfähig angesehen. Zudem sei die Auslagenpauschale nur einmalig ansetzbar und die Kosten für die Tätigkeit eines Privatsachverständigen seien nicht erstattungsfähig, da dieser zum Ausgang des Verfahrens nichts beigetragen habe. Hiergegen hat der Betroffene dann (erneut) Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das AG Wuppertal hat den zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit seiner sofortigen Beschwerde, die überwiegend Erfolg hatte. Das LG Wuppertal hat die dem Betroffenen zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 2.044,77 € festgesetzt.

Interessant zunächst, aber auch Wuppertla nichts Neues: Das LG hat die Kosten des Sachverständigen als grudnsätzlich erstattungsfähig angesehen. Es bestätigt dann seine Rechtsprechung aus dem LG Wuppertal, Beschl. v. 08.02.2018 – 26 Qs 214/17 und dazu Erstattung der SV-Kosten im Bußgeldverfahren, oder: Was haben Gebühren mit Messungen zu tun?). Insoweit verweise ich auf den Volltext.

Interessant dann die Ausführungen des LG zur Erledigungsgebühr Nr. 5115 VV RVG:

„aa) Die Kürzung der angesetzten Erledigungsgebühr in Höhe von 160,00 € netto, mithin 190,40 € brutto ist zu Unrecht erfolgt.

Die Stadt Wuppertal hat lediglich darauf abgestellt, dass es die angesetzte Gebührenziffer 5151 VV RVG nicht gebe. Dies ist zwar zutreffend. Offenkundig hat es sich hierbei jedoch nur um einen Schreibfehler gehandelt. Die Erledigungsgebühr nach Ziffer 5115 VV RVG entsteht dann, wenn durch die anwaltliche Mitwirkung das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde endgültig erledigt wird, was vorliegend der Fall ist [Anm. (1) Nr. 1 zu Ziffer 5115 VV RVG]. Die Feststellung einer Kausalität der Maßnahmen des Verteidigers für den Eintritt der Erledigung bedarf es hierfür nicht. Vielmehr besteht eine Vermutung für die Ursächlichkeit [Gürtler, in: Göhler, OWiG, 17. Aufl. 2017, Vor § 105, Rn. 42e]. Das Entstehen der Zusatzgebühr ist nur dann ausgeschlossen, wenn eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit des Verteidigers nicht ersichtlich ist [Anm. (2) zu Ziffer 5115 VV RVG], Vorliegend ist der Verteidiger des Betroffenen nach außen hin tätig geworden, sodass er sich auf die Vermutungswirkung berufen kann.“

Und ebenso interessant das, was das LG zu den beiden Auslagenpauschalen und der Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV RVG schreibt:

„Demgegenüber kann der Betroffene die Auslagenpauschale nach Ziffer 7002 VV RVG im vorliegenden Fall nur einmal geltend machen. Der Abzug in Höhe von 20,00 netto, mithin 23,80 € brutto ist daher zu Recht erfolgt.

Gemäß § 17 Nr. 11 RVG stellen das Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde und das nachfolgende gerichtliche Verfahren verschiedene Angelegenheiten dar, sodass dann die Auslagenpauschale doppelt anfällt. Das Zwischenverfahren gehört dabei nach der Vorbemerkung 5.1.2. Abs. (1) VV RVG zu dem Verfahren vor der Verwaltungsbehörde. Die Einlegung des Rechtsbehelfs nach § 62 OWiG im Zwischenverfahren gehört daher ebenso entsprechend § 19 Abs. 1 Nr. 10a RVG zu der Tätigkeit des Rechtsanwalts im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und begründet keine weitere Angelegenheit.

cc) Darüber hinaus kann der Betroffene die Verfahrensgebühr nach Ziffer 5109 VV RVG in Höhe von 160,00 netto, mithin 190,40 E brutto nicht verlangen. Das Verbot der Schlechterstellung greift im Beschwerdeverfahren nicht, sodass diese Gebühr entgegen der Entscheidung der Stadt Wuppertal nicht festgesetzt werden kann.“

Dazu folgende Anmerkungen:

Es ist zutreffend, wenn das LG die Tätigkeiten des Verteidigers in Zusammenhang mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 62 OWiG gegen die Nichtherausgabe der Messserie dem bußgeldrechtlichen Zwischenverfahren i.S. des § 69 OWiG zuordnet und (noch) nicht dem gerichtlichen Verfahren (vgl. dazu eingehend meine Beiträge Burhoff RVGreport 2013, 212, in, VRR 2013, 213, und in , StRR 2013, 294). Der Kollege wird das nicht so gern gelesen haben, weil das LG nämlich die festgesetzte Gebühr Nr. 5109 VV RVG wieder abgesetzt hat. Auch das war zutreffend, da das Verschlechterungsverbot im Beschwerdeverfahren nicht gilt.

Hinsichtlich der Erledigungsgebühr Nr. 5115 VV RVG muss ich vorsichtig sein, was ich schreibe. Zutreffend ist es, dass das LG die festgesetzt hat. Und dann: Vorsicht! Die Ablehnung der Festsetzung der vom Verteidiger zur Erstattung angesetzten Gebührenziffer – als „5151 VV RVG“ bezeichnet – durch die Stadt Wuppertal allein mit der Begründung, dass es diese Gebührenziffer nicht gebe, ist in meinen Augen lächerlich, fast hätte ich geschrieben dämlich. Der Schreibfehler bzw. Zahlendreher war und ist offensichtlich. Man fragt sich, was solche Spielereien/Mätzchen sollen. Sie erklären sich allenfalls daraus, dass man dem Kollegen, der im Zweifel der Stadt viel Arbeit macht, mal eins auswischen wollte. Solche Dinge sind aber mehr als überflüssig und machen nur unnötige Arbeit. Das sollte auch eine Stadtverwaltung wissen und über den Dingen stehen. Keep cool?

OWi II: Einsicht in Messunterlagen, oder: So umschifft auch das OLG Oldenburg das VerfG Saarland

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Ich komme dann noch einmal auf den OLG Oldenburg, Beschl. v. 23.07.2018 – 2 Ss (OWi) 197/18 – zurück (vgl. dazu das „morgendliche“ Posting unter OWi I: OLG Oldenburg, der VerfG Saarland und das “unfaire standardisierte Messverfahren“, oder: “Absurd”.)

Der Kollege Ritter, der den Beschluss erstritten – besser „erlitten“ – hat, hatte übrigens Anhörungsrüge erhoben. Auch die natürlich ohne Erfolg. Da macht es das OLG im OLG Oldenburg, Beschl. v. 09.08.2018 – 2 Ss(OWi) 197/18 – übrigens wie das OLG Düsseldorf im OLG Düsseldorf, Beschl. v. 06.07.2018 – IV-2 RBs 133/18 (dazu: OWi II: Stoßseufzer aus Düsseldorf?, oder: Gott sei Dank, VerfG Saarland umschifft):

„Soweit der Betroffene darauf abstellt, bereits die Verwaltungsbehörde hätte ihm die Daten zur Verfügung stellen müssen, hätte der Betroffene sein Begehren im Wege des § 62 OWiG weiterverfolgen müssen. Der Betroffene hatte jedoch lediglich in dem Schreiben, mit dem er die Akteneinsicht beantragt hatte, hilfsweise die gerichtliche Entscheidung gemäß § 62 OWiG beantragt. Eine wirksame Anfechtung der ablehnenden Entscheidung der Verwaltungsbehörde ist damit jedoch nicht erfolgt, weil Entscheidungen nicht vor deren Erlass angefochten werden können (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6.7.2018, IV-2RBs 133/18, bei www.burhoff.de). Der Betroffene hat deshalb bereits nicht alles getan, um gegenüber der Verwaltungsbehörde den von ihm geltend gemachten Anspruch durchzusetzen.“

Also auch da: Man marschiert vereint. Abweichen ist nicht erlaubt…..

Das einzige Positive: Der Hinweis auf meine Homepage 🙂 .

OWi II: Stoßseufzer aus Düsseldorf?, oder: Gott sei Dank, VerfG Saarland umschifft

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Nach OWi I: Rechtsprechungsmarathon zur Einsicht in Messunterlagen, oder: Der Kampf geht weiter, dann eine „schöne“ – na ja, das kann man bezweifeln – Entscheidung des OLG Düsseldorf aus dem Bereich.

Das AG hatte den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von unter 100 € verurteilt. Der Betroffene hat u.a. die Versagung rechtlichen Gehörs geltend gemacht und die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG gegen die Verurteilung beantragt. Der Antrag hatte natürlich keinen Erfolg. Das OLG hat im OLG Düsseldorf, Beschl. v. 06.07.2018 – IV-2 RBs 133/18 – den Zulassungsantrag zurückgewiesen und führt dazu u.a. aus:

„b) Auch die Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes in dem vom Betroffenen angeführten Beschluss vom 27. April 2018 (Lv 1/18) verhelfen dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg.

Der Verfassungsgerichtshof (a. a. O., Rn. 37 nach juris m. w. N.) stellt nicht in Zweifel, dass Einsichtsgesuche der hier gegenständlichen Art gegenüber der Verwaltungsbehörde zu verfolgen sind und nicht erst in der Hauptverhandlung erstmalig verbunden mit dem Antrag auf Aussetzung derselben gestellt werden dürfen (Senat, Beschluss vom 22. Juli 2015, Az. IV-2 RBs 63/15, juris = NZV 2016, 140, 142; vgl. auch § 77 Abs. 2 Nr. 2 OWiG). Kommt die Verwaltungsbehörde dem nicht nach, hat der Betroffene sein Begehren im Wege des § 62 OWiG weiterzuverfolgen (Senat a. a. O.). Das ist hier anders als in dem vom Verfassungsgerichtshof des Saarlandes entschiedenen Fall nicht geschehen. Die Rechtfertigungsschrift teilt zu einem solchen Antrag lediglich mit, dessen Stellung sei durch den Verteidiger des Betroffenen in der Schrift, mit der dieser bei der Verwaltungsbehörde die hier gegenständlichen Einsichtsrechte geltend gemacht habe, für den Fall der Ablehnung desselben erklärt worden. Eine wirksame Anfechtung der ablehnenden Entscheidung der Verwaltungsbehörde ist damit jedoch nicht erfolgt, weil Entscheidungen nicht vor deren Erlass angefochten werden können (BGHSt 25, 187, 189).

Schon allein deswegen kommt eine Versagung des rechtlichen Gehörs auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Fehlens einer Entscheidung nach § 62 OWiG in Betracht.2

Man kann den Stoßseufzer der Erleichterung quasi hören. Uff, Gott sei Dank, VerfG Saarland umschifft. Man ist erleichtert gewesen,  dass man auf den formalen Dreh mit der zu frühzeitigen „Anfechtung“ der Versagungsentscheidung gekommen ist. Damit war man einer Auseinandersetzung mit der Entscheidung der VerfG Saarland enthoben.

Für den Verteidiger bedeutet diese Entscheidung: Zunächst nur den Antrag auf Einsicht stellen und erst, wenn der abgelehnt worden ist, dagegen dann den Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Dann ist die Hürde genommen und das OLG muss sich andere Gedanken machen, wie man eine Stellungnahme zum Beschluss des VerfG Saarland umschiffen kann.