Und als zweite Entscheidung kommt hier dann mal wieder eine „Kopfschüttelentscheidung“. Es handelt sich um den OLG Naumburg, Beschl. v. 08.10.2025 – 1 Ws 307/25 – zur Festsetzung der Kosten nach Abtretung der Erstattungsforderung. „Kopfschütteln“ allerdrings nicht über die Entscheidung des OLG, sondern über den beteiligten Rechtspfleger.
Folgender Sachverhalt: Im Strafvollzugsverfahren ist um die Aushändigung schriftlicher Ausfertigungen der Vollzugs- und Eingliederungsplanfortschreibungen des Gefangenen gestritten worden. Nachdem die JVA die begehrten Protokolle der Vollzugs- und Eingliederungsplanfortschreibungen ausgehändigt und eine Kostenübernahme erklärt hatte, hat das LG die notwendigen Auslagen des Gefangenen der Landeskasse auferlegt.
Der Verfahrensbevollmächtigte beantragte am 19.05.2025 aus abgetretenem Recht die Erstattung der notwendigen Auslagen des Antragstellers in Höhe von 289,17 EUR an sich selbst. Mit Schriftsatz vom 26.05.2025 legte er eine Abtretungserklärung des Gefangenen vor und korrigierte den Erstattungsantrag dann am 02.06.2025 auf 512,27 EUR. Nach Anhörung der Landeskasse änderte der Verfahrensbevollmächtigte seinen Erstattungsantrag erneut und begehrte nunmehr noch die Festsetzung von 353,95 EUR aus der Landeskasse.
Mit Beschluss vom 04.07.2025 setzte die Rechtspflegerin die aus der Landeskasse dem Gefangenen, dem Antragsteller, zu erstattenden notwendigen Auslagen in dieser Höhe antragsgemäß und wies mit Verfügung vom selben Tage die Auszahlung an den Verfahrensbevollmächtigten an. Gegen diesen Beschluss, hat sich der Verfahrensbevollmächtigte mit seiner sofortigen Beschwerde gewandt. Mit dieser wendet er sich sowohl für den Antragsteller als auch in eigenem Namen gegen die Entscheidung, soweit entgegen dem Antrag eine Festsetzung der zu erstattenden notwendigen Auslagen zugunsten des Gefangenen/Antragstellers erfolgt ist.
Mit Erfolg:
„1. Das Rechtsmittel ist zulässig und in der Sache begründet.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 125 Nr. 3 JVollzGB I LSA, 121 Abs. 4 StVollzG i. V. m. § 464b Satz 3 StPO, § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG statthaft und fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist nach § 464b Satz 4 StPO erhoben worden. Zunächst ist der Verfahrensbevollmächtigte beschwerdebefugt, nachdem er selbst den Kostenfestsetzungsantrag aus abgetretenem Recht gestellt hatte (OLG Hamm, Beschluss vom 22. Januar 2009, 5 Ws 300/08 – zitiert nach juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 4. Juli 2018, 4 Ws 147/18, BeckRS 2018, 17053; Schmitt/Köhler, StPO, 68. Aufl., § 464b Rn. 2). Daneben ist auch der ursprüngliche Antragsteller beschwerdebefugt, soweit die Rechtspflegerin entgegen dem Kostenfestsetzungsantrag die zu erstattenden notwendigen Auslagen ausdrücklich zu seinen Gunsten festgesetzt hat, obwohl sie nach der erfolgten Abtretung seinem Verfahrensbevollmächtigten zustanden und er sich damit möglichen Rückerstattungsansprüchen gegenübersieht. Der Beschwerdewert von 200 Euro (§ 304 Abs. 3 StPO) ist überschritten. Der Senat hat in der Besetzung mit drei Richtern (§ 122 Abs. 1 GVG) zu entscheiden; § 568 Abs. 1 Satz 1 ZPO findet keine Anwendung (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 7. August 2017, 2 Ws 176/17, BeckRS 2017, 120182; OLG Rostock, Beschluss vom 18. Januar 2017, 20 Ws 21/17, BeckRS 2017, 100808; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Februar 2012, III-3 Ws 41/12, BeckRS 2012, 5113).
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die ausdrückliche Festsetzung der im Hinblick auf den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal vom 12. Mai 2025 zu erstattenden notwendigen Auslagen für den Antragsteller ist rechtsfehlerhaft erfolgt.
Soweit im Kostenerstattungsverfahren die nach der Kostengrundentscheidung Erstattungsberechtigten und deren Rechtsnachfolger, also beispielsweise auch der Verteidiger, an den die Kostenerstattungsansprüche ausdrücklich und formgerecht gem. § 398 BGB abgetreten wurden, antragsberechtigt sind (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 3. November 2015, 2 Ws 277/15 – zitiert nach juris; KK-StPO/Gieg, 9. Aufl. 2023, StPO § 464b Rn. 3; Schmitt/Köhler, a. a. O., § 464n Rn. 2), hätte im Hinblick auf die von dem Verfahrensbevollmächtigten vorgelegte Abtretungserklärung des Antragstellers zu Gunsten seines Verfahrensbevollmächtigten die Festsetzung ausdrücklich für letzteren erfolgen müssen. Soweit dies durch die Rechtspflegerin nicht erfolgt ist, hat der Senat den Beschluss in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abgeändert. Soweit die zu erstattenden Auslagen im Übrigen antragsgemäß festgesetzt wurden, war eine Änderung in der Höhe nicht erforderlich.“
Die ist in meinen Augen mal wieder der Beweis dafür, dass offenbar derjenige, der keine Arbeit hat, sich welche macht. Denn anders ist das Festsetzungsverhalten der Rechtspflegerin nicht zu verstehen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Festsetzung nicht zugleich für den Verfahrensbevollmächtigten erfolgt ist. Den Weg über das OLG hätte man sich ersparen können.



