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StPO I: Sind das Verdachtsgründe für Handel mit BtM?, oder: Zettel mit Namen und Geldbeträgen

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Heute, am letzten Donnerstag im Jahr 2022 dann noch einmal ein paar StPO-Entscheidungen.

Zunächst ein „kleiner“ LG-Beschluss zur Frage hinreichender Verdachtsgründe für die Annahme des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Das LG Rostock äußert sich dazu in einer Beschwerdeentscheidung, und zwar im LG Rostock, Beschl. v. 28.10.2022 – 11 Qs 137/22 (2):

„Die Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung vom 7.2.2022 ist wegen des mit der Durchsuchung verbundenen Grundrechtseingriffs und der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG auch nach der am 2.3.2022 erfolgten Durchsuchung mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit der prozessualen Maßnahme zulässig (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 65. Auflage, Vor § 296 Rdnr. 18 a mwN).

Gegen den Durchsuchungsbeschluss ist nichts zu erinnern. Es bestanden bei Erlass der Durchsuchungsanordnung auch hinreichende Verdachtsgründe: Der bei der Wohnungsdurchsuchung des gesondert verfolgten pp. aufgefundene Zettel, auf dem handschriftlich Geldbeträgen Namen zugewiesen worden sind, bezüglich „    sogar ein Betrag von 2.100 €“, legt unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Umstandes, dass in der Wohnung des pp. auch Betäubungsmittel sichergestellt worden sind, die Annahme nahe, dass es sich hierbei um Dealeraufzeichnungen handelte. Es erscheint auch nicht fernliegend, dass ,,pp“ auf dem Notizzettel mit dem Handykontakt „pp“ identisch ist, so dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden waren, der Beschwerdeführer, der als Anschlussinhaber des Kontaktes „pp.“ ermittelt werden konnte, treibe mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel.“

Handel mit Amphetamin und MDMA aus den Niederlanden, oder: Wer hat bestellt?

entnommen wikimedia.org Quelle Scan by Raimond Spekking

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Und nach BGH und KG dann ans andere Ende der Instanzenleiter, nämlich zum AG und dort zum AG Köln mit dem AG Köln, Beschl. v. 19.12.2016 – 543 Ds 437/16, der sich kurz und knapp zum hinreichenden Tatverdacht betreffend Handel mit BtM verhält. Die Anklage hatte dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe sich in den Niederlanden Amphetamin und MDMA an seine Wohnanschrift bestellt. Nach dem Ermittlungsergebnis beruhte der Tatverdacht (nur) auf der Tatsache, dass durch den Zoll eine entsprechende Sendung am 07.07.2016 sichergestellt wurde. Auf dieser Sendung befand sich als Empfänger Name und Anschrift des Angeschuldigten. Dem AG reicht das nicht und es lehnt die Eröffnung des Hauptverfahrens ab (§§ 203 ff. StPO):

„Der Angeschuldigte bestreitet, eine entsprechende Bestellung aufgegeben zu haben. Da weitere konkrete Anhaltspunkte für die Bestellung durch den Angeklagten selbst nicht gegeben sind, kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine andere Person – möglicherweise auch mit Wissen des Angeklagten – Bestellungen unter Verwendung der Anschrift des Angeklagten aufgegeben hat, um die Sendung dort in Empfang zu nehmen.

M.E. richtig. Da hatte man ja auch nun wirklich gar nichts außer eine Sendung, die an den Angeklagten gerichtet war. Das AG hat dann lieber zutreffend vor der Hauptverhandlung die Rettungsleine gezogen.

Eigennutz, oder: Das sollte man wissen

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Nur mal so zur Erinnerung bringe ich dann jetzt den BGH, Beschl. v. 17.08.2016 – 2 StR 163/16. Er behandelt eine Frage, die m.E. die in der Tatsacheninstanz entscheidende Strafkammer des LG Schwerin schon hätte wissen müssen. Die Problematik gehört zu den Basics, wenn es um Betäbungsmittelstrafrecht geht. Nämlich der Umstand, dass zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln der Eigennutz gehört. Das war dem LG dann aber wohl nicht bekannt – wirklich? – und hat zur Aufhebung beim BGH geführt:

Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Annahme von Mittäterschaft auf die Erwägung gestützt, die Rolle des Angeklagten beim Drogenhandel gehe über ein bloßes Hilfeleisten und Unterstützen des Haupttäters J. deutlich hinaus; aufgrund der von ihm selbst ausgeführten Handlungen und deren Bedeutung für das Gelingen der Geschäfte sei er als Täter anzusehen. Dabei hat das Landgericht keine Feststellungen treffen können, welche Einnahmen der Angeklagte erzielt hat. Dies steht jedoch nach Ansicht der Strafkammer der Annahme einer Täterschaft nicht entgegen, wenn – wie hier – die tatsächlich eingenommene Rolle so bedeutend sei, dass Tatherrschaft zu bejahen sei.

Diese Erwägungen tragen eine Verurteilung wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nicht. Eine solche Verurteilung setzt in jedem Fall die Feststellung voraus, dass der Handelnde selbst eigennützige Bemühungen entfaltet, die darauf gerichtet sind, den Umsatz mit Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern. Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn ein Täter nur den Eigennutz eines anderen mit seinem Tatbeitrag unter-stützen will (st. Rspr.; BGH NStZ-RR 2013, 282; NStZ-RR 2014, 213, 275). Das Fehlen von Eigennützigkeit kann nicht durch den Hinweis auf Tatherrschaft er-setzt werden. Aus diesem Grund waren Feststellungen zu einem eigennützigen Handeln des Angeklagten nicht entbehrlich. Da auch weder dem Hinweis der Strafkammer, Feststellungen dazu, welche Einnahmen der Angeklagte erzielt habe, hätten nicht getroffen werden können, noch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu entnehmen ist, ob der Angeklagte in Ge-winnerzielungsabsicht (auch) ein eigenes Betäubungsmittelgeschäft durchführen wollte und welche Vorteile er sich davon versprochen hat, bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung.“

Im zweiten Durchlauf wird es nach der Belehrung dann sicherlich klappen.