Schlagwort-Archiv: Vereinsrecht

Einberufung der Mitgliederversammlung des Vereins, oder: Wahl der Form der Einladung durch Vorstand

Und im zweiten „Kessel-Buntes-Posting“ dann der OLG Celle, Beschl. v. 22.08.2025 – 9 W 65/25 – zum Vereinsrecht.

Gestritten wird um die Eintragung einer Änderung einer Satzung in das Vereinsregister. Das Registergericht hat den Eintragungsantrag u. a. dahingehend beanstandet, die in der Satzungsänderung vorgesehene Möglichkeit, zu Mitgliederversammlungen alternativ durch Bekanntgabe/Aushang in der Geschäftsstelle oder durch schriftliche Benachrichtigung einzuladen, sei unzulässig. Es dürfe nicht im Belieben des Vereinsvorstands stehen, in unmittelbarer Form (also durch direkt an die einzelnen Mitglieder gerichtete Schreiben) oder in mittelbarer Form (durch eine Mitwirkung des Mitglieds erfordernde Bekanntgabe/Aushang) einzuladen.

Die dagegen gerichtete Beschwerde des Vereins hatte Erfolg:

„1. Der in der Literatur verschiedentlich vertretenen und vom Registergericht geteilten Auffassung, eine Satzungsbestimmung, die die Wahl zwischen Einberufungsformen mit und ohne Mitwirkungsobliegenheit der Mitglieder dem Vorstand überlasse, sei in jedem Fall unzulässig (vgl. Krafka, Registerrecht, 12. Aufl. 2024, 2146; Schwennicke in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2023, Rn. 37 zu § 32; die dort zum Beleg angeführte Fundstelle OLG Hamm, Beschluss vom 13. April 1965, 15 W 54/65, ist indes unzutreffend zitiert, das OLG Hamm hat die genannte Streitfrage gerade offengelassen), vermag sich der Senat jedenfalls für den vorliegenden Streitfall nicht anzuschließen.

Vor dem Hintergrund der Vereinsfreiheit (die Mitgliederversammlung des betroffenen Vereins hat die entsprechende Satzungsänderung in ihrer Jahreshauptversammlung am 10. März 2025 einstimmig beschlossen) erscheinen vielmehr lediglich Regelungen zur Einberufung von Mitgliederversammlungen unzulässig, die den Mitgliedern die Möglichkeit der Kenntnisnahme in unzumutbarer Weise erschweren; soweit dies nicht der Fall ist, sind auch alternative Einberufungsformen statthaft (vgl. Schöpflin in BeckOK BGB, 74. Edition 2025, Rn. 12 zu § 32; Waldner in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 5, 5. Aufl. 2021, § 25, Rn. 16; Notz in beck-online-Grosskommentar, Stand 2018, Rn. 52 zu § 32; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16. Juli 1984, BeckRS 1984, 30993466, je m. w. N.).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Einladung durch Aushang (z. B. im Vereinslokal), soweit diese einer einzig vorgesehenen Einberufungsform entspricht, offenbar nach allgemeiner Auffassung zulässig ist. Wenn im Streitfall dem Vorstand die zusätzliche alternative Möglichkeit, durch schriftliche Benachrichtigung einzuladen, an die Hand gegeben wird, stellt dies – gegenüber einer für sich gesehen zulässigen Einladungsform durch Aushang – für die Vereinsmitglieder keine Erschwerung, sondern vielmehr eine Erleichterung der Möglichkeit zur Kenntnisnahme dar.“

Und dieses Posting zum Vereinsrecht nehme ich dann mal wieder zum Anlass <<Werbemodus an>> auf mein vor kurzem in Neuauflage erschienenes Werk: Vereinsrecht  Wegweiser für Vereine und Mitglieder, 12. Aufl. 2025“ hinzuweisen, das man – natürlich 🙂 – hier bestellen kann.<<Werbemodus aus>>

Vereinsrecht II: Einsicht in Vereinsregisterakten, oder: Formal Beteiligter mit berechtigtem Interesse?

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Und dann auch im zweiten „Kessel-Buntes-Posting“ etwas zum Vereinsrecht, und zwar stelle ich den KG, Beschl. v. 25.02.2025 – 22 W 66/24 – zur Einsicht ins Vereinsregister vor.

Es geht um Folgendes: Der an dem Verfahren Beteiligte zu 1), der Verein ist seit 1984  im Vereinsregister eingetragen. Sein Zweck ist nach § 2 der Satzung die treuhänderische Übernahme und treuhänderische Verwaltung von unbeweglichem Vermögen sowie Forderungen und sonstigen vermögenswerten Rechten für eine Partei sowie die Wahrnehmung von deren Interessen in Grundstücksangelegenheiten. Mitglieder des Vereins sind nach § 3 Abs. 1 der Satzung die jeweiligen Mitglieder des Bundesvorstands und die jeweiligen Mitglieder der Bundesgeschäftsführung dieser Partei

Der Beteiligte zu 2) regte zunächst mit Schreiben vom 05.03.2024 gegenüber dem Registergericht die dringende Einleitung eines Verfahrens auf Löschung des Beteiligten zu 1) nach § 395 FamFG an, weil dieser seiner Auffassung nach als wirtschaftlicher Verein anzusehen sei. Nachdem das Registergericht ihm nach Anhörung des Beteiligten zu 1) mitteilte, dass und inwieweit die von ihm aufgestellten Behauptungen über Grundvermögen und Tätigkeiten nicht zutreffen, stellte er mit Schreiben vom 27.05.2024 weitere Behauptungen auf. Diesen trat der Verein wiederum mit einem dem Beteiligten zu 2) auf Bitten des Vereins nicht übersandten Schreiben entgegen. Daraufhin teilte das Registergericht mit Schreiben vom 05.08.2024 mit näherer Begründung auch zu den aufgestellten Behauptungen mit, dass die Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens nicht gerechtfertigt sei. Zugleich teilte es weiter mit, dass der vom Beteiligten zu 2) gestellte weitergehenden Akteneinsichtsantrag, den dieser, nachdem er Einsicht in die Registerakte genommen hatte, in erster Linie auf die Übersendung der Stellungnahme des Beteiligten zu 1) vom 19.04.2024 bezog, die Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses erfordere.

Das Amtsgericht hat den Antrag auf eine solche Akteneinsicht zurückgewiesen, weil dem Beteiligten zu 2) alle Informationen weitergegeben worden seien und er sich nicht auf ein weitergehendes berechtigtes Interesse berufen könne. Daraufhin beantragte der Beteiligte zu 2) eine gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG, vorsorglich legte er auch Beschwerde gegen den Beschluss ein. Er berief sich wegen eines berechtigten Interesses auf seine nebenberufliche journalistische Tätigkeit im Bereich der Parteifinanzierung und Parteivermögen. Zudem habe er als Bürger und Wähler auch ein legitimes tatsächliches Interesse daran, Informationen über Vermögen und Finanzen der Parteien zu erhalten, erst Recht wenn dieses auf andere Rechtssubjekte ausgegliedert wird. Mit einem Beschluss vom 08.11.2024 hat das AG dem Beschluss nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Das KG hat die Beschwerde zurückgewiesen:

2. Der Antrag auf erweiterte Akteneinsicht hat aber keinen Erfolg. Der Ablehnung durch das Amtsgericht war nicht rechtswidrig, der Antragsteller wird auch nicht in seinen Rechten verletzt.

Gegenstand des Verfahrens ist allein noch die Frage, ob dem Beteiligten zu 2) unmittelbar Einsicht in die als Stellungnahmen zu den von ihm aufgestellten Behauptungen über einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Beteiligten zu 1) eingereichten Schreiben vom 19. April 2024 und 23. Juli 2024 entgegen den Bitten des Stellungnehmenden zu gewähren ist. Denn der Beteiligte zu 2) hat bereits eine umfassende Einsicht in die Registerakte erhalten, wie sich aus seiner Stellungnahme vom 27.05.2024 ergibt. Die Akte enthielt nicht nur die nach § 79 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 66 BGB jedermann zur Einsicht zur Verfügung stehenden Unterlagen, sondern auch den weiteren Schriftverkehr, weil das Registergericht bisher nicht von der Möglichkeit nach § 7 Abs. 1 Satz 2 VRV Gebrauch gemacht hat und lediglich eine Akte führt.

Die Gewährung eines weitergehenden Akteneinsichtsrechts entgegen der Bitte des Beteiligten zu 1) kommt nicht in Betracht, weil es insoweit an einem berechtigten Interesse im Sinne des § 13 Abs. 2 FamFG fehlt.

a) Wäre der Beteiligte zu 1) als Beteiligter des vorangegangenen und mittlerweile erledigten Verfahrens nach § 395 FamFG anzusehen, wäre zwar von einem berechtigten Interesse auszugehen (vgl. dazu Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 24. Oktober 2024 – 102 VA 105/24 –, juris Rn. 30ff). Denn als berechtigtes Interesse genügt jedes vernünftigerweise gerechtfertigte Interesse tatsächlicher, wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Art (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 5. Oktober 2020 – I-2 Wx 219/20 –, juris Rn. 9). Der Beteiligte zu 2) war aber nicht Beteiligter im verfahrensrechtlichen Sinne des FamFG. Eine solche Beteiligtenstellung folgt nicht aus dem Umstand, dass er gegenüber dem Registergericht die Einleitung eines Verfahrens nach § 395 FamFG gegen den Beteiligten zu 1) „beantragt“ hat. Denn er selbst ist insoweit nicht antragsbefugt, so dass seine Eingabe lediglich als Anregung anzusehen war, die nicht dazu führt, dass eine Beteiligtenstellung im Sinne des § 7 FamFG erworben wird (vgl. Sternal/Sternal, FamFG, 21. Aufl., § 7 Rn. 16; MüKoFamFG/Pabst, 4. Aufl., § 7 Rn. 5). Auch im Übrigen liegen die Voraussetzungen des § 7 FamFG in der Person des Beteiligten zu 2) nicht vor. Eine Berufung auf ein allgemeines Informationsbedürfnis eines interessierten Bürgers reicht insoweit nicht aus.

Als Anregender des Verfahrens nach § 395 FamFG lässt sich ein berechtigtes Interesse nicht herleiten. Denn dem Beteiligten zu 2) sind alle von dem Beteiligten zu 1) mitgeteilten Umstände zu den von ihm aufgestellten Behauptungen übermittelt worden. Ein weitergehendes irgendwie geartetes Interesse ist nicht ersichtlich und nicht dargelegt. Dann kommt auch eine Akteneinsicht nicht in Betracht (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 5. Oktober 2020 – I-2 Wx 219/20 –, juris Rn. 9; Sternal/Sternal, FamFG, 21. Aufl., § 13 Rn. 30). Auf eine falsche oder unvollständige Wiedergabe des Inhalts der Stellungnahmen beruft sich der Beteiligte zu 2) auch nicht. Sie liegt auch nicht vor.

b) Der Beteiligte zu 2) kann sich schließlich auch nicht auf seine journalistische Tätigkeit berufen. Eine solche Tätigkeit wird allerdings durch Art. 5 Abs. 1 GG besonders geschützt. Dieser Schutz umfasst dabei auch die Informationsbeschaffung (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2011 – V ZB 47/11 –, juris Rn. 6). Aus diesem Grund stehen dem Senat insoweit nur stark eingeschränkte Prüfungsmöglichkeiten zu. So hat sowohl die Qualität der journalistischen Tätigkeit unbeachtet zu bleiben, als auch die Frage, ob die erwarteten Informationen hilfreich oder notwendig sind (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 28. August 2000 – 1 BvR 1307/91 –, juris Rn. 29). Gegen die Annahme, dass der Beteiligte zu 2) die weitergehende Akteneinsicht aufgrund seines journalistischen Interesses erstrebt, spricht aber, dass der Hinweis auf eine journalistische Tätigkeit erst in dem Moment erfolgt ist, als ihm wegen des Fehlens eines berechtigten Interesses eine weitergehende Akteneinsicht verwehrt worden ist. Die Schreiben sind darüber hinaus auch nur auf der Grundlage der von ihm aufgestellten Behauptungen im Verfahren nach § 395 FamFG erstellt worden und deshalb von ihm provoziert worden. Registerakten enthalten in der Regel keine Angaben zu den Vermögensverhältnissen und wirtschaftlichen Beziehungen der Vereine. Dann aber muss dem Betroffenen – hier dem Beteiligten zu 1) – das Recht verbleiben, einer unmittelbaren Übersendung seiner Stellungnahmen zu widersprechen. Dies gilt vor allem dann, wenn der Inhalt der Stellungnahmen bereits dem die Akteneinsicht Begehrenden bekannt gegeben worden ist.2

Und auch hier dann <<Werbemodus an>> der Hinweis auf „mein“ „Vereinsrecht“, das in Kürze in 12. Aufl. erscheint und hier vorbestellt werden kann. <<Werbemodus aus>>.

Vereinsrecht II: Zwang im Vereinsverbotsverfahren, oder: Durchsuchung und Beschlagnahme

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Und dann im zweiten Posting etwas Verfahrensrechtliches, nämlich der OVG Lüneburg, Beschl. v. 19.12.2024 – 13 OB 144/24 -zur vereinsrechtlichen Durchsuchung und Beschlagnahme.

Das OVG nimmz zu verschiedenen Fragen Stellung, die in einem auf den Erlass eines Vereinsverbots gerichteten Verfahren im Hinblick auf eine dort erfolgte Durchsuchung eine Rolle gespielt haben, und zwar u.a.:

„c) Der Durchsuchungsbeschluss durfte auch gegenüber dem Antragsgegner als Mitgeschäftsführer der „G. GmbH“ ergehen. In einem auf den Erlass eines Vereinsverbots gerichteten Verfahren erstreckt sich der Personenkreis, bei dem eine Durchsuchung entsprechend § 102 StPO erfolgen kann, – wie bei juristischen Personen – auf die in § 30 Abs. 1 OWiG genannten Personen, die für den Verein handeln. Insoweit reicht es aus, dass nach (kriminalistischer bzw. polizeilicher) Erfahrung die begründete Aussicht besteht, dass sich bei den für den Verein handelnden Personen für die weitere Untersuchung relevante Beweismittel finden lassen (vgl. BGH, Beschl. d. Kartellsenats v. 23.1.2014 – KRB 48/13 -, juris; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl. 2024, § 102 Rn. 3a). Das ist bei dem Geschäftsführer einer juristischen Person der Fall, für die der Anfangsverdacht besteht, Teilorganisation eines verbotenen Vereins im Sinne des § 3 Abs. 3 VereinsG zu sein.

d) Der angefochtene Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss richtet sich – entgegen der Beschwerde – nicht gegen die Ehefrau des Antragsgegners. Diese hat allerdings die Beschlagnahme derjenigen Gegenstände, die sich möglicherweise in ihrem Mitbesitz befinden, zu dulden (S. 2 f. und 10 des angefochtenen Beschlusses). Der entsprechend anzuwendende § 94 StPO setzt keinen Anfangsverdacht gegen sie, sondern lediglich das Bestehen eines Anfangsverdachts überhaupt – hier gegen den Verlag „F. “ bzw. die „G. GmbH“- und die potentielle Beweisbedeutung der beschlagnahmten Gegenstände voraus (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl. 2024, § 94 Rn. 8 und 6). Auch diese potentielle Beweisbedeutung der beschlagnahmten Gegenstände und Unterlagen ist gegeben. Es besteht die ernsthafte Möglichkeit, dass sie neue tatsächliche Erkenntnisse über die Eingliederung des Verlags „F. “ bzw. der „G. GmbH“ in die Aktivitäten des IZH erbringen oder bisherige Erkenntnisse erhärten, aber auch in Frage stellen können. Gegen die Beweisbedeutung der im Einzelnen beschlagnahmten Gegenstände und Unterlagen hat der Antragsgegner auch keine konkreten Einwände erhoben.“

Die Eventualeinberufung der Mitgliederversammlung, oder: Grundlage in der Vereinssatzung?

Vereinsrecht- 11. Aufl.Es ist „Saturdaytime“ und damit „Kessel-Buntes-Tag. In dem köchelt heute etwas zum Vereinsrecht und dann noch etwas zu Corona.

Den Opener mache ich mit dem Vereinsrecht, und zwar mit dem Hinweis auf den OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2024 – 19 W 21/24 (Wx) – zur Eventualeinberufung der Mitgliederversammlung eines Vereins.

Und da die Problematik bereits entschieden ist und das OLg dem folgt, reicht der Leitsatz- Und zwar:

Eine Eventualeinberufung zur Mitgliederversammlung für den Fall fehlender Beschlussfähigkeit ist nur bei entsprechender Satzungsgrundlage zulässig (Anschluss an BayObLG, Beschluss vom 18. September 2002 – 3Z BR 148/02 –, juris, Rn. 12; LG Bremen, Beschluss vom 14. Oktober 1998 – 2 T 736/98).

Die Fragen sind übrigens auch behandelt bei <<Werbemodus an>> Burhoff, Vereinsrecht, 11. Aufl, 2022, das man hier bestellen kann <<Werbemodus aus>>.

Verein II: Abberufung/Wahl eines Vorstandsmitgliedes, oder: War die Ladung zur Mitgliederversammlung ok?

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Und als zweite Entscheidung dann das OLG Naumburg, Urt. v. 26.10.2023 – 4 U 11/23. In dem Verfahren wurde um die Wirksamkeit der Abberufung des 2. Vorsitzenden eines Vereins und die Neuwahl eines (neuen) 2. Vorsitzenden auf einer Mitgliederversammlung gestritten. Es geht um den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Der Kläger war 2. Vorsitzender des beklagten Vereins.

Das LG hat den Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, die keinen Erfolg hatte:

„Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, denn dem Kläger steht weder ein Verfügungsanspruch (1.) noch ein Verfügungsgrund (2.) zur Seite.

Die Nichtigkeit von Beschlüssen eines Vereins ist im Wege der Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO geltend zu machen (Ellenberger, in: Grüneberg, 82. Aufl. 2023, § 32 Rn. 11). Demzufolge ist auch der prozessuale Weg eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eröffnet, im einstweiligen Verfügungsverfahren jedoch nur nach Maßgabe der zuletzt im Termin der mündlichen Verhandlung vom 5. Oktober 2023 gestellten Anträge. Denn die Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 22. Oktober 2022 zur Abberufung des Klägers als 2. Vorsitzender des Beklagten nähme die Hauptsache vorweg, was nicht zulässig ist. Im einstweiligen Verfügungsverfahren kann aber entschieden werden, dass bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache ein Beschluss keine Wirkungen entfaltet.

Der Kläger dringt jedoch auch mit den aktualisierten Anträgen nicht durch, weder mit den Haupt- noch mit den Hilfsanträgen. Es fehlt sowohl am Verfügungsanspruch als auch an einem Verfügungsgrund i.S.d. §§ 935, 940 ZPO.

Das Landgericht geht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend davon aus, dass ein Verfügungsanspruch nicht vorliegt, weil der am 22. Oktober 2022 in der Mitgliederversammlung des Verfügungsbeklagten unter Tagungsordnungspunkt 3 gefasste Beschluss (Amtsenthebung von Herrn pp. als 2. Vorsitzenden) wirksam ist.

Die Nichtigkeit eines Beschlusses eines Vereins (§ 32 BGB) kann vorliegen bei Nichtladung eines Teils der Mitglieder (BGH 59, 369, NJW-RR 06, 831, BayObLG NJW-RR 97, 289). Mängel der Beschlussfassung eines Vereins sind jedoch weder direkt noch analog nach §§ 241 ff. AktG oder nach § 51 GenG zu beurteilen (BGH, Urteil vom 2. Juli 2007, II ZR 111/05, NJW 2008, 69 Tz 36).

Der streitige Beschluss ist nicht schon deshalb unwirksam, weil der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte den (rechtzeitige) Zugang der Ladung zur Mitgliederversammlung am 22. Oktober 2022 beim Kläger nicht bewiesen hat. Der Mangel der Ladung ist im vorliegenden Fall durch die unstreitige persönliche Anwesenheit des Klägers in der Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022 und seine dortige Mitwirkung geheilt.

Eine ordnungsgemäße Ladung zu einer Mitgliederversammlung erfordert, dass der Gegenstand der Beschlussfassung in der Einladung zu einer Mitgliederversammlung so genau bestimmt ist, dass den Mitgliedern eine sachgerechte Vorbereitung der Versammlung und eine Entscheidung, ob sie an der Versammlung teilnehmen wollen, möglich ist (BGH vom 2. Juli 2007, II ZR 111/05, Rn 38, juris,). Eine Heilung ist möglich, wenn dem nicht ordnungsgemäß geladenen Mitglied der Gegenstand der Beschlussfassung auch ohne Ladung rechtzeitig bekannt wurde. Ferner führt ein Verfahrensfehler nur dann zur Ungültigkeit eines Beschlusses, wenn er für das Abstimmungsergebnis für die Ausübung der Mitwirkungsrechte relevant wurde. Dabei ist auf ein objektiv urteilendes Verbandsmitglied abzustellen (BGH, a.a.O., Rn. 44 unter Verweis auf BGHZ 385, 391 f.; 153, 32, 37). Im vorliegenden Fall kann der Senat nicht erkennen, dass die mangelhafte Ladung des Klägers für das Abstimmungsergebnis relevant wurde, wobei dem Senat bewusst ist, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Irrelevanz beim Beklagten liegt.

Dem Kläger war die Zeit und die Tagesordnung der Versammlung vom 22. Oktober 2022 aus dem Protokoll der Vorstandssitzung vom 17. September 2022 bekannt. Dieses Protokoll hat er unstreitig erhalten. Er wusste somit, dass seine Abwahl als 2. Vorsitzender und ggf. die Nachwahl des 2. Vorsitzenden auf der Tagesordnung standen und er hatte Gelegenheit, sich gerade hierauf vorzubereiten. Soweit der Kläger mit der Berufungsbegründung in diesem Zusammenhang vorträgt, „Wären dem Berufungskläger die Tagesordnungspunkte der (außerordentlichen) Mitgliederversammlung – wie sie durchgeführt worden ist – sowie die ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe im Einzelnen bekannt gewesen und hätten ihm als Vorbereitung auf diese Versammlung jedenfalls die satzungsmäßigen 14 Tage zur Verfügung gestanden, wäre in der Versammlung möglicherweise anders abgestimmt worden. Zum einen wären dem Antragsteller (bei Kenntnis der genauen Vorwürfe) insbesondere bei entsprechender Vorbereitungszeit in Kenntnis der Einzelheiten Gespräche mit den übrigen Vereinsmitgliedern, auch denjenigen, die zur Versammlung nicht erschienen sind, möglich gewesen, deren Ergebnisse möglicherweise die Willensbildung und somit die Stimmabgabe der übrigen Mitglieder beeinflusst hätten. Zum anderen hätte der Antragsteller die Versammlung bei Kenntnis der Einzelheiten zu den Vorwürfen und bei mehr (Vorbereitungs-) Zeit gewissenhafter vorbereiten und letztlich durch entsprechende Redebeiträge und Anträge in der Versammlung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung und die Stimmabgabe der Mitglieder nehmen können. All dieses war ihm verwehrt. …“, vermag dieser Vortrag der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn schon dem Vorstandsbeschluss vom 17. September 2022 waren mehrfach Unstimmigkeiten zwischen dem Kläger und dem Vorstand sowie den Vereinsmitgliedern vorausgegangen, welche das Verhalten des Klägers, insbesondere die Verwendung von Vereinsvermögen zum Gegenstand hatten. Auch in der Berufungsverhandlung ist nicht ersichtlich geworden, dass in der Versammlung vom 22. Oktober 2022 neue Vorwürfe gegen den Kläger Gegenstand der Diskussion geworden wären. Auch wäre es dem Kläger mit der unstreitigen Übersendung des Protokolls des Vorstandes vom 17. September 2022 möglich gewesen, Kontakt zu jedem Mitglied des Beklagten – der Verein hat insgesamt nur 17 Mitglieder – aufzunehmen und mit diesen Gespräche zu führen. Davon hat der Kläger offensichtlich keinen Gebrauch gemacht, jedenfalls lässt sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen, dass er insoweit – vergebliche – Versuche unternommen hat.

Der Kläger kann eine Nichtigkeit des Beschlusses der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022 auch nicht darauf stützen, dass kein wichtiger Grund für seine Abberufung vorläge. Gemäß § 27 Abs. 2 S. 2 BGB kann durch die Satzung vom Grundsatz der freien Widerruflichkeit der Vorstandsbestellung abgewichen und die Widerruflichkeit auf den Fall beschränkt werden, dass ein wichtiger Grund vorliegt. Eine solche Beschränkung sieht die Satzung des Beklagten nicht vor. Da der Kläger jedoch für eine bestimmte Amtszeit zum 2. Vorsitzenden bestimmt wurde, darf er grundsätzlich darauf vertrauen, während der laufenden Periode nicht ohne wichtigen Grund abberufen zu werden.

Ein wichtiger Grund für die Abberufung ist nach einhelliger Auffassung gegeben, wenn dem Verein eine Fortsetzung des Organverhältnisses mit dem Vorstandsmitglied bis zum Ende seiner Amtszeit nicht zugemutet werden kann (BeckOGK/Segna, 1.12.2022, BGB § 27 Rn. 4446.1; Staudinger/Schwennicke, 2019, Rn. 55; Soergel/Hadding Rn. 18; Wagner in Reichert/Schimke/Dauernheim Vereins- und VerbandsR-HdB Kap. 2 Rn. 2200). Ein solcher Fall liegt hier vor, weil das Verhältnis des Klägers zu den übrigen Vorstandsmitgliedern so gestört ist, dass eine konstruktive Zusammenarbeit ganz offensichtlich nicht mehr möglich ist. Dabei kommt es auf die Gründe für die Zerrüttung, die auch in der Berufungsverhandlung deutlich zu Tage getreten ist, nicht entscheidend an. Die Zerstörung der Vertrauensbeziehung im Vorstand war erkennbar Grund für die Absicht des Vorstandes des Beklagten, über die Abberufung des Klägers abstimmen zu lassen.

Auch der weitere Vortrag des Klägers, wonach die Verweigerung der Teilnahme und des Rederechts des gemäß § 11 Abs. 3 S. 3 der Satzung des Deutschen pp. e. V. von dessen Präsidium bevollmächtigte Herr Giersch in der Versammlung vom 22. Oktober 2022 zur Nichtigkeit der dort gefassten Beschlüsse führe, verhilft der Berufung nicht zum Erfolg. Es ist nicht ersichtlich, dass die Verweigerung der Teilnahme und des Rederechts des Herrn pp.3 durch den Mangel der Ladung des Klägers zu der Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022 verursacht wurde. Auch bildet diese Verweigerung keinen eigenständigen Grund für die Nichtigkeit des Beschlusses über die Abberufung des Klägers. Der Beklagte hat mit der Verweigerung zweifelsohne gegen seine Pflicht als Mitglied des Deutschen pp. e.V., dessen Vertreter in der Mitgliederversammlung ein Rederecht einzuräumen, verstoßen (§ 11 Abs. 3 S. 3 der Satzung des Deutschen pp. e. V). Daraus folgt aber nicht ohne Weiteres die Verletzung eines Mitgliedsrechts des Klägers.

Auch der Hauptantrag zu A 2.a), wonach der Beschluss des Beklagten aus der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022, durch Nachwahl des 2. Vorsitzenden nunmehr Herrn pp.2 als neuen 2. Vorsitzenden des Berufungsbeklagten zu berufen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache keine Wirkungen entfalten soll, ist aus den vorgenannten Ausführungen unbegründet. Dies gilt auch für den Hauptantrag zu A 2.b).

Mit seinen Hilfsanträgen im Übrigen vermag der Kläger aus den vorgenannten Gründen ebenfalls nicht durchzudringen.

Selbst unter Annahme des Vorliegens eines Verfügungsanspruches scheitert die Berufung jedenfalls daran, dass der Kläger einen Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat, § 940 ZPO……“