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Verkehrsrecht II: Mindestdauer für Sperrfrist ist fix, oder: Weniger als drei Monate ist nicht zulässig

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In dem zweiten Entscheidung, dem KG, Urt. v. 17.08.2022 – ([3] 161 Ss 129/22 (44/22) – hat das KG u.a. zur Frage der Dauer der Sperrfrist (§ 69a StGB) Stellung genommen. Das AG hatte noch eine Sperrfrist von 2 Monaten festgesetzt. Das hat das KG auf die Sprungrevision der Staatsanwaltschaft beanstandet:

„2. Die Sprungrevision der Amtsanwaltschaft ist begründet. Die angeordnete Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.

Gemäß § 69a Abs. 4 Satz 1 StGB verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO wirksam war. Satz 2 dieser Vorschrift sieht allerdings vor, dass das Mindestmaß drei Monate nicht unterschreiten darf. Letzteres ist hier geschehen: In dem angegriffenen Urteil hat das Amtsgericht Tiergarten grundsätzlich zutreffend § 69a Abs. 4 StGB angewandt, dessen Voraussetzungen aufgrund der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis des Angeklagten mit Beschluss vom 10. September 2021 vorlagen. Jedoch hat es bei seiner Entscheidung § 69a Abs. 4 Satz 2 StGB nicht beachtet, indem es mit zwei Monaten eine Sperre unter dem gesetzlichen Mindestmaß angeordnet hat. Die Festsetzung einer kürzeren Sperrfrist als drei Monate ist unzulässig und kann – schon vor dem Hintergrund der eindeutigen, zwingenden gesetzlichen Regelung – auch nicht ausnahmsweise erfolgen (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil vom 8. November 1985 – 1 Ss 252/85 –, juris; OLG Köln NJW 1967, 361; Fischer a.a.O., § 69a Rn. 12; v. Heintschel-Heinegg/Huber in Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch 4. Aufl., § 69a Rn. 20; Kinzig in Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts Band 3 1. Aufl. 2021, Rn. 209; ders. in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch 30. Aufl., § 69a Rn. 13; Kretschmer in Münchener Kommentar zum Straßenverkehrsrecht 1. Aufl., § 69a Rn. 12).“

Das KG hat außerdem zu den Voraussetzungen, unter denen die Beschränkung des gegen den Strafbefehl gerichteten Einspruchs auf die Höhe des Tagessatzes und die Dauer der Sperrfrist (§ 69a StGB) wirksam ist, Stellung genommen. Insoweit verweise ich auf den verlinkten Volltext.

Rechtsmittel III: Rechtsmittelbeschränkung in der HV, oder: Anwesender Betroffener/Angeklagter

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Und die dritte Entscheidung kommt dann auch vom KG. Im KG, Beschl. v. 16.02.2022 – 3 Ws (B) 24/22 – geht es um die Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung, im entschiedenen Fall des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid.

Der Betroffene hatte gegen den Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt, den der Verteidiger dann in seiner Anwesenheit in der – später ausgesetzten – Hauptverhandlung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat. Das KG hat die Beschränkung ls wirksam angesehen:

„1. Die von Amts wegen zu prüfende Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch ist gemäß § 67 Abs. 2 OWiG zulässig und wirksam.

a) Nach § 67 Abs. 2 OWiG kann der Einspruch auf bestimmte Beschwerdepunkte – wie den Rechtsfolgenausspruch – beschränkt werden, wenn der zugrundeliegende Bußgeldbescheid die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 OWiG erfüllt. Dies ist hier der Fall. Der Bußgeldbescheid lässt den Schuldvorwurf des Verstoßes gegen § 24a Abs. 1 StVG und die ihn tragenden Tatsachen eindeutig erkennen. Zwar sind dem Bußgeldbescheid keine ausdrücklichen Angaben zur Schuldform zu entnehmen. Dies steht der Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung indessen nicht entgegen. Aus dem Umstand, dass der Regelsatz des Bußgeldkatalogs verhängt worden ist, ist vielmehr zu folgern, dass dem Bußgeldbescheid die Annahme einer fahrlässigen Tatbegehung zugrunde liegt (vgl. Senat, Beschlüsse vom 26. November 2021 – 3 Ws (B) 288/21 -; vom 28. Oktober 2021 – 3 Ws (B) 259/21 -; vom 26. August 2020 – 3 Ws (B) 163/20 – und vom 6. März 2018 – 3 Ws (B) 73/18 -, beide juris).

b) Auch ist die Erklärung der Einspruchsbeschränkung wirksam.

Die von Amts wegen zu prüfende nach §§ 67 Abs. 1 Satz 2 OWiG, 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Verteidigers zur Einspruchsbeschränkung lag vor (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 19. Februar 2019 – III-5 RVs 23/19 -, juris; Seitz/Bauer in Göhler, OWiG 18. Aufl., § 67 Rn. 36). Für die Ermächtigung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben; sie kann in einer dem Verteidiger erteilten Vollmacht liegen (vgl. Seitz/Bauer in Göhler, OWiG 18. Aufl., a.a.O.) oder auch konkludent erteilt werden (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Dezember 2020 – 7 Rb 24 Ss 986/20 -, juris). Von einer konkludenten Ermächtigung des Verteidigers durch den Betroffenen in diesem Sinne ist bereits auszugehen, wenn der in der Hauptverhandlung anwesende Betroffene zu der Erklärung seines Verteidigers schweigt. In dem Schweigen ist eine Billigung der Erklärung des Verteidigers zu sehen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 19. Februar 2019 a.a.O. und vom 13. Oktober 2009 – 3 Ss 422/09 -, juris).

Vorliegend hat Rechtsanwalt A, angestellt bei der Kanzlei „B Rechtsanwälte“, die Vertretung des Betroffenen angezeigt und Einspruch eingelegt, in den Hauptverhandlungsterminen ist Rechtsanwalt C erschienen, dem von dem ebenfalls bei der Kanzlei „B Rechtsanwälte“ angestellten Rechtsanwalt D eine Terminvollmacht ausgestellt worden ist. Eine Vollmacht ist zwar nicht zu den Akten gelangt, jedoch ist der Betroffene in beiden Hauptverhandlungsterminen am 14. September und 7. Dezember 2021 anwesend gewesen und hat sowohl bei der Einspruchsbeschränkung in dem Hauptverhandlungstermin vom 14. September 2021 als auch bei der Feststellung der erfolgten Einspruchsbeschränkung in dem Hauptverhandlungstermin vom 7. Dezember 2021 geschwiegen, worin eine konkludente Ermächtigung zu sehen ist…..“

OWi II: Rechtlicher Hinweis auf vorsätzlichen Verstoß, oder: Einspruchsbeschränkung (noch) zulässig?

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Die zweite Entscheidung des Tages, der OLG Rostock, Beschl. v. 14.04.2022 – 21 Ss OWi 24/22 – befasst sich ebenfalls mit dem Einspruch, und zwar mit der Frage, ob der Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolge (§ 67 Abs. 2 OWiG) im Verfahren über eine nach dem Bußgeldbescheid fahrlässig begangene Ordnungswidrigkeit entgegen steht, dass das Tatgericht bereits einen rechtlichen Hinweis erteilt hat (§ 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO), dass eine Vorsatzverurteilung in Betracht kommt. Die Frage ist vor einiger Zeit im OLG Frankfurt am Main, Beschluss v. 23.03.2016, 2 Ss-OWi 52/16 – bejaht worden, auch das OLG Rostock hatte das wohl so gesehen. Das OLG Rostock hat jetzt aber im Beschl. v. 14.04.2022 seine Auffassung geändert:

„Dass das Amtsgericht davon ausgegangen ist, die Möglichkeit der Einspruchsbeschränkung sei schon vor der entsprechenden Erklärung für den Betroffenen dadurch entfallen, dass eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Verstoßes in Betracht kam und das Amtsgericht darauf bereits hingewiesen hatte, ist rechtsfehlerhaft.

Die mit § 67 Abs. 2 OWiG in der Fassung vom 26.01.1998 zum Gesetz gewordene erweiterte Möglichkeit der Einspruchsbeschränkung verfolgt die Ziele der Verfahrensvereinfachung sowie der Entlastung der Gerichte (BT-Drs. 13/5418 S. 2, 7). In erster Linie soll damit den Erfahrungen der Praxis Rechnung getragen werden, dass gerade in Verfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten, die den Großteil der Bußgeldsachen ausmachen, der zugrunde liegende Verkehrsverstoß zwar häufig eingeräumt wird, der Betroffene jedoch eine andere Sanktion erreichen will. Insbesondere geht es häufig um die Verhinderung der Verhängung eines Fahrverbotes. Nach der zuvor geltenden Gesetzeslage musste in diesen Fällen gleichwohl ein unbeschränkter Einspruch eingelegt und der Vorwurf daraufhin im gerichtlichen Verfahren in vollem Umfang nachgeprüft, insbesondere also eine vollständige Beweisaufnahme zur Sache durchgeführt werden. Dieses Verfahren kann mit der geschaffenen Zulässigkeit der Beschränkung deutlich gestrafft und vereinfacht werden. Denn wenn die Feststellungen des Bußgeldbescheids rechtskräftig feststehen, muss vor Gericht nur noch zum Rechtsfolgenausspruch verhandelt und entschieden werden (vgl. OLG Rostock a.a.O.; OLG Oldenburg, a. a. O., Rn. 10 (zitiert nach juris)).

Zwar tritt der gewünschte Effekt der Gerichtsentlastung weniger stark auf, sofern die Beschränkung des Einspruchs erst nach der Beweisaufnahme erfolgt. Allerdings entfällt dieser Effekt nicht vollständig. Denn infolge der Beschränkung des Einspruchs verringert sich sowohl der Aufwand des Amtsgerichts im Rahmen der Urteilsabfassung als auch der Prüfungsumfang des Rechtsbeschwerdegerichts.

Darüber hinaus erscheint es ganz grundsätzlich nicht möglich, die Wirksamkeit einer Einspruchsbeschränkung vom bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme und einen daraufhin ergangenen rechtlichen Hinweis des Gerichts abhängig zu machen, weil es zu diesem Zeitpunkt an bindenden Feststellungen zum Tathergang noch fehlt. Solange dies so ist, bleibt die Möglichkeit des Betroffenen bestehen, dem Amtsgericht die Prüfungskompetenz für diese Feststellungen zu entziehen. Das Amtsgericht muss in dieser Konstellation von der im Bußgeldbescheid – zumindest konkludent – zum Ausdruck kommenden Tatvariante ausgehen (OLG Oldenburg, a. a. O., Rn. 11 (zitiert nach juris); aA OLG Frankfurt, Einzelrichterbeschluss v. 23.03.2016, 2 Ss-OWi 52/16, Rn. 14 (zitiert nach juris)).

Soweit dies der Senat in seiner unveröffentlichten Einzelrichterentscheidung vom 21.12.2020, Az.: 21 Ss (OWi) 248/20, im Ergebnis und ohne nähere Ausführungen zu dieser Frage anders gesehen hat, hält er daran nicht fest.

Auch die Ausführungen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main im Beschluss vom 23.03.2016 (25 Owi 52/16, NJW-RR 2016, 153) überzeugen den Senat nicht, wonach infolge eines rechtlichen Hinweises des Gerichts, dass eine vorsätzliche Begehung in Betracht komme, der Betroffene seinen Einspruch nicht mehr wirksam auf die Rechtsfolge beschränken könne, da es ihm verwehrt sei, „wie nach der Rosinentheorie“ sich die Punkte aus dem Tatgeschehen „herauszupicken“, die für ihn möglicherweise günstig sind, und alle diejenigen wegzubeschränken, die für ihn nachteilig sind.

Angesichts dessen, dass der Betroffene mit der Beschränkung seines Einspruchs den Schuldvorwurf aus dem Bußgeldbescheid gegen sich gelten lässt, kann keine Rede davon sein, dass er das Verfahren mit Blick auf das im Fall eines unbeschränkten Einspruchs regelmäßig gegebene Ziel, vom Vorwurf freigesprochen zu werden, mit seiner Einspruchsbeschränkung nur auf ihm günstige Punkte des Tatgeschehens im Stile einer Rosinenpickerei reduziert.

Dem weiteren vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main angeführten Begründungsansatz, die Schuldform und die Rechtsfolgen seien „auf das Engste“ miteinander verbunden, so dass auch von daher eine Einspruchsbeschränkung auf die Rechtsfolge nach einem gerichtlichen Hinweis, es komme eine Vorsatzverurteilung in Betracht, ausscheide, vermag der Senat ebenfalls nicht zu folgen. Richtig ist zwar, dass der Vorwurf, der den Betroffenen trifft, und damit auch die Schuldform Grundlage für die Zumessung der Geldbuße (§ 17 Abs. 3 OWiG) und der weiteren Rechtsfolgen ist. Dieses Aufbauen aufeinander bedeutet jedoch nicht, dass es einem Gericht infolge eines Vorsatzhinweises nicht mehr möglich ist, die Rechtsfolge auf Grundlage der bereits im Bußgeldbescheid angenommenen Fahrlässigkeit zu bestimmen.

Darüber hinaus kann die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt aufgrund der Rechtspflicht des Tatgerichts, rechtliche Hinweise möglichst frühzeitig zu erteilen, nämlich sobald sich erstmals die Möglichkeit einer anderen rechtlichen Beurteilung ergibt (Meyer-Goßner / Schmitt, StPO-Komm., 64. Aufl., 2021, § 265 Rn. 32 m. w. N.), dazu führen, dass das Erreichen der mit der Neuregelung von § 67 Abs. 2 OWiG angestrebten gesetzgeberischen Ziele der Prozessökonomie und der Entlastung der Gerichte in erheblichem Maße eingeschränkt wird.

Das Abweichen von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt verpflichtete den Senat nicht, die Sache zur Entscheidung der Rechtsfrage gemäß §§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 121 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 lit. a) GVG dem Bundesgerichtshof vorzulegen. Bei der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 23.03.2016 handelt es sich um einen Einzelrichterbeschluss (§ 80a Abs. 1 OWiG), der als Grundlage für ein Verfahren nach § 121 Abs. 2 GVG nicht geeignet ist (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 04.07.2013, Az.: IV-1 Rbs 80/13, Rn. 12 (zitiert nach juris) und der ungeachtet seiner Veröffentlichung anders als die nunmehr durch den Senat in der Besetzung mit drei Richtern getroffene Entscheidung nicht mit dem Ziel ergangen sein kann, zur Fortbildung des Rechts beizutragen (§ 80a Abs. 3 S. 1 OWiG).“

OWi II: Wirksamkeit der Beschränkung des Einspruchs, oder: Beschränkung auf die Höhe der Geldbuße

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Die zweite Entscheidung, der OLG Brandenburg, Beschl. v. 28.02.2022 – 1 OLG 53 Ss-OWi 28/22 – behandelt eine verfahrensrechtliche Problematik, und zwar die Frage: Kann der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid wirksam auf die Höhe der Geldbuße beschränkt werden? Das OLG meint, ja:

„1. Die vom Senat aufgrund der zulässig erhobenen Sachrüge von Amts wegen durchzuführende Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen ergibt, dass der Betroffene seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vom 15. November 2019 in der Hauptverhandlung vom 09. Juli 2020 wirksam auf die Höhe der Geldbuße beschränkt hat, so dass die tatsächlichen Feststellungen des Bußgeldbescheids zum Schuldspruch sowie das weiterhin verhängte Fahrverbot von zwei Monaten unter Einräumung der Gestaltungsmöglichkeit des § 25 Abs. 2a StVG in Rechtskraft erwachsen sind.

a) Gemäß § 67 Abs. 2 OWiG kann der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden, sofern der Bußgeldbescheid den gesetzlichen Anforderungen des § 66 Abs. 1 OWiG entspricht. Die Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung setzt zusätzlich voraus, dass der Beschwerdepunkt nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angefochtenen Teil rechtlich und tatsächlich unabhängig beurteilt werden kann, ohne eine Überprüfung im Übrigen erforderlich zu machen, und dass die nach dem Teilrechtsmittel stufenweise entstehende Gesamtentscheidung frei von inneren Widersprüchen bleibt (vgl. BGH, Beschluss vom 09. Oktober 2018 – KRB 10/17 – m.w.N.).

Zwar ist von der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Beschränkung eines Einspruchs auf die Anordnung eines Fahrverbots wegen der Wechselwirkung von Fahrverbot und Geldbuße unwirksam ist. Eine Beschränkung des Einspruchs auf die Höhe der Geldbuße wird indes für möglich erachtet, denn die der Beschränkung auf die Fahrverbotsanordnung entgegenstehende Wechselwirkung von Geldbuße und Fahrverbot ist bei einer Beschränkung auf die Höhe der Geldbuße gerade nicht gegeben, da eine Herabsetzung der Geldbuße keinen Grund darstellt, ein im Bußgeldbescheid zudem angeordnetes Regelfahrverbot zu verlängern, zu verkürzen oder wegfallen zu lassen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 16. Januar 2012 – III-2 RBs 141/11 –; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02. November 2016 – IV-2 RBs 157/16 –; Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen, S. 457, § 19 Rn. 6; ders. in: DAR 2012, 218; Seitz in: Göhler, OWiG, 18. Aufl., 2021, § 67 Rn. 34g m.w.N.; van Endern in: Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 4, 1. Aufl., § 67 OWiG (Stand: 28.08.2020), Rn. 42; Grube in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., OWiG – Bezüge zum Straßenverkehrsrecht (Stand: 01.12.2021); Krenberger, jurisPR-VerkR 18/2012, jurisPR-VerkR 3/2017). Dieser Rechtsauffassung schließt sich der Senat an.

b) Der Bußgeldbescheid entspricht den gesetzlichen Anforderungen des § 66 Abs. 1 OWiG. Zwar sind ihm keine ausdrücklichen Angaben zur Schuldform zu entnehmen. Dies steht der Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung indes nicht entgegen. Aus dem Umstand, dass der Regelsatz des Bußgeldkatalogs verhängt worden ist, ist vielmehr zu folgern, dass dem Bußgeldbescheid die Annahme einer fahrlässigen Tatbegehung zugrunde liegt (vgl. OLG Hamm, a.a.O.; KG Berlin, Beschlüsse vom 26. August 2020 – 3 Ws (B) 163/20 –, vom 6. November 2019 – 3 Ws (B) 334/19 – und 6. März 2018 – 3 Ws (B) 73/18 –).

c) Mit zutreffenden Erwägungen ist der Bußgeldrichter von einer wirksamen Beschränkung des Einspruchs auf die Höhe der Geldbuße ausgegangen, da diese weder widersprüchlich noch auslegungsbedürftig ist. Die Einspruchsbeschränkung wurde sowohl vom Betroffenen als auch von der Verteidigerin in der Hauptverhandlung erklärt und die entsprechende Protokollierung von beiden nach lautem Vorlesen bestätigt. Insbesondere spricht die Tatsache, dass der Betroffene ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls vom 09. Juli 2020 vor der Einspruchsbeschränkung erklärt hat, er habe die Geschwindigkeitsbeschränkung nicht wahrgenommen, nicht dafür, dass der Betroffene sich auch gegen das verhängte Fahrverbot wenden wollte, denn nicht jedes behauptete Augenblicksversagen führt zwangsläufig zu einem Wegfall des Fahrverbots. Eine derartige Einlassung kann nämlich auch dazu dienen, Einfluss auf die Höhe der Geldbuße zu nehmen, weshalb ein widersprüchliches Verhalten des Betroffenen insoweit nicht erkennbar ist. Dass der Betroffene im Zusammenhang mit der vorgenommenen Einspruchsbeschränkung Erklärungen abgegeben hat, aus denen erkennbar wäre, dass es dem Betroffenen nicht allein um die Reduzierung der im Bußgeldbescheid angeordneten Geldbuße geht, ist weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 30. Oktober 2017 – 3 Ss OWi 1206/17 –).

Soweit sich in der Hauptverhandlung vom 27. September 2021 Verteidigungsvorbringen gegen die Ordnungsgemäßheit der Messung richtete, war dies nicht geeignet, die Wirksamkeit der zuvor erfolgten Beschränkung des Einspruchs in Zweifel zu ziehen, denn ein einmal wirksam erklärter Rechtsmittelverzicht ist unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Auflage, § 302 Rn. 9 m.w.N.). Nachträgliches Verteidigungsvorbringen in einer weiteren Hauptverhandlung gibt dem Gericht jedenfalls keinen Anlass, die Wirksamkeit einer zuvor als wirksam angesehenen Rechtsmittelbeschränkung einer erneuten Prüfung zu unterziehen.

Der Schuldspruch und die Feststellungen zur Geschwindigkeitsüberschreitung und der Rechtsfolgenausspruch bzgl. des im Bußgeldbescheid verhängten Fahrverbots sind somit in Rechtskraft erwachsen.“

Prozesskostenhilfe/PKH für den Nebenkläger, oder: Ja, aber eine beschränkte PKH gibt es nicht

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Die zweite Entscheidung, die ich vorstelle – es handelt sich um den OLG Naumburg, Beschl. v. 16.03.2021 – 1 Ws (s) 60/21 – befasst sich mit der Frage, ob PKH bei der Nebenklage beschränkt bewilligt werden kann.

Der Mandant des Kollegen Schröder, der mir den Beschluss geschickt hat, ist als Nebenkläger zu einem Strafkammer-Verfahren zugelassen, das sich gegen drei Mitangeklagte richtet. Am ersten Sitzungstag hat der Kollege für den Nebenkläger die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung beantragt. Dem hat das LG nur dahin entsprochen, „soweit das Verfahren die den Angeklagten und mit Anklage der Staatsanwaltschaft Magdeburg — Zweigstelle Halberstadt — vom 23. Juli 2018 zur Last gelegte Tat betrifft“. Dagegen die Beschwerde, die  beim OLG Erfolg hatte:

„Die Beschwerde des Nebenklägers hat in der Sache Erfolg. Denn eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Nebenklägervertreters nach § 397a Abs 2 StPO kann für das Strafverfahren und für den Rechtszug nur einheitlich ergehen und nicht einzelne Teile des Verfahrens, insbesondere einzelne Hautverhandlungstage oder einzelne Tatvorwürfe. hiervon ausnehmen.

§ 397a Abs. 2 Satz 1 StPO definiert die Voraussetzungen. unter denen Prozesskostenhilfe bewilligt wird. Dem Nebenkläger ist für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts auf Antrag Prozesskostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, wenn er seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann oder ihm dies nicht zuzumuten ist. Weitere Bedingungen sieht das Gesetz nicht vor. Die Verweisung auf die Vorschriften der §§ 114 ff. ZO durch die Formulierung „nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten“ führt unzweifelhaft nicht dazu, dass sich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe danach orientiert, ob und inwieweit eine Nebenklage Erfolg haben kann oder nicht. § 114 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO wird von § 397a Abs. 2 Satz 3 StPO für nicht anwendbar erklärt, so dass die Erfolgsaussicht der Nebenklage für die Bewilligungsentscheidung keine Rolle spielt.

Der Nebenkläger genießt nach den Vorstellungen des Gesetzes eine besondere Verfahrensrolle. Das kommt dadurch zum Ausdruck. dass § 397 StPO dessen Rechte besonders definiert und damit die Stellung des Nebenklägers in Abgrenzung zu einem Privatkläger hervorhebt. Dazu gehört insbesondere das Recht des Nebenklägers zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung (§ 397 Abs. 1 Satz 1 StPO), so dass die seine Anwesenheit beschränkenden Vorschriften der §§ 58 Abs. 1, 243 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht gelten (u.a. Schmitt. in: Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO. 63. Aufl. 2021, § 397 Rn. 2). Das Anwesenheitsrecht erstreckt sich hierbei auf die gesamte Hauptverhandlung (Valerius in MüKoStPO, 1 Aufl. 2019. § 397 Rn. 4).

Mit dem Wesen der Nebenklage ist es nicht zu vereinbaren, die Entscheidung des Nebenklägers und des ihm beigeordneten Rechtsanwalts zur Ausübung des Anwesenheitsrechts über die Form der Prozesskostenhilfebewilligung zu steuern und ihn kostenrechtlich davon abzuhalten. das Anwesenheitsrecht auszuüben. Diese Kompetenz steht dem Gericht nach dem gesetzgeberischen Willen nicht zu, selbst wenn der Vorsitzende die Hauptverhandlung so gestaltet, dass einzelne Teile (insbesondere Verhandlungstage oder Verhandlungsinhalte) keinen unmittelbaren Bezug zum Nebenkläger und den ihn unmittelbar berührenden Tatvorwurf gegen den Angeklagten aufweisen sollen und Rechte dem Nebenkläger nach Sachlage des Einzelfalls nur im Hinblick auf das Nebenklagedelikt zustehen (Hilger, in: Löwe-Rosenberg, StPO. 26. Aufl. 2009. § 397, Rn. 2). Hierbei geht es jedoch vornehmlich um Befugnisse des Nebenklägers in einer Hauptverhandlung wie etwa Beteiligungsrechte, nicht das Anwesenheitsrecht des Nebenklägers selbst. Die Hauptverhandlung unterliegt außerdem einer Dynamik. Es lässt sich nicht sicher vorhersagen, dass die Erörterungen in der Hauptverhandlung an einem konkreten Verhandlungstag stets den anfangs erwarteten Verlauf nehmen und sich die Erwartung des Gerichts bei Abfassung einer Bewilligungsentscheidung erfüllt, dass den Nebenkläger betreffende Themen an bestimmten Verhandlungstagen nicht oder erst an einem späteren Verhandlungstag zur Sprache kommen. Ungeachtet dessen stehen einem Nebenkläger Erklärungsrechte im Hinblick im Hinblick auf eine mögliche Gesamtstrafenbildung, Maßregel der Besserung und Sicherung nach Nebenfolgen zu. sodass keinesfalls von vornherein eine Beschränkung der Teilnahme erfolgen darf. Schon deshalb kann die Beschränkung der Bewilligung keinen Bestand haben, wobei wie ausgeführt, der Gesetzgeber sich gegen eine Beschränkung entschieden hat.

Nichts anderes folgt aus der Tatsache, dass die Bewilligung im angefochtenen Beschluss, so zeigt es der Nichtabhilfebeschluss, praktisch zwei Hauptverhandlungstage von der Bewilligung ausnimmt. an denen zwei Mitangeklagten und deren Verteidigern nach § 231c StPO eine Entfernung von der Hauptverhandlung gestattet wurde. Denn die Beurlaubung einzelner Mitangeklagter schränkt das allein maßgebliche Anwesenheitsrecht eines Nebenklägers aus § 397 Abs. 1 StPO nicht ein. § 231c StPO stellt nämlich nur auf das „Betroffensein“ der Mitangeklagten ab. Eine Regelung zu anderen Verfahrensbeteiligten als zu Mitangeklagten enthält die Norm nicht. Deshalb ist es auch nicht zulässig, aus der Beurlaubung von Mitangeklagten ab-zuleiten, dass Nebenkläger nicht anwesend sein müssen und ihnen im Falle einer Anwesenheit die Kostenlast auferlegt werden darf. § 231c StPO erlaubt keine Rückschlüsse auf den Gebrauch des umfassend vorgesehenen Anwesenheitsrechts eines Nebenklägers, auch wenn der Zweck der Vorschrift. Verteidigern Zeit zu ersparen und einzelne Mitangeklagte zeitlich nicht über Gebühr zu belasten, sinngemäß auch für einen Nebenklägervertreter und einen Nebenkläger gilt. Im Unterschied zu einem Angeklagten existiert für den Nebenkläger jedoch keine Anwesenheitspflicht in der Hauptverhandlung (§ 231 StPO).

Kostenrechtliche Erwägungen, etwa zum Umfang der Erstattungsfähigkeit von notwendigen Auslagen des Nebenklägers, sind für das Zustandekommen einer Bewilligungsentscheidung nach § 397a Abs. 2 StPO hingegen ohne Bedeutung. Wäre es anders, hätte es der Gesetzgeber regeln müssen. Das ist nicht geschehen. Um einer „ausufernden“ Kostentragungspflicht des Staates zu begegnen, stehen andere Instrumente zur Verfügung. Die Trennung von Verfahren nach den §§ 2 ff. StPO dürfte allerdings nur selten kostenrechtlich (oder gar zeitlich) Vorteile bringen.“