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Einziehunng III: Wert des Erlangten beim Mietbetrug, oder: Geschuldete Miete ja, Kaution nein.

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Und als dritte Entscheidung zur Problematik „Einziehung“ dann hier noch der OLG Zweibrücken, Beschl. v. 09.01.2023 – 1 OLG 2 Ss 37/22 – zur Bestimmung des Wertes des Erlangten beim Mietbetrug (§ 73c StGB).

Der Angeklagte ist vom AG u.a. wegen Betrugs verurteilt worden. Zudem wurde eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen die Berufung des Angeklagten, die nur geringen Erfolg hatte:

„Die zulässige Revision führt zu dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Die Entscheidung über die Einziehung von Wertersatz hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

a) Gemäß § 73 Abs. 1 StGB ordnet das Gericht die Einziehung an, wenn der Täter durch eine rechtswidrige Tat oder für diese etwas erlangt hat. Erlangt hat der Angeklagte durch den Betrug die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung. Deren Gegenwert stellt gemäß § 535 Abs. 1 und 2 BGB die Mietzahlung dar. Soweit sich der Angeklagte eigene Aufwendung dadurch erspart hat, dass er in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 den geschuldeten Mietzins in Höhe von 1.000 € überhaupt nicht, im Mai 2020 nur in Höhe von 600 € und im August 2020 in Höhe von 800 € gezahlt hat, hat er durch die Tat etwas erlangt. Insoweit ist der Wert dieser Taterträge gemäß §§ 73, 73c StGB einzuziehen.

b) Die Einziehung eines darüber hinausgehenden Betrages in Höhe von 937,42 € wird von den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Urteils nicht gedeckt. Die Kaution, die der Angeklagte ebenfalls nur zu einem Bruchteil gezahlt hatte, stellt keinen finanziellen Gegenwert für die Nutzung der Wohnung dar. Sie dient allein der Sicherung künftiger Ansprüche des Vermieters aus dem Mietverhältnis und dessen Abwicklung (Hau/Poseck/Zehelein in BeckOK BGB, 64. Ed., § 535 Rn. 181). Zwar kann ein Vermieter auf Zahlung der Kaution klagen, solange ein Sicherungsbedürfnis besteht (Hau/Poseck/Wiederhold in BeckOK BGB 64. Ed., § 551 Rn. 37). Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist sie aber grundsätzlich zurückzuzahlen. Dem Angeklagten ist daher durch die Tat kein Vermögenswert in Höhe des nicht gezahlten Kautionsbetrages zugeflossen.

2. Darüber hinaus war die gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten anzuordnen.

Nach den Feststellungen haben der Angeklagte und seine gesondert verfolgte Ehefrau die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung gemeinsam erlangt. Soweit die Strafkammer nicht aufzuklären vermochte, ob die Ehefrau von Anfang an in der Absicht handelte, sich in Höhe ersparter Mietzahlungen zu bereichern, konnte sie die Entscheidung über die Gesamtschuldnerschaft nicht durch den Zusatz „ggf.“ im Tenor offen lassen. Es ist vielmehr eine eindeutige Aufnahme einer gesamtschuldnerischen Haftung in den Tenor erforderlich, weil der Staat durch die Anordnung der Wertersatzeinziehung nicht nur einen Zahlungsanspruch erwirbt, sondern diesen gemäß § 459g Abs. 2 StPO vollstrecken kann (BGH, Beschlüsse vom 23.11.2011 – 4 StR 516/11, NStZ 2012, 382, 383; vom 12.03.2018 – 4 StR 57/18, juris Rn. 3).

3. Der Senat ändert den Einziehungsausspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst. Durch die Reduzierung des Einziehungsbetrags ist jede Beschwer des Angeklagten ausgeschlossen. Auch die Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung beschwert den Angeklagten nicht. Sie begründet zudem weder einen Anspruch des Fiskus gegen die gesondert Verfolgte noch begünstigt sie diese oder den Angeklagten. Die Kennzeichnung als Gesamtschuld hat vornehmlich Warnfunktion für die staatlichen Vollstreckungsbehörden, Einziehungsbeträge nicht mehrfach zu vollstrecken. Sofern tatsächlich keine Ansprüche gegen andere Personen bestehen sollten, geht die Feststellung der gesamtschuldnerischen Haftung ins Leere (BGH, Urteil vom 28.07.2021 – 1 StR 519/20, juris Rn. 142; BGH, Beschluss vom 23.11.2011 – 4 StR 516/11, NStZ 2012, 382, 383). Der namentlichen Benennung des anderen Gesamtschuldners in der Beschlussformel bedarf es nicht (BGH, Beschlüsse vom 06.09.2022 – 3 StR 241/22, juris Rn. 4; vom 07.06.2022 – 4 StR 31/22, juris Rn. 3; jeweils mwN).“

Einziehung II: Einziehung eines Erbbaurechts, oder: Das Erbbaurecht als Tatmittel in einem „Plantagenfall“

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Im zweiten Posting komme ich dann noch einmal auf den BGH, Beschl. v. 24.11.2022 – 4 StR 263/22– zurück. Den hatte ich ja schon vorgestellt wegen der verfahrensrechtlichen Fragen, nämlich: Ablehnung eines Beweisantrages auf Vernehmung eines sog. Auslandszeugen (vgl. StPO II: BGH zur Vernehmung eines Auslandszeugen, oder: Beweisantrag zur Erforschung der Wahrheit?). Der Schluss behandelt aber auch eine materiell-rechtliche Frage in Zusammenhang mit der Einziehung eines Erbbaurechts.

Zunächst zur Erinnerungs noch einmal der Sachverhalt der Entscheidung: Das LG hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und seine Ehefrau wegen Beihilfe verurteilt. Nach den Feststellungen des LG hatte die Ehefrau ein Erbbaurecht an einer unbewohnten Doppelhaushälfte erworben, damit ihr Ehemann dort in Absprache mit ihr eine Cannabisplantage anlegen konnte. Durch zwei Ernten habe der Ehemann insgesamt 279.000 EUR eingenommen. Die Revision der Angeklagten hatte mit der Verfahrensrüge Erfolg (dazu StPO II: BGH zur Vernehmung eines Auslandszeugen, oder: Beweisantrag zur Erforschung der Wahrheit?.

Das LG hatte aber (auch) das Erbbaurecht als Tatmittel eingezogen. Auch dazu hat der BGH Stellung genommen. Iinsoweit hatte die Revision keinen Erfolg.

Die Einziehung des der angeklagten Ehefrau zustehenden Erbbaurechts als Tatmittel sei – so der BGH – aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das LG habe die Einziehung rechtsfehlerfrei auf § 74 Abs. 1 StGB gestützt:

„1. Das Erbbaurecht als Recht an einem Grundstück (vgl. näher zu seiner Rechtsnatur OLG München, Beschluss vom 30. August 2018 – 34 Wx 67/18, FGPrax 2019, 6; Heinemann in MüKo-BGB, 8. Aufl., § 1 ErbbauRG Rn. 4 f.; Ingenstau/Hustedt, ErbbauRG, 12. Aufl., § 1 Rn. 5 ff., § 12 Rn. 3 ff.; Nagel, ErbbauRG, 1. Aufl., § 1 Rn. 108 ff., § 12 Rn. 6 ff.), ist ein taugliches Einziehungsobjekt. Denn als Gegenstände im Sinne des § 74 Abs. 1 StGB können außer Sachen, deren Einziehung Volleigentum des Täters oder Teilnehmers an ihnen voraussetzt (vgl. § 74 Abs. 3 StGB: „gehören“; bereits zu § 40 Abs. 2 Nr. 1 aF BGH, Beschluss vom 28. September 1971 – 1 StR 261/71, BGHSt 24, 222, 225; vgl. auch Lohse in LK-StGB, 13. Aufl., § 74 Rn. 31 ff. mwN, auch zur Gegenauffassung), auch Rechte eingezogen werden, wie sich aus dem systematischen Zusammenhang der Vorschrift (vgl. § 74 Abs. 3 StGB: „zustehen“, § 75 Abs. 1 StGB) und ihrer Entstehungsgeschichte (vgl. BT-Drucks. V/1319, S. 53 zu § 40 StGB aF; ausführlich Lohse in LK-StGB, 13. Aufl., vor § 73 Rn. 4 ff.) ergibt (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 9. März 2021 – 6 StR 48/21).

2. Das Erbbaurecht ist zur Begehung der Tat, an der die Angeklagte L.   K.       beteiligt war, gebraucht worden und damit Tatmittel im Sinne des § 74 Abs. 1 StGB.

a) Zur Begehung einer Tat gebraucht worden oder bestimmt gewesen ist allerdings nicht jeder Gegenstand, der zu der Tat irgendeine räumliche oder zeitliche Verbindung hat. Die Benutzung eines Gegenstandes nur bei Gelegenheit der Begehung einer Straftat reicht nicht aus. Erforderlich ist darüber hinaus, dass sein Gebrauch gezielt die Verwirklichung des deliktischen Vorhabens fördert bzw. nach der Planung des Täters fördern soll (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2004 – 2 StR 362/04; Beschluss vom 9. Juli 2002 – 3 StR 165/02; vgl. Heine in SSW-StGB, 5. Aufl., § 74 Rn. 79; Burr, NStZ 2006, 226, 227). Diese Voraussetzung wird zunächst – in tatsächlicher Hinsicht – durch das Haus ebenso wie durch das – allerdings nicht im Eigentum der Angeklagten stehende – Grundstück erfüllt, da es ausschließlich zum Betrieb der Cannabis-Plantage vorgesehen war und der Tatplan des Indoor-Anbaus von Cannabis nur in geeigneten Räumen umgesetzt werden konnte (vgl. zur Einziehung von Grundstücken, auf denen Cannabis-Plantagen errichtet worden sind, bereits BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2018 – 4 StR 318/18; Beschluss vom 31. März 2016 – 2 StR 243/15; anders OLG Köln, Beschluss vom 16. September 2005 – 2 Ws 336/05, NStZ 2006, 225 zur Einziehung eines Grundstücks, das zur Veranstaltung unerlaubter Glücksspiele genutzt worden ist).

b) Das Landgericht hat dennoch zutreffend nicht das Haus als Sache eingezogen. Dieses steht zwar im Eigentum der Angeklagten L.    K.      als Erbbauberechtigter an dem Grundstück, und zwar nach der im Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Auffassung selbst dann, wenn das Gebäude schon vor der Entstehung des Erbbaurechts errichtet worden sein sollte (vgl. nur Heinemann in MüKo-BGB, 8. Aufl., § 12 ErbbauRG Rn. 7; Rapp in Staudinger, BGB, Neubearb. 2017, § 12 ErbbauRG Rn. 11, jew. mwN). Es unterliegt gleichwohl nicht der Sacheinziehung. Denn das Gebäude ist gemäß § 12 Abs. 1 ErbbauRG wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts und daher nicht sonderrechtsfähig, so dass eine gesonderte Übertragung des Eigentums an ihm und damit auch ein Übergang desselben auf den Staat nach § 75 Abs. 1 StGB nicht möglich ist (vgl. Heinemann, aaO).

c) Zu Recht hat das Landgericht daher stattdessen das Erbbaurecht der Angeklagten an dem Grundstück eingezogen. Denn das für die Cannabis-Plantage benutzte Haus war infolge seiner Eigenschaft als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts so eng mit diesem verknüpft, dass sich der Gebrauch des Hauses zugleich als Gebrauch des Erbbaurechts im Sinne von § 74 Abs. 1 StGB darstellte.

aa) Der diesem Ergebnis entgegenstehenden Auffassung, Tatobjekt sei bei tatsächlichem Einsatz einer Sache allein diese selbst und nicht ein an ihr bestehendes Recht (vgl. in diesem Sinn zum Anwartschaftsrecht Meyer, JR 1972, 385, 386 [krit. Anm. zu BGH, Beschluss vom 28. September 1971 – 1 StR 261/71, BGHSt 24, 222]; Saliger in NK-StGB, 5. Aufl., § 74 Rn. 25) – hier also außer dem rechtlich unselbständigen Gebäude allenfalls noch das Grundstück, welches aber im Eigentum eines tatunbeteiligten Dritten steht (§ 74 Abs. 3 StGB) ?, vermag der Senat nicht zu folgen. Es entspricht vielmehr der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der abzuweichen kein Anlass besteht, dass jedenfalls solche dinglichen Rechte, die an der zur Tatbegehung (körperlich) verwendeten Sache bestehen und dabei dem Volleigentum (§ 903 BGB) rechtlich angenähert sind, statt der Sache als Tatobjekte eingezogen werden können (vgl. zum Anwartschaftsrechts an einer beweglichen Sache BGH, Urteil vom 24. August 1972 – 4 StR 308/72, BGHSt 25, 10, 11 f. [zu § 40 StGB aF]; Urteil vom 27. August 1998 – 4 StR 307/98, NStZ-RR 1999, 11; zum Miteigentumsanteil BGH, Beschluss vom 28. Mai 1991 – 1 StR 731/90, NStZ 1991, 496; vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Oktober 1973 – 1 Ws 177/73, NJW 1974, 709, 711 [zu § 40a StGB aF]). Die Rechtfertigung hierfür liegt darin, dass derartige Rechte ihrem Inhaber eine Herrschaft über die Sache vermitteln, die derjenigen des Eigentümers – jedenfalls im Hinblick auf die Möglichkeit des deliktischen Einsatzes der Sache – nicht wesentlich nachsteht. Infolgedessen bildet eine solche Rechtsposition des Täters oder Teilnehmers an der Sache mit dieser eine dem Volleigentum angenäherte „innere Einheit“, die sich einziehungsrechtlich dahin auswirkt, dass neben der tatsächlich für die Tatbegehung gebrauchten Sache auch das an ihr bestehende Recht als tatverstrickt anzusehen ist (so [zum Miteigentum] OLG Karlsruhe, aaO; K. Schäfer in FS Dreher, 1977, S. 283, 303 [zum Anwartschaftsrecht]).

bb) Das Erbbaurecht der Angeklagten an dem Grundstück, auf welchem das Plantagengebäude steht, ist ein derartiges Recht. Es steht rechtlich der Sache selbst, d.h. dem Volleigentum an dem Grundstück, in sehr weitem Umfang gleich (§ 11 Abs. 1 ErbbauRG) und wird daher zutreffend als grundstücksgleiches Recht, gar als Grundstück im Rechtssinne, qualifiziert (vgl. Toussaint in BeckOGK-BGB, Stand 1. September 2022, § 1 ErbbauRG Rn. 73; Rapp in Staudinger, BGB, Neubearb. 2017, § 11 ErbbauRG Rn. 2). Gerade in der typischen und auch hier gegebenen Fallgestaltung, in der das Erbbaurecht an einem bebauten Grundstück besteht, vermittelt es dem Berechtigten, der gleichzeitig Eigentümer des Gebäudes ist, eine (bezüglich des deliktischen Gebrauchs) dem Eigentümer des Grundstücks wenigstens nicht unterlegene Herrschaftsgewalt an demselben. Es wäre daher auch wertungsmäßig nicht einzusehen, einen Erbbauberechtigten gegenüber einem dieselbe Sache für eine Straftat gebrauchenden Volleigentümer zu privilegieren, indem jenem sein Recht belassen, es diesem aber entzogen würde (so – zum Anwartschaftsrecht – bereits BGH, Urteil vom 24. August 1972 – 4 StR 308/72, BGHSt 25, 10, 12).

3. Das Landgericht hat auch sein Ermessen ausgeübt und die Verhältnismäßigkeit der Einziehung gemäß § 74f Abs. 1 StGB rechtsfehlerfrei bejaht.“

Einziehung I: Als falsche Polizeibeamtin nur Abholerin, oder: Kurzzeitiger transistorischer Besitz reicht nicht

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Nach der Reform der §§ 73 ff. StGB im Jahr 2017 hat die Zahl von Entscheidungen, die sich mit Einziehungsverfragen befassen (müssen) , erheblich zugenommen. Auch die Fachzeitschriften sind voll mit Entscheidungen zu der Problematik. Und auch ich habe immer wieder über „Einziehungsentscheidungen“ berichtet. So auch heute wieder, denn es ist ein „Einziehungstag“.

Zunächst stelle ich den BGH, Beschl. v. 10.01.2023 – 3 StR 343/22 – vor. Der äußert sich noch einmal zum sog. transistorischen Besitz. Das LG hat die Angeklagte u.a. wegen Betrugs  verurteilt. Ferner hat die Strafkammer gegen die Angeklagte die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 79.000 EUR als Gesamtschuldnerin angeordnet. Mit ihrer  Revision wendet sich die Angeklagte ausschließlich gegen die Höhe der angeordneten Wertersatzeinziehung; sie macht geltend, es hätte lediglich die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.050 € angeordnet werden dürfen. Das Rechtsmittel hatte in vollem Umfang Erfolg.

Nach den vom LG getroffenen Feststellungen beteiligte sich die Angeklagte an den Aktivitäten einer Gruppierung, die nach dem modus operandi „Falscher Polizeibeamter“ Betrugstaten zum Nachteil älterer Menschen verübte, indem diese von Personen angerufen wurden, die sich als Polizeibeamte ausgaben und die Opfer unter Vorspiegelung der Gefahr einer bevorstehenden Straftat zu ihrem Nachteil veranlassten, Bargeld und Wertgegenstände zum Zwecke der „Sicherstellung durch die Polizei“ bereitzulegen oder an für die Gruppierung als „Abholer“ tätige Personen zu übergeben. Die Angeklagte wurde unter Beteiligung einer Mitangeklagten in vier Fällen als „Abholerin“ tätig. Die weitere Tatbeteiligte war von Hintermännern der Gruppierung als „Abholerin“ angeworben worden, hatte jedoch Hemmungen, sich selbst unmittelbar zu den Wohnungen der Geschädigten zu begeben und dort Geld oder Wertgegenstände an sich zu nehmen. Sie gewann daher ohne Kenntnis der Hintermänner und absprachewidrig die mit ihr befreundete und in das gesamte Geschehen eingeweihte Angeklagte dafür, an „Abholungen“ mitzuwirken. Die beiden fuhren jeweils mit dem Pkw der Mitangeklagten zu den Anschriften der Opfer. Dort begab sich die Angeklagte zu den Wohnungen der Angerufenen, während ihre Freundin im Auto verblieb. In zwei Fällen ließ sich die Angeklagte Bargeld beziehungsweise Schmuck von den Opfern unmittelbar übergeben, wobei sie bewusst den Eindruck vermittelte, die von dem Anrufer angekündigte Polizeibeamtin zu sein. Bei allen Taten begab sich die Angeklagte nach Erlangung der Vermögensgegenstände zurück zum Fahrzeug der in der Nähe wartenden Mitangeklagten und übergab dieser dort sogleich das Geld – insgesamt 79.000 EUR – beziehungsweise den Schmuck. Ihre Freundin lieferte die Tatbeute später an andere Tatbeteiligte („Logistiker“) ab, ohne dass die Angeklagte weiter an dem Geschehen beteiligt war. Für ihre Mitwirkung erhielt die Angeklagte von ihrer Freundin später einen Anteil des dieser aus den erlangten Vermögenswerten gezahlten Tatlohns, und zwar insgesamt 2.050 EUR.

Nur dieser Betrag unterliegt nach Auffassung des BGG bei der Angeklagten der Einziehung:

„Die wirksam auf die Höhe des Einziehungsbetrages beschränkte Revision (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2021 – 3 StR 381/21, NStZ-RR 2022, 109 mwN; Urteile vom 10. Februar 2021 – 3 StR 184/20, juris Rn. 10; vom 6. März 2019 – 5 StR 543/18, juris Rn. 8; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 344 Rn. 7 i.V.m. § 318 Rn. 22a) ist vollumfänglich begründet. Erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB hat die Angeklagte allein den an sie ausgekehrten Anteil des Tatlohns, nicht aber die von ihr bei den Geschädigten abgeholten Vermögenswerte.

1. Ein Vermögensgegenstand oder sonstiger wirtschaftlicher Vorteil ist im Sinne des § 73 Abs. 1 Alternative 1 StGB „durch“ eine rechtswidrige Tat als Tatertrag erlangt, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes in irgendeiner Phase des Tatablaufs derart zugeflossen ist, dass er seiner faktischen Verfügungsgewalt unterliegt. Auf zivilrechtliche Besitz- oder Eigentumsverhältnisse kommt es dabei nicht an. Eine solche Verfügungsgewalt ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Tatbeteiligte im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen kann. Bei mehreren Beteiligten genügt zumindest eine tatsächliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand dergestalt, dass die Möglichkeit eines ungehinderten Zugriffs auf diesen besteht. Für die Bestimmung des Erlangten im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB kommt es allein auf eine tatsächliche Betrachtung an; wertende Gesichtspunkte sind nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers nicht zu berücksichtigen. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Beteiligte eine zunächst gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat (st. Rspr.; s. nur BGH, Urteil vom 15. Juni 2022 – 3 StR 295/21, NJW 2022, 3092 Rn. 11; Beschluss vom 21. Dezember 2021 – 3 StR 381/21, NStZ-RR 2022, 109 f. mwN; Urteile vom 29. April 2021 – 5 StR 476/20, juris Rn. 16; vom 15. Juli 2020 – 2 StR 46/20, NStZ 2021, 221 Rn. 14; vom 9. Oktober 2019 – 1 StR 170/19, BGHR StGB § 73 Erlangtes 30 Rn. 11).

2. Hieran gemessen erlangte die Angeklagte an den ertrogenen Vermögenswerten keine faktische Verfügungsgewalt; vielmehr hatte sie allein deren ganz kurzzeitigen „transitorischen“ Besitz inne. Denn sie transportierte lediglich als Botin die an sich genommenen Behältnisse mit dem Geld beziehungsweise Schmuck weisungsgemäß auf dem jeweils kurzen Weg von der Wohnung der Tatopfer zum Fahrzeug der Mitangeklagten, wo sie die Taschen sogleich ihrer Freundin aushändigte, die diese später an einen „Logistiker“ ablieferte. Die Angeklagte unterstand während der Erbringung ihres Tatbeitrages der Einflussnahmemöglichkeit der im Auto auf sie wartenden Mitangeklagten, die nach der zwischen beiden getroffenen Absprache die gesamte Tatbeute erhalten und einem „Logistiker“ übergeben sollte.

Dieser nur ganz kurzzeitige Besitz zum Zwecke der Weitergabe ohne faktische Verfügungsmacht (transitorischer Besitz) begründete noch keinen rechtserheblichen Vermögenszufluss bei der Angeklagten (vgl. BGH, Urteile vom 1. Juni 2022 – 1 StR 421/21, NStZ-RR 2022, 339; vom 9. Oktober 2019 – 1 StR 170/19, BGHR StGB § 73 Erlangtes 30 Rn. 12; Beschluss vom 24. Oktober 2018 – 1 StR 358/18, NStZ 2019, 81 Rn. 2; Urteile vom 13. September 2018 – 4 StR 174/18, NStZ-RR 2019, 14, 15 f.; vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18, BGHR StGB § 73c Abs. 1 Erlangtes 1 Rn. 12, 14).

3. Den Tatlohn von 2.050 € hat die Angeklagte „für“ die Taten erlangt, wegen derer sie verurteilt worden ist. Damit unterliegt (allein) ein Betrag in dieser Höhe gemäß § 73 Abs. 1 Alternative 2, § 73c Satz 1 StGB der zwingenden Einziehung des Wertes von Taterträgen. Der Senat ändert daher die Einziehungsentscheidung in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO wie aus der Beschlussformel ersichtlich.

Da es sich bei dem von der Angeklagten vereinnahmten Tatlohn um einen Teil der betrügerisch erlangten Vermögenswerte handelte, ist die Anordnung einer gesamtschuldnerischen Haftung geboten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Juni 2021 – 3 StR 126/21, juris Rn. 4; vom 12. Januar 2021 – 3 StR 428/20, wistra 2021, 238 Rn. 2; vom 10. November 2020 – 3 StR 308/20, juris Rn. 3; Urteil vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18, juris Rn. 16).

Einziehung III: Die Vollstreckung der Einziehung, oder: „Ich habe nichts mehr aus der Tat.“

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Und als dritte Entscheidung zur Einziehung dann noch der OLG Hamburg, Beschl. v. 05.01.2023 – 5 Ws 52/22 – zur Fragen in Zusammenhang mit der Vollstreckung der Einziehung.

Das OLG geht von folgendem Sachverhalt aus:

„Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer 32, vom 9.7.2019 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 25 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit dem strafbaren Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen und mit unerlaubtem Betreiben eines Lagers von explosionsgefährlichen Stoffen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem wurde gemäß § 73c StGB die Einziehung von Wertersatz in Höhe von € 80.091,69 angeordnet.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer nach den Feststellungen der Kammer von Anfang 2015 bis Januar 2019 gemeinsam mit einem Mittäter im Keller des Wohnhauses seiner Mutter Cannabispflanzen zur Produktion von Marihuana anbaute, um sich durch fortgesetzte Betäubungsmittelverkäufe eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen. Der Betrag der angeordneten Wertersatzeinziehung errechnete sich aus dem Gesamterlös der im Tatzeitraum erwirtschafteten Ernten (€ 170.055,50) abzüglich des Werts der im Zuge der Durchsuchung sichergestellten, noch nicht verkauften Betäubungsmittelmenge (€ 15.409,81) und abzüglich des Wertes der Betäubungsmittelteilmenge, über die der Mittäter des Beschwerdeführers allein verfügt bzw. die dieser allein verkauft hatte (€ 23.769,-). Abgezogen wurde zudem ein aus Betäubungsmittelverkäufen stammender Bargeldbetrag, der bei der Durchsuchung am 18.1.2019 sichergestellt und gesondert eingezogen wurde (€ 50.785,-).

Die gegen den Beschwerdeführer verhängte Freiheitsstrafe wurde zum Teil vollstreckt. Mit Beschluss vom 5.11.2021 setzte die Strafvollstreckungskammer den Rest der Freiheitsstrafe zur Bewährung aus.

Die Vollstreckung des Einziehungsbetrags blieb im Wesentlichen erfolglos. Nachdem die Staatsanwaltschaft den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 24.2.2022 erfolglos zur Zahlung des bis dahin verbliebenen Einziehungsbetrags von € 78.793,29 aufgefordert hatte, beantragte dieser am 27.6.2022, gemäß § 459g Abs. 5 StPO das Unterblieben der Vollstreckung des Einziehungsbetrags anzuordnen. Der Wert des Erlangten befinde sich nicht mehr in seinem Vermögen, da er von dem Gewinn aus den Taten damals seinen Lebensunterhalt bestritten habe. Aktuell lebe er von ALG I in Höhe von € 1.100,- monatlich. Weitere Vermögenswerte seien nicht vorhanden, so dass er entreichert sei. Dies führe nach der aus seiner Sicht anwendbaren, bis zum 30.6.2021 gültigen Gesetzesfassung des § 459g Abs. 5 S. 1 StPO zwingend dazu, dass das Unterbleiben der Vollstreckung anzuordnen sei. Zudem stelle sich die weitere Vollstreckung als unverhältnismäßig dar. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der vom Gericht errechneten Einziehungssumme um den Verkaufswert der Ernte handele und nicht um den Gewinn aus der Tat; Ausgaben z.B. für Strom seien bei der Berechnung nicht berücksichtigt worden. Selbst wenn er aus seinem unpfändbaren Einkommen monatliche Raten in Höhe von z.B. € 150 zahlen würde, wären bis zum Ausgleich der Forderung ca. 534 Raten aufzubringen, so dass er über fast 45 Jahre auf sein unpfändbares Einkommen verwiesen sei. Dies sei erdrosselnd und verletzte ihn in seinem Grundrecht auf Resozialisierung.

Das Landgericht lehnte den Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 5.9.2022 ab. Es könne dahinstehen, welche Gesetzesfassung des § 459g Abs. 5 StPO Anwendung finde. Der Beschwerdeführer habe nämlich schon nicht ausreichend dargelegt, dass der Wert des durch die Tat Erlangten nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden, er also entreichert sei. Auch aus den Feststellungen des erkennenden Gerichts ergebe sich dies nicht. Es seien angesichts des Alters und der beruflichen Perspektiven des Beschwerdeführers auch keine besonderen Umstände erkennbar, die seine Resozialisierungsmöglichkeiten als gefährdet erscheinen ließen.“

Hiergegen richtet sich sofortige Beschwerde der Verurteilen, mit der er geltend macht, das LG habe die Anforderungen an die Darlegung und den Beweis der „Entreicherung“ überspannt, da diese darauf hinausliefen, dass er ein Haushaltsbuch hätte führen müssen. Von dem Tatertrag hätten ihm im Tatzeitraum rechnerisch ca. EUR 1.670,- monatlich zur Verfügung gestanden. Dies halte sich ohne Weiteres im Rahmen des für den Lebensunterhalt Üblichen.

Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg. Hier die Leitsätze zu der Entscheidung:

1. Bei der Regelung in § 459g Abs. 5 StPO, nach der das Gericht das Unterbleiben der Vollstreckung der Einziehung anzuordnen hat, wenn die Vollstreckung sonst unverhältnismäßig wäre, handelt es sich nicht um eine materiell-rechtliche, sondern um eine das Verfahren betreffende Vorschrift, so dass die Meistbegünstigungsregel des § 2 Abs. 3, 5 StGB hierauf keine Anwendung findet.

2. Infolgedessen ist die aktuelle Gesetzesfassung des § 459g Abs. 5 StPO, nach der im Falle der Entreicherung des Einziehungsschuldners nicht mehr zwingend das Unterbleiben der Vollstreckung anzuordnen ist, auch auf Altfälle anzuwenden, bei denen der Zeitpunkt Tatbeendigung vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neufassung (1. Juli 2021) liegt.

3. Soweit sich der Einziehungsschuldner zur Begründung der Unverhältnismäßigkeit der weiteren Vollstreckung darauf beruft, dass sich die Taterträge nicht mehr in seinem Vermögen befinden, obliegt ihm hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Beweiserleichterungen oder gar eine Vermutung dafür, dass Taterträge für den Lebensunterhalt verbraucht wurden, besteht auch dann nicht, wenn dem Einziehungsschuldner der Nachweis der Mittelverwendung durch deliktstypische Besonderheiten erschwert ist (hier: Ausgabe von Bareinnahmen aus Betäubungsmittelgeschäften).

Einziehung II: Die Einziehung eines Grundstücks oder: Betrieb einer Indoorplantage

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Mit der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, dem LG Stralsund, Beschl. v. 18.10.2022 – 22 KLs 6/22 – hat das LG die Eröffnung eines selbstständigen Einziehungsverfahrens abgelehnt. Die Staatsanwaltschaft hatte die Einziehung eines Grundstücks beantragt, auf dem eine sog. Indoorplantage betrieben worden war. Der Antrag hatte keinen Erfolg:

Gemäß §§ 435, 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des selbständigen Einziehungsverfahrens, wenn dies gesetzlich zulässig ist.

Die selbständige Einziehung ist gem. §§ 74, 74a Nr. 2, 76a Abs. 1 StGB, §§ 29a Abs. 1 Nr. 2, 33 BtMG zulässig, wenn eine Anknüpfungstat vorliegt, der Einziehungsgegenstand ein Tatmittel ist, die Einziehungsbeteiligte Eigentümerin zum Zeitpunkt der Entscheidung ist und den Einziehungsgegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zugelassen hätten, in verwerflicher Weise erlangt hat. Zudem muss gem. § 76a StGB die Unmöglichkeit der Durchführung eines subjektiven Straf- oder Bußgeldverfahrens bestehen.

1. Hier hatte die Einziehungsbeteiligte zum Zeitpunkt der Einziehungsentscheidung noch kein Eigentum an dem beim Grundbuchamt des Amtsgerichts Stralsund auf Blatt 44 des Grundbuchs von verzeichneten Grundstück (Flurstücks-Nr. 14 der Flur 1 der Gemarkung pp) erlangt.

Die Einziehung beim Täter oder Teilnehmer gem. § 74 StGB und die Einziehung bei anderen Personen gem. § 74a StGB schließen sich denknotwendig aus, da für die jeweilige Einziehung auf die Eigentumsverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist, §§ 74 Abs. 3, § 74a S. 1 StGB.

Insoweit ist auch nicht auf schuldrechtliche Übertragungsansprüche oder allein auf den Besitz oder auf die Erlangung eines Anspruchs auf Übertragung des Eigentums abzustellen, sondern auf die formale Eigentumsposition oder eine quasidingliche Rechtsposition (MüKoStGB/Joecks/Meißner, 4. Aufl. 2020, StGB § 74a Rn. 12; Schönke/Schröder, StGB § 74a Rn. 68, beckonline; Lohse in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 74a Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei anderen).

Es kommt zudem auf den Zeitpunkt der Einziehungsentscheidung unabhängig vom Eintreten der Rechtskraft an. Sowohl § 74 Abs. 3, als auch § 74a StGB stellen darauf ab, wem „zur Zeit der Entscheidung“ das Tatmittel gehört. Der Gesetzgeber hat insoweit ausdrücklich zwischen der Einziehungsentscheidung und deren Rechtskraft unterschieden. Dies wird in § 75 StGB deutlich. Insoweit ist in § 75 Abs. 1 StGB auf die Rechtskraft der Einziehungsentscheidung und in Abs. 3 hingegen auf die Einziehungsentscheidung abzustellen.

Hier wurde die Einziehungsentscheidung am 09.07.2019 verkündet. Zu diesem Zeitpunkt war der jetzige Ehemann der Einziehungsbeteiligten, Eigentümer des vorbezeichneten Grundstückes, da dieser im Grundbuch eingetragen war. Das Eigentum an Grundstücken geht erst mit Einigung (Auflassung) und der Eintragung im Grundbuch über, §§ 925, 873 BGB. Zwar hatte die Einziehungsbeteiligte bereits durch den notariellen Grundstücksüberlassungsvertrag einen schuldrechtlichen Übertragungsanspruch. Hierauf kommt es im Rahmen der Einziehung jedoch gerade nicht an (s.o.). Auch eine quasidingliche Rechtsposition hatte die Einziehungsbeteiligte zu diesem Zeitpunkt nicht inne. Von dem Vorliegen einer solchen kann frühstens ab Eingang des entsprechenden Antrags bei Grundbuchamt ausgegangen werden. Es kann insoweit offenbleiben, ob der Eingang des Antrages auf Eintragung der Auflassungsvormerkung für die Begründung einer solchen quasidinglichen Rechtsposition ausreichend ist, da bereits dieser nach der am 09.07.2019 verkündeten Einziehungsentscheidung erst am 11.07.2019 beim Grundbuchamt einging.

2. In vorliegendem Fall ist auch nicht aufgrund der vom Gesetzgeber gewollten, möglichst lückenlosen Möglichkeit der Einziehung (vgl. Drs. 18, 9525, S. 57 ff.) auf einen anderen Zeitpunkt des Eigentumserwerbs abzustellen. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob dies im Einzelfall zu erfolgen hat, wenn die gegen den Täter oder Teilnehmer gem. § 74 StGB angeordnete Einziehung ins Leere läuft, weil die im BGB enthaltenen Gutglaubenvorschriften auf den Zeitpunkt des Antragseinganges auf Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt und die strafrechtlichen Vorschriften auf das Eigentum zzt. der Einziehungsentscheidung abstellen.

Die gegen den jetzigen Ehemann der Einziehungsbeteiligten mit Urteil vom 09.07.2019, rechtskräftig seit 06.02.2020, angeordnete Einziehung läuft nicht ins Leere.

Mit der Einziehungsentscheidung am 09.07.2019 entstand gem. § 75 Abs. 3 StGB ein Veräußerungsverbot iSd § 136 BGB. Dies führt zu einer relativen Unwirksamkeit der Eigentumsübertragung an die Einziehungsbeteiligte. Daher kann die Einziehungsbeteiligte das Eigentum allenfalls gutgläubig erwerben, iÜ greift die relative Unwirksamkeit des Veräußerungsverbotes. Die Vorschriften des gutgläubigen Erwerbs, §§ 136, 135 Abs. 2, 892 f. BGB sind entsprechend anzuwenden, d.h. der gute Glaube muss sich auf das Nichtbestehen des Verbots beziehen (Ellenberger in: Grüneberg, 81. Auflage, § 136 Rn. 9). Nach § 892 Abs. 2 BGB ist maßgebender Zeitpunkt für diese Beurteilung der Eingang des Antrages auf Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt. Ein Antrag auf Eintragung der Auflassungsvormerkung ist erst am 11.07.2019 und somit nach der Verkündung der Einziehungsentscheidung beim Grundbuchamt eingegangen. Es kann dahinstehen, ob auf diesen Antrag oder erst auf den Antrag zur Eintragung der Eigentumsumschreibung vom 12.12.2019, eingegangen beim Grundbuchamt am 18.12.2019, abzustellen ist, da beide Anträge nach der verkündeten Einziehungsentscheidung beim Grundbuchamt eingegangen sind. Zu diesem Zeitpunkt entfaltete das Veräußerungsverbot bereits seine Wirkung.

Im Übrigen überschneiden sich die jeweiligen Voraussetzungen, da einerseits die fehlende Gutgläubigkeit der Einziehungsbeteiligten gem. §§ 136, 135 Abs. 2, 892 BGB erforderlich ist und anderseits gem. § 74a Nr. 2 StGB der Erwerb in verwerflicher Weise in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zulassen, erfolgt sein muss. Mit Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zulassen, liegt immer auch eine fehlende Gutgläubigkeit iSd §§ 136, 135 Abs. 2, 892 BGB vor.

Somit kann gegen die Einziehungsbeteiligte der Zivilrechtsweg beschritten werden, um die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs zu fordern (vgl. § 61 Abs. 4 StVollstrO). Soweit kein gutgläubiger Erwerb seitens der Einziehungsbeteiligten vorliegt, ist ihre Eigentumserlangung relativ unwirksam und der Eigentumserwerb gem. § 75 Abs. 1 StGB entfaltet seine Wirkung.“