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Strafantrag I: Strafantrag mittels einfacher Email, oder: Keine Rückwirkung des neuen Rechts

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In die 3. KW/2025 starte ich dann mit zwei Beschlüssen zum Strafantrag.

Den Opener mache ich mit dem BGH, Beschl. v. 21.08.2024 – 3 StR 97/24 – zur Frage der Anwendung der Neuregelungen in § 158 Abs. 2 StPO durch das Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz vom 12.7.2024 auf nach altem Recht gestellte Strafanträge (zu diesem Gesetz mein Beitrag Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz“ – Die wichtigsten Änderungen in StPO, OWiG und RVG, u.a. aus StRR 8/2024, 11).

Das LG hatte den Angeklagten u.a. in mehreren Fällen wegen Beleidigung  verurteilt. In einem der Fälle hat der BGH, das Verfahren nach § 206a Abs. 1 StPO eingestellt, weil es insoweit an dem gemäß § 194 Abs. 1 Satz 1 StGB erforderlichen wirksamen Strafantrag des vom Angeklagten Beleidigten gefehlt hat:

„a) Nach § 158 Abs. 2 StPO in der Fassung vom 21. Dezember 2015 wäre ein solches Ersuchen um Strafverfolgung binnen der Frist des § 77b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 StGB schriftlich (oder zu Protokoll eines Gerichts oder der Staatsanwaltschaft) anzubringen gewesen. Im vorliegenden Fall übersandte der Antragsteller seinen Strafantrag hingegen an die Kriminalpolizei in O. mittels einer Textdatei, die einer „einfachen“ E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur beigefügt war. Beide Dokumente gelangten ausgedruckt zur Verfahrensakte, ohne dass sie zur Wahrung der Schriftform mit einer Unterschrift des Antragstellers versehen waren. Ein Strafantrag mittels einfacher E-Mail genügt den Anforderungen von § 158 Abs. 2 StPO aF nicht (s. BGH, Beschluss vom 12. Mai 2022 – 5 StR 398/21, BGHSt 67, 69). Im Übrigen sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Voraussetzungen für die Einreichung elektronischer Dokumente gemäß § 32a StPO gewahrt wurden.

b) Für die Nachprüfung war das zum Zeitpunkt des Verfahrensgeschehens geltende Recht zugrunde zu legen. Es ist rechtlich daher ohne Belang, dass mit dem Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz vom 12. Juli 2024, in Kraft getreten am 17. Juli 2024 (BGBl. I Nr. 234), das in § 158 Abs. 2 StPO aF geregelte Schriftformerfordernis ersetzt wurde und der Antragsteller nunmehr zur Wahrung der Form nur noch die Identität und seinen Verfolgungswillen sicherstellen muss.

aa) Nach der Neufassung soll die Möglichkeit der elektronischen Antragstellung abseits der Schriftform und den strengen Voraussetzungen des § 32a StPO ausgeweitet werden, sofern sich aus der Antragstellung Identität und Verfolgungswille – gegebenenfalls im Wege der Auslegung – eindeutig entnehmen lassen. Für einen formgerechten Antrag ist deshalb nunmehr ausreichend, dass aus der Erklärung des Antragstellers und den Umständen ihrer Abgabe unzweifelhaft hervorgeht, von wem sie herrührt und dass sie mit Wissen und Wollen des Berechtigten der zuständigen Stelle zugeleitet worden ist. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich hierzu, dass die Ermittlungsbehörden die Identität und den Verfolgungswillen dabei auch auf andere Weise oder sogar erst im Nachgang zu einer Erklärung feststellen können. Dies soll insbesondere dann der Fall sein, wenn eine Antragstellung über eine bereits dienstlich bekanntgewordene E-Mail-Adresse oder im Rahmen eines bestehenden Austauschs zwischen der Polizei und dem Antragsteller eine Feststellung der Identität hinreichend ermöglicht. Ein Anbringen des Antrags per einfacher E-Mail soll deshalb nunmehr zur Wahrung des Formerfordernisses ebenfalls möglich sein (s. BT-Drucks. 20/10943 S. 49 f.).

Die aufgrund der geänderten Gesetzeslage geringeren Voraussetzungen hätte der Geschädigte erfüllt. Denn er übersandte nach Aufforderung der Polizei infolge eines vorangegangenen Austauschs fristgerecht per einfacher E-Mail seinen Strafantrag, so dass seine Identität und sein Verfolgungswille eindeutig festzustellen waren.

bb) Die Gesetzesänderung findet allerdings keine rückwirkende Anwendung. Eine entsprechende Regelung enthält das Gesetz nicht. Die Neufassung der Vorschrift führt nicht dazu, dass der ursprünglich formwidrige Strafantrag nunmehr als wirksam eingelegt gilt. Denn das Verfahrensgeschehen war zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der dreimonatigen Antragsfrist bereits abgeschlossen, weil ein den Voraussetzungen des § 158 Abs. 2 StPO aF entsprechender Strafantrag zuvor nicht gestellt worden war. Im Einzelnen:

(1) Neues Verfahrensrecht gilt, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, auch für bereits anhängige Verfahren. Es erfasst sie in der Lage, in der sie sich beim Inkrafttreten der neuen Rechtsvorschriften befinden; laufende Verfahren sind nach diesen weiterzuführen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27. September 1951 – 1 BvR 61/51, BVerfGE 1, 4, 6; vom 31. Mai 1960 – 2 BvL 4/59, BVerfGE 11, 139, 146; vom 7. Juli 1992 – 2 BvR 1631/90 u.a., BVerfGE 87, 48, 64). Der Grundsatz findet Anwendung auf Vorschriften, die das Verfahren des Gerichts regeln, auf Bestimmungen, welche die Stellung von Verfahrensbeteiligten im Prozess, ihre Befugnisse und Pflichten betreffen, sowie auf Normen über die Vornahme und Wirkungen von Prozesshandlungen Beteiligter (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 1969 – 4 StR 357/68, BGHSt 22, 321, 325; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 354a Rn. 4; ferner MüKoStPO/Kudlich, 2. Aufl., Einl. Rn. 608 f.). Er erfasst Fälle, in denen die Strafverfolgung von einem wirksamen Strafantrag abhängig ist (s. LR/Kühne, StPO, 27. Aufl., Einl. Abschn. E Rn. 20; LR/Stuckenberg aaO, § 206a Rn. 36, 60 mwN). Hieraus folgt zudem, dass eine fehlende Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Prozesshandlung grundsätzlich noch in jeder Lage des Verfahrens nachgeholt werden kann. Darunter fällt auch das Revisionsverfahren (vgl. etwa für den – noch fristgerechten – Strafantrag oder die Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung BGH, Urteile vom 26. Ju­ni 1952 – 5 StR 382/52, BGHSt 3, 73; vom 1. Juli 1954 – 3 StR 869/53, BGHSt 6, 282, 285).

(2) Der allgemeine Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts findet jedoch dort seine Grenze, wo es sich – wie hier – um ein bereits beendetes prozessuales Geschehen handelt. Denn neu geschaffenes formelles Recht kann ohne ausdrückliche anderweitige Regelung keine rückwirkende Kraft entfalten (vgl. LR/Kühne, StPO, 27. Aufl., Einl. Abschn. E Rn. 16 f. mwN). Der Geschädigte hatte nach Kenntniserlangung von der Tat und der Person des Täters keinen formgerechten Strafantrag binnen der dreimonatigen Ausschlussfrist gestellt, so dass das Beleidigungsdelikt zu seinem Nachteil mit deren Ablauf vor der Gesetzesänderung nicht mehr verfolgt werden konnte. Das Fristversäumnis begründet mithin eine insoweit abgeschlossene Prozesslage. Das Verfahren wegen der in Rede stehenden Beleidigung wäre schon damals einzustellen gewesen.

(3) Daraus, dass eine Strafverfolgung wieder zulässig wird, wenn der Gesetzgeber nach fruchtlosem Ablauf der Strafantragsfrist nachträglich ein absolutes in ein relatives Antragsdelikt umwandelt und die Staatsanwaltschaft noch während des laufenden Verfahrens das besondere Interesse an der Strafverfolgung bejaht (hierzu BGH, Urteil vom 15. März 2001 – 5 StR 454/00, BGHSt 46, 310, 317 ff.), folgt kein Wertungswiderspruch. Insoweit besteht zwischen dieser und der hier zu beurteilenden Konstellation ein grundlegender struktureller Unterschied, der eine abweichende rechtliche Beurteilung rechtfertigt. Denn die Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses ist gerade nicht fristgebunden und führt unabhängig von dem fehlenden Strafantrag zur Verfolgbarkeit der Tat. Nach einer solchen Gesetzesänderung kann somit die Staatsanwaltschaft dieses Interesse bekunden, nachdem die Strafantragsfrist verstrichen ist.

Einziehung II: Einziehung bei/nach Geldwäsche, oder: Anwendbares Recht?

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Und dann das zweite Posting zur Enziehung. Hier geht es um die Frage des anwendbaren Rechts. Dazu zwei Entscheidungen.

Hier zunächst der BGH, Beschl. v. 16.05.2024 – 3 StR 379/23. In dem Verfahren geht es um eine Familie, deren Mit­glie­der, u.a. drei Brüder, gemeinsam mit ihren Eltern mit Hil­fe er­schli­che­ner So­zi­al­leis­tun­gen ein Haus erbaut haben. Das LG hat u.a. wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges verurteilt und außederm die Einziehung des Wertes von Taterträgen als Gesamtschuldner angeordnet.

Der BGH hat die Revision von zwei Brüdern verworfen, die des dritten hatte teilweise Erfolg. Diesen hatte das LG wegen Geldwäsche verurteilt. Er hatte 2017 als 20-jähriger mit seinen Eltern beschlossen, die unrechtmäßig erhaltenen Sozialleitsungen für den Kauf einer Immobilie einzusetzen. Im August 2018 erwarb er ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück, im Oktober 2018 wurde er als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Um die illegale Herkunft des als Eigenkapital genutzten Geldes zu verschleiern, zahlte der Angeklagte einen Teilbetrag über Dritte auf seinem Konto ein. In dem Einfamilienhaus lebten alsdann die Eltern und zwei der drei Brüder. Das LG hatte auch die Einziehung des Grundstücks angeordnet. Nach Auffassung des BGH war zu beanstanden, dass das LG nicht erörtert hatte, ob Erwachsenen- oder Jungendstrafrecht anzuwenden war. Außerm konnte die Einziehungsanordnung so nicht bestehen bleiben. Dazu führt der BGH aus:

„3. Die Einziehungsentscheidung hat im Ergebnis ebenfalls keinen Bestand.

a) Ausgehend von der Anwendung von Erwachsenenstrafrecht hat das Landgericht allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass im vorliegenden Fall § 261 Abs. 1 und 7 Satz 1 StGB aF zur Anwendung kommt. Dabei hat es für die Beurteilung des milderen Rechts nach § 2 Abs. 3 StGB nicht auf einen Vergleich der Strafrahmen, sondern auf die einziehungsrechtlichen Folgen abgestellt. Dieser Ansatz begegnet rechtlichen Bedenken.

aa) Der Tatbestand des § 261 StGB ist vor dem erstinstanzlichen Urteil durch das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9. März 2021 (BGBl. I S. 327 ff.) neu gefasst worden. Dadurch hat sich der Strafrahmen für das vorsätzlich begangene Grunddelikt insofern geändert, als er nicht mehr bei einer erhöhten Mindeststrafe von drei Monaten Freiheitsstrafe beginnt, sondern allgemein Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht.

bb) Vor diesem Hintergrund ist bei Anwendung von Erwachsenenstrafrecht § 261 Abs. 1 StGB nF gemäß § 2 Abs. 3 StGB das mildeste Gesetz. Die mit der Neufassung des Gesetzes verbundenen Erweiterungen hinsichtlich der Nebenfolgen (§ 261 Abs. 10 StGB nF) ändern daran nichts.

Das mildere von zwei Gesetzen ist dasjenige, welches anhand des konkreten Falls nach einem Gesamtvergleich des früher und des derzeit geltenden Strafrechts das dem Angeklagten günstigere Ergebnis zulässt (st. Rspr.; s. etwa BGH, Urteil vom 4. Juli 2018 – 5 StR 46/18, NStZ 2018, 652, 653 mwN). Dabei ist der Grundsatz strikter Alternativität zu beachten. Es kann nur entweder die frühere oder die neue Gesetzesvorschrift in ihrer Gesamtheit angewendet werden; eine Beurteilung teilweise nach der alten und teilweise nach der neuen Vorschrift ist nicht zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 8. August 2022 – 5 StR 372/21, BGHSt 67, 130 Rn. 12 mwN).

Demgemäß ist in aller Regel eine abgestufte Prüfungsreihenfolge einzuhalten. Zunächst muss feststehen, dass bei beiden (oder mehreren) in Betracht kommenden Gesetzesfassungen die Strafbarkeit fortbesteht. Sodann ist unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalles das mildeste Gesetz zu ermitteln. Hierbei sind zuerst die nach beiden Gesetzen zulässigen Hauptstrafen miteinander zu vergleichen. Erst wenn sich daraus das mildere Gesetz nicht ergibt, kann es auf Nebenstrafen und Nebenfolgen ankommen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1965 – 3 StR 12/65, NJW 1965, 1723).

Da der Angeklagte den Tatbestand der Geldwäsche sowohl nach § 261 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 9 Satz 3 StGB aF als auch nach § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 7 StGB nF erfüllte, kommt es – bei Anwendung von Erwachsenenstrafrecht – auf einen Vergleich der Hauptstrafen an. Danach ist die geltende Gesetzesfassung des § 261 Abs. 1 StGB das mildeste Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB.

cc) Bei Anwendung von Erwachsenenstrafrecht richtete sich die Einziehung demnach nach der Vorschrift in § 261 Abs. 10 Satz 3 StGB nF, die einen Vorrang der §§ 73 ff. StGB vor einer Einziehung nach § 74 Abs. 2 StGB anordnet (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2023 – 3 StR 459/22, juris Rn. 7; Urteil vom 8. August 2022 – 5 StR 372/21, BGHSt 67, 130 Rn. 9 ff., 24 ff.). Nach dieser Regelung wäre die Immobilie als ein durch die Geldwäsche des Angeklagten erlangter Tatertrag einzuordnen. Sie unterläge dann der – zwingenden – Einziehung nach § 261 Abs. 10 Satz 3 StGB nF i.V.m. § 73 Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 8. August 2022 – 5 StR 372/21, BGHSt 67, 130 Rn. 24).

b) Bei Anwendung von Jugendstrafrecht, was nicht sicher auszuschließen ist, wären nach dem zuvor Ausgeführten die zu vergleichenden Hauptstrafen im Hinblick auf die jeweils nach § 18 Abs. 1 Satz 1 und 3 JGG vorgesehenen Rechtsfolgen identisch. Insoweit ist die nach altem Recht leicht erhöhte Untergrenze des für Erwachsene geltenden Regelstrafrahmens ohne Bedeutung. Deshalb ist für den Günstigkeitsvergleich nach § 2 Abs. 3 StGB auf die Nebenfolge der Einziehung abzustellen.

Danach käme Tatzeitrecht zur Anwendung, da die Einziehung nach § 74 Abs. 2 i.V.m. § 261 Abs. 7 Satz 1 StGB aF enger gefasst ist und eine Ermessensentscheidung des Tatgerichts vorschreibt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2022 – 3 StR 175/22, NStZ-RR 2023, 8, 9 mwN zu einem Fall einer besonders schweren Geldwäsche, bei welcher der Strafrahmen bei beiden Gesetzesfassungen identisch ist). Demgemäß käme bei einer – hier wohl vorliegenden – Selbstgeldwäsche nur eine Einziehung des hierdurch erlangten Vermögensgegenstands als Tatobjekt in Betracht (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2018 – 5 StR 234/18, NJW 2019, 533 Rn. 29; Urteil vom 10. November 2021 – 2 StR 185/20, NJW 2022, 1028 Rn. 56 mwN). Das Hausgrundstück war indes nicht Objekt einer von dem Angeklagten begangenen Selbstgeldwäsche; dies war allein der bemakelte Geldbetrag, der zu dessen Bezahlung aufgewendet wurde (vgl. BGH, Urteil vom 8. August 2022 – 5 StR 372/21, BGHSt 67, 130 Rn. 23).

c) Nach alledem muss auch über die Einziehung des Hausgrundstückes neu verhandelt und entschieden werden.“

Und dann noch den LG Frankfurt am Main, Beschl. v. 09.07.2024 – 5/08 Qs 10/24 -, auch zur Frage des anwendbaren Rechts. Dazu gibt es aber nur den Leitsatz, und zwar:

Ist das zugrundeliegende Strafverfahren eingestellt worden, ist im selbständigen Einziehungsverfahren bei der Prüfung der Frage, ob altes oder neue Geldwäscherecht Anwendung findet, also der Frage, welches Recht das mildere Gesetz ist, auf die Regelungen zur Einziehung abzustellen.     

 

Einziehung III: Vermögensabschöpfung vor 1.7.2021, oder: Altes versus neues Recht

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Und zum Tagesschluss stelle ich dann noch den OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.05.2022 – 1 Ws 122/22. Der behandelt die Problematik: Wie ist das Verhältnis von § 459g Abs. 5 StPO a.F. zum ab 01.07.2021 neuen § 459g Abs. 5 StPO bei Vermögensabschöpfung vor dem 01.07.2021.

Der Verurteilte ist durch Urteil des LG vom 16.06.2021, rechtskräftig seit 26.06.2021, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden. Zugleich wurde die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 265.300 EUR angeordnet.

Mit Schreiben vom 30.08.2021 beantragte der Verurteilte, dass die weitere Vollstreckung hinsichtlich des die bisherige Sicherung übersteigenden Betrages gemäß § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO a.F. zu unterbleiben habe, da die Vollstreckung der durch Urteil des LG. angeordneten Einziehung des Wertes von Taterträgen nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden sei und auch gemäß § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO zu unterbleiben habe, da die Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, da er suchtkrank sei, das ursprünglich Taterlangte weitgehend an Lieferanten abgeben hätte müssen und für seinen Lebensunterhalt und weitere Drogen ausgegeben habe. Der darüberhinausgehende Rest sei bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmt und verwertet worden. Der Verurteilte verfüge über kein weiteres Vermögen mehr, sodass eine Entreicherung vorliege. Die Einziehungsentscheidung sei daher auf die sichergestellten Beträge zu beschränken.

Die Staatsanwaltschaft trat dem Antrag entgegen. Sie hat darauf verwiesen, dass seit dem 01.07.2021 die neue Fassung des § 459g Abs. 5 StPO gelte. Die vormalig erste Alternative „soweit der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist“, sei im § 459g Abs. 5 StPO n.F. nicht mehr enthalten. Mithin könne sich der Antrag nicht mehr darauf stützen, dass der Verurteilte das ursprünglich Taterlangte an Lieferanten habe abgeben müssen oder dieses für seinen Lebensunterhalt oder gar weitere Drogen verbraucht habe und es deshalb nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden sei. Die nach der aktuellen Rechtslage für eine Anordnung nach § 459g Abs. 5 StPO n.F. erforderliche Voraussetzung einer für den Verfolgten unverhältnismäßigen Vollstreckung liege nicht vor. Nach der Inhaftierung sei in Bezug auf das beabsichtigte Studium mit finanziellen Mitteln zu rechnen, die in der Zukunft, ggf. unter Gewährung einer ratenweisen Zahlung, zur Tilgung der Einziehungsforderung führen könnten.

Das LG hat den Antrag des Verurteilten zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass es entscheidend darauf ankomme, welches Recht für die Beurteilung heranzuziehen sei. Zwar sei das Urteil am 18.06.2021 und damit noch vor der Gesetzesänderung erlassen (und rechtskräftig) geworden, jedoch sei der zugrundeliegende Antrag erst am 30.08.2021 und damit nach Gesetzesänderung gestellt worden. Für die rechtliche Beurteilung habe die Strafvollstreckungskammer auf den Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt, denn zur rechtlichen Beantwortung komme es in der Strafvollstreckung gerade auf den Entscheidungszeitpunkt an. Eine Verletzung des Rückwirkungsverbots habe nicht gesehen werden können. Die Neuregelung des § 495g Abs. 5 StPO lasse keinen Spielraum für die vorgetragenen Argumente mehr zu.

Dagegen das Rechtsmittel, das beim OLG  Erfolg hatte. Das OLG hat angeordnet, dass die weitere Vollstreckung des mit Urteil des LG vom 18.06.2021, rechtskräftig seit 26.06.2021, angeordneten Verfalls von Wertersatz unterbleibt (§§ 459 g Abs. 5 Satz 1 a.F., 462 Abs. 1 Satz 1, 309 Abs. 2 StPO), da gem. § 2 Abs. 3 i.V.m. Abs. 5 StGB § 459g Abs. 5 in der – zur Zeit der Beendigung der Tat – vom 29.12.2020 bis 30.06.2021 geltenden Fassung, als das mildeste Gesetz anzuwenden ist, und danach die Vollstreckung der Einziehungsanordnung zwingend zu unterbleiben hat, wenn – wie vorliegend auf hinreichender Tatsachengrundlage feststeht – der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist.

Wegen der Begründung verweise ich auf den Volltext. Hier der Leitsatz der Entscheidung:

Gemäß § 2 Abs. 3 i.V.m. Abs. 5 StGB ist der mit Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. 2017 I S. 872) mit Wirkung zu, 1. Juli 2017 neu gefasste § 459g Abs. 5 StPO a.F. als gegenüber dem mit Gesetz zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juni 2021 (BGBl. 2021 I S. 2099) am 1. Juli 2021 in Kraft getretenen § 459g Abs. 5 StPO n.F. milderes Gesetz anzuwenden, wenn die rechtswidrige Tat, aus welcher der Täter etwas erlangt hat, vor Inkrafttreten der Neufassung am 1. Juli 2021 beendet wurde.

Und man freut sich dann noch/doch über das „fürsorgliche“ OLG:

„Der Senat weist den Beschwerdeführer fürsorglich darauf hin, dass die Vollstreckung gem. § 459g Abs. 5 Satz 2 StPO a. F. (die insoweit § 459g Abs. 5 Satz 2 StPO n.F. entspricht) allerdings wiederaufgenommen werden kann, wenn nachträglich Umstände bekannt werden oder eintreten, die einer Anordnung nach § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO entgegenstehen.“

Gerichtsgebühren für die erfolglose Anhörungsrüge, oder: Altes oder neues Recht

Heute ist RVG- bzw. Gebührentag, also Entscheidungen, die mit Gebühren, Kosten und Auslagen zu tun haben. Und in dem Zusammenhang stelle ich heute zwei Entscheidungen vor, die sich mit etwas abgelegeneren Fragen befassen.

Das ist zunächst der BFH, Beschl. v. 16.12.2022 – X S 16/21 u.a. Der nimmt Stellung zur Frage, in welcher Höhe für eine nach dem 31.12.2020 bei Gericht eingegangene –ohne Erfolg gebliebene– Anhörungsrüge die Festgebühr festzusetzen ist. Altes Recht, also 60 EUR oder neuen Recht, also 66 EUR. Es geht um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für eine vom Kläger beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil eines Finanzgerichts. Der entsprechende Antrag ist abgelehnt worden. Dagegen hat der  Antragsteller/Kläger Anhörungsrüge erhoben, die keinen Erfolg hatte. Die Anhörungsrüge ist nach dem 1.1.2021 eingegangen, also nach Wirksamwerden der Rechtsänderungen durch das KostRÄG 2021. Der BFH sagt: Anwendbar ist aber dennoch altes Recht:

„1. Für erfolglose Anhörungsrügen sieht das Kostenverzeichnis in Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) eine Festgebühr vor (vgl. Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses zum GKG). Diese Festgebühr greift auch dann ein, wenn —wie vorliegend— mit der Anhörungsrüge ein Verfahren wegen PKH-Bewilligung fortgesetzt werden soll, das seinerseits gerichtsgebührenfrei ist (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 16.02.2006 ? VII S 2/06 , BFH/NV 2006, 1123, unter II.4.; vom 14.12.2006 ? VIII S 25/06 , BFH/NV 2007, 923, unter II.3., und vom 26.03.2014 ? XI S 1/14 , BFH/NV 2014, 1071, Rz 18).

2. Infolge der Änderung des GKG durch das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 vom 21.12.2020 —KostRÄG 2021— (BGBl I 2020, 3229) ist nach Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses zum GKG ab dem 01.01.2021 eine Festgebühr in Höhe von 66 € anzusetzen (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 108 , Art. 13 Abs. 3 KostRÄG 2021 ), bis zum 31.12.2020 fiel eine Festgebühr von 60 € an.

3. Im Streitfall beträgt die Festgebühr noch 60 €. Dies ergibt sich aus § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG , wonach die Kosten in Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung anhängig geworden sind, nach dem bisherigen Recht erhoben werden. Der Antragsteller hat zwar die Anhörungsrüge X S 16/21 erst am 20.07.2021 beim BFH angebracht. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der PKH-Bewilligungsantrag, gegen dessen Ablehnung sich die vorliegende Anhörungsrüge richtet, bereits am 13.09.2019 beim BFH eingegangen ist.

a) Zwar hat der Senat Anhörungsrügen in der Vergangenheit als selbständige Verfahren der FGO und damit als eine Rechtsstreitigkeit i.S. des § 71 1 Satz 1 GKG angesehen und damit auf die Anhängigkeit der Anhörungsrüge abgestellt ( Beschlüsse vom 31.01.2014 ? X S 57/13 , BFH/NV 2014, 871, Rz 10, und vom 20.05.2014 ? X S 11/14 , BFH/NV 2014, 1754, Rz 13, m.w.N.). Diese Qualifikation als selbständiges Verfahren wird allerdings dem Wesen einer Anhörungsrüge nicht gerecht, die eine nachträgliche Selbstkontrolle des Gerichts und eine die Rechtskraft der bereits getroffenen Entscheidung beiseiteschiebende Fortsetzung des Verfahrens ermöglicht (so Rüsken inGosch, FGO § 133a Rz 11). Die Regelungen des § 133a FGO sind hierfür der Beleg: Nach dessen Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 FGO führt das Gericht bei begründeter Anhörungsrüge das Verfahren fort. Das Verfahren wird nach § 133a Abs. 5 Satz 2 FGO in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand.

b) Zudem ist der Senat in einem Entschädigungsklageverfahren wegen überlanger Verfahrensdauer gemäß § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) davon ausgegangen, dass eine sich an ein isoliertes Verfahren auf PKH-Bewilligung anschließende Anhörungsrüge ein Rechtsbehelf ist, der auf die Fortführung des ursprünglichen Verfahrens gerichtet ist ( Urteil vom 20.03.2019 ? X K 4/18 , BFHE 263, 498, BStBl II 2020, 16, Rz 36). Er hat damit die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) bestätigt, nach der ein Anhörungsrügeverfahren kein selbständiges Verfahren ist, sondern dem Hauptsacheverfahren hinzugerechnet wird und somit Teil eines einheitlichen Gerichtsverfahrens i.S. von § 198 6 Nr. 1 GVG ist ( BGH-Urteil vom 21.05.2014 ? III ZR 355/13 , Neue Juristische Wochenschrift 2014, 2443, Rz 12). Nach Auffassung des Senats ist kein Grund erkennbar, den Begriff der Rechtsstreitigkeit i.S. von § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG und den des einheitlichen Gerichtsverfahrens gemäß § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG in diesem Zusammenhang unterschiedlich auszulegen.

c) Aus alledem ergibt sich, dass der Senat —unter Aufgabe seiner in den Entscheidungen in BFH/NV 2014, 871 [BFH 31.01.2014 – X S 57/13] und BFH/NV 2014, 1754 [BFH 20.05.2014 – X S 11/14] vertretenen Auffassung— die vorliegende Anhörungsrüge als Teil eines einheitlichen Verfahrens (hier des unter dem Aktenzeichen pp. geführten PKH-Bewilligungsverfahrens) ansieht. Demzufolge ist nach § 71 1 Satz 1 GKG noch das bis zum 31.12.2020 gültige Kostenrecht anzuwenden. Nichts anderes ergibt sich aus § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG . Danach kommt im Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden ist, abweichend von Satz 1 das im Zeitpunkt seiner Einlegung geltende Recht zur Anwendung. Die Anhörungsrüge gemäß § 133a FGO ist aber mangels Devolutiv- und Suspensiveffekts kein Rechtsmittel, sondern lediglich ein subsidiärer Rechtsbehelf (vgl. Senatsurteil in BFHE 263, 498, BStBl II 2020, 16 [BFH 20.03.2019 – X K 4/18] , Rz 36; Bergkemper inHHSp, § 133a FGO Rz 3,8).“

Die Argumentation könnte auch in anderen Verfahren helfen.

Fahrverbot I: Neues Fahrverbot nach § 44 StGB im Altfall, oder: Milderes Gesetz?

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Der Tag heute ist ein Fahrverbotstag. Und ich eröffne ihn mit OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.03.2019 – 2 RVs 15/19 – zum (neuen) Fahrverbot nach § 44 StGB bzw. der Frage: Welches Recht ist in Altfällen anzuwenden? Neues oder altes Recht, was sich danach richtet, welches Recht das mildere Gesetz/Recht ist. Dazu das OLG:

„Nach § 44 Abs. 1 StGB (in der seit dem 24. August 2017 gültigen Fassung) kann ein Fahrverbot nunmehr auch bei nicht verkehrsbezogenen Straftaten verhängt werden. Die Anordnung eines Fahrverbots kommt namentlich in Betracht, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann.

Zur Tatzeit am 25. Juni 2017 galt diese Regelung noch nicht. Bei der Frage des anwendbaren Rechts gilt das Meistbegünstigungsprinzip des § 2 Abs. 3 StGB. Dabei ist maßgeblich, welches Gesetz für den konkreten Fall die mildeste Beurteilung zulässt (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 354; NStZ 2018, 652, 653).

Einerseits handelt es sich bei § 44 Abs. 1 StGB n.F. nicht um ein milderes Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB, soweit ein Fahrverbot in Kombination mit einer Geldstrafe verhängt werden kann, um auch außerhalb von Verkehrsdelikten zielgenau und spürbar auf den Täter einzuwirken. Dies gilt insbesondere für wirtschaftlich gut situierte Täter, die durch eine bloße Geldstrafe nicht in hinreichender Weise beeindruckt werden können.

Andererseits kommt § 44 Abs. 1 StGB n.F. der Charakter eines milderen Gesetzes zu, soweit durch die Anordnung eines Fahrverbots die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann. Mit dieser Zielrichtung kann sich die Neuregelung gerade im Anwendungsbereich des § 47 StGB durch Vermeidung einer kurzen Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung zugunsten des Angeklagten auswirken (vgl. BT-Drucksache 18/11272 S. 18, Schöch NStZ 2018, 15, 17). Um diese Konstellation geht es vorliegend, so dass der zur Tatzeit noch nicht geltende § 44 Abs. 1 StGB n.F. als milderes Gesetz anwendbar ist.

2. Aus der grundsätzlichen Anwendbarkeit folgt indes noch keine Erörterungspflicht in dem angefochtenen Urteil. Eine solche ist hier vielmehr zu verneinen.

Eine verfahrensrechtliche Erörterungspflicht bestand nicht. Abgesehen davon, dass § 267 Abs. 3 StPO ein Fahrverbot nicht erwähnt, hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung nicht beantragt, ein Fahrverbot statt einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung zu verhängen. Er lässt vielmehr auch in der Revisionsbegründung offen, ob er überhaupt eine Fahrerlaubnis besitzt.

Auch war das Landgericht sachlich-rechtlich nicht gehalten, das Vorhandensein einer Fahrerlaubnis ggf. festzustellen und die Anordnung eines Fahrverbots zwecks Vermeidung einer kurzen Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung in dem Urteil zu erörtern.

Denn bei dem Angeklagten handelt es sich um einen Straftäter, der bereits mehrfach wegen massiver Gewaltdelikte (u. a. gefährliche Körperverletzung, Raub, räuberische Erpressung) vorbestraft ist. Zuletzt war er wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Wegen der Strafreste aus diesem Urteil und einer weiteren Verurteilung (ebenfalls wegen gefährlicher Körperverletzung) stand er zur Tatzeit unter laufender Bewährung, wobei er die vorliegend abgeurteilten Taten nur ca. drei Monate nach der Entlassung aus der Strafhaft begangen hat.

Das Fehlen einer Stellungnahme zur Frage der Anordnung eines Fahrverbots wäre nur dann ein sachlich-rechtlicher Mangel, wenn die Umstände des Falles eine solche Rechtsfolge nahegelegt hätten (vgl. zur Strafaussetzung: BGH NStZ 1986, 374; zum minder schweren Fall: BGH NStZ-RR 2010, 57). Daran fehlt es hier. Vielmehr liegt auf der Hand, dass ein Fahrverbot – den Besitz einer Fahrerlaubnis unterstellt – ungeeignet wäre, um auf den Angeklagten, bei dem eine Gewaltproblematik besteht, nachhaltig einzuwirken und dadurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung zu vermeiden. Insbesondere ist nicht ersichtlich, wie durch ein Fahrverbot die ungünstige Sozialprognose des zur Anwendung körperlicher Gewalt neigenden Angeklagten verbessert werden sollte. In der Strafhaft kann er hingegen spezialpräventiv an das Anti-Aggressionstraining anknüpfen, das bereits während seiner letzten Inhaftierung durchgeführt worden ist.“

Na ja, könnte man drum streiten.