In der zweiten Entscheidung, dem LG Arnsberg, Beschl. v. 16.09.2022 – 3 Ns-110 Js 1471/21-92/22 – nimmt das LG zur Frage Stellung, welche Folgen es hat, wenn ein Strafbefehl nicht vom Richter unterschrieben ist. Folge: Das Verfahren wird (im Berufungsverfahren) eingestellt:
„Die Einstellung des Verfahrens beruht auf § 206a Abs. 1 StPO.
Die von Amts wegen vorzunehmende Prüfung ergibt, dass es an der Verfahrensvoraussetzung eines Eröffnungsbeschlusses fehlt. Denn insoweit steht ein vom zuständigen Richter nicht unterzeichneter Strafbefehl einem fehlenden Eröffnungsbeschluss gleich.
Das Fehlen der Unterschrift ist ein wesentlicher Mangel, der einen Strafbefehl nicht wirksam werden lässt. Nach Auffassung der Kammer kommt es nicht darauf an, ob aus den Akten festgestellt werden kann, dass dennoch eine der Willensäußerung des Richters entsprechende Entscheidung vorliegt (zum Meinungsstand vgl. Meyer-Goßer/Schmitt, StPO, § 409, RN 13; KK-StPO, § 409 Rn. 13-15). Denn das Erfordernis der Unterzeichnung kann nicht anhand von Umständen aus der Akte, wie beispielsweise eines Namenskürzels bei der Begleitverfügung, fingiert werden. Insoweit ist anerkannt, dass die fehlende Unterzeichnung einer Urteilsurkunde (§ 275 Abs. 2 StPO) nicht durch eine von dem erkennenden Richter unterzeichnete gesonderte Verfügung (der Zustellung) ersetzt werden kann (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 19. 7. 2011 – 1 RVs 166/11). Ähnlich wie bei einer Urteilsurkunde kann auch bei einem Strafbefehl nur durch die Unterzeichnung dokumentiert werden, dass der Richter die Verantwortung für den Inhalt des – gemäß § 408 Abs. 3 StPO nicht von ihm herrührenden – Schriftstücks übernehmen wollte. Die vergleichende Betrachtung wird durch § 410 Abs. 3 StPO gestützt.
Das Amtsgericht hat das Verfahrenshindernis bei Urteilserlass offenbar übersehen, so dass die Einstellung des Verfahrens durch das Berufungsgericht zugleich die Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Folge hat (vgl. OLG Koblenz, NZV 2010, 368). Die Einstellung steht einer neuen Anklageerhebung jedoch nicht entgegen.“
Und nur, um weiteren unsinnigen Anfragen von Nichtjuristen vorzubeugen: Der hier vorgestellte Beschluss ist kein – ich wiederhole: kein – Beweis für die immer wieder aufgestellte „These“/Behauptung und sich daruf stützende Anfragen, es liege kein Urteil/Beschluss vor, weil die Unterschrift fehle. Dazu: Ja, ein Urteil/Beschluss muss unterschrieben werden. Unterschrieben wird aber (nur) das Original in der Akte, nicht die Ausfertigung, die zugestellt wird. Alles andere ist Nonsens. Also: Bitte keine Anfragen zu der Problematik, die keine ist, mehr.