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StPO I: Ablehnung eines Beweisantrages fehlerhaft, oder: Beweisantrag und Bedeutungslosigkeit

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Und heute dann wieder ein StPO-Tag, und zwar quer durch die StPO.

Zunächst kommt hier etwas vom BGH zur Ablehnung von Beweisanträgen.

Das LG hat den

Das Landgericht hat den u.a. wegen Vergewaltigung verurteilt. Dagegen die Revision des Angeklagten. Die hatte Erfolg. Der BGh hat mit dem BGH, Beschl. v. 07.11.2023 – 2 StR 284/23 – das landgerichtliche Urteil zum Teil aufgehoben. Der Angeklagte hatte mit einer Verfahrensrüge Erfolg:

„1. Die vom Angeklagten erhobene Verfahrensrüge, mit welcher er die rechtsfehlerhafte Ablehnung eines Beweisantrags rügt (§ 244 Abs. 6 Satz 1, Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO), dringt hinsichtlich der Fälle II. 1-4 und II. 6-10 der Urteilsgründe durch.

a) Ihr liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

aa) Nach den Feststellungen beging der Angeklagte am 27. Februar 2017 und zwischen April 2020 und Oktober 2021 insgesamt neun Körperverletzungsdelikte und eine Vergewaltigung zum Nachteil der Nebenklägerin (Fälle II. 1-10 der Urteilsgründe). Ferner bedrohte er am 4. November 2021 deren Mutter; am 18. Dezember 2021 beleidigte er diese (Fälle II. 11 und 12 der Urteilsgründe).

bb) Der Angeklagte hat bestritten, dass es jemals zu sexuellen Handlungen gegen den Willen der Nebenklägerin gekommen sei. Die vorgeworfenen Körperverletzungsdelikte hat er in eingeschränktem Umfang eingeräumt; lediglich die Körperverletzung im Fall II. 5 der Urteilsgründe hat er uneingeschränkt zugestanden.

cc) Das Landgericht hat seine Überzeugung in den Fällen II. 1-4 und II. 6-10 der Urteilsgründe maßgeblich auf die Angaben der Nebenklägerin gestützt, die es durch das Teilgeständnis des Angeklagten, teilweise durch unmittelbare Tatzeugen (II. 2 und 3 der Urteilsgründe), weitere Zeugen zum Rahmen- und Randgeschehen, ein rechtsmedizinisches Sachverständigengutachten und Lichtbilder bestätigt sieht. Den gegenläufigen Zeugenaussagen hat es keinen Glauben geschenkt.

b) aa) Die Verteidigung hat in der Hauptverhandlung beantragt, die Zeugin R. zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass die Nebenklägerin „in der Hauptverhandlung vom 27. Juni 2022 der Wahrheit zuwider behauptet hat“, der Angeklagte „habe seine Ex-Frau N. A. mit Aids anstecken wollen, habe hierzu der HIV-positiven Zeugin R. Blut abgenommen und sei damit in die Wohnung der N. A. gegangen, habe das aber letztlich nicht durchgezogen“. Die Zeugin R.  werde bestätigen, „dass der Angeklagte zu keinem Zeitpunkt mit einem solchen Anliegen auf sie zugekommen (ist) und ihr insbesondere auch kein Blut abgenommen hat“.

bb) Das Landgericht hat diesen Antrag zum einen als Beweisermittlungsantrag behandelt, da die aufgestellte Behauptung keinerlei Bezug zu den angeklagten Taten habe. Im Übrigen hat es den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass die mit ihm vorgebrachten Behauptungen für die Entscheidung ohne Bedeutung seien (§ 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO). Sie seien für die Tat- und Schuldfrage unbeachtlich. „Selbst wenn die von der Verteidigung aufgestellte Behauptung zutreffend wäre, würde die Strafkammer daraus keine für die infrage gestellte Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin bzw. für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben relevanten Schlüsse ziehen.“ Die Behauptung betreffe eine Frage „der generellen Glaubwürdigkeit der Zeugin“. „Eine allein an die Person anknüpfende Glaubwürdigkeit sei jedoch kein relevantes Kriterium im Rahmen der gerichtlichen Beweiswürdigung.“ Maßgeblich sei „vielmehr die methodische Gesamtbewertung des Inhalts und der Entstehungsgeschichte einer Aussage zu den konkreten Tatvorwürfen“. Die Nebenklägerin habe hierzu „umfangreich bekundet und auch die Aussageentstehung“ sei „im Rahmen der Beweisaufnahme nachvollzogen“ worden. „Die Ergebnisse der Beweiserhebung“ seien „nach Abschluss der Beweisaufnahme in einer Gesamtschau mit objektiven Beweismitteln von der Kammer zu bewerten“.

cc) Die Gegenvorstellung der Verteidigung, die darauf hinwies, dass es sich bei der unter Beweis gestellten Behauptung zumindest um eine Hilfstatsache handele, die der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage der Nebenklägerin diene, wies die Strafkammer in einem weiteren Beschluss zurück und führte ergänzend aus, dass für viele angeklagte Taten keine Aussage-gegen-Aussage-Konstellation vorliege. Vielmehr seien weitere, unmittelbare tatbezogene Beweismittel vorhanden. Darüber hinaus habe der Angeklagte einige der angeklagten Fälle eingeräumt. „Lediglich für einzelne Taten“ könne „von einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation ausgegangen werden, welche von der Strafkammer im Rahmen der Beweiswürdigung entsprechend berücksichtigt“ würde.

c) Die Rüge der rechtsfehlerhaften Ablehnung dieses Beweisantrags hat Erfolg.

aa) Die Zulässigkeit der Rüge begegnet keinen Bedenken (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Revision trägt sowohl die ursprüngliche Antragstellung wie auch die Gegenvorstellung der Verteidigung ebenso vollständig vor wie die beiden Ablehnungsbeschlüsse der Strafkammer (vgl. zum Vortragserfordernis BGH, Beschluss vom 9. April 2019 – 4 StR 38/19, juris; KK-StPO/Gericke, 9. Aufl., § 344 Rn. 54). Damit sind hier alle Umstände dargestellt, die für die Prüfung erforderlich sind, ob das Tatgericht den gestellten Antrag rechtlich richtig gewertet und verbeschieden hat.

Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts bedurfte es nicht der zusätzlichen Mitteilung durch die Verteidigung, auf welche Erkenntnisgrundlage die Nebenklägerin ihre Aussage in der Hauptverhandlung zu der durch den Angeklagten ins Auge gefassten Aids-Infektion gestützt hat. Die im Antrag dargestellte Aussage der Nebenklägerin, die mangels jedweder Einschränkung zunächst deren unmittelbare Wahrnehmung der von ihr geschilderten Geschehnisse nahelegt, wird durch die angegriffenen Gerichtsbeschlüsse nicht in Zweifel gezogen. Die Staatsanwaltschaft ist der Darstellung in der Antragsschrift nicht entgegengetreten. Für Ausführungen zu der von der Zeugin „angegebene(n) Erkenntnisgrundlage“ bestand vor diesem Hintergrund kein Anlass.

bb) Die Beschlussbegründungen des Landgerichts tragen die Ablehnung des Antrags nicht.

(1) Entgegen dessen Ansicht handelt es sich jedenfalls unter Berücksichtigung der Gegenerklärung − erst dort wurde die ladungsfähige Anschrift der Zeugin mitgeteilt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 8. Dezember 1993 – 3 StR 446/93, BGHSt 40, 3, 7) – um einen Beweisantrag.

(a) Zwar war nach der Antragstellung der Umstand in das Wissen der Zeugin gestellt, dass die von der Nebenklägerin dargestellten Handlungen nicht stattgefunden haben. Die damit behauptete Negativtatsache war jedoch der unmittelbar eigenen Wahrnehmung der Zeugin zugänglich, so dass diese Beweisthema sein konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 14. September 2004 – 4 StR 309/04, juris Rn. 11, Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 244 Rn. 20a).

(b) Entgegen der Ansicht des Landgerichts betraf die unter Beweis gestellte Tatsache auch den Schuldspruch. Sie war als Indiztatsache geeignet, sich auf die Bewertung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin auszuwirken und damit die Verurteilung des Angeklagten zu beeinflussen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2005 – 4 StR 198/05, juris Rn. 20 und 22).

(2) Die Ablehnung des Beweisantrags wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit (§ 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO) hält rechtlicher Prüfung nicht stand.

(a) Eine unter Beweis gestellte Indiz- oder Hilfstatsache ist aus tatsächlichen Gründen für die Entscheidung bedeutungslos, wenn sie in keinem Zusammenhang mit der Urteilsfindung steht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Fall ihrer Bestätigung keinen Einfluss auf die richterliche Überzeugung vom entscheidungserheblichen Sachverhalt hätte, weil sie nur einen möglichen Schluss auf das Vorliegen oder Fehlen einer Haupttatsache oder den Beweiswert eines anderen Beweismittels ermöglicht und das Gericht der Überzeugung ist, dass dieser Schluss in Würdigung der gesamten Beweislage nicht gerechtfertigt wäre. Hierzu hat das Tatgericht die unter Beweis gestellte Tatsache so, als sei sie erwiesen, in das aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme erlangte Beweisergebnis einzustellen und im Wege einer prognostischen Betrachtung zu prüfen, ob hierdurch seine bisherige Überzeugung – gegebenenfalls in Anwendung des Zweifelssatzes – in einer für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch bedeutsamen Weise erschüttert würde (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2018 – 4 StR 484/18, NStZ 2019, 295; vom 19. Dezember 2018 – 3 StR 516/18, juris Rn. 7; Löwe-Rosenberg/Becker, StPO, 27. Aufl., § 244 Rn. 220; KK-StPO/Krehl, 9. Aufl., § 244 Rn. 152; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 244 Rn. 56a). Soll mit dem Beweisantrag die Glaubhaftigkeit der Aussage eines anderen Zeugen angegriffen werden, muss das Gericht die behauptete Tatsache bei der Aussagenanalyse unterstellen und in dem Ablehnungsbeschluss ausführen, warum es den Angaben des Zeugen dennoch folgt (vgl. BGH, Beschluss vom 23. April 2013 – 5 StR 145/13, NStZ 2013, 478; BeckOK StPO/Bachler, 49. Ed., § 244 Rn. 68). Der Beschluss, mit dem die Erhebung eines Beweises wegen Unerheblichkeit der Beweistatsache abgelehnt wird, ist mit konkreten Erwägungen zu begründen, aus denen sich ergibt, warum das Tatgericht aus der Beweistatsache keine entscheidungserheblichen Schlussfolgerungen ziehen will (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2018 – 4 StR 484/18, aaO; vom 19. Dezember 2018 – 3 StR 516/18, aaO).

(b) Diesen Anforderungen genügen die ablehnenden Beschlüsse des Landgerichts in mehrfacher Hinsicht nicht.

(aa) Die Beschlussgründe lassen zunächst besorgen, dass die Strafkammer die ihr obliegende prognostische Prüfung einer möglichen Beeinflussung des Beweisergebnisses nur unzureichend vorgenommen hat. Zwar führt sie aus, sie würde, selbst wenn die von der Verteidigung aufgestellte Beweisbehauptung zuträfe, daraus keine für die in Frage gestellte Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin bzw. die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage relevanten Schlüsse ziehen. Auf der anderen Seite begründet sie die Zurückweisung des Antrags am Ende ihres ersten Ablehnungsbeschlusses mit dem Hinweis, dass „die Ergebnisse der Beweiserhebung […] nach Abschluss der Beweisaufnahme in der Gesamtschau mit objektiven Beweismitteln von der Kammer zu bewerten sein“. Ähnlich führt sie in der Ablehnung der Gegenvorstellung aus, dass „lediglich für einzelne Taten von einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation ausgegangen werden könne, welche von der Kammer im Rahmen der Beweiswürdigung entsprechend berücksichtigt“ werde. Damit hat sie jedoch nicht die bereits erhobenen Beweise unter Berücksichtigung der als zutreffend einzustellende Beweistatsache gewürdigt, sondern – rechtsfehlerhaft − den Antragsteller auf die von ihr vorzunehmende Beweiswürdigung im Urteil verwiesen.

(bb) Die Ablehnung des Beweisantrags genügt auch den an eine Ablehnung zu stellenden inhaltlichen Begründungsanforderungen nicht.

Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang darauf hinweist, die unter Beweis gestellte Tatsache betreffe nur die „generelle Glaubwürdigkeit“ der Nebenklägerin, verkennt es, dass bei der Prüfung der Glaubhaftigkeit einer Aussage nicht zwischen allgemeiner und spezieller Glaubwürdigkeit des Beweismittels unterschieden wird (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2005 – 1 StR 498/04, BGHR StPO § 244 Abs. 2 Zeugenvernehmung 17). Im Übrigen sollte mittels der beantragten Beweiserhebung belegt werden, dass die Nebenklägerin – aus Sicht der Verteidigung – Ereignisse erfand, um den Angeklagten zu Unrecht zu belasten. Damit war das Verhältnis der Nebenklägerin zum Angeklagten unmittelbar betroffen.

Soweit die Strafkammer des Weiteren die Ablehnung darauf stützt, die Nebenklägerin habe „zu den angeklagten Tatvorwürfen umfangreich bekundet und auch die Aussageentstehung wurde im Rahmen der Beweisaufnahme nachvollzogen“, fehlt es an einer näheren Erörterung der Inhalte sowie der Entstehung und Entwicklung der Aussage. Insbesondere ist den Beschlussgründen nicht zu entnehmen, weshalb die als zutreffend unterstellte Beweisbehauptung die in den Raum gestellte Frage des Belastungseifers der Nebenklägerin unberührt lässt oder ein gegebenenfalls vorhandener Belastungseifer die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage gleichwohl nicht in Zweifel zieht. Hierzu schweigen die Beschlussgründe…..“

Da hat sich der BGH ja mal richtig Mühe gemacht.

Erstinstanzliche Verteidigung gegen Einziehung, oder: Welche Kosten-/Auslagenentscheidung?

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Nach dem BayObLG, Beschl. v. 27.10.2023 -204 StRR 394/23, den ich heute Vormittag vorgestellt habe (vgl. hier: Erfolgreiches Rechtsmittel gegen Einziehung, oder: Welche Kosten-/Auslagenentscheidung?), nun zwei weitere Entscheidungen zu Kosten-/Auslagenfragen bei der Einziehung.

Es handelt sich um zwei LG-Entscheidungen, von denen ich aber nur die Leitsätze vorstelle und im Übrigen auf das „Selbstleseverfahren“ verweise. Es handelt sich um folgende Entscheidungen:

Zunächst der LG Hildesheim, Beschl. v. 13.12.2023 – 21 Qs 4/23 – zur Frage der Auslagenerstattung für den Einziehungsbeteiligten nach Erlöschen des Einziehungsanspruches vor Verfahrensabschluss. Dazu der Leitsatz:

Die notwendigen Auslagen eines Einziehungsbeteiligen sind regelmäßig nicht aus Billigkeitsgründen der Staatskasse aufzuerlegen, wenn von einer Einziehungsentscheidung gegen diesen abgesehen wird, nachdem der aus der Tat erwachsene Wertersatzanspruch des Verletzten infolge von diesem veranlasster Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach Anordnung der Einziehungsbeteiligung, aber vor Abschluss des Verfahrens erloschen ist.

Und dann der LG Braunschweig, Beschl. v. 14.12.2023 – 8 Qs 326/23 -, der sich sowohl zur Frage des Gegenstandswertes bei der Einziehung äußert – Stichwort: Gegenstandswert bei unterschiedlichen Werten in der Anklage und dem (Einziehungs)Antrag der Staatsanwaltschaft – und dann auch zur Anwendung des § 465 Abs. 2 StPO in erstinstanzlichen Verfahren. Hier die beiden Leitsätze:

1. Entscheidend für die Berechnung des Gegenstandswertes für die Nr. 4142 VV RVG ist nicht, in welcher Höhe die Staatsanwaltschaft am Ende der Beweisaufnahme eine Einziehung für gerechtfertigt hält, sondern vielmehr, welcher Betrag durch die Anklageerhebung zum Verfahrensgegenstand gemacht wird.
2. § 465 Abs. 2 StPO ist auch in erstinstanzlichen Verfahren anwendbar.

Pflichti III: 4 x nachträgliche Bestellung zulässig, oder: Schritt(e) in die richtige Richtung

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Und dann – wie fast immer an „Pflichti-Tagen“ – noch etwas zum Dauerbrenner: Rückwirkende Bestellung. Dazu habe ich dann vier Entscheidungen, und zwar:

Alle vier Entscheidungen bejahen die rückwirkende Bestellung. Interessant in dem Zusammenhang vor allem der Beschluss des LG Braunschweig. Das „übergeordnete“ OLG lehnt die nachträgliche Bestellung nämlich ab. Anders also das LG, allerdings nur bei inhaftierten Beschuldigten. Aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.

 

Pflichti II: Neues zu den Beiordnungsgründen, oder: Strafvollstreckung, Betreuerbestellung, Jugendlicher

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Und dann drei Entscheidungen zu den Beiordnungsgründen. Auch hier stelle ich nur die Leitsätze vor, und zwar:

1. Folge einer nicht erfolgten, aber möglichen Gesamtstrafenbildung ist, dass bis zur Rechtskraft eines nachträglichen Gesamtstrafenbeschlusses die Vollstreckung der rechtskräftig festgesetzten Einzelstrafen zulässig ist.
2. Dem Verurteilten ist im Strafvollstreckungsverfahren bei einer schwierigen Gesamstrafenbildung ein Pflichtverteidiger in analoger Anwendung von § 140 Abs. 2 StPO beizuordnen.

Der Angeklagte kann sich nicht selbst verteidigen kann, wenn gegenüber Behörden und somit auch in einem Strafverfahren die Voraussetzungen für eine Betreuerbestellung gegeben sind.

Die Bestellung eines Pflichtverteidigers ist geboten bei einem gerade 15 Jahre alten Angeklagte, bei dem eine psychische Erkrankung/Verhaltensstörung vorliegt, weswegen er in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht ist.

Pflichti I: Neues zum Pflichtverteidierwechsel, oder: Dauer der Bestellung, neuer Verteidiger, Rechtsmittel

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Und heute dann ein „Pflichti-Tag“. Wenn ich es richtig sehe, ist es der erste in 2024.

Und den eröffne ich mit einigen Entscheidungen zum Pflichtverteidigerwechsel und den damit zusammenhängenden Frage. Vier von den fünf Entscheidungen kommen vom BGH, eine vom OLG Braunschweig. Ich stelle hier nur die Leitsätze ein, den Rest dann bitte ggf. im verlinkten Volltext selbst lesen.

Im Einzelnen:

Für die Anwendung der Regelung des § 143a Abs. 3 StPO, der eine vereinfachte Möglichkeit für den Pflichtverteidigerwechsel im Revisionsverfahren enthält, muss zumindest ein neuer Verteidiger bezeichnet werden.

Zwar endet die Pflichtverteidigerbestellung gemäß § 143 Abs. 1 StPO grundsätzlich mit rechtskräftigem Verfahrensabschluss. Für Nachtragsverfahren wie das über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionseinlegungs- oder Revisionsbegründungsfrist sowie das Anhörungsrügeverfahren nach § 356a StPO gilt die Pflichtverteidigerbestellung indes fort.

Wird die Bestellung eines Pflichtverteidigers allein deshalb gemäß § 143a Abs. 1 Satz 1 StPO aufgehoben, weil sich ein Wahlverteidiger gemeldet hat, ist im Falle der Beendigung seines Mandats zur Vermeidung einer Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen für einen Verteidigerwechsel regelmäßig der frühere Pflichtverteidiger wieder zu bestellen.

Zur Auslegung einer Eingabe als mögliches Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Auswechselung des Pflichtverteidigers bzw. als „Neuantrag“.

1. Der Rechtsmittelausschluss des § 142 Abs. 7 Satz 2 StPO soll auf Fälle abstellen, die offenkundig der Regelung des § 143a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StPO unterfallen und damit im Sinne der Verfahrensbeschleunigung zu einer schnellen „Abhilfeentscheidung“ durch die Ausgangsinstanz führen.

2. Bezeichnet ein Beschuldiger innerhalb der Frist des § 142 Abs. 5 Satz 1 StPO keine Verteidigerin oder keinen Verteidiger, liegt die Auswahl der beizuordnenden Person zwar bei dem Gericht, welchem dabei ein Auswahlermessen zukommt. Das Auswahlermessen ist jedoch auf Null reduzier, wenn ggf. ein besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen dem Beschudlgiten und einem Rechtsanwalt besteht. Ob ein besonderes Vertrauensverhältnis  besteht, ist anhand der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalles zu beurteilen und hängt unter anderem von der bisherigen Dauer des Wahlmandats, einer bereits erfolgten Verteidigung in anderer Sache sowie der Häufigkeit und Intensität des Kontakts ab.