OWi I: Streifenwagen, blaues Blinklicht, Martinshorn, oder: Wie war die konkrete Verkehrssituation?

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Ich stelle heute dann mal wieder OWi-Entscheidungen vor. Davon gibt es im Moment nicht so ganz viel. Ein paar habe ich aber inzwischen, über die ich hier berichten kann.

Ich beginne mit einem Beschluss des OLG Hamm, und zwar dem OLG Hamm, Beschl. v. 02.07.2024 – 5 ORbs 132/24 – zum freie Bahn Schaffen (§ 38 Abs. 1 Satz 2 StVO).

Das AG hate den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen die Pflicht, einem Einsatzfahrzeug mit Blinklicht und Einsatzhorn sofort freie Bahn zu schaffen, zu einer Geldbuße in Höhe von 240 EUR verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Dazu hat es festgestellt, dass der Betroffene am 07.06.2023 auf der A N01 in Richtung R. als Führer eines Lastkraftwagens zunächst den rechten Fahrstreifen befahren habe. Ein Streifenwagen mit Blaulicht und Martinshorn habe sich hinter dem Betroffenen befunden. Er sei dann auf den linken Fahrstreifen gewechselt, um ein anderes Fahrzeug zu überholen. Daraufhin habe der nach ihm fahrende Streifenwagen stark abbremsen müssen und sei insoweit an seiner uneingeschränkten Weiterfahrt gehindert gewesen, was der Betroffene bei der Durchführung des Überholmanövers habe absehen müssen.

Dagegen die Rechtsbeschwerde, die Erfolg hatte. Dem OLG genügen die Feststellungen des AG nicht:

„Das angefochtene Urteil leidet an einem durchgreifenden Darstellungsmangel. Die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung ermöglichen dem Rechtsbeschwerdegericht keine ausreichende Prüfung dahingehend, ob hier ein sorgfaltswidriger Verkehrsverstoß gegen § 38 Abs 1 S. 2 StVO vorliegt. Die Pflicht der übrigen Verkehrsteilnehmer nach § 38 Abs 1 S. 2 StVO richtet sich im Einzelfall nach der jeweiligen konkreten Verkehrslage, zu der das Tatgericht ausreichende Feststellungen treffen muss (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 13.01.1984 – 1 Ss 905/83 = BeckRS 1984, 497). Daran fehlt es hier.

Das Amtsgericht hat es in den Urteilsgründen (UA S. 2 f.) unterlassen, Feststellungen im Hinblick auf die Geschwindigkeit des vom Betroffenen gesteuerten Lastkraftwagens zu treffen. Außerdem fehlen Angaben dazu, in welchem Abstand sich das Polizeifahrzeug hinter dem Fahrzeug des Betroffenen befand. Ohne diese Angaben ist es dem Rechtsbeschwerdegericht verwehrt, eine eigene Prüfung des etwaigen Sorgfaltspflichtverstoßes vorzunehmen. Denn ohne eine Vorstellung von der gefahrenen Geschwindigkeit des Lastkraftwagens und dessen Abstand zum – mit ca. 180 km/h fahrenden – dahinter befindlichen Streifenwagen lässt sich nicht ausreichend beurteilen, ob es dem Betroffenen vor dem Überholvorgang bei aufmerksamer Beobachtung der Verkehrslage überhaupt möglich gewesen wäre, das mit Sonderrechten ausgestattete Polizeifahrzeug wahrzunehmen.

Diese unterlassenen Sachverhaltsfeststellungen haben zudem für die Beurteilung des Vorliegens des Regelfahrverbots eine gewisse Relevanz, da nur unter Berücksichtigung der konkreten Verkehrslage eine etwaige Abweichung vom Regelfall tragfähig beurteilt werden kann.

Im Übrigen sei angemerkt, ohne dass dies entscheidungserheblich ist, dass sich ein Fahrverbot grundsätzlich auch auf das Führen von fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen bezieht (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 11.04.2002, Az. Ss (B) 13/02 (18/02) = BeckRS 2002, 30252577).“

Pflichti III: Und wieder „rückwirkende Bestellung“, oder: Alles nur „gute“ Entscheidungen

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Und dann im letzten Posting – traditionsgemäß – einige Entscheidungen zur rückwirkenden Bestellung, und zwar:

Der Bestellung eines Pflichtverteidigers steht im Strafbefehlsverfahren nicht entgegen, dass ein Strafbefehl zum Zeitpunkt der Pflichtverteidigerbestellung bereits erlassen ist.

1. Die rückwirkende Bestellung eines Pflichtverteidigers ist ausnahmsweise zulässig.

2. Auf Fälle einer Bestellung eines Pflichtverteididgers auf Antrag des Beschuldigten gem. § 140 Abs. 1 StPO ist Abs. 2 S. 3 des § 141 StPO nicht anwendbar.

Die rückwirkende Bestellung eines Pflichtverteidigers ist zulässig, wenn der Antrag rechtzeitig vor Abschluss des Verfahrens gestellt worden, dann aber von der Staatsanwaltschaft erst verspätet dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt worden ist.

Pflichti II: Bestellung eines Sicherungsverteidigers, oder: Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung

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Und im zweiten Posting dann „Diverses“ zur Pflichtverteidigung, allerdings auch wieder nur die Leitsätze, da die entschiedenen Fragen schon häufiger entschieden worden sind. Hier sind dann also:

1. Die Beiordnung eines zusätzlichen Pflichtverteidigers als Sicherungsverteidiger kommt nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht.

2. Ein derartiger Fall ist nur anzunehmen, wenn hierfür – etwa wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache – ein „unabweisbares Bedürfnis“ besteht, um eine sachgerechte Wahrnehmung der Rechte des Angeklagten und einen ordnungsgemäßen Verfahrensverlauf zu gewährleisten.

1. Zu den Voraussetzungen der Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung.

2. Die Aufhebung der Bestellung nach § 143 Abs. 2 Satz 1 StPO steht im Ermessen des Gerichts. Den Beschlussgründen muss zu entnehmen sein, dass sich das Gericht des ihm eröffneten Ermessensspielraums bewusst war und dass es sein Ermessen unter Berücksichtigung der im Einzelfall maßgeblichen Gesichtspunkte ausgeübt hat.

 

 

Pflichti I: 5 x etwas zu den Beiordnungsgründen, oder: Höhe der Strafe, Berufung der StA, Betreuer, KiPo

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Und heute ist dann mal ein „Pflichti-Tag“ mit einigen Entscheidungen zu Pflichtverteidigungsfragen. Da hat sich in der letzten Zeit einiges angesammelt.

Ich starte hier mit Entscheidungen zu den Beiordnungsgründen, und zwar – wie gehabt – nur mit den Leitsätzen, da es sonst zu viel wird:

Die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Pflichtverteidigers ist in der Regel erst bei einer zu erwartenden Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zu bejahen.

Im Berufungsverfahren ist dem Angeklagten in der Regel ein Verteidiger beizuordnen, wenn die Staatsanwaltschaft gegen ein freisprechendes Urteil Berufung eingelegt hat und eine Verurteilung aufgrund abweichender Beweiswürdigung oder sonst unterschiedlicher Beurteilung der Sach- oder Rechtslage erstrebt.

Zur Beiordnung eines Pflichtverteidigers wegen Unfähigkeit der Selbstverteidigung, wenn dem Beschuldigten ein Betreuer bestellt ist.

Die Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge im Sinne des § 68 Nr. 1 JGG i.V.m. § 140 Abs. 2 StPO gebietet die Beiordnung eines Pflichtverteidigers, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe zu erwarten ist. Ausreichend ist, wenn einem Angeklagten in mehreren Parallelverfahren Strafen, die letztlich gesamtstrafenfähig sind und deren Summe voraussichtlich eine Höhe erreicht, drohen.

1. Zur Beiordnung eines Pflichtverteidigers in einem sog. KiPo-Verfahren.
2. Die Sachlage ist unter anderem dann im Sinne des § 140 Abs. 2 StPO schwierig, wenn die Staatsanwaltschaft in Ermittlungsverfahren wegen Verdachts von Straftaten nach § 184b StGB ggf. externe Sachverständige mit der Auswertung und Begutachtung sichergestellter Datenträger beauftragt. Die zu erwartende Auseinandersetzung mit technischen Untersuchungsberichten begründet eine überdurchschnittliche Schwierigkeit der Sachlage, für die auch nur dem Verteidiger zu gewährende Aktenkenntnis erforderlich ist.

StGB III: Richterbeleidigung durch Freislervergleich?, oder: LG Köln eröffnet – nicht nur Meinungsfreiheit?

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Ich hatte im April des Jahres den AG Brühl, Beschl. v. 27.02.2024 – 51 Ds-74 Js 273/23-280/23 – vorgestellt (vgl. hier StGB II: Richterbeleidigung durch Freislervergleich?, oder: Meinungsfreiheit?). Mit dem Beschluss hatte das AG Brühl die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen Rechtsanwalt abgelehnt, der wegen Beleidigung eines Richters (§ 185 StGB) angeklagt war. Der Rechtsanwalt hatt in einem zivilrechtlichen Verfahren bei einem Streit um die Höhe des Streitwertes einen sog. Freisler-Vergleich betreffend den Richter angestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten verweise ich auf das o.a. Posting

Die Staatsanwaltschaft ist gegen die Nichteröffnung in die Beschwerde gegangen. Dazu liegt jetzt die Entscheidung des LG Köln vor. Das hat im LG Köln, Beschl. v. 12.07.2024 – 120 Qs 31/24 – das Hauptverfahren vor dem AG eröffnet. Begründung:

„Die gemäß § 210 Abs. 2 StPO statthafte sofortige Beschwerde ist gemäß § 311 Abs. 2 StPO zulässig und begründet. Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss zu Unrecht die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen abgelehnt.

Nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens hat sich der Angeschuldigte wegen Beleidigung gem. § 185 StGB hinreichend verdächtig gemacht, indem er den vorbezeichneten Schriftsatz vom 28.03.2023 samt Bildabfolge zur Gerichtsakte einreichte. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Brühl lässt die sachliche Bezugnahme der in diesem Schriftsatz enthaltenen Bildfolge zu einer (vorläufigen) Streitwertentscheidung im laufenden Zivilverfahren eine Strafbarkeit der diesem Schriftsatz in seiner Gesamtheit zu entnehmenden beleidigenden Äußerung über die Person des (mit-)erkennenden Vorsitzenden Richters am Landgericht – bei vorläufiger Würdigung – nicht nach § 193 StGB entfallen.

1. Die Kammer schließt sich den Ausführungen des Amtsgerichts insoweit an, als die gegenständliche Äußerung bei Anlegung der auch im angefochtenen Beschluss zutreffend dargestellten verfassungsrechtlichen Maßstäbe in den Schutzbereich des Grundrechts auf Meinungsfreiheit fällt, so dass eine Strafbarkeit nur nach Gewichtung der Beeinträchtigung, die einerseits der Meinungsfreiheit des sich Äußernden und andererseits der persönlichen Ehre des von der Äußerungen Betroffenen droht, in Betracht kommt (vgl. BVerfGE 93, 266 (319)). Eine dem Schutzbereich entzogene Schmähkritik, bei der die in einer Äußerung liegende persönliche Kränkung ein etwaiges sachliches Anliegen von vorneherein völlig in den Hintergrund drängt, ist hier nicht ersichtlich. Vielmehr wird ein sachlicher Bezug der Äußerung zu einer konkreten Streitwertentscheidung im laufenden Verfahren nicht nur aus dem Anlass ihrer Tätigung – hier der Antwort auf die Rückfrage einer Rechtspflegerin, ob angesichts der Kritik an der (vorläufigen) Streitwertentscheidung an dem gestellten PKH-Festsetzungsantrag festgehalten werde –, sondern auch an zahlreichen Stellen der bildhaften Darstellung ersichtlich. Dies von der ersten Sprechblase, welche sinngemäß auf einen PKH-Festsetzungsantrag verweist, über die in weiteren Sprechblasen erörterte Sinnhaftigkeit der Anwaltsvergütung und – rolle bis hin zum abschließenden Schriftzug, welcher nicht nur den Wert der im laufende Verfahren erfolgten Streitwertfestsetzung von 6.000,- EUR, sondern auch deren Begründung aufgreift. Zutreffend führt das Amtsgericht vor diesem Hintergrund aus, dass eine Auseinandersetzung mit der Sache erfolge, welche von dem ehrbeeinträchtigenden Gehalt der Darstellungen nicht von vornherein völlig in den Hintergrund verdrängt werde.

Dem steht der hier in dem historischen Vergleich zum nationalsozialistischen Unrechtsregime begründete übersteigert polemische Charakter der Darstellung nicht entgegen. Dabei besteht durchaus Anlass in Frage zu ziehen, ob es sich noch um eine bloß überspitzte Darstellungsform handelt, wenn die (vermeintliche) Fehlerhaftigkeit bzw. Willkür einer Einzelfallentscheidung ohne Not in die Nähe des Unwertes des nationalsozialistischen Unrechtsregimes gerückt wird, oder hierdurch nicht entweder das nationalsozialistische Unrecht geschmälert oder aber der von der Darstellung betroffenen Person eine nationalsozialistische Gesinnung unterstellt werden soll. Zumal einem Rechtsanwalt angesichts langjähriger Studien- und Ausbildungszeiten andere sprachliche Mittel zur Verfügung stehen sollten, um seine Rechtsansichten und Anliegen zu unterstreichen (zur Relevanz der Ausdrucksfähigkeit des jeweiligen sich Äußernden s. BVerfG, Beschluss v. 19.05.2020, 1 BvR 2397/19, Rn. 28). Wegen seines bereits den Anwendungsbereich der Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik von Verfassungs wegen jedoch eng zu verstehen. Die Grenze zulässiger Meinungsäußerung liegt nicht schon da, wo eine polemische Zuspitzung für die Äußerung sachlicher Kritik nicht erforderlich ist (BVerfG, Beschluss v. 8.02.2017, 1 BvR 2973/14, juris Rn. 14). Historische Vergleiche mit nationalsozialistischer Praxis können für sich besehen daher nicht die Annahme des Vorliegens von Schmähkritik begründen (BVerfG, Beschluss v. 14.06.2019, 1 BvR 2433/17, juris Rn. 19;).

2. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann die Äußerung in ihrer Gesamtheit indes nicht – aufgrund des aufgezeigten Sachbezugs – dahingehend gedeutet werden, dass dem Vorsitzenden Richter keine nationalsozialistische Gesinnung unterstellt wird, sondern sich die Äußerung in dem Vorwurf der vermeintlichen Fehlerhaftigkeit und Willkür einer konkreten gerichtlichen Entscheidung erschöpft. Das Amtsgericht verkennt insoweit, dass die der bildhaften Darstellung einleitend vorweggestellte Textpassage das dem Schriftsatz in seiner Gesamtheit zu entnehmende Werturteil von einer konkreten gerichtlichen Entscheidung hin zu der Person des Vorsitzenden Richters lenkt und damit aus dem Kontext eines Sachbezugs weitgehend herauslöst.

Demnach ist unerheblich, dass die bildhafte Darstellung für sich genommen – wie das Amtsgericht im Ergebnis wohl zutreffend ausführt – angesichts des vielschichtigen Sachbezugs zu dem (vorläufigen) Streitwertbeschluss in einem laufenden Verfahren als eine lediglich überpointierte Kritik im „Kampf um das Recht“ erscheint, die der Vorsitzende Richter von Berufs wegen (vgl. BVerfGE 76, 171) unter Berücksichtigung der zum gegenwärtigen Verfahrenszeitpunkt bekannten Gesamtumstände gem. § 193 StGB auszuhalten haben dürfte. Denn die einleitend vorangestellte Textpassage enthält eine konkrete Bezugnahme auf die Person des Vorsitzenden Richters, welche den nach der bildhaften Darstellung auf einen Einzelfall bezogenen Willkürvorwurf zu einem allgemeinen Charakterzug erhebt. So handelt es sich bei den in Bezug genommenen „dunkle(n) Momente(n)“, die in dem Vorsitzenden Richter „hier und da“ durchbrächen, ausweislich der Gegenüberstellung zu dessen „nette(n) Seiten“ um einen ebenfalls vorhandenen Wesenszug. Die sodann gewählte Interpunktion – hier des Doppelpunktes – verdeutlicht, dass es sich bei der nachfolgenden bildhaften Darstellung lediglich um einen plakativen Beispielsfall für diesen allgemeinen Wesenszug handele. Dies wird durch die der Schule der Analytischen Psychologie von C.G. Jung entlehnte Wortwahl des „Schattens“ wie auch des „kollektiven Unbewusstseins“ nur noch verdeutlicht. Zwar zielt die genannte Schule auf einen Prozess des Erkennens, Akzeptierens und Integrierens von verdrängten Aspekten der Persönlichkeit (sog „Schatten“) ab, um den Einzelnen zu einer größeren humanitären Reife und sozialen Verantwortlichkeit zu führen. Die Begrifflichkeit dient indes erkennbar dazu, dem Vorsitzenden Richter eine besondere Ausprägung des genannten Wesenszuges bzw. jedenfalls eine besondere Anfälligkeit für das Durschlagen dieses – möglicherweise auch der gesamten „deutschen Richterschaft“ eigenen – Wesenszuges auf seine Handlungen zu unterstellen. Damit handelt es sich nicht lediglich um eine überpointierte Kritik an einer konkreten richterlichen Entscheidung, sondern um eine Diffamierung eben der Person des Richters selbst, die lediglich anlässlich der – als solche möglicherweise überpointiert kritisierten richterlichen Entscheidung vorgetragen wurde.

3. Angesichts des erheblichen Gewichts der Ehrkränkung, welche den Vorsitzenden Richters in die Nähe einer Ideologie vergleichbar mit derjenigen der Unterstützter des nationalsozialistischen Unrechtsregimes rückt (vgl. OLG Köln, Urt. v. 10.12.2019 – III- 1 RVs 180/19, juris), und des – wie aufgezeigt – nur mittelbaren sachlichen Bezugs der getätigten Meinungsäußerung fällt die die erforderliche Gesamtwürdigung – bei vorläufiger Bewertung nach derzeitigem Verfahrensstand – zulasten des Beschwerdeführers aus, weswegen ein hinreichender Tatverdacht bezüglich des Vorliegens einer Beleidigung gem. § 185 StGB vorliegt. Dabei hat die Kammer auch die vom Amtsgericht zutreffend zugunsten des Beschwerdeführers herangezogenen weiteren Umstände – soweit bekannt – berücksichtigt, namentlich die Parteiöffentlichkeit der Äußerung und die persönliche Betroffenheit des Beschwerdeführers in Vergütungsfragen in einem langjährigen Verfahren, in welchem es mehrfach zu Konflikten zwischen dem Beschwerdeführer und dem Vorsitzenden Richter gekommen war. Hingegen war auch zu beachten, dass die gegenständliche Äußerung nicht ad hoc in einem (hitzigen) Gespräch gefallen war, sondern schriftsätzlich auf Anfrage nicht etwa des Vorsitzenden Richters selbst, sondern einer Rechtspflegerin vorgetragen wurde, so dass die Spontanität der freien Rede hier nicht zugunsten des Beschwerdeführers sprechen kann (vgl. BVerfGE 7, 198 (112)).“

Ich wage – na ja, dazu gehört nicht viel „Mut“ – die Behauptung, dass ich über die Sache sicherlich nicht das letzte Mal berichtet habe.