Und als „gebührenrechtliche“ Entscheidungen gibt es heute zwei Beschlüsse zu Auslagen.
Da mache ich mit dem AG Leipzig, Beschl. v. 23.01.2025 – 202 Ls 607 Js 28838/22 (2) – den Opener.
Der Rechtsanwalt war Pflichtverteidiger des Angeklagten. Ihm ist Akteneinsicht gewährt wor-den. Nach Abschluss des Verfahrens hat der Rechtsanwalt seine Gebühren und Auslagen ge-genüber der Staatskasse geltend gemacht. Abgerechnet hat er u.a. auch eine Gebühr für Ko-pierkosten nach Nr. 7000 Ziff. 2 VV RVG in Höhe von 20,- EUR im Hinblick auf ihm im Rahmen der Akteneinsicht überlassenen 4 DVDs. Die Rechtspflegerin hat diese festgesetzt. Dagegen richtet sich die Erinnerung der Staatskasse. Die hatte jedoch beim Gericht keinen Erfolg:
„Die Erinnerung der Staatskasse gegen den Beschluss der Rechtspflegerin ist zulässig, jedoch unbegründet, so dass sie zurückzuweisen war.
Dem Pflichtverteidiger sind nach der Vorbemerkung 7 Abs. 1 Satz 2 VV RVG i.V.m. §§ 675, 670 BGB die Aufwendungen, die für die Kopie von DVD’s erforderlich waren, mithin 5,- Euro pro DVD (netto) zu erstatten.
Zwar führt der Bezirksrevisor zunächst zu Recht aus, dass sich der Erstattungsanspruch nicht aus Nr. 7000 VV RVG ergibt. Denn der Pflichtverteidiger hat weder Ablichtungen oder Ausdrucke aus den Gerichtsakten hergestellt (Nr. 7000 Ziffer 1 VV RVG) noch hat er „im Ein-verständnis mit dem Auftraggeber“ elektronisch gespeicherte Dateien überlassen (Nr. 7000 Ziffern 2, 1d VV RVG).
Der Gebührentatbestand der Nr. 7000 VV RVG findet auf die Überlassung bzw. Reproduktion von bei den Akten befindlichen Datenträgern keine unmittelbare Anwendung. Dies folgt bereits dadurch, dass Nr. 7000 Ziffer 2, welche auf Ziffer 1d Bezug nimmt, im Verhältnis zwischen Landeskasse und Pflichtverteidiger nicht anwendbar ist (Kroiß, in: Mayer/Kroiß, RVG, 8. Auflage 2021,7000 VV RVG Rn. 9 m.w.N.). Die Regelung in Nr. 7000 Ziffer 1d VV RVG bezieht sich ausschließlich auf das privatrechtliche Mandatsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.03.2008 – III-3 Ws 72/08 -, NJW 2008, 2058). Hingegen sind weder das Gericht noch der Beschuldigte Auftraggeber des Pflichtverteidigers (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 26. Auflage 2023, Nr. 7000 VV RVG, Rn. 155), dessen Bestellung als besondere Form der Indienstnahme Privater zu öffentlichen Zwecken einem begünstigenden Verwaltungsakt (vgl. BVerfGE 39, 238; NJW 1975, 1015; OLG Düsseldorf a.a.O.), nicht aber einem Auftragsverhältnis gleicht.
Der Pflichtverteidiger hat jedoch bezüglich seiner Aufwendungen im Zusammenhang mit der Überlassung bzw. Reproduktion von bei den Akten befindlichen Datenträgern einen Anspruch nach Vorbemerkung 7 Abs. 1 Satz 2 VV RVG i.V.m. §§ 675, 670 BGB.
Wie vorstehend dargestellt kann eine entsprechende Erstattung der Auslagen nicht nach Nr. 7000 VV RVG erfolgen. Zudem sind die Aufwendungen keine Gemeinkosten, die für den allgemeinen Bürobetrieb angefallen sind, sondern diese sind durch die Bearbeitung des kon-kreten Mandats veranlasst. Die durch den Pflichtverteidiger getätigten Aufwendungen waren auch erforderlich i.S.d. § 670 BGB. Denn die kopierten Datenträger waren Bestandteile der Sachakten und enthielten Beweismittel, deren Kenntnis für eine sachgerechte Verteidigung unerlässlich war.
Nach der Vorbemerkung 7 Abs. 1 Satz 2 VV RVG i.V.m. §§ 675, 670 BGB seien dem Pflichtverteidiger die tatsächlich entstandenen Aufwendungen zu ersetzen. Hierzu zählen vorliegend die Sachkosten für 4 DVD’s sowie die für die Erstellung der Kopien entstehenden Personalkosten, nicht aber die (anteiligen) Beschaffungskosten für die Hard- und Software, die als Gemeinkosten nicht gesondert erstattungsfähig sind. Dabei scheint es angemessen, sich im Hinblick auf den Aufwand hierfür an den Beträgen der Nr. 7000 Ziffer 2 VVRVG zu orientieren, welche für die Überlassung von elektronisch gespeicherten Dateien an einen Dritten für die in einem Arbeitsgang überlassenen, bereitgestellten oder in einem Arbeitsgang auf denselben Datenträger übertragenen Dokumente insgesamt bis zu 5,- Euro je Datenträger festsetzen. Da vorliegend insgesamt 4 DVD’s überlassen wurden, beträgt die Gesamtsumme der Erstattung hierfür 20,- Euro zzgl. Umsatzsteuer.“
Die Entscheidung ist zu begrüßen. Zwar handelt es sich in diesem und in vergleich-baren Fällen häufig nicht um hohe Beträge, aber bekanntlich macht ja auch „Kleinvieh Mist“ und die Erstattung reduziert den Kostenapparat des Verteidigers. Die Entscheidung liegt auf der Linie der (ober)gerichtlichen Rechtsprechung. Aber: Erstattet werden immer nur die Sachkosten für die Hilfsmit-tel, nicht aber (anteilige) Beschaffungskosten für Hard- und Software, die gem. Vorbem. 7 Abs. 1 S. 1 VV RVG als Gemeinkosten nicht gesondert erstattungsfähig sind.