Archiv für den Monat: Dezember 2019

Sonntagswitzranking 2019, oder: Häschen schlägt sie alle, auch die Kinder, Frauen und Oma und Opa

Am letzten Sonntag des Jahres dann hier wieder kein eigenständiger Sonntagswitz, sondern ein “Sonntagswitzranking 2018”. Enthalten sind die 10 besten Sonntagswitze aus dem ablaufenden Jahr. Ganz interessant, wie sich die Klicks verteilen und was läuft. Einige mögen die Witze gar nicht. Kann ich aber auch nicht ändern. Man muss es ja nicht lesen.

Im Ranking findet man:

  1. Sonntagswitz: Zu Ostern heute natürlich mal wieder Häschenwitze,

  2. Sonntagswitz: Heute mal wieder mit/von/über Kinder,

  3. Sonntagswitz: Anlässlich des Weltfrauentages zu Frauen…. ich bin mal so mutig,

  4. Sonntagswitz, wegen des Großelterntages zu Oma und Opa,

  5. Sonntagswitz: Heute zu den Ostfriesen, denn, ja, ich bin auf Borkum

  6. Sonntagswitz, heute: Zu Spanien und den Spaniern,

  7. Sonntagswitz: Heute wegen des Endes der Saison 2018/2019 zum Fußball,
  8. Sonntagswitz: An Pfingsten zum Hl. Geist und zu Pfingsten,

  9. Sonntagswitz: Noch läuft das Oktoberfest, also Oktoberfestwitze,

  10. Sonntagswitz: Zum “50. Mondlandungstag” Witze zum/um/mit dem Mond

Jahreswochenspiegel 2019, oder: Das waren die Themen, die die Blogs bewegt haben

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Das Jahresende rückt näher. Und damit nimmt die Zahl der Rückblicke zu. Im öffentlichen rechtlichen Fernsehen werden wir schon seit Wochen damit zugeschmissen, aber: Man kann sich dem nicht verschließen. Warum auch? Denn es macht ja schon Sinn, mal kurz inne zu halten und zu überlegen: Wie war das eigentlich in 2019? Was waren die Themen, die uns im ablaufenden Jahr bewegt haben?

Und das mache ich dann auch hier, zumal die ablaufende 52. KW des Jahres 2019 ja keine „richtige“ Woche war. Viele haben nicht gearbeitet mit der Folge, dass es auch nicht so viele Blogthemen gegeben hat, über die man berichten bzw. aus denen man auswählen könnte. Die zwei „Rumpfarbeitstage“ kann ich bequem in der 1/2020 erledigen.

Hier also dann der Jahreswochenspiegel 2018, oder: Was hat die Blogs bewegt bzw. was waren die Themen in 2019:

  1. Wochenspiegel für die 41. KW., das war “Verratsanwalt”, Section Control, Originalvollmacht und Rechteabbau,

  2. Wochenspiegel für die 18. KW., das war 3 Jahre auf Bewährung, Spielstraße, beA und der Reichsadler,

  3. Wochenspiegel für die 28. KW., das war Klarnamenpflicht, Kleidung vor Gericht, Streckenradar und das VerfG Saarland,
  4. Wochenspiegel für die 40 KW., das war eine Wachtmeisterin mit Röntenaugen, EV gegen Axel Springer in der Causa C.M, Facebook und der A…. der Radfahrerin,
  5. Wochenspiegel für die 10. KW., das war der Fall Rebecca, Aussage-gegen-Aussage, BGH zur Vermögensabschöpfung und sittenwidrige Zinsen,

  6. Wochenspiegel für die 15. KW., das war Passwort/Beugehaft, Cannabis am Steuer, ACAB und 1. Hilfe von Sportlehrern

  7. Wochenspiegel für die 34. KW., das war Rassismus, das zornige Volk, Provida und Richterbesoldung,

  8. Wochenspiegel für die 20 KW., das war StPO-Reform, Unfälle mit Tieren, WhatsApp und die Telekom,
  9. Wochenspiegel für die 14. KW., das war Erste Hilfe, Filmen von Polizisten, Böhmermann versus Merkel und Selbstüberschätzung,

  10. Wochenspiegel für die 31. KW., das war(en) dünnhäutige Richter, sexuelle Belästigung, Like-Button von FB, der Mops und das AG Minden

 

Linksabbieger, oder: Das Wahlrecht des Voranfahrenden

Author nach den drei verschiedenenen TGLs entnommen wikimedai.org
interpretiert und digital umgesetzt durch Mediatus

Die zweite Entscheidung kommt mit dem KG, Urt. v. 18.11.2019 – 22 U 18/19 – mal wieder aus Berlin. Das KG hat über einen Linksabbiegerunfall entschieden, und zwar auf der Grundlage folgenden Sachverhalts:.

„Der Zeuge pp. stand als Fahrzeugführer mit dem Fahrzeug der Sicherungseigentümerin, einem Mercedes C 63 S AMG, auf der Fennstraße in südwestlicher Richtung hinter dem von dem Beklagten zu 3. geführten Fahrzeug, einem Kia Picanto 1.1 Spirit, in dem mit Pfeilen gekennzeichneten Linksabbiegerfahrstreifen. Der benachbarte Fahrstreifen ist mit Geradeauspfeilen versehen. Nach dem Anfahren und während oder nach dem Linksabbiegen in die Müllerstraße in Richtung Mitte überholte der Zeuge rechts, während der Beklagte zu 3. in den rechten Fahrstreifen einfuhr. Streitig ist, ob – so behaupten die Beklagten – der Unfall in Höhe der Fußgängerfurt oder – so behauptet der Kläger – etwas später in Höhe der Bushaltestelle stattfand. Zwischen der in Fahrtrichtung der Unfallbeteiligten gesehen hinteren Begrenzung der Fußgängerfurt und der Bushaltestelle (am Wartestand) liegen etwa 23 m. Der Kläger meint auf der Grundlage seiner Behauptung, der Beklagte zu 3. habe den Fahrstreifen gewechselt.“

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme der Klage (weitgehend) stattgegeben. Es hat gemeint, ein Fahrstreifenwechsel sei weder bewiesen noch widerlegt. Da zulasten der Sicherungseigentümerin die Haftung aus der Betriebsgefahr nicht anzurechnen sei, müssten die Beklagten aber in voller Höhe den Schaden ersetzen. Es hat gemeint, trotz Vorschadens ließe sich der Schaden vorliegend schätzen, und hat nur einige Abzüge vorgenommen.

Dagegen die Berufung der Beklagten, die Erfolg hatte:

„Die Berufung der Beklagten ist begründet und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, denn dem Kläger stehen gegen die Beklagten die in Prozessstandschaft für die Sicherungseigentümerin geltend gemachten Schadenersatz- bzw. Freistellungsansprüche gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 BGB; §§ 7, 17, 18 StVG; § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S. 4 VVG; § 421 BGB nicht zu, weil der Fahrer des Fahrzeuges des Klägers den Unfall allein verschuldete (§§ 9 StVG, 254 BGB). Auf den Umstand, dass sich der (Nur-) Eigentümer die Betriebsgefahr nach § 17 Abs. 1 und Abs. 2 StVG nicht anrechnen lassen muss, kommt es daher schon nicht an.

1. Der Beklagte zu 3. handelte nicht sorgfaltswidrig, insbesondere verstieß er – anders als das Landgericht zu Unrecht gemeint hat – nicht gegen § 7 Abs. 5 StVO.

Er nahm – selbst die Version des Klägers zu dessen Gunsten unterstellt – keinen Fahrstreifenwechsel im Sinne von § 7 Abs. 5 StVO vor. Vielmehr stand ihm als Voranfahrendem noch das Wahlrecht zwischen den Fahrstreifen in der Müllerstraße zu, denn ein paralleles Abbiegen war vorliegend durch die Kennzeichnung der Fahrstreifen in der Fennstraße unzulässig. Der in dem einzigen zulässigen Linksabbiegerfahrstreifen Nachfolgende darf dem Voranfahrenden dessen Wahlrecht nicht vorzeitig durch starkes Beschleunigen streitig machen, sondern hat abzuwarten, bis sich der Voranfahrende endgültig eingeordnet hat. Diese Wahlfreiheit endet für das Abbiegen aus einem Fahrstreifen – ebenso wie bei zulässigem parallelem Abbiegen (vgl. dazu Kuhnke, Die Rechtslage bei paarweisem parallelem Abbiegen, NZV 2019, 223, 224 [II.3.]) oder bei Aufteilung eines Fahrstreifens in zwei Fahrstreifen (vgl. Senat, [Hinweis-] Beschluss vom 17. Oktober 2019 – 22 U 139/17 – [unveröffentlicht]; LG Dortmund, Urteil vom 10. 4. 2003 – 15 S 277/02NJW-RR 2003, 1260; vgl. auch König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl., § 7 StVO Rn. 16) – erst mit der endgültigen Einordnung des Voranfahrenden, also allenfalls 15 bis 20 m hinter der Fußgängerfurt, wenn also das endgültige Einordnen nach dem Beginn von Fahrstreifenmarkierungen klar erkennbar ist. Angesichts des Umstandes, dass der nachkollisionäre Halteort des Mercedes an dem dort befindlichen Bushaltestellenschild bzw. dem Wartehaus 23 m hinter der Fußgängerfurt liegt, muss die Kollision deutlich früher erfolgt sein, was zudem angesichts des erforderlichen Bremswegs eher dem Vortrag der Beklagten entspricht, die Kollision sei in Höhe der Fußgängerfurt erfolgt, so dass ganz offensichtlich die zur endgültigen Einordung erforderliche Strecke durch den Beklagten zu 3. noch nicht zurückgelegt gewesen sein kann.

Soweit der Kläger, der bei dem Unfall nicht anwesend war, im Termin behauptet hat, der Standort habe sich hinter der Bushaltestelle befunden, entspricht dies weder dem erstinstanzlichen Vortrag noch dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme und ist ohnehin spekulativ. Zum einen sind auf den mit der Klageschrift eingereichten Fotos die unfallbeteiligten Fahrzeuge nicht zu erkennen und zum anderen werden die Unfallbeteiligten die Fahrzeuge angesichts des fortbestehenden Busverkehrs vorgefahren haben, um Behinderungen zu vermeiden. Der Mercedes war ausweislich des Gutachtens noch fahrfähig. Gleiches gilt für den Kia. Ob die Aussagen des Fahrers und des Beifahrers überzeugen, kann offenbleiben. Der Fahrer hat ausgesagt, nach der Berührung der Felge am Bordstein 1 bis 2 m später an der Bushaltestelle gestanden zu haben. Bushaltestellenschild oder Bushaltestellenhäuschen sei für ihn kein Unterschied. Der Beifahrer hat ebenfalls ausgesagt, kurz vor dem Bushaltestellenschild sei die Kollision gewesen und vor dem Bushaltestellenschild hätten sie dann angehalten. Damit übereinstimmend wird mit den mit der Klageschrift eingereichten Schwarz-Weiß-Fotos der Felgenabrieb – wobei hier unterstellt werden kann, dass diese von dem Mercedes stammen – dem Bushaltestellenschild am Wartehaus zugeordnet. Da der Mercedes, eine (wegen des Auffahrens und Einleitens des Überholvorgangs eher zu gering angenommene) Geschwindigkeit von 30 km/h und eine (wegen des Modells sehr hohe) Verzögerung von 7,5 m/s unterstellt, angesichts eines Anhalteweges von 10,5 m bzw. reinen Bremsweges (ohne Reaktions-, Umsetz-, Ansprech- und Anschwellzeiten) von 4 m nicht unmittelbar in den Stand gebremst haben kann, muss die Erkennbarkeit des Herüberwechselns des Kia, also die Reaktionsaufforderung für den Fahrer des Mercedes zweifelsfrei in dem Bereich erfolgt sein, in dem dem Beklagten zu 3. noch der Vorrang bzw. die Wahlfreiheit zustand.

2. Den Zeugen E… trifft ein Verschulden wegen der Missachtung des Wahlrechts des Beklagten zu 3. als Verletzung der allgemeinen Sorgfaltspflicht nach § 1 Abs. 2 StVO. Abgesehen von dem Umstand, dass eine sorgfältige Beobachtung des Voranfahrenden in dieser Situation geboten gewesen wäre (§ 1 Abs. 2 StVO), durfte der Zeuge nicht grob rücksichtslos beschleunigen und das Rechtsüberholen einleiten, bevor von einer endgültigen Einordung auszugehen war. Hätte er auf Höhe der Fußgängerfurt und kurz dahinter dies beachtet, wäre der von dem Beklagten zu 3. geführte Pkw sicherlich nicht für ihn „plötzlich“ herübergekommen. Auch zu der Kurvenfahrt musste er als Nachfolgender Beobachtungen zum Fahrverhalten des Voranfahrenden machen, die er ausweislich seiner Aussage ganz offensichtlich unterlassen hat.“

Fiktive Schadensabrechnung, oder: Richterliches Schätzungsermessen und Beilackierungskosten

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So, dann füllen wir heute zum letzten Mal im Jahr 2019 den „Kessel Buntes“. Und da köchelt zunächst das BGH, Urt. v. 17.9.2019 – VI ZR 494/18.

Es geht in ihm zum Abschluss des Jahres noch einmal um die fiktive Abrechnung und/oder um das Maß notwendiger richterlicher Überzeugung im Rahmen des § 287 Abs. 1 ZPO, und zwar, wenn es um die Berücksichtigung von sogenannten Beilackierungskosten im Rahmen fiktiver Schadensabrechnung geht.

Dazu der BGH:

„1. Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist der Geschädigte eines Verkehrsunfalls, der es nach einem Sachschaden selbst in die Hand nimmt, den früheren Zustand herzustellen, berechtigt, vom Schädiger den dazu erforderlichen Geldbetrag zu verlangen. Dabei beschränkt sich das Ziel der Restitution nicht auf eine (Wieder-) Herstellung der beschädigten Sache; es besteht in umfassenderer Weise gemäß § 249 Abs. 1 BGB darin, den Zustand herzustellen, der, wirtschaftlich gesehen, der ohne das Schadensereignis bestehenden Lage entspricht (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteil vom 5. Februar 2013 – VI ZR 363/11, NJW 2013, 1151 Rn. 11 mwN). Der Geschädigte ist aufgrund seiner nach anerkannten schadensrechtlichen Grundsätzen bestehenden Dispositionsfreiheit in der Verwendung der Mittel frei, die er vom Schädiger zum Schadensausgleich beanspruchen kann. Er ist nicht dazu verpflichtet, sein Fahrzeug reparieren zu lassen (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteil vom 23. Mai 2017 – VI ZR 9/17, NJW 2017, 2401 Rn. 6 ff. mwN), sondern kann auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens fiktiv abrechnen. Die Angaben des Sachverständigen zur Höhe der voraussichtlich anfallenden Reparaturkosten bestimmen nicht verbindlich den Geldbetrag, der im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Herstellung erforderlich ist. Bei fiktiver Abrechnung ist der objektiv zur Herstellung erforderliche Betrag ohne Bezug zu tatsächlich getätigten Aufwendungen zu ermitteln. Der Geschädigte, der nicht verpflichtet ist, zu den von ihm tatsächlich veranlassten oder auch nicht veranlassten Herstellungsmaßnahmen konkret vorzutragen, disponiert hier dahin, dass er sich mit einer Abrechnung auf einer objektiven Grundlage zufriedengibt (Senatsurteil vom 3. Dezember 2013 – VI ZR 24/13, NJW 2014, 535 Rn. 10).

2. Den zur Herstellung objektiv erforderlichen (ex ante zu bemessenden) Betrag hat das Gericht gemäß § 287 Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu ermitteln (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteil vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13, NJW 2014, 3151 Rn. 16 f.). Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des dabei nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13, NJW 2014, 3151 Rn. 12 mwN; vom 20. Dezember 2016 – VI ZR 612/15, NJW-RR 2017, 918 Rn. 7 mwN). Solche Fehler hat die Revision hier indes aufgezeigt. Zwar ist das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast trifft. Es hat aber Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt und erheblichen Prozessstoff außer Acht gelassen.

a) Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für die Erforderlichkeit der Beilackierungskosten trifft. Insoweit geht es nicht um die Verletzung der Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB), für die grundsätzlich der Schädiger die Beweislast trägt, sondern um die Schadenshöhe, die der Geschädigte auch im Rahmen des § 287 ZPO – soweit nach Absatz 1 Satz 2 der Vorschrift erforderlich – nach den allgemeinen Grundsätzen darzulegen und ggf. zu beweisen hat, § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (st. Rspr., Senatsurteile vom 25. April 1972 – VI ZR 134/71, NJW 1972, 1515 unter II 1, juris Rn. 9; vom 19. Januar 2010 – VI ZR 112/09, VersR 2010, 494 Rn. 11 mwN; vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13, NJW 2014, 3151 Rn. 16; zu Beilackierungskosten zutreffend LG Köln, Urteil vom 10. Mai 2016 – 11 S 360/15, juris Rn. 10; LG Bielefeld, Beschluss vom 19. Mai 2014 – 20 S 109/13, Schaden-Praxis 2014, 412 Rn. 5).

b) Das Berufungsgericht hat aber das Maß notwendiger Überzeugung im Rahmen des § 287 Abs. 1 ZPO überspannt und damit Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt.

aa) § 287 Abs. 1 ZPO stellt an das Maß der Überzeugungsbildung des Tatrichters geringere Anforderungen als die Vorschrift des § 286 ZPO (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 25. April 1972 – VI ZR 134/71, NJW 1972, 1515 unter II 1, juris Rn. 9; vom 19. April 2005 – VI ZR 175/04, NJW-RR 2005, 897, juris Rn. 9; vom 13. September 2016 – VI ZR 654/15, NJW 2017, 1310 Rn. 21). Im Rahmen des § 286 ZPO hat der Richter seiner Überzeugungsbildung zu Grunde zu legen, dass es dafür keiner absoluten oder unumstößlichen Gewissheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit bedarf, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteil vom 16. April 2013 – VI ZR 44/12, NJW 2014, 71 Rn. 8 mwN). Nach § 287 ZPO ist der Richter – im Interesse des von einer rechtswidrigen Handlung Betroffenen (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 19. März 2002 – XI ZR 183/01, NJW-RR 2002, 1072, 1973, juris Rn. 20 ff. mwN) – ermächtigt, sich mit einer mehr oder minder hohen (mindestens aber überwiegenden) Wahrscheinlichkeit zu begnügen (Senatsurteil vom 25. April 1972 – VI ZR 134/71, NJW 1972, 1515 unter II 1, juris Rn. 9; vom 12. Februar 2008 – VI ZR 221/06, VersR 2008, 644 Rn. 9 mwN). Bei der Schadensschätzung steht ihm ein Ermessen zu, wobei in Kauf genommen wird, dass das Ergebnis unter Umständen mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 – VII ZR 84/10, NJW 2013, 525 Rn. 23).

bb) Das hat das Berufungsgericht verkannt. Es meint, ein Anspruch auf Ersatz der Beilackierungskosten könne bei fiktiver Abrechnung (von vornherein) nicht bestehen, weil sich die Erforderlichkeit der Beilackierungskosten erst nach durchgeführter Reparatur sicher beurteilen lasse. Zu Unrecht fordert es damit für die von ihm vorzunehmende Schadensbemessung eine sogar im Rahmen des § 286 ZPO nicht erforderliche absolute Gewissheit. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei der fiktiven Abrechnung eines Fahrzeugschadens – auch hinsichtlich anderer Positionen – stets eine (gewisse) Unsicherheit verbleibt, ob der objektiv zur Herstellung erforderliche (ex ante zu bemessende) Betrag demjenigen entspricht, der bei einer tatsächlichen Durchführung der Reparatur angefallen wäre oder anfallen würde. Unter Hinweis auf diese verbleibende Unsicherheit darf sich ein Gericht nicht der ihm obliegenden Aufgabe entziehen, eine Schadensermittlung nach den Grundsätzen des § 287 Abs. 1 ZPO vorzunehmen und insoweit zu prüfen, ob ein Schaden überwiegend wahrscheinlich ist. Im Übrigen trifft nicht zu, dass – wie das Berufungsgericht meint (ebenso Balke, SVR 2017, 349) – eine Beilackierung mit der Beseitigung des Unfallschadens als solchem nichts zu tun habe. Ist eine Beilackierung zur Wiederherstellung des Zustandes erforderlich, der vor dem schädigenden Ereignis bestanden hat, ist sie ebenso Teil der Beseitigung des durch den Unfall verursachten Schadens, wie etwa der Ersatz eines beschädigten Fahrzeugteils.

c) Das Berufungsgericht hat ferner – wie die Revision zu Recht rügt – maßgeblichen Prozessstoff außer Acht gelassen, § 287 ZPO, Art. 103 Abs. 1 GG.

aa) Der gerichtliche Sachverständige hat ausgeführt, eine Beilackierung angrenzender Karosserieteile sei aus Sicht vor der Reparatur als erforderlich anzusehen, wenn es sich um eine Effektlackierung handele, das beschädigte Karosserieteil erneuert werden müsse, und sich ein unmittelbar angrenzendes Karosserieteil in gleicher Ebene und im optisch wahrnehmbaren Bereich befinde. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben. Daher sei für eine fachgerechte und vollständige Instandsetzung die Beilackierung der linken Tür aus technischer Sicht als zwingend notwendig anzusehen. Zur Beseitigung restlicher Farbton- und Effektdifferenzen sei die sogenannte Beilackierung alternativlos.

bb) Damit lagen nach der von dem Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass im vorliegenden (Einzel-)Fall eine Beilackierung zur Wiederherstellung des vor dem Unfallereignis bestehenden Zustands objektiv erforderlich war. Mit diesem Beweisergebnis hätte sich das Berufungsgericht im Rahmen der von ihm vorzunehmenden Schadensbemessung umfassend und widerspruchsfrei auseinandersetzen müssen (vgl. Senatsurteil vom 13. September 2016 – VI ZR 654/15, NJW 2017, 1310 Rn. 21 mwN). Der Hinweis auf die (isolierte) Aussage des Sachverständigen, dass sich Effektunterschiede durch die konkrete Ausrichtung der Metallics- oder Perleffektpartikel grundsätzlich erst nach Abschluss der kompletten Lackierarbeiten gesichert beurteilen ließen, reicht im Hinblick auf die weiteren – oben wiedergegebenen – Ausführungen des Sachverständigen dafür jedenfalls nicht aus. Wenn das Berufungsgericht die Darlegungen des Sachverständigen für unzureichend oder widersprüchlich hielt, hätte es auch bei freier Überzeugungsbildung auf eine Erläuterung oder Ergänzung des Sachverständigengutachtens hinwirken müssen (Senatsurteil vom 15. März 1988 – VI ZR 81/87, NJW 1988, 3016, 3017, juris Rn. 12).“

Ich habe da mal eine Frage: Zwei Anhörungen, sind das auch zwei Angelegenheiten?

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Und hier dann noch das letzte Gebührenrätsel des Jahres 2019 – verbunden mit dem Aufruf: Fragen, fragen, fragen, denn mein „Rätsel-Ordner“ ist fast leer 🙂 .

Die Frage kommt aus dem Bereich der Vollstreckung, und zwar:

„…………..

Jetzt habe ich tatsächlich mal ne Frage.

Ich betreue einen Mandanten im Maßregelvollzug (§64). Ich wurde beigeordnet für das Anhörungsverfahren. Gleichzeitig wurde im Termin zur 64er-Anhörung die Anhörung über den Widerruf der Bewährung in anderer Sache gemacht. Auch hierfür wurde ich beigeordnet. Beiordnung für beide Verfahren in einem Beschluss, aber zwei Aktenzeichen. Kein Beschluss über Verbindung, was meines Erachtens auch nicht geht. Dann müsste ich doch auch für beide Verfahren jedenfalls die Verfahrensgebühr – Maßregel und die normale für den Widerruf bekommen oder ?

Und ja ich habe Kommentare und Beck Online vorher durchforstet.“