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bea II: Elektronisches Dokument im Zivilverfahren, oder: Einfache Signatur, Glaubhaftmachung, GBO

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Und nach den Entscheidungen von heute Mittag (vgl. dazu: beA I: elektronisches Dokument im Strafverfahren, oder: Technische Infrastruktur, Professor, StA) hier dann die Entscheidungen zu den Fragen aus dem Zivilverfahren bzw., was damit zu tun hat. Teilweise haben die Entscheidungen, wenn es um allgemeine Frage geht, natürlich auch für das Strafverfahren Bedeutung.

An erster Stelle hier der BGH, Beschl. v. 07.09.2022 – XII ZB 215/22 – zu einfachen Signatur:

Die einfache Signatur im Sinne des § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO meint die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, beispielsweise bestehend aus einem maschinenschriftlichen Namenszug unter dem Schriftsatz oder einer eingescannten Unterschrift. Nicht genügend ist das Wort „Rechtsanwalt“ ohne Namensangabe (im Anschluss an BAG, Beschluss vom 14. September 2020 – 5 AZB 23/20, BAGE 172, 186 = NJW 2020, 3476 und BSG, Beschluss vom 16. Februar 2022 – B 5 R 198/21 B, NJW 2022, 1334).

An zweiter Stelle der BGH, Beschl. v. 21.09.2022 – XII ZB 264/22 – zur Frage der Wiedereinsetzung/Glaubhaftmachung, und zwar:

    1. Die Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung
      eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument bedarf einer aus sich
      heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe
      oder Umstände, deren Richtigkeit der Rechtsanwalt unter Bezugnahme auf
      seine Standespflichten anwaltlich versichern muss.
    2. Eine nachgeholte Glaubhaftmachung dreieinhalb Wochen nach der Ersatz-
      einreichung ist nicht unverzüglich erfolgt.

Die dritte Entscheidung, der OLG Schleswig, Beschl. v. 13.10.2022 – 7 U 160/22 – verhält sich auch noch einmal zu Wiedereinsetzungsfragen, und zwar wie folgt:

    1. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nur gewährt, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist einzuhalten. Dabei muss sich die Partei nach § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen. Es gilt der berufsbedingt strenge Sorgfaltsmaßstab, sodass insoweit regelmäßig eine Fristversäumnis verschuldet ist, wenn sie für einen pflichtbewussten Rechtsanwalt abwendbar gewesen wäre.
    2. Die Berufungsschrift darf nicht beim Ausgangsgericht, sondern muss beim zuständigen Berufungsgericht (in diesem Fall beim OLG Schleswig) eingelegt werden. Ein Rechtsanwalt hat durch entsprechende organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht.
    3. Seit dem 01.01.2022 müssen vorbereitende Schriftsätze gemäß § 130 d ZPO als elektronisches Dokument eingereicht werden. Gemäß § 130 a Abs. 5 S. 2 ZPO wird dem Absender nach der Übermittlung eine „automatisierte Bestätigung“ über den Zeitpunkt des Eingangs mitgeteilt.
    4. Das Fristenwesen einer Anwaltskanzlei muss sicherstellen, dass dem Rechtsanwalt die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittelfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden und zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich an das zuständige Gericht rechtzeitig hinausgehen. Dabei ist die für die Kontrolle zuständige Bürokraft anzuweisen, dass Fristen im Kalender erst dann als erledigt zu kennzeichnen sind, nachdem sie sich anhand der Akte selbst vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Fristenkontrolle auch eine Weisung, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders nochmals und abschließend selbstständig überprüft wird. Das Erfordernis der allabendlichen Fristenkontrolle hat gerade den Sinn, durch eine doppelte Prüfung möglichst alle Fehlerquellen bei der Einhaltung von Fristen auszuschließen.
    5. Eine wirksame Fristen- und Ausgangskontrolle darf nicht nur mit der bloßen Anwaltssoftware (hier „RA-Micro“) erfolgen, sondern erfordert auch einen Vergleich anhand des Fristenkalenders und der Handakte. Das Büropersonal ist bereits vor Anfertigung und Verarbeitung der Berufungsschrift anzuweisen, in der entsprechenden Anwaltssoftware (hier „RA-Micro“) das zuständige Berufungsgericht einzupflegen.
    6. Die Ursächlichkeit einer falschen Gerichtsadressierung entfällt lediglich dann, wenn ein an sich schuldhaftes Verhalten sich wegen eines Fehlers des unzuständigen Gerichts nicht entscheidend auswirkt. Kausalität wäre in diesem Fall nur dann nicht gegeben, wenn die Fristversäumnis bei pflichtgemäßer Weiterleitung des Schreibens an das zuständige Gericht vermieden worden wäre. Das wäre aber nur dann der Fall, wenn die fristgerechte Weiterleitung an das zuständige Gericht im ordentlichen Geschäftsgang erwartet werden konnte.

Und als letzte Entscheidung dann noch der OLG München, Beschl. v. 07.09.2022 – 34 Wx 323/22 – zum elektronischen Dokument im Grundbuchverfahren, und zwar:

Wird ein über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eingereichter Schriftsatz ausgedruckt, liegt – unabhängig davon, ob der elektronische Rechtsverkehr im Grundbuchverfahren eröffnet ist – ein schriftlicher Antrag i.S. v. § 13 GBO vor. Ergibt sich aus den Umständen eindeutig, wer Antragsteller ist, muss das Schriftstück nicht von diesem unterschrieben sein.

Rechtsschutzversicherung und Deckungsprozess, oder: Ist eine vorweggenommene Beweiswürdigung zulässig?

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Heute RVG-Tag. Dazu vorab: Derzeit sind gebühren-/kostenrechtliche Entscheidungen bei mir knapp. Wer also Material 🙂 hat, kann es mir gern schicken. Manches schlummert ja im Verborgenen.

Ich beginne dann die Berichterstattung mit einer Entscheidung des OLG Schleswig zur Rechtsschutzversicherung. Die verhält sich zu der Frage, ob im Deckungsprozess eine (vorweggenommene) Beweiswürdigung zulässig ist. Es geht um eine Verfahren betreffend „Abschaltautomatik“/Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrages.

Das OLG hat im OLG Schleswig, Beschl. v. 12.05.2022 – 16 U 53/22 – eine teilweise Beweiswürdigung bejaht. Es handelt sich um einem gem. § 522 Abs. 2 ZPO ergangenen Hinweisbeschluss, der dann zur Berufungsverwerfung durch OLG Schleswig, Urt. v. 21.06.2022 – 16 U 53/22 geführt hat.

Hier die Leitsätze (aus dem Urteil):

    1. In der Rechtsschutzversicherung, in der die Deckung unter anderem davon abhängt, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (etwa § 18 Abs. 1 b) ARB 2010), ist wie im Prozesskostenhilferecht eine vorweggenommene Beweiswürdigung in eng begrenztem Rahmen zulässig.
    2. Die Deckung kann versagt werden, wenn die Gesamtwürdigung aller schon feststehenden Umstände und Indizien eine positive Beweiswürdigung zugunsten des Versicherungsnehmers als ausgeschlossen erscheinen lässt und eine vernünftig und wirtschaftlich denkende Partei, die die Kosten selbst bezahlen müsste, wegen des absehbaren Misserfolgs der Beweisaufnahme von einer Prozessführung absehen würde.
    3. So liegt es, bezogen auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife im November 2021, in Ansehung der beabsichtigten Klage auf Rückabwicklung des Erwerbs eines Kraftfahrzeuges mit einem Euro5-Diesel-Motor vom März 2015, wenn das Fahrzeug keinem Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes unterlag oder unterliegt, ein Software-Update nicht vorgesehen war oder ist, im Klagentwurf gegen die Feststellungen des Kraftfahrtbundesamtes eine Prüfstanderkennung behauptet und im Übrigen lediglich auf ein sog. Thermofenster sowie auf Messwerte im Realbetrieb verwiesen wird.
    4. Bei der Entscheidung, ob bezogen auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife Deckung zu gewähren gewesen wäre, sind künftige denkbare im Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehende Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zu der Frage unerheblich, ob Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der RL 2007/46/EG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 715/2007 eine drittschützende Wirkung zukommen kann.

Abtretung von Schadenersatzansprüchen, oder: Verjährung im Dieselskandal

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So, ab heute dann hier vorbereitete Beiträge, weil ich ab heute bis nächsten Samstag auf (Rad)Tour bin.

Ich starte dann den Kessel Buntes, und zwar mit dem OLG Schleswig, Urt. v. 22.04.2022 – 1 U 36/21 – zur Abtretung von Schadensersatzansprüche im Diesel-Skandal und zur Verjährung.

Folgender Sachverhalt:

„Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 28.11.2014 bei A. in R. einen gebrauchten VW Golf 2.0l mit einem Kilometerstand von 56.550 km. Der Kaufpreis, für den der Kläger ein Darlehen aufnahm, betrug 14.200 € (Anl. K 1). Der Kläger leistete eine Anzahlung in Höhe von 3.000,– € und nahm über den Restbetrag ein Darlehen auf. Die Darlehenssumme betrug ausweislich des Darlehensvertrags 13.520,80 €. Beginnend mit dem 01.01.2015 waren Ratenzahlungen in Höhe von 229.60 € zu leisten.

Im November 2015 veräußerte der Kläger das Fahrzeug zum Preis von angeblich 7.204,31 € (Anl. K 1a). Der Käufer übernahm die Ratenzahlung ab dem 01.12.2015 durch Überweisung der Beträge auf das Konto des Klägers. Vereinbart war diese Zahlungsweise für die ersten sechs Monate; wann der Käufer den Darlehensvertrag im eigenen Namen übernahm, ist nicht bekannt. Am 23.03.2017 jedenfalls löste der Kläger das Darlehen durch Zahlung der von der Volkswagenbank verlangten Ablösesumme über 7.204,31 € ab.

Das Fahrzeug ist mit einem Motor des Typs EA 189 ausgestattet. Motoren dieses Typs verfügen über eine Software, die erkennt, wenn sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet. In diesem Fall sorgt die Motorsteuerung für einen günstigeren Stickstoffausstoß als im realen Fahrbetrieb. Das Kraftfahrbundesamt beanstandete die Software im Jahr 2016 als unzulässig und ordnete den Rückruf der mit Motoren dieses Typs ausgestatteten Fahrzeuge an, sofern die sog. Umschaltlogik nicht mithilfe eines Updates beseitigt wurde.

Der Kläger sieht sich von der Beklagten in sittenwidriger Weise getäuscht. Er trat seinen angeblichen Schadensersatzanspruch am 29.07.2016 an die X GmbH ab (Anl. K 14). Diese machte am 11.12.2018 eine Sammelklage vor dem Landgericht Braunschweig anhängig, die auch den Anspruch des Klägers betraf. Nach einer Rückabtretung an den Kläger am 22.10.2020 (Anl. K 15) nahm die X GmbH ihre Klage insoweit am 23.02.2021 zurück.

Mit der im eigenen Namen am 30.12.2020 anhängig gemachten und der Beklagten am 21.12.2021 zugestellten Klage hat der Kläger zuletzt, gestützt insb. auf § 826 BGB, Schadenersatz in Höhe von 8.821,11 € sowie Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten (962,80 €) verlangt. Der Schadenersatzbetrag ergibt sich aus der Differenz zwischen den Kaufpreisen bei An- und Weiterverkauf (6.500,31 €) und angeblichen Finanzierungskosten in Höhe von (2.320,80 €). Die Beklagte ist der Klage in der Sache und mit der Einrede der Verjährung entgegengetreten….“

Das LG hat die Klage abgewiesen. Dagegen die Berufung des Kägers, die keinen Erfolg hatte:

Das OLG hat zwar einen Schadensersatzanspruch des Klägers bejaht, diesen aber als verjährt angesehen. Ich beschränke mich hier auf den Leitsatz der Entscheidung, der lautet:

Die Abtretung von Schadensersatzforderungen im sog. Diesel-Abgasskandal zur Geltendmachung im massenhaften Sammelklageverfahren ist wegen Verstoßes gegen § 3 RDG nichtig. Die Geltendmachung der abgetretenen Forderung im Sammelklageverfahren hemmt deshalb die Verjährung nicht.

Pflichti II: „Die Hauptverhandlung ist eine Farce…., oder: Reicht das für die Entpflichtung?

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Im zweiten Posting dann eine Entscheidung zur Abberufung bzw. Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung. Es handel sicu um den OLG Schleswig, Beschl. v. 21.02.22002 – 1 Ws 26/22.

Folgender (Kurz)Sachverhalt: Das LG hat den Verteidiger entpflichtet. Dagegen die sofortige Beschwerde. Die hat keinen Erfolg. Das OLG sieht zwar die vom LG für die Entpflichtung angeführten Gründe als nicht ausreichend an, legt dann aber der Entpflichtung eine andere Begründung zugunde:

„Im Ergebnis zu Recht ist der Rechtsanwalt entpflichtet worden.

Die für diese Entscheidung angeführte Begründung, der Rechtsanwalt habe sich geweigert, die Verteidigung des Angeklagten zu führen (§ 145 Abs. 1 Satz 1 StPO), erscheint aus Sicht des Senats indes nicht tragfähig.

Die Verfügung lässt erkennen, dass der Verteidiger an diesem ersten Hauptverhandlungstag für den Angeklagten tätig war und verschiedene prozessual zulässige Handlungen für ihn vorgenommen hat. Auch ist das nachfolgende Verhalten des Rechtsanwalts, in dem die Kammer eine „Weigerung“, den Angeklagten zu verteidigen, erblickt hat, tatsächlich nicht von einer Qualität, die die Entpflichtung des Rechtsanwalts unter diesem Gesichtspunkt rechtfertigen könnte.

Dem Rechtsanwalt wird vorgehalten, erklärt zu haben, aus seiner Sicht sei die heutige Hauptverhandlung „eine Farce“ und weder er noch der Angeklagte würden sich daher an ihr aktiv beteiligen; insbesondere werde er bei der beabsichtigten Vernehmung von Zeugen diesen keinerlei Fragen stellen.

In dieser Äußerung und dem entsprechenden Verhalten vermag der Senat eine ernsthafte und endgültige Weigerung im Sinne des § 145 StPO nicht zu sehen.

Zum einen handelte es sich um Geschehnisse am ersten Verhandlungstag einer auf etliche weitere Verhandlungstage angelegten Hauptverhandlung, aus denen keine sicheren Schlüsse hinsichtlich des Verteidigungsverhaltens in seiner Gesamtheit gezogen werden konnten.

Zum anderen kann das Verhalten auch nicht – wie in der Verfügung geschehen – als „in erheblichem Maße prozessordnungswidrig“ zu bezeichnet werden, welches „den Boden des geltenden Prozessrechts deutlich“ verließe. Die Strafprozessordnung (§ 240 Abs. 2 StPO) gibt dem Verteidiger und dem Angeklagten zwar das Recht, Zeugen und Sachverständige zu befragen. Sie verpflichtet aber weder den Verteidiger noch den Angeklagten, dieses Recht überhaupt oder in einem bestimmten Umfang auszuüben. Wenn sich Verteidiger und Angeklagter darüber einig sind, an einem bestimmten Verhandlungstag bestimmten Zeugen keine Fragen zu stellen, kann dies auch – anders als es in der Verfügung gesehen wird – „von einem Verteidigungskonzept oder einer Prozessstrategie gedeckt“ sein. Dafür, bestimmten Personen keine Fragen zu stellen, kann es eine ganze Reihe denkbarer prozessual legitimer Überlegungen geben und sei auch es nur, dass hierdurch oder durch provozierte Gegenreaktionen des Gerichts versucht wird, den Boden für spätere erfolgreiche Revisionsrügen zu bereiten.

Ist – wie hier – ein Angeklagter durch mehrere Rechtsanwälte verteidigt, ist überdies denkbar, dass es interne Absprachen gibt, wonach einer der Rechtsanwälte gerade für prozessuale Anträge und der andere für die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Sache verantwortlich ist.

Dennoch verbleibt es im Ergebnis bei der Entpflichtung. Sie hätte nämlich bereits seit geraumer Zeit auf Grundlage des § 143 a Abs. 1 Satz 1 StPO erfolgen müssen……“

 

Corona I: Wieder Vorlage des gefälschten Impfpasses, oder: Wann kommt dazu etwas vom BGH?

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Heute dann mal wieder ein paar Entscheidungen zu Corona. Ja, die Pandemie ist noch nicht zu Ende. Die Inzidenzen gehen zwar zurück, aber das hat sicherlich auch damit zu tun, dass nicht mehr (so viel) getestet wird. Die Ansteckungsgefahr bleibt m.E. Und überhaupt keinen Einfluss haben die zurückgehenden Inzidenzen auf die Rechtsprechung, denn die arbeitet noch die „Altfälle“ auf und wird das sicherlich auch noch länger tun (müssen). Also wird es immer mal wieder „Corona-Postings“ geben. Und heute ist dann wieder ein solcher Tag.

In den starte ich mit zwei Entscheidungen zur Strafbarkeit der Vorlage gefälschter Impfpässe, Stichwort:  „Impfpassfälschung“.

Zunächst hier der OLG Schleswig, Beschl. v. 31.03.2022 – 1 Ws 19/22. Ergangen ist der Beschluss in einem Verfahren, in dem um die Anordnung eines Vermögensarrestes gestritten worden ist. Das AG hatte den Arrest angeordnet und dabei den dringenden Tatverdacht einer Urkundenfälschung nach § 267 StGB bejaht, also die sog. Sperrwirkung der §§ 277 ff. StGB verneint. Das LG hatte das anders gesehen und die Anordnung aufgehoben. Das OLG hat sich dann dem AG angeschlossen und gem. §§ 111e Abs. 1, 111j Abs. 1 StPO i.V.m. mit §§ 73 Abs. 1, 73c und 73d StGB zur Sicherung der Einziehung des Wertes des Taterlangten einen Vermögensarrest in Höhe von 116.300 EUR in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Beschuldigten angeordnet. Hier der Leitsatz zu der Entscheidung:

Im Falle gefälschter Impfpässe schließen die §§ 277 bis 279 StGB in der bis zum 23. November 2021 geltenden Fassung eine Strafbarkeit nach der allgemeinen Vorschrift des § 267 StGB nicht aus (Anschluss an Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 27. Januar 2022 – 1 Ws 114/2).

Und dann noch der AG Zossen, Beschl. v. 12.04.2022 – 134 Ds 482 Js 47926/21. Das AG musste ebenfalls über die Strafbarkeit der Vorlage eines gefälschten Impfpasses nach altem Recht, also vor dem 23.11.2021, entscheiden. Das AG hat die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Es verneint nach der bis zum 23.11.2021 geltenden Rechtslage die Strafbarkeit und geht mit den Gerichten, die das in der Vergangenheit auch schon getan haben, von der Sperrwirkung der §§ 277 ff. StGB aus.

Irgendwann – hoffentlich bald – wird der BGH sich zu der Frage äußern (müssen).