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StPO III: Durchsuchung bei Pressemitarbeiter, oder: Reichweite des Zeugnisverweigerungsrechts

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So, zum Tagesschluss dann noch eine Entscheidung des LG Stuttgart. Die ist auch recht umfangreich. Ist leider manchmal so 🙂 . Das LG hat sich im LG Stuttgart, Beschl. v. 07.06.2023 – 6 Qs 2/23 – mit einigen Fragen betreffend eine Durchsuchung befasst.

Folgender Sachverhalt:

„Der Beschwerdeführer ist gemeinschaftlich mit den weiteren Beschuldigten S., R., B. sowie dem anderweitig durch die Staatsanwaltschaft B. verfolgten D. verdächtig, in einer bislang unbekannten Anzahl von Fällen an einem auf Anlagebetrug angelegten System beteiligt gewesen zu sein, strafbar als gewerbs- und bandenmäßiger Betrug gemäß § 263 Abs. 1, Abs. 5 StGB.

Die Ermittlungen begannen infolge der im Jahr 2020 durch seinen Rechtsanwalt gestellten Strafanzeige des mutmaßlich geschädigten Zeugen St. Im Jahr 2022 erfolgten in der Region S. sowie im niedersächsischen B. koordinierte Durchsuchungsmaßnahmen an zahlreichen Objekten. Infolge der hierbei gewonnenen Erkenntnisse wurde der mit der hiesigen Beschwerde angegriffene Durchsuchung- und Beschlagnahmebeschluss für die Wohnung des Beschwerdeführers erlassen.

Zu diesem Zeitpunkt bestanden aus Sicht der Staatsanwaltschaft noch keine für den Anfangsverdacht ausreichenden Anhaltspunkte gegen den Beschwerdeführer, sodass er damals noch als Dritter gemäß § 103 StPO angesehen wurde. Während der im Jahr 2023 vollzogenen Durchsuchung wurde der Beschwerdeführer unmittelbar zu Beginn vorsorglich auch gemäß § 55 StPO belehrt. Im Laufe der Durchsuchung sichtete der bei der Durchsuchung anwesende Staatsanwalt Hi. mehrere Stehordner, deren Inhalt zum Bekanntwerden neuer konkreter Tatsachen führte, die nunmehr zu der Annahme eines Anfangsverdachts gegen den Beschwerdeführer führten. Daraufhin wurde er umgehend als Beschuldigter belehrt. Konkret beinhalteten die Stehordner zahlreiche Rechnungen des Beschwerdeführers überwiegend in fünfstelliger Höhe an die Gesellschaften des Beschuldigten R. Das bei ihm bei dieser Durchsuchung kurz zuvor in einem mit „M. (Anm.: Vorname des Beschwerdeführers) 5k“ überschriebenen Briefumschlag aufgefundene Bargeld in einem Gesamtumfang von 3.400,- Euro sowie 110,- USD wurde daraufhin zwecks Einziehung sichergestellt.

Der Beschwerdeführer erklärte sich mit der Maßnahme zunächst einverstanden. Nach der eingelegten Beschwerde bestätigte das Amtsgericht Stuttgart die Beschlagnahme des Bargelds gemäß §§ 94, 98 Abs. 2 StPO i.V.m. §§ 111b, 111c, 111j Abs. 2 StPO.

Dem eigentlichen Vorwurf des Betrugs liegt folgender Sachverhalt zugrunde: die Beschuldigten gründeten eine Vielzahl von Kommanditgesellschaften, welche allesamt ähnlich klingende Firmennamen mit dem Teilwort „H.“, also etwa „H. VB. 11 GmbH & Co. KG“, hatten (nachfolgend: „H.-Gesellschaften“). Insgesamt konnten bisher 77 solcher H. – Gesellschaften ermittelt werden. Als Komplementärin wurde dabei jeweils die H. V. GmbH eingesetzt, deren alleinige Gesellschafterin wiederrum die S. M. & S. AG war. Als Kommanditistin wurden abwechselnd entweder die TB T. GmbH WPG oder die in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige als Offshore-Gesellschaft in den Britischen Jungferninseln gegründete A. Ltd. eingesetzt. Die Beschuldigten waren zu unterschiedlichen Zeitpunkten in diversen Funktionen in dieses Firmengeflecht eingebunden.

In den Verkaufsprospekten der H.-Gesellschaften wurde den mutmaßlich Geschädigten ab Bezahlung der Mindestzeichnungssumme von 25.000,00 Euro eine jährliche Verzinsung i.H.v. 9% zugesichert. Die Auszahlung wurde „von der Liquiditätslage“ abhängig gemacht. Als Geschäftsfeld wurde die Exploration von Erdöl- und Erdgas-Vorkommen in Texas aufgeführt. Tatsächlich bestehen erhebliche Verdachtsmomente dafür, dass die Beträge zunächst auf Konten der F.-Bank in Deutschland eingezahlt wurden, von dort aus zunächst auf Konten der Bank C. S. in der Schweiz weitergeleitet und von dort aus auf weitere Konten überwiesen wurden, mit der Folge, dass jedenfalls die laufenden Zinsleistungen nicht erfüllt werden konnten. Tatsächlich erhielt jedenfalls der Zeuge St. weder aus Zinszahlungen noch aus anderen Gründen Geldeingänge.“

Der Beschwerdeführer hat über seinen Wahlverteidiger gerügt, zum einen, dass auch nach der Durchsicht der Stehordner durch Staatsanwalt Hi. während der laufenden Durchsuchung die Verdachtsmomente gegen den Beschwerdeführer nicht ausgereicht hätten, um ihn als Beschuldigten anzusehen. Die während der Durchsuchung aufgefundenen Rechnungen seien noch vor dem Tatzeitraum ausgestellt worden und seien völlig unverfängliche Rechnungen des Beschwerdeführers aus dessen Beratungstätigkeit. Gleichzeitig hätte die Staatsanwaltschaft den Beschwerdeführer bereits vor der Durchsuchung eigentlich als Beschuldigten angesehen und von dem Antrag auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses gemäß § 102 StPO nur aus taktischen Gründen abgesehen, um den Beschwerdeführer während der Vernehmung zu einer Aussage zu bewegen.

Daneben seien beim angegriffenen Beschluss die Anforderungen von § 103 StPO nicht gegeben gewesen. So spreche bereits die Tatsache, dass bei der früheren Durchsuchung im Jahr 2022 in den Räumen der S. M. & S. AG befindlichen Büroräumen ein Laptop des Beschwerdeführers sichergestellt worden sei, dagegen, dass dieser auch in seiner Privatwohnung beweiserhebliche Unterlagen und Daten aufbewahren würde. Ferner stünde dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Tätigkeit auch ein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO zu. Daneben fehle es auch an einer klaren inhaltlichen und zeitlichen Begrenzung des Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses. Schließlich fehle auch eine Grundlage für die Beschlagnahme des Bargeldes. Das Bargeld stamme nicht aus der Geschäftsbeziehung zu den anderen Beschuldigten, sondern diene dem Lebensunterhalt der Familie.

In ihrer Stellungnahme hat die Staatsanwaltschaft zunächst bestritten, den Beschwerdeführer nur „zum Schein“ lediglich als Zeugen geführt zu haben und verwies auf die eingangs der Durchsuchung erfolgte Belehrung gemäß § 55 StPO. Eine erste Durchsicht der im Keller befindlichen Stehordner habe eine Reihe von Dokumenten und Rechnungen aus den tatbestandlich relevanten Jahren 2019 bis 2021 beinhaltet, aufgrund derer der Beschwerdeführer nunmehr als Beschuldigter angesehen worden sei, wobei hinsichtlich der einzelnen Überschriften und der Rechnungssteller auf die zahlreichen Beispiele in der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft verwiesen wird. Die Tatsache, dass der bei der Durchsuchung im Jahr 2022 aufgefundene Rechner laut dem Beschuldigten S. dem Beschwerdeführer gehöre, begründe gerade den Verdacht, dass er auch zu Hause beweisrelevante Unterlagen aufbewahrt habe. Das Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StPO sei nicht einschlägig, weil vorliegend nicht das Vertrauensverhältnis zwischen Presse und privaten Informanten betroffen sei. Ferner sei auch die Begrenzungsfunktion in zeitlicher Hinsicht durch das Gründungsdatum der Vorgängergesellschaft der H. V. GmbH und in inhaltlicher Hinsicht durch die Beschränkung auf die Geschäftsbeziehung zu den damaligen Beschuldigten gewahrt. Bei dem beschlagnahmten Bargeld bestehe einerseits aufgrund der Bezeichnung des Umschlags der Verdacht, dass es sich um Bezahlung für Vertriebshandlungen für verfahrensgegenständlichen Gesellschaften handele, sodass das Bargeld der Einziehung nach § 73c StGB unterliege. Dies stütze andererseits zugleich in der Sache den Tatverdacht der Zusammenarbeit des Beschwerdeführers mit den anderen Beschuldigten.

Die Beschwerde hatte beim LG dann keinen Erfolg.

Und da wir heute ja schon viel Text hatten, stelle ich hier nur die Leitsätze ein und verweise im Übrigen auf den verlinkten Volltext:

  1. Schutzzweck des Zeugnisverweigerungsrechts des § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StPO ist die Privilegierung des Vertrauensverhältnisses zwischen Journalisten und Informanten. Der Schutzbereich ist aufgrund des Spannungsverhältnisses zu den Belangen einer funktionierenden Strafrechtspflege nicht über das für den Schutz der Pressefreiheit erforderliche Maß auszudehnen. Die Gestaltung von Aktionärsbriefen oder die Pflege der Auftritte in den sozialen Medien ist daher nicht vom Schutzbereich umfasst.

  2. Eine nach § 103 StPO erfolgte Durchsuchung ist nicht deshalb rechtswidrig, weil sie auch nach § 102 StPO zulässig gewesen wäre.

  3. Die Bezeichnung der Durchsuchungsobjekte bei einer Durchsuchung gemäß § 103 StPO als „sämtliche Gegenstände, welche Aufschluss über eine Geschäftsbeziehung des Zeugen zu den Beschuldigten bzw. diesen zuordenbaren Gesellschaften“ begegnet wegen der weiten Fassung zwar gewissen Bedenken, stellt aber noch eine hinreichende Begrenzung dar.

Durchsuchung II: Nochmals Sturm auf den Bundestag, oder: Rekrutierungsversuche beim sog. Dritten

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Im zweiten Posting habe ich dann hier eine Entscheidung des BGH, und zwar den BGH, Beschl. v. 20.04.2023 – StB 59/22. Er betrifft eine Durchsuchung in einem Verfahren wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung und weiterer Straftaten, Stichwort: Reichsbürger.

Der BGH hat die gegen die Durchsuchungsanordnung gerichtete Beschwerde als unbegründet angesehen:

„2. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Die Voraussetzungen für den Erlass der Durchsuchungsanordnung (§§ 103, 105 StPO) lagen vor.

a) Gegen die Beschuldigten lag ein die Durchsuchung nach § 102 StPO rechtfertigender Anfangsverdacht vor, sich mitgliedschaftlich an einer Vereinigung beteiligt zu haben, deren Zwecke oder deren Tätigkeit auf die Begehung von Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) gerichtet gewesen seien, oder eine solche unterstützt zu haben.

aa) Für die Zulässigkeit einer regelmäßig in einem frühen Stadium der Ermittlungen durchzuführenden Durchsuchung genügt der über bloße Vermutungen hinausreichende, auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer an dieser Tat in Betracht kommt. Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedarf es – unbeschadet der Frage der Verhältnismäßigkeit – nicht (st. Rspr.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. September 2006 – 2 BvR 1219/05, NJW 2007, 1443 Rn. 15; BGH, Beschlüsse vom 20. Juli 2022 – StB 29/22, NStZ 2022, 692 Rn. 6; vom 12. August 2015 – StB 8/15, BGHR StPO § 102 Tatverdacht 3 Rn. 4; vom 18. Dezember 2008 – StB 26/08, BGHR StPO Tatverdacht 2 Rn. 5).

bb) Gemessen hieran lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses sachlich zureichende Gründe für die Anordnung der Durchsuchung vor. Es bestand der Anfangsverdacht, dass sich die Beschuldigten an einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB beteiligten oder sie gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 StGB unterstützten.

(1) Nach dem maßgeblichen Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Anordnung der Durchsuchung (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 10. September 2010 – 2 BvR 2561/08, NJW 2011, 291 Rn. 28) war im Sinne eines Anfangsverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Die Beschuldigten gehörten der sogenannten Reichsbürger- und QAnon-Bewegung an. Sie schlossen sich spätestens Ende November 2021 zu einer auf längere Dauer angelegten Organisation zusammen, die sich zum Ziel setzte, die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland – insbesondere durch den Einsatz militärischer Mittel und Gewalt gegen staatliche Repräsentanten – zu überwinden und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen. Dabei rechneten sie mit der Tötung von Personen und nahmen dies billigend in Kauf. Sie lehnten die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und deren Institutionen ab. Auf der Grundlage einer entsprechenden gemeinsamen Gesinnung erwarteten sie an einem konkreten und unmittelbar bevorstehenden, aber noch nicht festgelegten „Tag X“ einen Angriff auf die oberste Ebene der staatlichen Führung der Bundesrepublik Deutschland durch die sogenannte Allianz, einen Geheimbund bestehend aus Angehörigen ausländischer Regierungen, Streitkräfte und Geheimdienste.

Zum Zwecke der Umsetzung ihrer Umsturzpläne schufen die Mitglieder der Gruppierung organisatorische, hierarchische und verwaltungsähnliche Strukturen mit einem „Rat“ als zentralem Gremium und einem „militärischen Arm“. Dieser sollte nach dem Angriff durch die „Allianz“ die noch verbleibenden Institutionen und Repräsentanten des Staates bekämpfen und die Macht durch ein deutschlandweites Netz von Heimatschutzkompanien absichern. Ferner plante der engste Führungszirkel der Vereinigung das gewaltsame Eindringen einer bewaffneten Gruppe in das Reichstagsgebäude mit dem Ziel, Abgeordnete, Kabinettsmitglieder sowie deren Mitarbeiter zu verhaften und abzuführen, wobei sie hierfür bereits in konkrete Vorbereitungshandlungen eingetreten waren.

(2) Der Anfangsverdacht gründet sich im Wesentlichen auf Erkenntnisse des Bundeskriminalamts, der Landeskriminalämter Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen, der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder sowie des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst, die maßgeblich auf G 10-Maßnahmen – insbesondere Telefonüberwachung und Observation nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a, Abs. 2 G 10 i.V.m. § 129a Abs. 1 StGB – zurückzuführen sind. Die Ergebnisse dieser Maßnahmen sind für die Zwecke der Strafverfolgung freigegeben und gemäß § 4 Abs. 4 Nr. 2 G 10, § 161 Abs. 2 Satz 1 StPO in das Ermittlungsverfahren überführt worden.

Zu den weiteren Einzelheiten der den Tatverdacht gegen die Beschuldigten begründenden Umstände wird auf die Ausführungen im Durchsuchungsbeschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 2. Dezember 2022 sowie die Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom selben Tag verwiesen.

(3) In rechtlicher Hinsicht sind die den Beschuldigten vorgeworfenen Handlungen als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und Unterstützung einer solchen gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 StGB zu werten (vgl. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 30. März 2023 – StB 58/22, juris Rn. 22 ff.). Ob die Beschuldigten daneben verdächtig sind, sich zugleich wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gemäß § 83 Abs. 1 StGB strafbar gemacht zu haben, bedarf hier keiner Entscheidung.

(4) Die Strafgerichtsbarkeit des Bundes und damit Zuständigkeit des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs für den Erlass des Durchsuchungsbeschlusses ergibt sich aus § 169 Abs. 1 StPO, § 120 Abs. 1 Nr. 6, § 142 Abs. 1 Nr. 1, § 142a Abs. 1 Satz 1 GVG.

b) Es lagen zum Zeitpunkt der Anordnung der Durchsuchung auch hinreichende Tatsachen dafür vor, dass beim Betroffenen bestimmte Beweismittel im Sinne des § 103 Abs. 1 Satz 1 StPO aufgefunden werden können.

aa) Eine Ermittlungsdurchsuchung, die eine nichtverdächtige Person betrifft, setzt nach § 103 Abs. 1 Satz 1 StPO Tatsachen dahin voraus, dass sich das gesuchte Beweismittel in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Es müssen konkrete Gründe im Zeitpunkt der Anordnung, mithin aus ex ante-Sicht dafür sprechen (vgl. BVerfG, Beschluss 9. August 2019 – 2 BvR 1684/18, NJW 2019, 3633 Rn. 35; BGH, Beschlüsse vom 18. November 2021 – StB 6/21 u.a., NJW 2022, 795 Rn. 11; vom 5. Juni 2019 – StB 6/19, juris Rn. 8; vom 13. Juni 1978 – StB 51/78, BGHSt 28, 57, 59), dass der gesuchte Beweisgegenstand in den Räumlichkeiten des Unverdächtigen gefunden werden kann (BVerfG, Beschluss vom 28. April 2003 – 2 BvR 358/03, BVerfGK 1, 126, 132; BGH, Beschlüsse vom 15. Oktober 1999 – StB 9/99, BGHR StPO § 103 Gegenstände 1; vom 13. Januar 1989 – StB 1/89, BGHR StPO § 103 Tatsachen 1; vom 20. Dezember 1988 – 1 BGs 1143/88, BGHR StPO § 103 Tatsachen 2; Beschluss vom 13. Juni 1978 – StB 51/78, BGHSt 28, 57, 59; KK-StPO/Henrichs/Weingast, 9. Aufl., § 103 Rn. 5; LR/Tsambikakis, StPO, 27. Aufl., § 103 Rn. 14).

Diese Voraussetzungen waren hier erfüllt. Ausweislich der zum Zeitpunkt der Durchsuchungsanordnung vorliegenden Ermittlungsergebnisse versuchten die Beschuldigten E. und W. im Rahmen ihrer Vorbereitungshandlungen für ein gewaltsames Eindringen in das Reichstagsgebäude, den Betroffenen sowohl über den Messenger-Dienst Telegram als auch telefonisch zu rekrutieren. Dieser ist ein umfassend und vielfach speziell ausgebildeter Kommandosoldat mit Einsatzerfahrungen unter anderem in Afghanistan, der zudem über einen langjährigen Verwendungsaufbau im Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK) verfügt. Ein erster telefonischer Kontakt zwischen ihm und dem Beschuldigten E.   fand am 10. September 2021 statt. Auch der Beschuldigte W. trat ausweislich des Vermerks des Bundeskriminalamts vom 1. Dezember 2022 über einen “ pp.“ am 25. November 2021 mittels des Messenger-Dienstes Telegram an ihn heran. Zudem fanden sich auf dem Tablet des Beschuldigten W. weitere Kontaktspuren zu ihm. Aufgrund dieser Umstände bestand damit entgegen seinem Beschwerdevorbringen eine Auffindewahrscheinlichkeit für Gegenstände, die zu einer weiteren Aufklärung des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts beitragen können. Hierzu zählen insbesondere elektronische Kommunikationsmittel, die nicht nur Aufschluss über die inhaltliche Kommunikation zwischen den Beschuldigten und ihm, sondern auch über etwaige weitere Kontaktpersonen innerhalb der Vereinigung erbringen können.

bb) Die Durchsuchung bei einer nichtverdächtigen Person setzt – anders als im Fall des § 102 StPO für die Durchsuchung beim Tatverdächtigen, bei dem eine allgemeine Aussicht genügt, irgendwelche relevanten Beweismittel zu finden – nach § 103 StPO überdies voraus, dass hinreichend individualisierte (bestimmte) Beweismittel für die aufzuklärende Straftat gesucht werden. Diese Gegenstände müssen im Durchsuchungsbeschluss so weit konkretisiert werden, dass weder bei dem Betroffenen noch bei dem die Durchsuchung vollziehenden Beamten Zweifel über die zu suchenden und zu beschlagnahmenden Gegenstände entstehen können (BGH, Beschluss vom 21. November 2001 – StB 20/01, NStZ 2002, 215 Rn. 3). Ausreichend ist dafür allerdings, dass die Beweismittel der Gattung nach näher bestimmt sind; nicht erforderlich ist, dass sie in allen Einzelheiten bezeichnet werden (BGH, Beschlüsse vom 20. Juli 2022 – StB 29/22, NStZ 2022, 692 Rn. 14; vom 28. Juni 2018 – StB 14/18, juris Rn. 16; vom 15. Oktober 1999 – StB 9/99, BGHR StPO § 103 Gegenstände 1; jeweils mwN).

Diesen Anforderungen wird der angefochtene Beschluss ebenfalls gerecht. Es wurden die zu sichernden Gegenstände, insbesondere elektronische Kommunikationsmittel, Dokumente und Unterlagen, auch in digitaler Form, Waffen sowie militärische Ausrüstungsgegenstände, dahin konkretisiert, dass sie mit der terroristischen Vereinigung in Zusammenhang stehen mussten. Durch diese Einschränkung der möglicherweise aufzufindenden Beweismittel war den durchsuchenden Beamten hinreichend deutlich aufgezeigt, worauf sie ihr Augenmerk zu richten hatten. Im Übrigen unterliegen Schriftstücke und elektronische Speichermedien vor ihrer Beschlagnahme oder sonstigen Sicherstellung nach § 110 Abs. 1 StPO der Durchsicht durch die Staatsanwaltschaft oder von ihr beauftragte Ermittlungspersonen. Dies ermöglicht die Überprüfung, welche Dokumente oder Dateien als Beweismittel in Betracht kommen und deshalb sicherzustellen oder nach § 110 Abs. 3 Satz 2 StPO zu sichern sind. Um diese Durchsicht zu gewährleisten, kann auch die Mitnahme einer Gesamtheit von Daten zulässig sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. August 2014 – 2 BvR 969/14, NJW 2014, 3085 Rn. 44 f.; BGH, Beschluss vom 5. August 2003 – StB 7/03, NStZ 2003, 670 Rn. 7).

c) Die Anordnung der Durchsuchung entsprach entgegen dem Vorbringen des Betroffenen – auch unter Berücksichtigung seiner grundrechtlich durch Art. 13 Abs. 1 GG geschützten Belange – dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

aa) Sie war zur weiteren Aufklärung einer Beteiligung der Beschuldigten an dem Tatgeschehen geeignet und erforderlich, da unter den gegebenen Umständen zu erwarten war, dass die Durchsuchung zum Auffinden von Gegenständen, insbesondere von elektronischen Kommunikationsmitteln, führen würde, die nicht nur eine inhaltliche Kommunikation zwischen den Beschuldigten und dem Betroffenen nachweisen oder widerlegen, sondern auch Aufschluss über weitere Kontaktpersonen innerhalb der Vereinigung erbringen können. Der Umstand, dass die Ermittlungsbehörden bereits über andere Beweismittel verfügten, stellt entgegen der Rechtsauffassung des Betroffenen die Erforderlichkeit der Maßnahme nicht in Frage (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Mai 2022 – StB 17/22, juris Rn. 17).

bb) Die Anordnung der Durchsuchung stand zudem in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung und Schwere der aufzuklärenden Straftat. Die von der in Rede stehenden Gruppierung ausgehende Gefahr ist entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers erheblich. Dies zeigt sich insbesondere in den konkreten vielfältigen Vorbereitungshandlungen der Beschuldigten W. und E. für eine bewaffnete Erstürmung des Reichstagsgebäudes durch eine Gruppe von bis zu 16 Personen, vornehmlich aus den Reihen aktiver oder ehemaliger Angehöriger des KSK oder anderer Spezialeinheiten der Bundeswehr sowie Polizei, und dem geplanten, zudem in Teilen bereits umgesetzten Aufbau von militärischen „Heimatschutzkompanien“ im gesamten Bundesgebiet.