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Teilnahme an einem Aufbauseminar hilft nur Fahranfängern, sie bringt nichts im Fahrerlaubnis-Entziehungsverfahren

Der Betroffene war wegen Fahrens unter Drogeneinfluss auffällig geworden. Es stand die Entziehung der Fahrerlaubnis an. Um dagegen argumentieren zu können, nahm der Betroffene an einem sog. Aufbauseminar für drogenauffällige Fahranfänger teil.

Das OVG Bremen meint aber in seinem Beschluss v. 20.04.2010 – 1 B 23/10: Bringt nichts. Denn fehlt einem Verkehrsteilnehmer wegen gelegentlichen Cannabiskonsums sowie der fehlenden Fähigkeit, Konsum und Fahren zu trennen, die Kraftfahreignung, ist die Teilnahme an einem Aufbauseminar für drogenauffällige Fahranfänger für sich genommen nicht geeignet, die negative Beurteilung in Zweifel zu ziehen. Die verpflichtende Teilnahme an einem Aufbauseminar stellt eine zusätzliche Maßnahme für Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe dar, die der spezifischen Anfängersituation Rechnung trägt, verdrängt aber nicht die allgemeinen Regelungen über die Fahrerlaubnisentziehung bei fehlender Kraftfahreignung. Eine positive Feststellung eines Einstellungswandels kann allein durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten getroffen werden.

Tod bei Brechmitteleinsatz: Freispruch vom BGH aufgehoben

Der BGH meldet in seiner PM 94/2010 die Aufhebung eines Urteils des LG Bremen, durch das der angeklagte Arzt vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei geprochen worden war. In der PM zum Urteil vom 29. April 2010 – 5 StR 18/10 heißt es:

„Das Landgericht Bremen hat den zur Tatzeit 41-jährigen Angeklagten von dem Vorwurf freigesprochen, am 27. Dezember 2004 fahrlässig als Arzt den Tod des 35 Jahre alten C., eines Staatsangehörigen der Republik Sierra Leone, im Rahmen einer Exkorporation von Drogenbehältnissen (sog. „Brechmitteleinsatz“) verursacht zu haben.

Dem des illegalen Drogenhandels verdächtigen – unerkannt am Herzen vorgeschädigten – gefesselten C. wurden durch den Angeklagten auf polizeiliche Anordnung hin Brechmittel und Wasser über eine Magensonde verabreicht, um verschluckte Kokainbehältnisse sicherzustellen. Im Zuge dessen verlor C. kurzzeitig das Bewusstsein. In Anwesenheit eines herbeigerufenen Notarztes setzte der Angeklagte die Zufuhr von Wasser nach Bergen eines ersten Kokainkügelchens fort. C. fiel ins Koma und verstarb an einer infolge eingeatmeten Wassers eingetretenen Sauerstoffunterversorgung des Gehirns am 7. Januar 2005 im Krankenhaus.

Die Revisionen der Nebenkläger, der Mutter und eines Bruders des Verstorbenen, haben mit der Sachrüge Erfolg. Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat den Freispruch aufgehoben und die Sache an eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts Bremen zurückverwiesen.

Hierfür ausschlaggebend war, dass das Landgericht die getroffenen Feststellungen nicht unter allen den Angeklagten betreffenden beruflichen Sorgfaltspflichten bewertet hat. So habe der Angeklagte den Betroffenen nicht über gesundheitliche Risiken bei zwangsweisem Brechmitteleinsatz aufgeklärt und nach einer ersten Ohnmacht unter menschenunwürdigen Umständen weitergehandelt. Den unerfahrenen und mit einem solchen Eingriff stark überforderten Angeklagten treffe auch ein Übernahmeverschulden, das durch ebenfalls todesursächliche Pflichtverletzungen Dritter (Notarzt, Organisatoren des Beweismittelsicherungsdienstes) nicht beseitigt werden konnte. Diese seien – bisher unbehelligt gebliebene – Nebentäter. Der 5. Strafsenat hat zudem die Erwägungen als rechtsfehlerhaft bewertet, auf Grund derer das Landgericht eine subjektive Pflichtverletzung des Angeklagten infolge der Anwesenheit und (beschränkten) Mitwirkung des Notarztes verneint hatte.“

Das erinnert mich an unsere Entscheidung beim OLG Hamm in 2 Ws 540/96.  Da hatte der Senat einen im Klageerzwingungsverfahren gestellten Antrags auf Anklageerhebung gegen einen Polizeibeamten wegen Körperverletzung im Amt wegen Anordnung einer Zwangsoperation eines Kokaindealers abgelehnt. Auf die Verfassungsbeschwerde hatte uns das BVerfG aufgehoben (2 BvR 1314/9/) und eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG gerügt. Die Sachaufklärung durch die StA sei „evident unzureichend“ und das Gebot rechtlichen Gehörs verletzt, weil wir den Vortrag der Beteiligten nicht ausreichend zur Kenntnis genommen und bei unserer Entscheidung nicht genügend in Erwägung gezogen hatten. Peinlich, peinlich war das :-(.

Wie sicher muss der Aufklärungserfolg bei § 31 BtMG sein? OLG Köln gibt die Antwort

In BtM-Verfahren spielt die Vorschrift des § 31 BtMG häufig eine große Rolle. Nach dieser Vorschrift kann sich der Täter Strafmilderung verschaffen, wenn er die Tat über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus offen legt und die Offenbarung zu einem Aufklärungserfolg führt (BGH NStZ-RR 2009, 320 mit Nachweisen). Ein solcher Erfolg ist dann gegeben, wenn der Aufklärungsgehilfe durch die Mitteilung seines Wissens die Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass gegen den von ihm Belasteten voraussichtlich mit Erfolg ein Strafverfahren geführt werden kann (BGH a.a.O.; BGH NStZ-RR 2009, 58; BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 11; § 30 II Strafrahmenwahl 4).

Dazu hat jetzt das OLG Köln noch einmal darauf hingewiesen, dass § 31 Nr. 1 BtMG eben nicht erfordert, dass ein Aufklärungserfolg „sichergestellt“ ist. Und: Nennt der Angeklagte Namen und Anschriften seiner Hintermänner, muss das Tatgericht die Verneinung eines Aufklärungserfolgs nachvollziehbar begründen.

Nachzulesen bei OLG Köln, Beschl. v. 13.04.2010, III – 1 RVs 58/10.

Verschärfung der Anforderungen an die tatsächlichen Feststellungen im Bußgeldbescheid, so das OLG Hamm

Ganz interessant die Entscheidung des OLG Hamm v. 11.02.2010 – 3 Ss OWi 319/09. Danach ist die Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch des Bußgeldbescheides beim Vorwurf der Drogenfahrt nach § 24a Abs. 2 StVG nur wirksam, wenn sich dem Bußgelbescheid entnehmen lässt, dass bei der dem Betroffenen zur Last gelegten Fahrt eine Konzentration eines berauschenden Mittels vorgelegen hat, die eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit zumindest als möglich erscheinen lässt. Das OLG hat damit – soweit ersichtlich als erstes OLG – die Rechtsprechung der Obergerichte zum Umfang der Urteilsfeststellungen bei der Drogenfahrt nach § 24a Abs. 2 StVG auf den Bußgeldbescheid erstreckt. Man fragt sich allerdings, wieso das OLG für die im Grunde eindeutige Frage fast ein Jahr gebraucht hat. Jedenfalls ergeben sich aus dem Beschluss keine verfahrensrechtlichen Besonderheiten. Die Bußgeldbehörden werden sich darauf einstellen müssen.

Auch OLG Braunschweig: Zeitnaher Konsum von Drogen vor Fahrtantritt erforderlich

Ich hatte ja am Freitag über die neuere Rechtsprechung der OLG zu § 24a Abs. 2 StVG – Stichwort Fahrlässigkeit – berichtet, vgl. hier. Dazu passt dann gut die Entscheidung des OLG Braunschweig v. 27.01.2010 – SS OWi 219/09,  die auch die Feststellungen einer zeitnahen Konsums fordert. Faustregel: Bei mehr als 24 Stunden zwischen Konsum und Fahrt, wird es mit der „Zeitnähe“ immer schwieriger.