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KCanG III: „Nicht geringe Menge“ bleibt bei 7,5 g, oder: Auch beim BGH: Neuer Wein in alten Schläuchen

Bild von mohamed Hassan auf Pixabay

Nun, wer hätte das gedacht: Heute morgen in Zusammenhang mit dem OLG Hamburg, Beschl. v. 09.04.2024 – 5 Ws 19/24 – noch gemeckert und auf den BGH gehofft, und nun ist sie dann schon da.

Die erste Entscheidung des BGH zur neuen „nicht geringen Menge“ nach dem KCanG. Und wer gehofft hatte, dass der BGH in eine andere Richtung marschieren würde, wird enttäuscht. Er, zumindest der 1. Strafsenat, tut es nicht. Denn er hat im BGH, Beschl. v. 18.04.2024 – 1 StR 106/24 – (Achtung: Siehe unten) auch nichts Neues bz. nichts anders gemacht, sondern: Alter Wein in neuen Schläuchen, oder: Es bleibt bei den 7,5 g THC für Cannabis.

In der dazu ergangenen Pressemitteilung heißt es:

Das Landgericht Ulm hatte die Angeklagten A. und M. wegen Betäubungsmitteldelikten im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Marihuanaplantage nach der bisher geltenden Rechtslage jeweils zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs das Urteil im Verfahren über die Revisionen der beiden Angeklagten entsprechend den zum 1. April 2024 in Kraft getretenen Bestimmungen des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) im Schuldspruch jeweils neu gefasst. Zudem hat er den Grenzwert der nicht geringen Menge i.S. von § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG auf 7,5 g Tetrahydrocannabinol (THC) festgesetzt.

Infolge des gegenüber der bisherigen Rechtslage niedrigeren Strafrahmens des § 34 Abs. 3 Satz 1 KCanG hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs das Urteil im Strafausspruch aufgehoben und insoweit zur erneuten Strafbemessung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.“

Das begründet der BGH wortreich, ob überzeugend ist eine andere Frage, m.E. nicht unbedingt. Letztlich sind es die Argumente: Haben wir schon immer so gemacht und schuld ist der Gesetzgeber, der hätte ja sagen können, wenn er etwas anderes gewollt hätte. Hat er aber nicht.

Ich schenke mit die umfangreiche Begründung hier. Wer Interesse hat, kann es bitte nachlesen. Wie wichtig der BGh die Entscheidung selbst ansieht, kann man daran ablesen, dass sie schon vier Tage nach Erlass online. Das ist beim BGH recht ungewöhnlich.

Man muss sehen, wie es weitergeht. Es gibt ja noch fünf andere Senate. Aber ein Pflock ist ka schon mal eingehauen.

Edit: Achtung! Inzwischen steht auf der Homepage des BGH eine andere Version des Beschlusses, der BGH hat seinen Beschluss „berichtigt“. Dazu Näheres hier bei de legisbus und auch bei LTO. Und zum „richtigen“ Beschluss geht es hier: BGH, Beschl. v. 18.04.2024 – 1 StR 106/24 .

OVG Münster: Eigenanbau von (therapeutischem) Cannabis ggf. erlaubt.

Cannabis BlattIn den letzten Tagen sind ja einige Posts zum VG Köln, Urt. v. 22.07.2014 – 7 K 4447/11 – zum erlaubten Cannabisanbau zu therapeutischen Zwecken gelaufen. Ich räume ein, dass ich mich in dem Bereich nicht so richtig auskenne (Gott sei Dank 🙂 ). Nun bin ich noch auf das OVG Münster, Urt. v. 11.06.2014 – 13 A 414/11 gestoßen, das m.E. dieselbe Problematik behandelt. Da ging es um einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Anbau, zur Einfuhr und zum Erwerb von Cannabis sativa zur medizinischen Selbstversorgung bei Vorliegen von Multipler Sklerose. Das OVG sagt dazu in seinen amtlichen Leitsätzen:

1. Nach derzeitigem Kenntnisstand kann das aus dem Cannabis-Hauptwirkstoff Delta-9-THC bestehende Arzneimittel „Dronabinol“ bei Multipler Sklerose eine mit Cannabis vergleichbare therapeutische Wirksamkeit aufweisen. Steht aber im Einzelfall dem an Multipler Sklerose erkrankten Patienten, dessen Erkrankung durch Cannabis gelindert werden kann, kein gleich wirksames zugelassenes und für ihn erschwingliches Arzneimittel zur Verfügung, besteht ein öffentliches Interesse, stattdessen im Wege der Ausnahmeerlaubnis den Eigenanbau von Cannabis zuzulassen.

2. Die Versagungsgründe des § 5 Abs. 1 BtMG sind auf den Eigenanbau von Cannabis zu therapeutischen Zwecken modifiziert anzuwenden.

3. Art. 28 Abs. 1, 23 des Einheits-Übereinkommens von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4.2.1977, die bei einer Erlaubniserteilung für den Anbau von Cannabis die Einrichtung einer staatlichen Stelle („Cannabis-Agentur“) vorsehen, sind im Fall der Erlaubniserteilung an eine Einzelperson zu therapeutischen Zwecken nicht anwendbar.

„Saufen“ und Kiffen“ – „Fleppe“ weg – auch ohne Bezug zum Straßenverkehr

entnommen Wikimedia.org,  Quelle: Bundesdruckerei: Fotoarchiv

entnommen Wikimedia.org,
Quelle: Bundesdruckerei: Fotoarchiv

Immer enger wird es mit dem Führerschein, oder: Immer strenger wird es in der Rechtsprechung der Obergerichte. Jetzt hat das BVerwG mit BVerwG, Urt. v. 14.11.2013 – 3 C 32.12 entschieden, dass auch ein nicht im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr stehender Mischkonsum von Cannabis und Alkohol die Annahme mangelnder Fahreignung rechtfertigt. Der Volltext der Entscheidung liegt noch nicht vor, so dass ich derzeit nur auf die PM des BVerwG verweisen kann. In der heißt es:

Der Kläger wandte sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Diese hatte die Behörde ausgesprochen, weil bei ihm ausweislich eines fachärztlichen Gutachtens ein gelegentlicher Cannabis-Konsum und Hinweise auf einen Mischkonsum mit Alkohol vorlägen; dies führe nach der Regelbewertung der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) zum Verlust der Fahreignung. Zwar habe er angegeben, seit einiger Zeit auf den Konsum von Cannabis verzichtet zu haben. Da er aber der Aufforderung, seine möglicherweise wiedergewonnene Fahreignung mittels eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nachzuweisen, nicht nachgekommen sei, könne nach § 11 Abs. 8 FeV auf eine mangelnde Fahreignung geschlossen werden.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat der Berufung des Klägers im Wesentlichen stattgegeben und die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgehoben. Zur Begründung hat er unter anderem ausgeführt, dass die genannte Bestimmung der Anlage zur Fahrerlaubnis-Verordnung einschränkend ausgelegt werden müsse. Für die Annahme mangelnder Fahreignung sei zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit erforderlich, dass in der Person des Betroffenen Besonderheiten bestünden, die befürchten ließen, dass gerade bei ihm im Falle des Mischkonsums von Cannabis und Alkohol ein fehlendes Trennungsvermögen zwischen dem Konsum und der Teilnahme am Straßenverkehr zu befürchten sei. Anhaltspunkte dafür seien beim Kläger nicht ersichtlich, so dass es der Behörde verwehrt gewesen sei, den Kläger zur Beibringung eines Fahr­eignungs­gutachtens aufzufordern. Demzufolge habe sie aus der Nichtvorlage des Gutachtens nicht auf eine fehlende Fahreignung schließen dürfen.

Das Bundesverwaltungsgericht ist dem nicht gefolgt und hat auf die Revision des Beklagten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen. Nach Auffassung des Revisionsgerichts durfte der Verordnungsgeber der durch die kombinierte Rauschwirkung von Cannabis und Alkohol hervorgerufenen stärkeren Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit unabhängig davon Rechnung tragen, ob – wie der Verwaltungsgerichtshof angenommen hatte – die Bereitschaft des Mischkonsumenten, zwischen Drogenkonsum und Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen, nicht hinter der des gelegentlichen Cannabiskonsumenten zurücksteht.“

Um es abschließend beurteilen zu können, muss man mal auf den Volltext warten.

Grüne wollen allen das Kiffen erlauben

© yellowj – Fotolia.com

Unter dem Titel: „Grüne wollen allen das Kiffen erlauben“ berichtet LTO über den Versuch grüner Bundestagsabgeordnete, den Anbau und Konsum von Cannabis für den Eigengebrauch zu legalisieren. In der Einleitung des Beitrags heißt es: „…Einmal mehr listen sie die altbekannten Argumente auf. Dabei springen sie erneut inhaltlich zu kurz und übersehen neben den möglichen negativen Folgen für Konsumenten auch, dass Deutschland das Kiffen aus rechtlichen Gründen gar nicht legalisieren könnte, meint“ Prof. Dieter Müller. Näheres dann hier….

Drogenfahrt – analytischer Grenzwert genügt

Das OLG Hamm hat in OLG Hamm, Beschl. v. 06.01.2011 – III – 5 RBs 182/10 (liegt also schon etwas zurück) die h.M. in der Rechtsprechung der Obergerichte zu § 24a Abs. 2 StVG bestätigt. Danach reich es für die Feststellung des Führens eines Kraftfahrzeuges unter der Wirkung des berauschenden Mittels Cannabis – nach dem gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis – aus, wenn bei einer Blutuntersuchung auf THC im Blutserum, welche den von der Grenzwertkommission vorausgesetzten Qualitätsstandards genügt, ein Messergebnis ermittelt wird, welches den von der Grenzwertkommission empfohlenen analytischen Grenzwert von 1 ng/ml THC im Serum erreicht. Eine tatsächliche Wirkung des Rauschmittels im Sinne einer konkreten Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit bei dem Betroffenen im Einzelfall festgestellt und nachgewiesen wird.

Zuschläge für Messungenauigkeiten seien dabei – so das OLG – nicht erforderlich. Warum das der Fall sein soll, begründet das OLG nicht, es sei denn man sieht den bloßen Hinweis auf andere OLG Entscheidungen, die der Frage aber auch nicht näher nachgegangen sind, als Begründung an :-).