Schlagwort-Archive: Blutprobe

Wochenspiegel für die 39. KW, oder wir blicken man wieder über den Tellerrand

Zu berichten ist über:

1. Die Fahrschülerin und die Unfallflucht, hier und hier.
2. Und immer wieder Kachelmann, hier
3. Bei manchen Gerichten scheint die Zeit noch stehen geblieben zu sein, vgl. hier und hier
4. Wer zu viel quasselt, muss die Folgen (er)tragen, vgl. hier.
5. Die Vollstreckung ausländischer Knöllchen, hier und hier.
6. Deal ist so ein schmutziges Wort; darum heißt es in der StPO ja auch „Verständigung“.
7. Der Gesetzgeber und die Blutprobe war hier das Thema.
8. Passend zum Oktoberfest: Die Taxifahrt des betrunkenen Kunden, hier und hier.
9. Gehören Roller wirklich verboten?, hier
10. Über geplante gesetzliche Neuregelungen konnte man sich hier informieren.

Anfängerfehler

In seinem Beschl. v. 22.06.2010 – 4 StR 211/10 hat der 4. Strafsenat m.E. auf einen Anfängerfehler hingewiesen, der dem LG unterlaufen ist. Im Beschl. heißt es:

Nach den Feststellungen wurde dem Angeklagten am 25. Juli 2009 gegen 3.52 Uhr eine Blutprobe entnommen, deren Auswertung eine Blutalkoholkonzentration von 1,38 ‰ ergab. Hiervon ausgehend hat das Landgericht eine Tatzeitblutalkoholkonzentration von 1,88 ‰ errechnet, auf Grund derer es unter Berücksichtigung der weiteren Ergebnisse der Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte für die Annahme einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten gesehen hat.

Da das Urteil jedoch keine Angaben zur Tatzeit enthält, ist dem Senat die Prüfung versagt, ob die vom Landgericht vorgenommene Rückrechnung den Anforderungen der ständigen Rechtsprechung entspricht, wonach neben dem stündlichen Abbauwert auch ein einmaliger Sicherheitszuschlag von 0,2 ‰ zu berücksichtigen ist (vgl. BGHSt 35, 308, 314; vgl. auch Fischer StGB 57. Aufl., § 20 Rdn. 13 m.w.N.“

Ergebnis: Aufhebung im Strafausspruch und Zurückverweisung

Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Köpfchen – dreimal LGs zur Pflichtverteidigung

Heute habe ich drei Entscheidungen von Kollegen übersandt bekommen, die sich mit Pflichtverteidigungsfragen beschäftigen, zwei „schöne/gute“ und eine weniger schöne.

1. Das LG Rostock hat in seinem Beschl. v. 09.07.2010 – 18 Qs 41/10 einen Pflichtverteidiger beigeordnet, wenn es in der Hauptverhandlung um die Fragen der Verwertbarkeit einer unter Missachtung des Richtervorbehalts entnommenen Blutprobe geht. Nichts Neues, aber immerhin deshalb berichtenswert, damit auch die Kollegen im hohen Norden mal was zum argumentieren haben.

2., Aber auch die im Süden sollen nicht darben. Das LG Augsburg hat mit Beschl. v. 04.06.2010 – 6 Qs 252/10 – in den Fällen des sog. Führerscheintourismus – einen Pflichtverteidiger beigeordnet.

Das waren die fürs Töpfchen.

In Kröpfchen gehört m.E. die Nr.

3. Das LG Saarbrücken hat in seinem Beschl. v. 16.06.-2010 – 3 Qs 28/10 – genau anders herum entschieden als das LG Itzehoe (vgl. hier). Es geht davon aus, dass § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO sich nur auf das Verfahren bezieht, in dem gegen einen Beschuldigten Haft vollstreckt wird; er soll nicht auch für andere Verfahren gelten, in denen gegen den inhaftierten Beschuldigten U-Haft vollstreckt wird. M.E. hat das LG Itzehoe Recht. Sinn und Zweck sprechen für seine Auslegung der neuen Vorschrift. Der Kollege Siebers würde die Entscheidung des LG Saarbrücken wahrscheinlich auch unter dem Theme: Igel in der Tasche, einordnen.

Wochenspiegel für die 27. KW oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Berichtenswert ist:

  1. Hier mal was für die Zivilrechler, wirklich ein Kleinod.
  2. Mit den Auswirkungen der Hitze beschäftigt sich u.a. „Ich auch ohne?“.
  3. Nichts Neues, aber immer wieder interessant, die Frage der Auswirkungen der Unfallflucht auf die Haftpflichtversicherung, dazu hier.
  4. Die Rechtsprechung zur Verwertbarkeit einer unter Verstoß gegen § 81a Abs. 2 StPO gewonnenen Blutprobe zementiert sich, stellt zutreffend der Kollege Ferner fest.
  5. Mit dem (Un)Verständnis von Schöffen beschäftigte man sich hier, mit ihrer Stellung hier.
  6. Glanzleistungen von Verteidigern waren Gegenstand der Berichterstattung hier, hier und hier.
  7. Und: Schweigen ist Gold.

Eine Schlacht gewonnen, aber nicht den Krieg…

…hat der Verteidiger, wenn er im Strafverfahren erfolgreich ein Beweisverwertungsverbot wegen Verstoßes gegen den in § 81a Abs. 2 StPO enthaltenen Richtervorbehalt geltend gemacht und durchgesetzt hat. Denn nach dem Strafverfahren eröffnet sich ggf. der nächste Kampfschauplatz, und zwar auf dem Gebiet der Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Fahrerlaubnisbehörde. Auch da wird ggf. um die Verwertbarkeit der Blutprobe gestritten (werden müssen).

Allerdings: Der Erfolg ist hier noch schwerer bzw. der Weg noch steiniger und noch seltener erfolgreich. Das gilt vor allem, nachdem man die dazu vorliegende verwaltungsrechtliche Rechtsprechung inzwischen als h.M. dahin zusammenfassen kann, dass diese keine Bedenken gegen die Verwertbarkeit hat. Keine Einheit der Rechtsordnung und andere Zielsetzung der Verfahren, das sind die Hauptargumente. Zu dem Ganzen jetzt vor kurzem auch der VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.06.2010 – 10 S 4/10, der die altbekannten Argumente wiederholt, allerdings etwas mehr Futter an die Argumentation tut als bislang die anderen OVGs (vgl. OVG Koblenz, BA 2010, 264; OVG Lüneburg, BA 2008, 416 = VRR 2008, 396; zfs 2010, 114 = DAR 2010, 221 = VRR 2010, 159; NJW 2010, 1621 = zfs 2010, 295).