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Widerspruch auch, wenn Freispruch droht – die Absurdität geht weiter

Wir hatten schon am 10.12.2009 über eine Entscheidung des OLG Hamm berichtet, wonach die Unwertbarkeit der Blutprobe wegen eines Verstoßes gegen den Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO bereits in ersten HV geltend gemacht werden muss, und zwar auch dann, wenn Freispruch droht, das Beweismittel gar nicht verwendet werden soll.  Also zu einem Zeitpunkt und in einer Verfahrenslage, in der man als Verteidiger an den Widerspruch gar nicht denkt. Warum auch, wenn „Freispruch droht“?

Nun hat auch das OLG Karlsruhe in einem Beschl. v. 08.03.2010 – 2(9) Ss 18/10 diese in meinen Augen zu einem absurden Ergebnis führende Auffassung vertreten.

Aber: Was nutzt das Lamentieren? Der Verteidiger muss eben an diese Rechtsauffassung denken. Und vor allem auch dann später in der Revision vortragen, dass er in der ersten HV widersprochen hat.

Wochenspiegel für die 22. KW – oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Zu berichten ist über:

  1. Die Jagd auf radelnde Richter gab es hier. Dazu passt ganz gut: KG – der qualifiziert qualifizierte Rotlichtverstoß.
  2. Um Richter und anwaltliche Gebühren ging es hier und hier.
  3. Der Kollege Ferner beschäftigt sich mit der Kameraüberwachung in Gerichten.
  4. Was tun, wenn der eigene Stellplatz zugeparkt wird? Die Frage beschäftigt mich hier in der Innenstadt von Münster immer wieder: Die Polizei tut nämlich zunächst mal gar nichts :-(.
  5. Die Frage, ob man „Fachanwalt für geringe Streitwerte“ ist/werden will/soll, wurde hier und hier diskutiert.
  6. Durchsuchung ohne Beschluss„, geht das überhaupt?
  7. Mit der Verwertbarkeit eine Blutprobe im Verwaltungsverfahren befasst man sich hier.
  8. Und: Das Kfz-Kennzeichen nach Wunsch.

Wochenspiegel für die 21. KW – oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Zu berichten ist über folgende Beiträge:

  1. Mit einem Kuhhandel setzt man sich hier auseinander.
  2. Mit der geplanten (?) Neuregelung im Bereich der Alkoholkontrolle befasst sich der Kollege Feltus, der hier befürchtet, dass demnächst nur noch geschätzt wird (vgl. aber dann auch hier).
  3. Zu den Radverkehrsvorschriften, der aktuellen Rechtslage und volkstümlichen Rechtsirrtümern hat das Schaden-Fix-Blog Stellung genommen.
  4. Mit dem Urteil und der Begründung des Urteils gegen den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Tauss befasst sich der Kollege Siebers hier. Und auch das Blog „Fug und Recht“ bzw. auch hier ein guter Überblick.
  5. Auch die Pflichtverteidigung bzw. notwendige Verteidigung war ein Thema. Der Kollege Feltus hat den schönen Begriff der „Gerichtsnutte“ erwähnt, Kollege Nebgen spricht von „Verteidiger 2.Klasse“ , Kanzlei und Recht fragt: „Pflichtverteidiger als Stubentiger?“.
  6. Mit der falschen Bemessung der Rechtsfolgen im OWi-Verfahren und einer dazu ergangenen Entscheidung des OLG Koblenz befasst sich die Kollegin Rueber.

Die Volksseele kocht

Einen haben wir noch: Zum Plan des NRW-IM Wolf, die Blutprobe (teilweise) abzuschaffen (oder doch nicht? :-; vgl. hier m.w.N.), gibt es ganz interessante Kommentare. Da wird mal richtig vom Leder gezogen. Wirklich amüsant. Nachzulesen hier.

Blasen allein reicht – nun doch nicht?, oder: Du heilige Scheinheiligkeit…

Man fasst es nicht. Da sind heute die Gazetten voll von dem Plan des (noch) Innenministers in NRW, dass NRW die Blutprobe abschaffen will (wenn man bei Google „NRW Blutprobe abschaffen“ eingibt, gibt es 21.000 Treffer), da wird hier gebloggt (vgl. hier und hier), da wird in WDR3 lang und breit berichtet und auch im Heute-Journal im ZDF und dann erklärt der Verursacher IM Wolf  bzw. sein Haus

Auch für das NRW-Innenministerium ist unstrittig, dass im Falle einer Weigerung die Blutprobe nach wie vor angewendet werden muss: „Der Vorteil unseres Vorschlags zielt darauf ab, dem Autofahrer das Ergebnis unmittelbar vor Augen zu führen, ohne dass weitere Kosten auf ihn zukommen“, relativierte Sprecher Wolfgang Beus. Aber es bleibe dabei, dass diese Methode sei im Sinne des Gesetzes in jedem Fall das mildere Mittel sei. Auf der Innenministerkonferenz in Hamburg wollte Wolf seinen Vorstoß einbringen.

(vgl. dazu dann auch hier und hier). Blasen allein reicht – nun doch nicht, aber wir schützen die Kasse des Beschuldigten?

Mit Recht meint der Kollege Melchior dazu „Pustekuchen„. Ich meine, man kann noch einen Schritt weitergehen und sagen: Das ist an Scheinheiligkeit kaum noch zu überbieten. Jetzt ist es also eine Maßnahme, die dem Verkehrsteilnehmer „das Ergebnis unmittelbar vor Augen führen soll, ohne dass weitere Kosten auf ihn zukommen“.

Also eine Maßnahme zum Schutz des Beschuldigten/Verdächtigen? Quatsch. Man soll doch ehrlich sein und sagen, worum es geht: Man will den Richtervorbehalt in § 81a Abs. 2 StPO nach Möglichkeit umgehen/abschaffen, traut sich aber offenbar wohl nicht so richtig. Da versucht man es dann auf diese Weise und gibt vor, die Kasse des Beschuldigten schützen zu wollen. Aber in Wirklichkeit will man nur die eigene schützen, weil man richterlicher Eildienste zur Nachtzeit nicht einrichten will, und zwar ganz klar aus Kostengründen. Darauf ist im WDR3-Beitrag deutlich hingewiesen worden und das steht vermutlich auch im Hintergrund. Also: Seid doch ehrlich, wenn Euch die StPO nicht passt und ändert da. Das wird aber so einfach nicht gehen