Schlagwort-Archive: Abschaffung

Schlanke Justiz – nur nicht zu schlank

© angelo sarnacchiaro – Fotolia.com

Wie gestern schon angesprochen – ich habe Einblick u.a. in die NWZ. In der bin ich auf einen Beitrag „OLG Präsident für schlanke Justiz“ gestoßen, in dem sich der Präsident des OLG Oldenburg zur Modernisierung der Justiz und zu besserer Vergütung für Richter äußert.

So weit, so gut. Nur, zu schlank sollte es dann doch nicht werden und kann/darf es m.E. auch nicht. Das wäre es aber, wenn man den folgenden Vorschlag aufgreifen würde:

„Kircher schlägt vor, die Struktur der Bußgeldverfahren zu verändern. Derzeit beschäftige sich ein mit drei Richtern besetzter Bußgeldsenat beim OLG mit den Rechtsbeschwerden gegen Entscheidungen der Amtsgerichte. „Ausreichend wäre es, die Verwaltungsbehörde wie bisher über Einsprüche gegen Bußgeldbescheide befinden zu lassen und dem Bürger die Möglichkeit zu eröffnen, hiergegen beim Amtsgericht vorzugehen, das dann ohne weitere Rechtsmittelmöglichkeit abschließend entscheidet.“

Nun, damit habe ich Probleme: Abgesehen davon, dass die Bußgeldsenate beim OLG kaum noch in Dreier-Besetzung entscheiden, will der OLG-Präsident wirklich in Bußgeldsachen nur eine gerichtliche Instanz eröffnen? Einsprüche bei den Verwaltungsbehörden sind i.d.R. erfolglos – die Instanz kann man also kaum zählen. Und dann nur noch das AG und über dem der blaue Himmel? Ich habe – angesichts der Qualität mancher amtsgerichtlicher Urteile – ganz erhebliche Zweifel, ob das der richtige Weg ist. Auch sprechen die teils schweren und die Betroffenen auch schwer treffenden Folgen m.E. eher dafür, die Rechtsbeschwerde weiterhin zuzulassen/beizubehalten. Der OLG-Präsident sollte vielleicht dann doch noch mal ein wenig nachdenken, ob er den Vorschlag aufrecht erhalten will.

Da geht es los das „fröhliche“ Hauen und Stechen: FDP gegen die Änderung des § 81a Abs. 2 StPO

Da wird sich der Bundesratbeauftragte zur teilweisen Abschaffung des Richtervorbehalts in § 81a Abs. 2 StPO, JM Busemann, sicherlich sehr freuen :-). Die Gesetzesinitiative des BR ist noch gar nicht im Bundestag angekommen, da mosert schon die FDP. In einer PM vom 05.11.2010 (vgl. hier) heißt es u.a.:

„AHRENDT: Richtervorbehalt darf nicht der Kassenlage der Länder geopfert werden

BERLIN. Zum heutigen Beschluss des Bundesrates, potenziellen Alkoholsündern im Straßenverkehr ohne richterliche Anordnung eine Blutprobe entnehmen zu dürfen, erklärt der rechtspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion und Parlamentarische Geschäftsführer Christian AHRENDT:

Jede Blutentnahme ist eine Körperverletzung und damit ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Ein solcher Eingriff ist aus guten Gründen nur zulässig, wenn er von einem Richter erlaubt wird. Das muss auch so bleiben und darf nicht zugunsten der Kassenlage der Länder geopfert werden. Der elementare Schutz durch den Richtervorbehalt darf dafür nicht aufgegeben werden. Blutalkoholwerte können heutzutage sehr genau ermittelt werden, ohne eine Blutentnahme durchzuführen.

Der Richtervorbehalt ist ein zentraler Schutz gegen staatliche Eingriffe. Ihn aufzugeben, hieße einen Verlust an Rechtschutz für den Einzelnen und würde einer Erosion des Grundrechtsschutzes gleichkommen. Nicht umsonst hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt bei dieser Frage die Beachtung des Richtervorbehaltes ausdrücklich verlangt. Diese Entscheidung ist Anlass für die Bundesratsinitiative. Es ist nicht gut, wenn der Sparzwang jetzt dazu führt, die Grundrechte der Menschen zu verkürzen.“

Manchmal ist auf die Liberalen dann doch Verlass. Durch ist die Änderung noch nicht, was nicht nur JM Busemann nicht freuen wird, sondern auch alle die, die mehr oder weniger laut nach der Abschaffung – aus welchen Gründen auch immer – rufen.

Abschaffung des Richtervorbehalts bei der Blutprobe – auf dem Weg in den Bundestag

Der Bundesrat hat heute noch einmal über die Abschaffung des Richtervorbehalts bei der Blutentnahme in den straßenverkehrsrechtlichen Fällen diskutiert. Das niedersächsischen Gesetzesvorhaben (vgl. die BR-Drucksache 615/10) ist in geändert Form angenommen worden (vgl. BR-Drucks. 615/1/10) und auf dem Weg in den Bundestag (vgl. den heutigen Beschluss hier).  Er wird zunächst der Bundesregierung zugeleitet. Diese hat ihn innerhalb von sechs Wochen zusammen mit ihrer Stellungnahme an den Bundestag zu übermitteln. Mal sehen, was draus wird.

Es hat sich natürlich auch Herr Busemann zu diesem Thema gemeldet (vgl. hier).

„Richtervorbehaltsdämmerung“ aus Niedersachsen

Ich glaube, es hatte neulich schon ein Kollege den Begriff der „Richtervorbehaltsdämmerung“ gebraucht – kann ich im Moment im Zug nicht richtig überprüfen, jedenfalls verwende ich ihn (auch) für die nachfolgende Meldung zum Richtervorbehalt nach § 81a Abs. 2 StPO:

„Richtervorbehalt bei Blutproben soll entfallen – Niedersachsen kündigt Gesetzesinitiative an

Blutentnahmen zur Alkohol- und Drogenkontrolle im Straßenverkehr sollen künftig ohne vorherige richterliche Anordnung möglich sein. Niedersachsen wird einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundesrat einbringen. Das hat die Landesregierung in ihrer Sitzung am 05.10.2010 beschlossen.

Der Richtervorbehalt sei ein hohes Gut. Sein Sinn und Zweck bestehe darin, eine vorbeugende Kontrolle durch eine unabhängige und neutrale Instanz zu gewährleisten. Er dürfe aber kein Selbstzweck sein, sagte Justizminister Bernd Busemann nach dem Kabinettsbeschluss. Die richterliche Anordnung ergehe zurzeit meist allein aufgrund telefonisch mitgeteilter Informationen. Der für die Anordnung zuständige Richter müsse sich dabei auf die Angaben des Polizeibeamten vor Ort verlassen. Er habe so gut wie keinen Entscheidungs- oder Ermessenspielraum. Nach den geltenden Regelungen laufe der Richtervorbehalt bei der Blutentnahme leer. Der Richter mag zwar nicht zum reinen Befehlsempfänger der Polizei werden, seine Einbindung als reine Formalie werde jedoch zur Farce. Wenn es nur darum gehe, die Blutentnahme abzunicken, werde der Richtervorbehalt insgesamt entwertet, so Busemann weiter.

Fahrten unter Alkohol- und Betäubungsmitteleinfluss seien Straftaten mit einem erheblichen Gefährdungspotential. Von alkoholisierten oder unter Betäubungsmitteleinfluss stehenden Fahrzeugführern gingen erhebliche Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer und die Sicherheit des Straßenverkehrs aus. Der Einfluss von berauschenden Mitteln in Form von Alkohol, Drogen und Medikamenten sei im Straßenverkehr eine der Hauptursachen für Verkehrsunfälle mit schweren, oft tödlichen Folgen. Deshalb gelte es, den verfassungsrechtlichen Grundsatz einer effektiven Strafverfolgung umzusetzen. Das sei unter den aktuellen Voraussetzungen jedenfalls nicht sicher gewährleistet. Die strafrechtliche Praxis spreche sich nahezu einheitlich für die Abschaffung des Richtervorbehaltes aus.

Das Richteramt und die richterliche Kontrolle solle aufgewertet und gestärkt werden. Der Deutsche Richterbund, der Deutsche Verkehrsgerichtstag, die Innenministerkonferenz, der Strafrechtsausschuss der Justizministerkonferenz und die Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte unterstützt das Anliegen, so Busemann abschließend.“

Wie man damit „den verfassungsrechtlichen Grundsatz einer effektiven Strafverfolgung“ umsetzt, bleibt m.E. offen bzw. im Dunklen. Man wird sehen,  was daraus wird.

Quelle: Niedersachsen, Justizministerium
Pressemitteilung vom 05.10.2010

Die Volksseele kocht

Einen haben wir noch: Zum Plan des NRW-IM Wolf, die Blutprobe (teilweise) abzuschaffen (oder doch nicht? :-; vgl. hier m.w.N.), gibt es ganz interessante Kommentare. Da wird mal richtig vom Leder gezogen. Wirklich amüsant. Nachzulesen hier.