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Allmählich setzen sich ca. 250 €/Stunde als Stundensatz durch

Auch für Strafrechtler/Verteidiger interessant ist das Urt. des OLG München v. 30.06.2010 – 7 U 1879/10, das sich u.a. auch mit der Frage der angemessenen Höhe einer Honorarvereinbarung beschäftigt.

Danach sind grds. für Anwaltskanzleien, die sich auf Wirtschaftsrecht spezialisiert haben, Stundensätze in Höhe von 260,– € bzw. 225,– € für angestellte Rechtsanwälte nicht zu beanstanden. Daneben hat das OLG in Zusammenhang mit einer Schadensersatzfrage auch dazu Stellung genommen, ob der Abschluss einer Honorarvereinbarung ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht des § 254 BGB darstellt und hat das verneint.

Das Urteil ist m.E. ein weiterer Beleg dafür, dass sich allmählich ein Stundensatz von rund 250 € als angemessen durchsetzt.

Da hatte mal wieder einer einen Igel in der Tasche, oder ca. 142 € versus ca. 570 €…

… ist die erste Reaktion, wenn man den Beschluss des LG Zweibrücken v. 14.06.2010 – Qs 33/10 liest. Die zweite ist dann – im Hinblick auf die der landgerichtlichen Entscheidung zugrunde liegende Kostenfestsetzung des Rechtspflegers – „Frechheit“ (über die auf diese Formulierung eingehenden Kommentare bin ich mir bewusst).

Aber: Der Rechtspfleger setzt die Mindestgebühr (!!!) an, geht also im Grunde vom denkbar geringsten Fall aus und kommt so zu nur rund 142 € gegenüber rund 570 €, die der Verteidiger geltend gemacht hat.

Das LG legt zutreffend dar, dass Ausgangspunkt der anwaltlichen Gebührenberechnung in Strafsachen i.d.R. die Mittelgebühr ist (was sonst?) und die Mindestgebühr eben nur in weit unterdruchschnittlichen Fällen zum Ansatz kommt. Anhand der Kriterien des Einzelfalls wird dann ausgeführt, dass das Verfahren – m.E. zumindest – durchschnittlich ist und genau das festgesetzt,was der Rechtsanwalt beantragt hatte.

Der „Igel in der Tasche“ hat also nicht überlebt..

Kein Eiertanz um die Gebühren beim AG Stadtroda…

Auch nach Inkrafttreten des RVG sind die Stimmen nicht verstummt, die in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren grds. Gebühren unter der Mittelgebühr als angemessen ansehen. Dass das nicht richtig ist, habe ich bereits an verschiedenen Stellen (Nachweise auf meiner Homepage) dargelegt.

Jetzt hat sich auch das AG Stadtroda in einem Beschl. v. 23.06.2010 – 5 OWI 1043/10 – dieser Auffassung angeschlossen und ausgeführt, dass die Diskussion nach Inkrafttreten des RVG erledigt sei.

Wenn doch nur alle AG so denken würden.

Wann ist denn nun eine Vergütungsvereinbarung angemessen? – nochmals AG München 222 C 23309/08 – jetzt mit Volltext

Der Kollege Ferner hatte am 16.10.2010 zur Entscheidung des AG München 222 C 23309/08 gepostet (vgl. hier). Zu dem Zeitpunkt lag wohl nur die PM des AG zu der Entscheidung vor. Inzwischen gibt es den Volltext, so dass man sich näher mit der Entscheidung befassen kann.

Zunächst bleibt festzuhalten, dass die Entscheidung vor der neuen BGH-Entscheidung zu § 3a RVG ergangen ist. Ob sie unter deren Geltung auch so ergangen wäre bzw. hätte ergehen dürfen, erscheint fraglich. Mich erstaunt dann schon, was die Amtsrichterin in Bezug auf die Bedeutung der Angelegenheit für den Beschuldigten ausführt: leicht überdurchschnittlich, und: Auch das Kammergutachten ist von Interesse :-(. Das kommt zu einem angemessen Gebührenbetrag von 768,15 €. Bei der vom Verteidiger geltend gemachten Zeitaufwand – ich komme auf gut 10,5 Stunden – immerhin ein Betrag von rund 73 €. M.E. erübrigt sich hier ein Kommentar.

250 €/Stunde in Wirtschaftsstrafverfahren gehen wohl durch…

Ein Stundensatz von (mindestens) 250 € für die Tätigkeit des Strafverteidigers scheint sich durchzusetzen bzw. wird offenbar von den Zivilgerichten in Wirtschaftsstrafverfahren nicht als unangemessen beanstandet, wenn „die Rahmenbedingungen stimmen“ (vgl. dazu jetzt OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2010 – 5 U 1409/09;  auch BGH NJW 2010, 1364; OLG Hamm StRR 2008, 236 = JurBüro 2008, 307; AG Köln zfs 2006, 227; s. auch noch OLG Celle, Urt. v. 18.11.2009 – 3 U 115/09).

Das OLG Düsseldorf (a.a.O.) sieht das allerdings anders, hat dafür aber von Schons (a.a.O.) herbe Kritik erfahren müssen, der sich dem OLG Koblenz angeschlossen hat. Man darf gespannt sein, wie der BGH die Dinge demnächst sehen wird. Denn die Entscheidung des OLG Düsseldorf (a.a.O.) ist nicht rechtskräftig; die Revision ist unter dem Aktenzeichen IX ZR 37/10 beim BGH anhängig. Gespannt vor allem auch deshalb, weil der BGH ja nach wie vor an seiner „Fünffach-Satz-Rechtsprechung“ aus BGHZ 162, 98 festhält. Er hat diese in seinem Urt. v. 04.02.2010 (IX ZR 18/09 (NJW 2010, 1364) ja nicht aufgegeben, sondern nur modifiziert. Er hat allerdings schon darauf hingewiesen, dass ein gehobenes Einkommen für erfolgreiche Rechtsanwälte i.d.R. ein Zeithonorar von 250 € je Stunde erfordert.