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Ganz schön frech, das OLG Köln….

Wenn es so gemeint ist/war, wie es im OLG Köln, Beschl. v.  15.11.2011 – 2 Ws 650/11 geschrieben steht, dann ist es m.E. ganz schön frech das OLG Köln. Im Beschluss ging es um eine Haftbeschwerde während laufender Hauptverhandlung, die das OLG zurückgewiesen hat. In der entschiedenen Sache lässt sich dagegen kaum etwas einwenden, allerdings habe ich Zweifel, ob die Aussage des OLG, dass die Strafkammer bei vielen Anklagevorwürfen nicht den Haftbefehl während laufender Hauptverhandlung an die jeweilige Beweissituation anpassen müsse. Das mag hier richtig sein, da der Angeklagte wohl weitgehend geständig war. Aber der Inhaftierte muss/sollte ja immer auch die Grundlage kennen, auf der er in Haft gehalten wird. Führt man die Auffassung des OLG zu Ende, hätte das zur Folge, dass ein Haftbefehl während laufender HV nicht an sich ändernde Beweissituationen angepasst werden sondern möglicherweise erst am Ende der HV aufgehoben werden müsste. Das hat auch nichts mit „Belastung“ des erkennenden Gerichts, sondern m.E. dem Freiheitsrecht des noch nicht Verurteilten zu tun.

Aber das war/ist nicht „frech“.Sondern: Der Verteidiger hatte auch die Verhältnismäßigkeit beanstandet und das u.a. damit begründet, dass dass an 2 Tagen der Sitzungssaal nicht vorbereitet war und an einem weiteren Tag die inhaftierten Angeklagten nicht vorgeführt worden waren. Das OLG dazu:

„…. ist für die Verfahrensbeteiligten ärgerlich und auch nicht hinnehmbar, führt aber nicht automatisch zu einer Verkürzung der für die Verhandlung zur Verfügung stehenden Zeit. Schließlich ist eine Verzögerung von zweimal einer halben Stunde und einmal fast anderthalb Stunden keine Zeit, die bei einer auf 10 Tage terminierten Hauptverhandlung unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten ins Gewicht fallen könnte. Im Übrigen mag der Verteidiger sich, soweit er Mängel der Gerichtsorganisation beanstandet, an die zuständige Behörde wenden.“

Im Übrigen mag der Verteidiger sich, soweit er Mängel der Gerichtsorganisation beanstandet, an die zuständige Behörde wenden„? Das ist m.E. ganz schön frech und im Übrigen so ähnlich wie sonst bei einer Behörden: Ich bin nicht zuständig, wenden Sie sich bitte an meinen Kollegen. Und hier ist es m.E. im Grundsatz auch nicht richtig. In dem Bereich muss man m.E. die Justiz als Gesamtheit sehen und „schlechte“ bzw. nicht ausreichende Organisation wird der Strafkammer zugerechnet.

 

 

Seit sieben Jahren Nullrunden für die Anwälte

Ich zitiere aus der PM des DAV 15/11 v. 17.05.2011, auf die ich u.a. über den Nachrichtendienst von Jurion gestoßen bin:

„Seit sieben Jahren Nullrunden – Anwaltschaft fordert Anpassung der Rechtsanwaltsvergütung

Bei der Frühjahrskonferenz der Justizminister (JuMiKo), die vom 18. bis 19.05.2011 in Halle (Saale) stattfindet, wird auch das Thema der Anpassung der Rechtsanwaltsvergütung besprochen werden. Aus diesem Anlass bekräftigt der Deutsche Anwaltverein (DAV) seine schon 2008 erhobene Forderung, eine Anpassung der gesetzlichen Vergütungstabellen vorzunehmen und appelliert an die JuMiKo, die Umsetzung zu unterstützen.

Gebührenanpassung realistisch nicht vor dem 01.07.2013

Für viele Anwältinnen und Anwälte werde es nach Jahren der Nullrunden immer schwieriger, ihren Honorarforderungen das RVG zugrunde zu legen, betont Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer, DAV-Präsident. Die Kosten für den Betrieb einer Anwaltskanzlei und die Löhne der Mitarbeiter seien in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Schon vor drei Jahren – im April 2008 – forderte der damalige DAV-Präsident Kilger eine moderate Anpassung der Anwaltsgebühren um insgesamt 15 Prozent. Dies entspreche einer jährlichen Steigerungsrate von lediglich 2,14 Prozentpunkten seit der letzten Gebührennovelle durch das RVG zum 01.07.2004 bis zum 01.07.2011. Eine Gebührenanpassung wird realistisch nicht vor dem 01.07.2013 wirksam werden. Dann sind bereits neun Jahre seit der RVG-Einführung verstrichen. Die Anpassung müsse daher aus heutiger Erkenntnis 19 Prozent betragen (2,11 Prozent pro Jahr zwischen 01.07.2004 und 01.07.2013). Dies liege unter der allgemeinen Lohnentwicklung, betont Ewer weiter.

Honorarvereinbarungen sind nicht die Lösung

Nach Ansicht des Deutschen Anwaltvereins sind die Bundesländer gefordert, diese Initiative zu unterstützen. Es geht darum, dass sich nicht immer mehr Anwältinnen und Anwälte aus der gesetzlichen Vergütungsverordnung verabschieden und Honorarvereinbarungen abschließen. Die gesetzliche Vergütungsordnung bringt Sicherheit, Kalkulierbarkeit und ist letztlich günstiger für eine Vielzahl der Mandanten, als wenn keine staatliche Vergütungsregelung bestehen würde.“

Im Grunde ist das so noch nicht einmal ganz richtig, denn lineare Erhöhungen hat es schon seit 1994 nicht mehr gegeben. Die Erhöhungen durch das RVG waren/sind auf die strukturellen Änderungen zurückzuführen.

Wann ist denn nun eine Vergütungsvereinbarung angemessen? – nochmals AG München 222 C 23309/08 – jetzt mit Volltext

Der Kollege Ferner hatte am 16.10.2010 zur Entscheidung des AG München 222 C 23309/08 gepostet (vgl. hier). Zu dem Zeitpunkt lag wohl nur die PM des AG zu der Entscheidung vor. Inzwischen gibt es den Volltext, so dass man sich näher mit der Entscheidung befassen kann.

Zunächst bleibt festzuhalten, dass die Entscheidung vor der neuen BGH-Entscheidung zu § 3a RVG ergangen ist. Ob sie unter deren Geltung auch so ergangen wäre bzw. hätte ergehen dürfen, erscheint fraglich. Mich erstaunt dann schon, was die Amtsrichterin in Bezug auf die Bedeutung der Angelegenheit für den Beschuldigten ausführt: leicht überdurchschnittlich, und: Auch das Kammergutachten ist von Interesse :-(. Das kommt zu einem angemessen Gebührenbetrag von 768,15 €. Bei der vom Verteidiger geltend gemachten Zeitaufwand – ich komme auf gut 10,5 Stunden – immerhin ein Betrag von rund 73 €. M.E. erübrigt sich hier ein Kommentar.