Archiv für den Monat: November 2009

PoliScanSpeed-Messverfahren genügt rechtsstaatlichen Anforderungen (noch) nicht

Im Newsletter der Verkehrsrechtsanwälte wird auf eine Entscheidung des AG Dillenburg hingewiesen. Im Newsletter heißt es dazu.

„In seinem Beschluss vom 2. Oktober 2009 – Az: 3 OWi 2 Js 54432/09 – der noch nicht rechtskräftig ist, vertritt das Amtsgericht Dillenburg die Auffassung, dass das PoliScanSpeed-Messverfahren auf den Stand der Technik nachgerüstet werden müsse, um eine nachträgliche Richtigkeitskontrolle des Sachverständigen zu ermöglichen. Es genüge momentan rechtsstaatlichen Anforderungen noch nicht. Jeder Bürger, der seit dem 01.02.2009 zum Teil drastisch erhöhte Bußgelder für Geschwindigkeitsübertretungen zahlen müsse, habe einen verfassungsrechtlich gesicherten Anspruch auf die nachträgliche Richtigkeitskontrolle der ihm zur Last gelegten Geschwindigkeitsübertretung. Das AG Dillenburg hat, da dies momentan bei Messungen des PoliScanSpeed-Verfahrens nicht gegeben ist, den Betroffenen freigesprochen.“

Ganz interessante Entscheidung!

Nochmals Videomessung: Einstellung durch Amtsgerichte

Videomessung und kein Ende. Die Verkehrsrechtsanwälte weisen in ihrem Newsletter in der letzten Woche auf einige amtsgerichtliche Entscheidungen hin, in denen die Verfahren  wegen eines Abstandsverstoßes, der durch Einsatz des Verkehrskontrollsystems Typ VKS festgestellt wurde, eingestellt worden sind. Steht leider nicht so ganz viel drin in den Entscheidungen. Aber vielleicht hilft es ja. es handelt sich um:

AG Bad Kreunach, Beschl. v. 22.10.2009

AG Arnstadt, Beschl. v. 04.11.2009

AG Oberhausen, Beschl. v. 22.10.2009

Untersuchungshaftvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen verkündet

Das am 12.11.2009 als Artikel 1 des Gesetz zur Regelung des Vollzuges der Untersuchungshaft und zur Verbesserung der Sicherheit in Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen (GVUVS NRW) verkündete (GV. NRW. S. 540) Gesetz zur Regelung des Vollzuges der Untersuchungshaft in Nordrhein-Westfalen (Untersuchungshaftvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen – UVollzG NRW) vom 27.10.2009 tritt am 01.03.2010 in Kraft.

Mit dem verkündeten Gesetz zur Regelung des Vollzuges der Untersuchungshaft in Nordrhein-Westfalen (Untersuchungshaftvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen – UVollzG NRW) hat das Land Nordrhein-Westfalen die den Bundesländern im Zuge der Föderalismusreform I übertragene Gesetzgebungskompetenz wahrgenommen. Dem Bund verblieb in Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes als Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung das Recht zur Regelung des gerichtlichen Verfahrens ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzuges.

Das Untersuchungshaftvollzugsgesetz gliedert sich in 14 Abschnitte:

  1. Grundsätze (u. a. Stellung der Untersuchungsgefangenen, Gestaltung des Vollzuges)
  2. Vollzugsverlauf (u. a. Aufnahme in die Anstalt, Verlegung, Beendigung der Untersuchungshaft)
  3. Gestaltung des Lebens in der Anstalt (u. a. Unterbringung, Beschäftigung, Bildungsmaßnahmen, Freizeit)
  4. Religionsausübung
  5. Verkehr mit der Außenwelt
  6. Gesundheitliche und soziale Betreuung
  7. Sicherheit und Ordnung
  8. Unmittelbarer Zwang
  9. Besondere Maßnahmen (u. a. besondere Sicherungsmaßnahmen, Disziplinarmaßnahmen)
  10. Vorschriften für junge Untersuchungsgefangene
  11. Beschwerderecht
  12. Vollzugsbehörden und Beiräte (u. a. Verbot der Überbelegung)
  13. Datenschutz
  14. Sonstige Vorschriften (u. a. Inkrafttreten).

Dieses Gesetz tritt gemäß seinem § 79 Absatz 1 am ersten Tag des vierten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft. Zudem hat die Landesregierung dem Landtag bis zum 31.12.2015 und danach alle fünf Jahre über die mit diesem Gesetz gemachten Erfahrungen zu berichten.

Entscheidung aus Bamberg ist da: Rechtsgrundlage für Videomessung ist § 100h StPO

Der Kollege Dr. Gieg vom OLG Bamberg hat gerade den Beschluss des OLG Bamberg vom 16.11.2009 – 2 Ss 1215/09 übersandt. Darin geht jetzt auch der 2. Senat des OLG Bamberg davon aus, dass § 100 h Abs. 1 Nr. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG für die von der Poli­zei in Bayern im Rahmen des sog. Brückenabstandsmessverfahrens (VAMA) durch­geführten anlassbezogenen Videoaufzeichnungen zur Identifizierung Betroffener eine hin­reichende gesetzliche Rechtsgrundlage für damit verbundene Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt. Die Entscheidung betrifft das Urteil des AG Schweinfurt vom 31.08.2009, das damit rechtskräftig geworden ist. Zum Inhalt kann ich noch nichts Genaues sagen. Den Beschluss muss ich mir erst mal in Ruhe zu Gemüte führen.

OLG Frankfurt: Fahrverbot verhänge ich selbst, aber: Reichen die Feststellungen?

Hinzuweisen ist heute auf eine Entscheidung des OLG Frankfurt vom 30.10.2009 (2 Ss OWi 239/09), die eine Fahrverbotsentscheidung bestrifft. Auf den ersten Blick meint man: Nichts Besonderes, dann ist man aber doch erstaunt. Denn: Das OLG hat unter Hinweis auf § 79 Abs. 6 OWiG das Fahrverbot, von dessen Verhängung das AG abgesehen hatte, selbst verhängt. Für mich stellt sich das die Frage: Wie sieht es denn mit den (weiteren) Verteidigungsmöglichkeiten des Betroffenen aus? Werden ihm die nicht durch dies Verfahrensweise abgeschnitten. Die Frage stellt sich vor allem deshalb, weil das OLG auf eine dem Betroffenen mögliche Kreditaufnahme abgestellt hat. In der amtsgerichtlichen Entscheidung fehlen dazu aber wohl Feststellungen. So ist die Annahme, der Betroffene könne einen Kredit aufnehmen, um dadurch die durch das Fahrverbot entstehenden Erschwernisse abzumildern, durch nichts untermauert und es handelt sich um eine bloße Behauptung des OLG. So geht es m.E. nicht. Wenn man den Betroffenen schon auf die Kreditaufnahme verweist, was m.E. in vielen Fällen unverhältnismäßig ist, dann muss man aber auch die Grundlagen feststellen.