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Pflichti II: Nochmals „Schwere der Rechtsfolge“, oder: „Drohende“ Gesamtstrafenbildung

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Im zweiten Posting dann etwas aus der Instanz zur Pflichtverteidigung. So ganz viel ist es aber nicht. Es handelt sich nur um eine LG-Entscheidung. Ich habe in meinem Ordner zwar noch eine zweite LG-Entscheidung hängern, die stelle ich aber dann erst demnächst vor, da wir die Problematik „Rückwirkung“ schon recht oft in der Berichterstattung hatten.

Hier stelle ich vor den LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 04.09.2024 – 18 Qs 34/24. In ihm geht es – auch noch einmal – um die „Schwere der Rechtsfolge“. Die Staatsanwaltschaft führt gegen den Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen Vergehens nach dem Gewaltschutzgesetz. Sein Verteidiger hat seine Beiordnung als Pflichtverteidiger unter Verweis auf ein weiteres gegen den Beschuldigten bei der Staatsanwaltschaft geführtes Ermittlungsverfahren beantragt. In diesem Verfahren liegen dem Beschuldigten gefährliche Körperverletzung, versuchte gefährliche Körperverletzung, Bedrohung und Sachbeschädigung zur Last.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom 19.07.2024 wurde der Antrag von Rechtsanwalt pp., ihn zum Pflichtverteidiger des Beschuldigten im Verfahren Az.: 951 Js 163055/24 zu bestellen, abgelehnt. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass ein Fall der notwendigen Verteidigung gem. § 140 Abs. 1, 2 StPO nicht vorliege. Der Beschluss wurde dem Verteidiger am 24.07.2024 und dem Beschuldigten am 25.07.2024 zugestellt.

Das AG hat die Bestellung abgelehnt. Dagegen legte der Beschuldigte  Beschwerde ein und begründete diese damit, dass aufgrund der notwendigen Verteidigung in dem anderen Verfahren auch im hiesigen Verfahren ein Fall der notwendigen Verteidigung gegeben sei. Das Rechtsmittel hatte beim LG Erfolg:

„1. Gemäß § 140 Abs. 2 StPO ist ein Fall notwendiger Verteidigung anzunehmen, wenn wegen der Schwere der Tat, der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann. Nach herrschender Meinung ist die Erwartung von einem Jahr Freiheitsstrafe die Grenze, ab der aufgrund der Schwere der Tat, bzw. der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge ein Fall notwendiger Verteidigung gegeben ist. Die Schwelle von einem Jahr Freiheitsstrafe gilt auch bei Gesamtstrafenbildung, denn maßgeblich ist der Umfang der Rechtsfolgen, die insgesamt an den Verfahrensgegenstand geknüpft sind, nicht die Höhe der Einzelstrafen. Dies gilt auch, wenn die Gesamtstrafe aus der verfahrensgegenständlichen Verurteilung und künftigen Verurteilungen aus noch nicht abgeschlossenen Verfahren gebildet werden wird (BeckOK StPO/Krawczyk, 52. Ed. 1.7.2024, StPO § 140 Rn. 24 m.w.N). Die Notwendigkeit der Beiordnung eines Verteidigers hinge sonst von bloßen Zufälligkeiten, nämlich von der Frage ab, ob die Verfahren verbunden werden oder nicht (LG Magdeburg, Beschl. v. 01.06.2022, 21 Qs 23/22 m.w.N.). Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt hingegen nicht vor, wenn die verfahrensgegenständliche Verurteilung voraussichtlich geringfügig ausfallen und die Gesamtstrafenbildung nur unwesentlich beeinflussen wird (OLG Stuttgart, Beschl. v. 02.03.2012, 2 Ws 37/12 m.w.N.).

2. Unter Würdigung dieser Vorgaben ist ein Fall der notwendigen Verteidigung gegeben.

a) Dem Beschuldigten droht bei Bildung einer Gesamtstrafe mit der im Verfahren Az.: 951 Js 161267/24 zu erwartenden Verurteilung eine Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als einem Jahr.

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat gegen den Beschuldigten im Verfahren Az.: 951 Js 161267/24 Anklage zum Schöffengericht erhoben. Dies bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass gegen den Beschuldigten eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verhängt werden wird, vgl. § 28 i.V.m. § 25 Nr. 2 GVG.

Das Gesetz sieht für Vergehen nach dem Gewaltschutzgesetz Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe vor, § 4 GewSchG. Im vorliegenden Verfahren liegen dem Beschuldigten zwei derartige Verstöße zur Last. Im Falle einer Verurteilung wäre mit einer Strafe aus dem Verfahren Az.: 951 Js 161267/24 eine (nachträgliche) Gesamtstrafe zu bilden. Unter Zugrundelegung der Straferwartung, welche die Anklage zum Schöffengericht impliziert, ist davon auszugehen, dass gegen den Beschuldigten eine (nachträgliche) Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verhängt würde.

Es kommt dabei nicht darauf an, dass der Beschuldigte im vorliegenden Strafverfahren isoliert betrachtet keine Freiheitsstrafe von einem Jahr zu erwarten hat. Es ist nicht davon auszugehen, dass allein wegen der Taten im hiesigen Verfahren gegen den Beschuldigten eine Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt würde. Denn die Verstöße gegen den Beschluss gem. § 1 GewSchG stellen sich jeweils nicht besonders gravierend dar. Der Beschuldigte hat die Geschädigte nicht angesprochen oder gar körperlich angegangen. Zudem liegt die Verurteilung des Beschuldigten wegen Nachstellung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen mit Strafbefehl des Amtsgerichts Fürth vom 08.11.2019 fast fünf Jahre zurück.

b) Es ist ohne Belang, dass gegen den Beschuldigten im hiesigen Verfahren noch keine Anklage erhoben wurde.

Denn aus § 141 Abs. 1 Satz 1 StPO folgt, dass die Pflichtverteidigerbestellung unverzüglich zu erfolgen hat, wenn dem Beschuldigten der Tatvorwurf eröffnet worden ist. Vorliegend wurde dem Beschuldigten der Tatvorwurf mit seiner Ladung zur Beschuldigtenvernehmung am 08.04.2024 eröffnet, sodass auf den entsprechenden Antrag des Verteidigers vom 16.04.2024 hin dessen Bestellung zum Pflichtverteidiger angezeigt gewesen wäre.

c) Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die verfahrensgegenständliche Tat im Falle ihrer Anklage und Verurteilung die Gesamtstrafenbildung nur unwesentlich beeinflussen würde.

Vor dem Hintergrund, dass der Beschuldigte nur zwei Wochen nach der versuchten gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil seiner ehemaligen Lebensgefährtin gegen den im Nachgang hierzu erwirkten Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom 19.03.2024 verstieß, ist davon auszugehen, dass dem Beschuldigten im hiesigen Verfahren eine nicht nur unerhebliche Strafe, möglicherweise eine Freiheitsstrafe droht. Diese würde dann auch im Rahmen einer (nachträglichen) Gesamtstrafenbildung mit einer Strafe aus dem Verfahren Az.: 951 Js 161267/24 nicht nur unerheblich ins Gewicht fallen. Andererseits liegt in dem Verfahren Az.: 951 Js 161267/24 kein bereits für sich genommen so gewichtiger Tatvorwurf vor, dass der Unrechtsgehalt der vorliegenden Straftaten dem gegenüber gänzlich in den Hintergrund treten würde.“

StPO II: Einstellung der Einziehungsvollstreckung, oder: Sporadische erfolglose Vollstreckung

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Die zweite Entscheidung kommt dann auch noch einmal aus dem Bereich „Einziehung“.

Der Verurteilte ist im April 2018 wegen Steuerhinterziehung zu einer ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden. Außerdem wurde die Einziehung von Wertersatz i.H.v. 52.801,38 EUR angeordnet. Das Urteil ist rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin die Vollstreckung ein, um die Verfahrenskosten und den Wertersatz beizutreiben. Dabei hatte sie nur insoweit Erfolg, als sie vom mittlerweile in die Türkei ausgewanderten Verurteilten bei dessen Wiedereinreise über den Berliner Flughafen am 26.01.2023 200 EUR an Bargeld zugunsten des Finanzamtes beschlagnahmen konnte.

Der Verurteilte bezieht in der Türkei eine Rente von 11.367,62 Türkischen Lira (entspricht aktuell rund 310 EUR), sowie eine deutsche Rente von 423,80 EUR. Beide werden nicht gepfändet. Inländisches Vermögen ist nicht bekannt.

Mit E-Mail vom 23.04.2024 beantragte der Verurteilte unter Vorlage von Belegen bei der Staatsanwaltschaft einen Zahlungserlass. Er sei mittellos, von den beiden Renten könne er sich in der Türkei nicht einmal eine Mietwohnung leisten und er werde auch künftig nicht in der Lage sein, den geforderten Betrag zu bezahlen. Auf Aufforderung der Staatsanwaltschaft machte er sodann weitere Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen, die seine Mittellosigkeit bestätigten.

Die Staatsanwaltschaft lehnte den Antrag ab und legte die Sache dem LG vor. Sie beantragte, den Antrag auf Einstellung der Vollstreckung abzulehnen. Das LG ist dem im LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 06.08.2024 – 12 KLs 505 Js 871/18 – gefolgt:.

„1. Die Kammer war als Gericht des ersten Rechtszugs zur Entscheidung berufen (§ 459g Abs. 5, § 462 Abs. 1 Satz 1, § 462a Abs. 1, 2 Satz 1 StPO).

2. Der Antrag ist nach § 459g Abs. 5 StPO n.F. (also i.d.F. vom 25. Juni 2021) zu beurteilen. Es handelt sich bei dieser Vorschrift im Kern um eine verfahrensrechtliche Bestimmung, für die die Regelungen über die Anwendung des milderen Rechts (§ 2 Abs. 3, 4 StGB) keine Anwendung finden (KG, Beschluss vom 7. Juni 2024 – 5 Ws 47/24-161 GWs 24/24, juris Rn. 6; OLG Nürnberg, Beschluss vom 31. Mai 2023 – Ws 307/23, juris Rn. 13; OLG Hamburg, Beschluss vom 5. Januar 2023 – 5 Ws 52/22, juris Rn. 11 ff.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 20. Dezember 2022 – 4 Ws 514/22, juris Rn. 18; Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 67. Aufl., § 459g Rn. 13c m.w.N. auch zur a.A.).

3. Anders als in den Vorgängerfassungen des § 459g Abs. 5 StPO n.F. reicht es für die Einstellung der Vollstreckung nicht mehr aus, dass der Wert des Erlangten – was hier der Fall zu sein scheint – nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist. Ausweislich der Gesetzesbegründung sei die frühere gesetzliche Einordnung des Falls, dass der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Einziehungsadressaten vorhanden sei (§ 459g Abs. 5 Satz 1 StPO a.F.), als unverhältnismäßig zu weitgehend gewesen. Sie widerspreche der Zielsetzung, durch Straftaten erlangtes Vermögen effektiv abzuschöpfen und den Wertungen des Bereicherungsrechts. Soweit der Wertersatzeinziehung die Funktion zukomme, eine durch die Begehung einer Straftat geschaffene rechtswidrige Vermögenslage zu beseitigen, führe die zwischenzeitliche Entreicherung durch Verbrauch des Erlangten – wozu auch die hier ersparten Aufwendungen für die Einkommensteuer gehören (vgl. Fischer, StGB, 71. Aufl., § 73 Rn. 18 m.w.N.) – im Grundsatz nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Vollstreckung. Die Annahme einer Unverhältnismäßigkeit würde nämlich denjenigen privilegieren, der die Tatbeute schnell verbrauche. Der Straftäter könnte sich alleine dadurch der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung entziehen, dass er den erlangten Vermögenswert schnell ausgebe (BT-Drs. 19/27654, S. 111). Dem Übermaßverbot werde durch die Pfändungsschutzvorschriften ausreichend Rechnung getragen (vgl. § 459 Abs. 1 Satz 2 StPO, § 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrG, § 850 ff. ZPO), sodass als unverhältnismäßig im Wesentlichen die Fälle in Betracht kämen, in denen das vom Gesetz zugrunde gelegte Bedürfnis der Vermögensordnung stark herabgesetzt sei, beispielsweise, weil der Einziehungsadressat das Erlangte auf schicksalhafte und nicht von ihm zu vertretende Weise (etwa infolge schwerer Krankheit) verloren habe (BT-Drs. 19/27654, S. 112). Derlei ist hier weder vorgetragen noch ersichtlich.

Mit Blick auf ihre tatsächliche Durchführung ist die Vollstreckung aber auch sonst nicht unverhältnismäßig. Denn sie findet quasi nur virtuell statt. Auf die laufenden deutschen Rentenbezüge des Antragstellers – die auch mit der türkischen Rente zusammengerechnet die Pfändungsfreigrenzen des deutschen Rechts unterschreitet (vgl. § 54 Abs. 4 SGB I mit § 850c ZPO) – greift die Staatsanwaltschaft nicht zu. Die diffizile Frage, ob und inwieweit mit Blick auf den türkischen Wohnort des Antragstellers und die dort möglicherweise niedrigeren Lebenshaltungskosten ein Abschlag von den Pfändungsfreigrenzen vorzunehmen sein könnte (vgl. dazu etwa LG Kaiserslautern, Beschluss vom 26. Mai 2023 – 5 T 37/23, juris Rn. 23 ff.), hat die Staatsanwaltschaft bislang nicht zum Nachteil des Antragstellers aufgegriffen. Die einzige Gefahr, die dem Antragsteller aktuell droht, liegt darin, dass er bei einer Wiedereinreise in die Bundesrepublik wegen der aktiven Fahndung zur Einziehung von Taterträgen aufgegriffen wird. Diese Gefahr hat sich seit Einleitung der Vollstreckung vor rund sechs Jahren bislang einmalig realisiert, wobei 200 € beschlagnahmt wurden. Das mag dem Antragsteller lästig gefallen sein. Zu einer ernstlichen Beeinträchtigung seiner Lebensführung im Alltag führte das Vorgehen der Staatsanwaltschaft bislang jedoch nicht. Treffen die Ausführungen des Antragstellers zu seinen Vermögensverhältnissen zu, so hat er auch in Zukunft keine einschneidenden Beeinträchtigungen durch die Vollstreckungsbemühungen der Staatsanwaltschaft zu befürchten.

In der praktischen Handhabung stellt sich der Sachverhalt fast als Anwendungsfall des § 459g Abs. 5 Satz 2 StPO dar, der ähnlich auch schon in der alten Fassung der Norm geregelt war. Danach wird die Vollstreckung wieder aufgenommen, wenn Umstände bekannt werden oder eintreten, die einer Einstellung der Vollstreckung entgegenstehen, insbesondere, weil der Vollstreckungsschuldner doch Vermögen hat oder solches erwirbt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 67. Aufl., § 459g Rn. 14; KK-StPO/Appl, 9. Aufl., § 459g Rn. 19). Das entspricht – bis auf das Erfordernis der gerichtlichen Anordnung – dem hiesigen Vorgehen. Denn die ansonsten ruhende Vollstreckung wird nur beim Aufgreifen des Antragstellers im Inland und nur in dem Fall aktiviert, dass er pfändbare Wertsachen bei sich führt.

Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV und Gegenstandswert I, oder: Gegenstandswert einer Arrestforderung

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Am „Gebührenfreitag“ heute dann zwei Entscheidungen zum Gegenstandswert bei der Nr. 4142 VV RVG, der „Einziehungsgebühr“. Bei der Gebühr handelt es sich ja um eine reine Wertgebühr. Daher sind im Hinblick auf die Höhe der Gebühr die mit dem für die Berechnung der Gebühr maßgeblichen Gegenstandswert zusammenhängenden Fragen von erheblicher praktischer Bedeutung.

Dazu dann betreffend einen Arrest das LG Nürnberg-Fürth im LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 20.06.2024 – 18 KLs 104 Js 10095/22 – mit folgendem Sachverhalt: Am 29.9.2022 wurde der Angeklagten Rechtsanwalt R 1 als notwendiger Verteidiger beigeordnet. Mit Beschluss des AG vom 27.o9.2022, erweitert durch Beschluss des AG vom 09.11.2022 wurde ein Vermögensarrest in Höhe von 4.482.718,62 EUR in das Vermögen u. a. der Angeklagten angeordnet. Mit Schriftsatz ihres Verteidigers Rechtsanwalt R 1 vom 24.01.2023 legte die Angeklagte Beschwerde gegen Beschluss vom 09.11.2022 ein. Diese ist am 06.02.2023 verworfen worden).

Am 21.03.2023 wurde Anklage gegen die Angeklagte erhoben. Das Hauptverfahren wurde am 24.05.2023 eröffnet und Termine zur Hauptverhandlung bestimmt. Mit Beschluss vom 12.06.2023 wurde der Angeklagten Rechtsanwältin R 2 als weitere Verteidigerin beigeordnet. Diese stellte am 01.09.2023 für die Angeklagte einen Antrag auf Aufhebung der Arrestbeschlüsse vom 27.9.2022 und 9.11.2022.

Die Strafkammer hat am 09.10.2023 die Arrestbeschlüsse hinsichtlich der Angeklagten aufgehoben. Am 13.12.2023 wurde die Angeklagte rechtskräftig freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Angeklagten wurden der Staatskasse auferlegt.

Rechtsanwalt R 1 hat am 25.12.2023 einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt und darin ausgeführt, dass für die Berechnung der Gebühr Nr. 4142 VV RVG (Beschwerde gegen den dinglichen Arrest) der Gegenstandswert in Höhe von 4.482.718,62 EUR gem. Beschluss des LG vom 09.10.2023 berücksichtigt worden sei, ggf. werde gem. § 33 RVG Festsetzung des Gegenstandswertes beantragt. Es sei sowohl im Ermittlungsverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren – er habe gegen die negative Beschwerdeentscheidung die hier nach § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO ausnahmsweise zulässige „weitere“ Beschwerde eingelegt worden, von ihm Rechtsmittel gegen den dinglichen Arrest angestrengt worden, weshalb die Gebühr in beiden Verfahrensabschnitten angefallen sei. Insgesamt wurden u.a. zwei zusätzliche Gebühr Nr. 4142 VV RVG nach einem Gegenstandswert in Höhe von 4.482.718,62 EUR, also jeweils 16.574,00 EUR geltend gemacht. Später ist dann der Antrag auf nur noch eine Verfahrensgebühr reduziert worden

Das LG hat den Gegenstandswert auf 863.385,22 EUR festgesetzt.

Ich erspare mir die Gründe des LG, sondern stelle nur die Leitsätze ein. Dies lauten:

    1. Bei der Schätzung des Gegenstandswertes für die Verfahrensgebühr nach Nr. 4142 VV RVG bei Einziehung und verwandten Maßnahmen ist das wirtschaftliche Interesse des Betroffenen an der Abwehr der Arrestforderung maßgebend und die konkrete wirtschaftliche Situation ist in den Blick zu nehmen.
    2. Für die Wertberechnung gemäß § 2 Abs. 1 RVG geht das maßgebliche Interesse des Betroffenen an der Abwehr des Arrests nicht weiter, als Vermögenswerte vorhanden sind, auf die im Wege der Arrestvollziehung zugegriffen werden kann. Ein den Gesamtbetrag der tatsächlich erfolgten – werthaltigen – Pfändungen übersteigender Arrestbetrag hat bei der Bestimmung des Gegenstandswerts unberücksichtigt zu bleiben.
    3. Im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der Anordnung des Vermögensarrests ist ein Abschlag von zwei Dritteln vorzunehmen.

Wie das LG gerechnet hat, bitte selbst nachlesen. Und wer es dann verstanden hat, bitte melden. Denn:

Die Ausführungen und die Berechnungen des LG lassen sich für mich nur schwer nachvollziehen. Das liegt u.a. auch daran, dass das LG umfangreichere allgemeine Ausführungen zu Wertgebühren und zur Nr. 4142 VV RVG macht, die m.E. überflüssig waren, weil es hier nur um die Festsetzung des Gegenstandswertes ging.

Zutreffend ist es, wenn das LG von einer Schätzung des zu sichernden Anspruchs gem. § 23 Abs. 1 S. 1 und 2 RVG i.V.m. § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG; § 3 ZPO ausgeht und dabei maßgebend auf das wirtschaftliche Interesse der Angeklagten an der Abwehr der Arrestforderung abstellt, wobei die konkrete wirtschaftliche Situation in den Blick genommen werden muss. Das ist h.M., und zwar ebenso, dass bei einem Arrest nur von einem Gegenstandswert in Höhe von 1/3 des zu sichernden Hauptanspruchs ausgegangen wird.

Probleme habe ich dann aber mit der konkreten Berechnung des Gegenstandswertes durch das LG. Nachvollziehen kann ich noch die Dar-/Aufstellung von sieben Grundstücke mit den jeweils erfolgten Eintragungen einer Sicherungshypothek und den auf der Grundlage ermittelten Werten von insgesamt 2.549.000 EUR. Mir erschließt sich dann aber nicht, warum das LG die Kontostände der neun Konten, über die die Angeklagte verfügen konnte, mit ihrem Gesamtkontostand von 1.642.372,30 EUR, aufzählt, im Rahmen seiner Schätzung dann aber hinsichtlich des Bankguthabens der Angeklagten offenbar nur einen Betrag in Höhe von 41.155,67 EUR ansetzt. Das lässt sich anhand der Beschlussgründe – jedenfalls für mich – nicht nachvollziehen. In die endgültige Berechnung des LG ist dann auch nur der Betrag eingeflossen. Denn addiert man zu den 2.549.000 EUR die 41.155,67 EUR, ergibt sich eine Summe von 2.590.155,60 EUR. 1/3 davon ist dann der als Gegenstandswert festgesetzte Betrag von 863.385,22 EUR. Es wäre schön gewesen, wenn das LG seine Schätzung ein wenig mehr erläutert hätte. Dafür hätte man auf die o.a. überflüssigen Ausführungen verzichten können.

Pflichti I: 5 x etwas zu den Beiordnungsgründen, oder: Höhe der Strafe, Berufung der StA, Betreuer, KiPo

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Und heute ist dann mal ein „Pflichti-Tag“ mit einigen Entscheidungen zu Pflichtverteidigungsfragen. Da hat sich in der letzten Zeit einiges angesammelt.

Ich starte hier mit Entscheidungen zu den Beiordnungsgründen, und zwar – wie gehabt – nur mit den Leitsätzen, da es sonst zu viel wird:

Die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Pflichtverteidigers ist in der Regel erst bei einer zu erwartenden Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zu bejahen.

Im Berufungsverfahren ist dem Angeklagten in der Regel ein Verteidiger beizuordnen, wenn die Staatsanwaltschaft gegen ein freisprechendes Urteil Berufung eingelegt hat und eine Verurteilung aufgrund abweichender Beweiswürdigung oder sonst unterschiedlicher Beurteilung der Sach- oder Rechtslage erstrebt.

Zur Beiordnung eines Pflichtverteidigers wegen Unfähigkeit der Selbstverteidigung, wenn dem Beschuldigten ein Betreuer bestellt ist.

Die Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge im Sinne des § 68 Nr. 1 JGG i.V.m. § 140 Abs. 2 StPO gebietet die Beiordnung eines Pflichtverteidigers, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe zu erwarten ist. Ausreichend ist, wenn einem Angeklagten in mehreren Parallelverfahren Strafen, die letztlich gesamtstrafenfähig sind und deren Summe voraussichtlich eine Höhe erreicht, drohen.

1. Zur Beiordnung eines Pflichtverteidigers in einem sog. KiPo-Verfahren.
2. Die Sachlage ist unter anderem dann im Sinne des § 140 Abs. 2 StPO schwierig, wenn die Staatsanwaltschaft in Ermittlungsverfahren wegen Verdachts von Straftaten nach § 184b StGB ggf. externe Sachverständige mit der Auswertung und Begutachtung sichergestellter Datenträger beauftragt. Die zu erwartende Auseinandersetzung mit technischen Untersuchungsberichten begründet eine überdurchschnittliche Schwierigkeit der Sachlage, für die auch nur dem Verteidiger zu gewährende Aktenkenntnis erforderlich ist.

Erstreckungsentscheidung, Beschwerde, Klarstellung, oder: Weniger wäre mehr gewesen, liebes LG

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Und heute dann Gebührenfreitag mit einer LG- und einer OLG-Entscheidung.

Ich beginne mit dem LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 25.06.2024 – 13 Qs 17/24 – noch einmal zu Fragen der Erstreckung (§ 48 RVG). Nachdem ja die mit der sog. Erstreckung der Beiordnung des Pflichtverteidigers auf andere Verfahren zusammenhängenden Fragen die Rechtsprechung und Literatur nach Inkrafttreten des RVG zunächst häufig beschäftigt haben, sind seit dem KostRÄnG 2021 dazu nur noch wenige Entscheidungen zu finden. Nun hat sich das LG Nürnberg-Fürth aber noch einmal mit der Problematik befasst. Folgender Sachverhalt:

Die Staatsanwaltschaft führte gegen den Beschuldigten zunächst ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte unter dem Aktenzeichen Az. 1 sowie ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung unter dem Aktenzeichen Az. 2. Mit Beschluss vom 10.03.2024 bestellte das AG anlässlich der Haftbefehlseröffnung den Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger des Beschuldigten für das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren mit dem (später vergebenen) Aktenzeichen Az. 1. Mit Schriftsätzen vom 11.03.2024 zeigte sich der Rechtsanwalt auch für weitere Ermittlungsverfahren der Polizeiinspektionen Fürth, Nürnberg-Mitte und Erlangen-Stadt als Verteidiger an und stellte im Namen des Beschuldigten den Antrag bei der jeweiligen Polizeiinspektion, als dessen Pflichtverteidiger bestellt zu werden. Die polizeilichen Aktenzeichen wurden nach Eingang der Verfahren bei der Staatsanwaltschaft den staatsanwaltschaftlichen Verfahren Az. 1 und Az. 2 zugeordnet.

Mit Verfügung vom 15.04.2024 hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren Az. 2 zum Verfahren Az. 1 verbunden. Mit Beschluss vom 18.04.2024 hat das AG festgestellt, dass sich die Bestellung des Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger des Beschuldigten für das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren Az. 1 auch auf das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren Az. 2 erstreckt. Die Staatsanwaltschaft hat dem Rechtsanwalt mit Verfügung vom 2.5.2024 mitgeteilt, dass das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren Az. 2 zum Verfahren Az. 1 verbunden wurde. Mit Verfügung vom 10.05.2024 hat die Staatsanwaltschaft dann dem Rechtsanwalt mitgeteilt, dass er in den Verfahren, welche unter dem staatsanwaltlichen Az. 2 erfasst wurden, bereits wegen des Erstreckungsbeschlusses des AG v. 18.04.2024 zum Pflichtverteidiger bestellt worden sei.

Mit Schriftsatz vom 15.05.2024 erklärte der Rechtsanwalt, dass er seinen Beiordnungsantrag zum staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren Az. 2 vom 11.3.02024 trotz zwischenzeitlicher Verbindung zum Verfahren Az. 1 aufrechterhalte und teilte mit, dass nach seinem Kenntnisstand über seinen Antrag vom 11.03.2024 noch nicht entschieden worden sei. Er äußerte in diesem Schriftsatz die Ansicht, dass eine rückwirkende Bestellung als Pflichtverteidiger jedenfalls dann zulässig sei, wenn der Antrag auf Beiordnung rechtzeitig vor Abschluss des Verfahrens gestellt worden sei und die Entscheidung über die Beiordnung aufgrund behördeninterner Vorgänge unterblieben sei. Die Staatsanwaltschaft hat dann beim AG beantragt, die Beiordnungsanträge abzulehnen, da der Rechtsanwalt bereits in allen Verfahren als Pflichtverteidiger bestellt sei. Der Rechtsanwalt hat dem AG auf Nachfrage mitgeteilt, dass er seine Beiordnungsanträge nicht zurücknehme.

Das AG hat sodann mit Beschluss vom 24.05.2024 den Antrag des Rechtsanwalts, ihn „erneut zum Pflichtverteidiger des Beschuldigten zu bestellen“, abgelehnt. Dagegen hat der Rechtsanwalt „sofortige Beschwerde“ eingelegt. Das LG hat das Rechtsmittel als unzulässig angesehen.

Ich beschränke mich hier auf die Leitsätze der Entscheidung, und zwar:

    1. Eine Beschwerde des Pflichtverteidigers gegen die Ablehnung der rückwirkenden Beiordnung für das hinzuverbundene Verfahren ist mangels Beschwer unzulässig, wenn die Verfahrensverbindung nach Beiordnung im führenden Verfahren erfolgt ist und das Gericht nach Verfahrensverbindung beschlossen hat, dass sich die Verteidigerbestellung auch auf das hinzuverbundene Verfahren erstreckt.
    2. Nach der zum 1.1.2021 erfolgten Ergänzung von § 48 Abs. 6 S. 3 RVG ist klargestellt, dass die Anordnung einer Erstreckungswirkung bei einer anwaltlichen Beiordnung nach der Verbindung nicht erforderlich ist, weil § 48 Abs. 6 S. 1 StPO unmittelbar gilt.

Die müssen/sollten genügen. Denn: Weniger wäre hier mehr gewesen, bzw. Ich kann nachvollziehen, wenn man als Leser der Entscheidungsgründe im verlinkten Volltext unter Berücksichtigung des obigen Sachverhalts verwirrt ist und das Ganze dann noch einmal liest, in der Hoffnung, es zu verstehen. Denn es ist mir auch so gegangen und ich hatte auch nach dem zweiten Lesen immer noch Verständnisprobleme. Und zwar vor allem im Hinblick auf die Frage: Was soll das eigentlich alles und sind die wortreichen Ausführungen überhaupt erforderlich? M.E. sind sie es nämlich nicht und sie führen gerade, da sie auch noch zu sehr ineinander verschachtelt sind, zur Verwirrung. Ich verkenne nicht, dass das LG es sicherlich sehr gut machen wollte. Nur wäre weniger hier mehr gewesen. Wobei darauf hinzuweisen ist, dass das Ergebnis des LG zutrifft.

Einfacher und – hoffentlich auch – klarer wird es, wenn man sich noch einmal die entscheidenden Verfahrensvorgänge für die zur Entscheidung anstehende Problematik in Zusammenhang mit der Erstreckung (§ 48 RVG) verdeutlich. Das sind folgende Punkte:

  • 10.3.2024 – Bestellung des Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger im Verfahren Az. 1,
  • 15.4.2024 (Hinzu)Verbindung von Verfahren Az. 2 zu Verfahren Az. 1,
  • 18.4.2024 – Erstreckung der Pflichtverteidigerbestellung aus Verfahren Az. 1 auch auf Verfahren Az. 2.

Damit ist im Grunde alles geklärt. Denn nach dem Ablauf ist eine Erstreckungsentscheidung nach § 48 Abs. 6 S. 2 RVG erforderlich. Denn es werden die Verfahren Az. 1 und Az. 2 verbunden und der Rechtsanwalt ist nur in Verfahren Az. 1 als Pflichtverteidiger bestellt. Daher muss also, wenn auch im Verfahren Az. 2 die gebührenrechtlichen Folgerungen der Pflichtverteidigerbestellung, insbesondere die des § 48 Abs. 6 S. 1 RVG eintreten sollen, die Erstreckung erfolgen. Von dem ihm insoweit eingeräumten Ermessen – „kann“ – hat das AG Gebrauch gemacht und am 18.4.2024 festgestellt, „dass sich die Bestellung des Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger des Beschuldigten für das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren Az. 1 auch auf das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren Az. 2 erstreckt“. Das hat die Staatsanwaltschaft dem Rechtsanwalt dann am 10.05.2024 mitgeteilt. Spätestens dann hätte aus Sicht des Rechtsanwalts Ruhe sein müssen. Denn er hatte alles erreicht, was er erstrebt hatte. Er war Pflichtverteidiger und es war erstreckt. Die gesetzlichen Gebühren waren also sicher.

Mir erschließt sich nicht, warum der Verteidiger dann aber noch auf „rückwirkende Beiordnung“ bestanden hat? Denn mit rückwirkender Beiordnung i.e.S., um die in Rechtsprechung und Literatur derzeit heftig gestritten wird, hat das Ganze nichts zu tun, da es in den Fällen immer zunächst um die Frage geht, ob der Rechtsanwalt nach Erledigung eines Verfahrens noch Pflichtverteidiger wird. Das Problem stand hier aber gar nicht an, da weder die Verfahren erledigt waren noch der Rechtsanwalt nicht Pflichtverteidiger war. Denn das war er durch die Verbindung auch im Verfahren Az. 2 geworden. Und auch die vergütungsrechtlichen Fragen waren durch die Erstreckungsentscheidung vom 18.04.2024 erledigt. Man versteht daher nicht, was der Rechtsanwalt eigentlich will. Man hat den Eindruck, dass er sich den Unterschied zu den Fällen nicht verdeutlich hat und lieber auf „Nummer Sicher“ geht. Und das LG macht das Spiel mit und führt dazu aus. Aber warum bescheidet man den Rechtsanwalt in Zusammenhang mit der Beschwer nicht kurz und knapp, dass er alles erreicht hat, was er erreichen wollte/muss. Alles andere ist überflüssig, führt zu Verwirrung und lässt den Eindruck entstehen, dass auch das LG nicht so richtig weiß, worauf es ankommt. Zumal in dem Satz: „…. nunmehr klar, dass bei der Verbindung von Verfahren nach der Beiordnung in einem der Verfahren die Erstreckung von einer gerichtlichen Feststellung abhänge ….“ das m.E. entscheidende „nur“ fehlt.

Aber ich will nicht nur meckern. Denn: Zutreffend sind die Ausführungen des LG zum zulässigen Rechtsmittel. Das ist eben nicht die sofortige Beschwerde nach § 142 Abs. 7 StPO, sondern die einfache Beschwerde. Daran hat sich durch die Änderung des Rechts der Pflichtverteidigung im Jahr 2019 nichts geändert. Denn die sofortige Beschwerde nach § 142 Abs. 7 StPO bezieht sich nur auf die materiellen Pflichtverteidigungsfragen. Damit haben wir es hier aber gar nicht zu tun, da es um eine RVG-Problematik der gebührenrechtlichen Erstreckung geht.

Und zutreffend ist auch das vom LG Ausgeführte zu Klarstellungen in § 48 Abs. 6 S. 1 und 3 RVG durch das KostRÄndG 2021, auch wenn es – siehe oben – überflüssig war. Das KostRÄndG hat den Streit, ob die Erstreckung beantragt werden und ausgesprochen werden muss, wenn erst die Verbindung erfolgt und danach die anwaltliche Beiordnung, erledigt (vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, § 48 Rn 24; Volpert AGS 2021, 445, 450).